E-Rechnung: Willkommen in der neuen Umsatzsteuerwelt

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​​​​​​​​veröffentlicht am 12. Juni 2023 / Lesedauer ca. 3 Minuten 
 

Seit einigen Monaten nimmt das Thema E-Rechnung in Europa an Fahrt auf. Die EU-Kommission und mehrere EU-Mitgliedstaaten haben bereits konkrete Gesetzesvor­schläge für verschiedene E-Rechnungsverpflichtungen und elektronischen Melde­pflich­ten veröffentlicht. Deutschland beantragte im November 2022 bei der EU-Kommission die Genehmigung zur E-Rechnung im Meldesystem für innerstaatliche B2B-Umsätze. Seit April 2023 liegt ein Diskussionsvorschlag zur Umsetzung der E-Rechnung ab 1. Januar 2025 in Deutschland vor. Eingearbeitet werden sollen die Gesetzesänderungen v.a. zu § 14 UStG in dem für 2023 angekündigten „Steuerfair­ness­gesetz”. 

   

   

In unserer global vernetzten und zunehmend digitalisierten Wirtschaft streben auch die Steuerverwaltungen nach Transparenz des gesamten Lieferprozesses und setzen dazu technologische Hilfsmittel ein, die den Umsatzsteuermeldeprozess automatisieren, von der elektronischen Rechnungsstellung bis hin zur digitalen Berichterstattung und elektronischen Buchführung. Die Entwicklung der eingesetzten Technologien ist in Bezug auf die Umsatzsteuer bahnbrechend und verändert die Art und Weise, wie Steuerpflichtige mit ihren Leistungsempfängern und der Finanzverwaltung interagieren. 

 

 

Die Zukunft der Abrechnung über Umsätze in der EU

Als Vorreiter hat uns das innerhalb der EU Italien gezeigt mit seiner erfolgreichen Anwendung der E-Rechnung und einem zentralen Clearing-System. Die Rechnungsübermittlung erfolgt für innerstaatliche Umsätze im B2B- und B2C-Geschäft über einen Server der italienischen Finanzverwaltung. Zum einen ermöglicht sie eine genau­ere Berichterstattung, da digitale Daten leichter verarbeitet werden können als papierbasierte. Zum anderen können Finanzbehörden Daten schneller analysieren, um potenzielle Risiken zu erkennen und so vor allem Ums­atzsteuerbetrug einzudämmen.

 

„Für vier Millionen umsatzsteuerpflichtige Unternehmer und mehr als zwei Milliarden Rechnungen pro Jahr in Italien wurde ein enormer digitaler Sprung erreicht und zugleich – auch wenn dazu natürlich ebenfalls zweifel­nde Stimmen vorliegen – die Steuerhinterziehungsquote auf unter 20 Prozent gemindert, so ein Bericht über die unbeobachtete Wirtschaft und die Steuer- und Sozialversicherungshinterziehung aus dem Jahr 2021. Laut Um­frage des Digital B2b Observatory der School of Management des Politecnico di Milano hat die obligator­ische elektronische Rechnungsstellung den Unternehmen einen weiteren Anstoß gegeben, sich für die Digita­lisier­ung von Prozessen zu interessieren, insbesondere im Hinblick auf Lösungen der Künstlichen Intelligenz, die in Bereichen wie Planung, Beschaffung und Überwachung der Lieferkette eingesetzt werden.” (Skevi Licollari, Rödl & Partner Mailand)
 
Nach den positiven Ergebnissen und der funktionierenden technischen Umsetzung und Handhabung in Italien wird das Thema enorm vorangetrieben. Zum einen direkt von der EU-Kommission für EU-grenzüberschreitende Umsätze, zum anderen auch für zunächst rein innerstaatliche Umsätze in den EU-Mitgliedstaaten. 
 

EU-Pläne: Der Maßstab für nationale Vorhaben

Der Vorschlag der EU-Kommission zur Änderung der MwStSystRL und der Verordnungen für die Initiative VAT in the Digital Age (ViDA), welcher am 8. Dezember 2022 veröffentlicht wurde, betrifft nur EU-grenzüberschreiten­de Transaktionen.


Für die Praxis wichtige Punkte sind:

  • IBAN/Kontoidentifikation des Lieferers in der Rechnung, worauf die Zahlung gutgeschrieben wird
  • Zahlungsziel (im Sinne Fälligkeit der Zahlung) in der Rechnung
  • Die Rechnungsnummer der ursprünglichen Rechnung muss im Fall einer Rechnungsberichtigung angegeben werden
  • Die Ausstellung von sog. Sammelrechnungen ist nicht mehr möglich
  • Neue digitale Reporting-Verpflichtungen (DRR): Neben innergemeinschaftlichen Leistungen (ausgangsseitig, wie bisher in einer zusammenfassenden Meldung) umfassen sie auch die Meldung innergemeinschaftlicher Erwerbe (eingangsseitig).
  • Die zusammenfassende Meldung (ZM) wird dafür abgeschafft.

 

Die Zeitpläne zur Umsetzung der EU-Pläne in den EU-Mitgliedstaaten stehen noch nicht fest. Im Vorschlag sind Zeitschienen für verschiedene Etappen, von Januar 2024 bis Januar 2028, erwähnt.

 

Status Quo in den EU-Mitgliedstaaten

Derzeit besteht ein Nebeneinander unterschiedlicher Systeme für digitale Meldepflichten und E-Invoicing in den EU-Mitgliedstaaten. Eine elektronische Rechnungsstellung mit zentralem Melde-/Clearingsystem an die italienische Finanzbehörde für alle innerstaatlichen Umsätze und bestimmte EU-Umsätze ist bisher nur in Italien gelebte Praxis.

 

Frankreich (mit Wahlrecht aus zentralem und dezentralem System mit öffentlichen Plattformen) und Polen mit dezentralem System (Clearance Modell KSeF) planen die Einführung für Umsätze im innerstaatlichen B2B-Geschäft ab Juli 2024.

 

Seit April 2023 liegt der Diskussionsvorschlag des BMF zu einer Gesetzesänderung mit Einführung der obligatorischen E-Rechnung für inländische B2B-Umsätze in Deutschland vor.

 

Derzeit vorgesehene Kernpunkte:

  • E-Rechnung, basierend auf DIN EN 16931, für inländische B2B-Umsätze ab 1. Januar 2025
  • Neustrukturierung der Rechnungsausstellungsverpflichtung im UStG
  • Betroffene Umsätze oder Unternehmer (zur Diskussion gestellt): Gestaffelte Einführung zur zeitlich befristeten Entlastung für kleine und mittlere Unternehmen, z.B. anhand der Unternehmensgröße, des Rechnungsbetrags oder der Unterscheidung nach Bezug von Rechnungen oder deren Ausstellung
  • Nationale und EU-grenzüberschreitende B2B-Umsätze sollen in einem einheitlichen elektronischen System abgebildet werden. Der Rechnungsaustausch soll wahlweise über eine staatliche E-Rechnungs-Plattform oder über private E-Rechnungs-Plattformen, die die Anforderungen der Verwaltung zur sicheren Übermittlung erfüllen, erfolgen. Die E-Rechnungs-Plattform des Rechnungsausstellers führt Plausibilitätsprüfungen durch.

 

„In Italien kennen wir dieses stufenweise Vorgehen, wie es Deutschland andenkt und wie es auch in Polen und Frankreich vorgesehen ist. So wurden und werden nach und nach Unternehmen und bestimmte Geschäftsvor­fälle einbezogen, um nicht zu überfordern. Gleichwohl sind Zeiträume in den heutigen Datenmengen für große und mittlere Unternehmen eine Herausforderung.” (Skevi Licollari, Rödl & Partner Mailand)


Unsere Empfehlungen für die Praxis

Steuern und IT gehen Hand in Hand, weil E-Invoicing und digitale Meldepflichten die neuen Planken in der steuerlichen Compliance sind.

 

Für Umsetzungsprojekte empfiehlt sich:

  • Abstimmung intern im Unternehmen zu den Demands (Tax, IT-umsatzsteuerrechtlich, IT-technisch)
  • Länderevaluierungen mit einem Wissensmanagement ongoing und Prioritätensetzung
  • Betroffenheitsanalysen zu Ländern, Geschäftsvorfällen, Zeitrahmen.

Wir bieten zu allen genannten Punkten, vom reinen Wissensmanagement hin zur umsatzsteuerlichen und IT-technischen Projektbegleitung und Zertifizierung unsere Unterstützung an. Wir haben bereits eine Plattform ONE-INVOICE geschaffen zum aktuellen Stand in den EU-Mitgliedstaaten. 

Dr. Heidi Friedrich-Vache referiert am Forum Global zum Thema "Die E-Rechnung in der Umsatzsteuer"


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