Ausblick – Entrepreneur Oktober 2023: Künstliche Intelligenz

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veröffentlicht am 12. Juni 2023 | Lesedauer ca. 4 Minuten
 

RENATA KABAS-KOMORNICZAK, GESCHÄFTSFÜHRENDE PARTNERIN, Antwortet




Wie wirkt sich das Thema KI auf Ihre Arbeitswelt aus?

Ich muss zugeben, dass ich mich schon seit 24 Jahren darauf freue, dass KI einen Teil der Prozesse übernimmt, seit dem Jahr, in dem der Film der Wachowsky-Brüder/jetzt Wachowsky-Schwestern The Matrix herauskam. Zuerst mit Neugier, dann mit Angst (vor allem, weil es so lange Zeit nicht passiert ist). Seit meiner Kindheit habe ich gelesen und auf einen Durchbruch gewartet. Meine beiden Lieblingsautoren Stanislaw Lem und Isaac Asimov waren dafür bekannt, dass sie in ihren Büchern über künstliche Intelligenz schrieben. Aber auch Philip K. Dick, der Autor von „Androids Dreaming of Electric Rams“, Arthur C. Clarke, der Autor von „2001: A Space Odyssey“, William Gibson, der Autor von „Neuromancer“, Neal Stephenson oder Margaret Atwood. Das Buch „Foundation“ wurde von Asimov 1951 geschrieben. Unglaublich.


Künstliche Intelligenz hilft im Alltag und ist aus unserem Leben nicht mehr wegzudenken. Früher gab es keine
solche Hilfe, jetzt schon, und wir können uns nicht vorstellen, zur alten Realität zurückzukehren: virtuelle Assistenten wie Siri oder Alexa, Empfehlungssysteme auf Netflix, autonome Autos, Versicherungsgesellschaf­ten, Unterstützung in der Medizin, um Krankheiten zu diagnostizieren oder um Patienten in Echtzeit zu über­wachen, und im Finanzwesen, um Finanzdaten zu analysieren, diese Ergebnisse zu interpretieren, Prognosen zu erstellen oder Unregelmäßigkeiten zu erkennen. Tatsächlich ist es schwer vorstellbar, dass all das einmal ein Mensch tun musste. Wir haben in der Firma KI für Angebotserstellung
vor Jahren genutzt. Der Agent / Roboter heißt Travis und ist sehr präzise.

Künstliche Intelligenz und maschinelles Lernen haben sich in der Tat in den letzten zehn bis zwanzig Jahren weltweit stark verändert. Wir haben erste Versuche gesehen, einfache Entscheidungsprobleme zu lösen, Werte auf der Grundlage historischer Daten vorherzusagen oder fortgeschrittenere Modelle anzuwenden, z.B. zur Gesichtserkennung oder Bestätigung der Echtheit von Dokumenten (z. B. Foto des Personalausweises beim Anlegen eines Kontos im mobilen Dienst). Etwas problematisch ist es auch, zwischen den Fähigkeiten und
dem Reifegrad generischer Technologien und unserer Fähigkeit, einen Prozess für deren Nutzung für Ge­schäfts­zwecke zu entwickeln, zu unterscheiden. Oft ist die Technologie, die etwas ermöglicht, bereits vorhan­den, aber wir müssen als Menschen reifen und Wege finden, sie anzuwenden.

In der Buchhaltung gibt es einige Probleme, bei denen KI bereits hilft. Zum Beispiel verwenden wir seit langem Systeme zur optischen Inhaltserkennung (engl. Optical Content Recognition, OCR). Solche Systeme verwenden Modelle neuronaler Netze, die auf der Erkennung von Zeichen und Vektorstrukturen in unstrukturierten Quellen­dokumenten basieren, wobei das pdf-Format führend ist.

Eine große Chance sind beispielsweise die Algorithmen zur Klassifizierung eines Geschäftsvorfalls und die daraus resultierende automatische Buchung im Finanzbuchhaltungssystem. Eine gewisse Herausforderung
besteht in der Strukturierung der Eingabedaten. Ein gutes Beispiel dafür ist das häufigste Kaufdokument
– die Rechnung. Derzeit gibt es keinen einheitlichen Standard für die Ausstellung dieses Dokuments. Die Steueridentifikationsnummer kann in der linken oberen Ecke, am unteren Rand oder auf der rechten Seite des Dokuments angebracht werden. Dafür gibt es keine Regel. Das Gleiche gilt für die übrigen Rechnungsbestand­teile. Um die Möglichkeit zur automatischen Erkennung der Anbringung der Rechnungsbestandteile zu verbes­sern, experimentiert unser Unternehmen mit sog. „Graph-Algorithmen“, die die Genauigkeit der Interpretation der Rechnungsposition um mehr als 70 Prozent verbessern.

Die größte Chance für den Einsatz von KI in der Buchhaltung ist jedoch ihre Verwendung zur Automatisierung von Entscheidungen zur Klassifizierung von Geschäftsvorfällen, z. B. Zuweisung eines Buchhaltungskontos, oder die Klassifizierung einer Betriebsausgabe anhand von Informationen auf einer Rechnung, ohne dass ein Mensch eingreifen muss. Wir sprechen hier also von einer vollständigen Automatisierung für bestimmte Doku­mentenströme. Für diese Art der Prognose werden auch „Algorithmen der Worteinbettung“ verwendet, mit denen Wörter in für den Computer verständliche Binärwerte umgewandelt werden können. Mit ihnen kann der Computer ein Wort verstehen, indem er es in Beziehung zu anderen auf einer n-dimensionalen Ebene sieht. Es werden auch „Record Enrichment-Methoden“ angewandt, bei denen die Quellinformationen angereichert wer­den, indem z.B. die Nummer des Lieferanten heruntergeladen und im Modell verwendet wird.

Unser Unternehmen hat bisher zwei Phasen eines Forschungsprojekts abgeschlossen, bei dem wir die Automa­tisierung des Buchhaltungsprozesses für einen Bestandteil der Einkaufsrechnung untersucht haben. Im Rahm­en der Forschungsphasen haben wir einen Prototyp verschiedener Algorithmen erstellt und getestet und ein Modell der Implementierungsarchitektur zusammen mit einem Zieldatenmodell erstellt. Als Ergebnis der For­sch­ung konnten wir einen Algorithmus mit einer prädiktiven Effizienz von mehr als 80 Prozent für die ersten drei Ergebnisse entwickeln. Der nächste Schritt in diesem Projekt ist der Produktivstart auf der Grundlage unserer Forschungsergebnisse. Wir planen, ihn im Rahmen der Implementierung eines innovativen Finanz- und Buchhaltungssystems zu tun, sobald die Europäische Union den Standard für elektronische Rechnungen ein­geführt hat.

Wir prüfen auch laufend die Möglichkeit, Sprachmodelle zum Deep Learning wie Chat-GPT zu verwenden. Von ausschlaggebender Bedeutung ist jedoch dabei die Vertraulichkeit der uns anvertrauten Informationen. Wir sind ein Unternehmen mit sehr hohen Standards in Bezug auf die Informationssicherheit. Wir nehmen das Vertrauen unserer Mandanten sehr ernst. Daher liegen uns Lösungen, die ein geschlossenes Architekturmodell für die uns anvertrauten Informationen verwenden, viel näher.

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Renata Kabas-Komorniczak

Certified Tax Consultant (Polen)

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