Verrechnungspreisregeln: Annäherungen an internationale Standards

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​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​veröffentlicht am 18. Juni 2024 | Lesedauer ca. 3 Minuten

Diskussionen über die Fremdüblichkeit von Verrechnungspreisen sind häufig ein Grund für langwierige Betriebsprüfungen international tätiger Unternehmen. Die Annäherung der deutschen Verrechnungspreisregelungen an internationale Standards im Bereich der grenzüberschreitenden Finanztransaktionen sowie die Verschärfung der Dokumentationsvorschriften sollen neben der Entlastung der Finanzverwaltung zu mehr Klarheit und Rechtssicherheit für Steuerpflichtige beitragen – bedeuten allerdings auch höhere Mitwirkungspflichten.​​



Sowohl auf nationaler als auch auf internationaler Ebene ist in den letzten Jahren eine dynamische Ent­wick­lung der Verrechnungspreisvorschriften zu beobachten. Mehrere Gesetzesänderungen im Außensteuergesetz (AStG) und in der Abgabenordnung (AO) sollen zu einer Annäherung an die internationalen Ver­rech­nungs­preis­vor­schriften und damit zu mehr Rechtssicherheit für international tätige Unternehmen beitragen. Allerdings führen diese ebenso zu erhöhten Mitwirkungspflichten für Steuerpflichtige. 

Verschärfte Dokumentationsvorschriften ab 2025

Mit dem bereits am 1. Januar 2023 in Kraft getretenen Gesetz zur Modernisierung des Steuerverfahrensrechts wurden u.a. Anpassungen der Mitwirkungspflichten in § 90 Abs. 3 AO vorgenommen, welche mit Wirkung zum 1. Januar 2025 Anwendung finden werden. International tätige Unternehmen sind insbesondere von den verkürzten Vorlagefristen der Verrechnungspreisdokumentation betroffen. Mit der Verschärfung der Dokumen­​tationsvorschriften nähert sich Deutschland den häufig deutlich strengeren Standards vieler Länder in diesem 
​Bereich an. Zwar hat Deutschland das OECD-Master-File-Konzept und dessen Anforderungen an eine transparente Verrechnungspreisdokumentation bereits vor einigen Jahren umgesetzt, jedoch ohne konkrete Vorgabe hinsichtlich des Zeitpunkts zur Erstellung und Einreichung. Dies führt dazu, dass Verrechnungspreis­​dokumentationen häufig erst unter großem Zeitdruck im Rahmen von Betriebsprüfungen erstellt werden. Es besteht zwar grundsätzlich weiterhin keine Erstellungsfrist zu einem konkreten Zeitpunkt im Jahr, trotzdem sollten international tätige Unternehmen spätestens ab dem 1. Januar 2025 eine Verrechnungspreisdoku­mentation „auf Vorrat“ vorbereiten. Darüber hinaus empfiehlt es sich, künftig einen international abgestimmten Dokumentationsprozess (Global Approach) zu etablieren, um im besten Fall Synergien nutzen zu können, die sich z.B. durch gleichlautende Dokumentationsinhalte ergeben.

Neues zu grenzüberschreitenden Finanzierungen

Das kürzlich veröffentlichte Wachstumschancengesetz beinhaltet eine aus Verrechnungspreissicht besonders relevante Konkretisierung des Fremdvergleichs bei Finanzierungsbeziehungen in § 1 Abs. 3d und 3e AStG. Die beiden neu eingeführten Absätze orientieren sich an der bisherigen Rechtsprechung und sorgen für zusätzliche Klarheit, da es bisher an gesetzlichen Vorgaben für den Fremdvergleich bei Finanztransaktionen fehlte. Mit diesen Ergänzungen soll das deutsche Steuerrecht an die internationalen Regelungen von Finanztransaktionen angenähert werden, welche die OECD in Kapitel X der OECD-Verrechnungspreisleitlinien 2022 konkretisiert hat. In § 1 Abs. 3d AStG werden insbesondere Beschränkungen der Fremdüblichkeit im Bereich von Inbound-Fällen geregelt, die allerdings nur bedingt im Einklang mit den OECD-Verrechnungspreisleitlinien stehen und zudem mit Risiken aufgrund der hohen Anforderungen an Nachweise verbunden sind. Die Regelung in § 1 Abs. 3e AStG betrifft Routine-Finanzierungsdienstleistungen. Hierbei handelt es sich um eine Klarstellung, die zu deutlich höherer Rechtssicherheit beiträgt und darüber hinaus im Einklang mit Kapitel X der OECD-Ver­rech­nungs­preis­leit­linien steht. Demnach sind vermittelnde oder weiterleitende Finanzierungsfunktionen eines Unternehmens regelmäßig als funktions- und risikoarme Dienstleistungen zu qualifizieren, sodass dafür grundsätzlich eine vereinfachte Verrechnungspreisstrukturierung zulässig ist.

Einführung eines Risikobewertungsverfahrens

Mit dem Wachstumschancengesetz wurde in § 89b AO außerdem die Möglichkeit eines internationalen Risikobewertungsverfahrens eröffnet. Dabei handelt es sich um eine gemeinsame Einschätzung von steuer­​lichen Risiken von bereits verwirklichten Sachverhalten mit einem oder mehreren Staaten. Sofern in diesem Verfahren das Risiko eines Steuerausfalls der Sachverhalte als gering eingeschätzt wird, kann von einer genauen Prüfung in Deutschland abgesehen werden. 
 
Insgesamt sind durch die deutlich höheren Compliance-Vorgaben im Verrechnungspreisbereich auch die damit zusammenhängenden Risiken gestiegen. Allerdings bieten diese Neuregelungen Steuerpflichtigen, die ihre Hausaufgaben im Verrechnungspreisbereich machen, im Gegenzug eine höhere Rechtssicherheit und vereinfachte Prüfungsverfahren. Deutschland folgt damit dem Trend der OECD, Streitigkeiten möglichst zu reduzieren. 
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