Hohe Anforderungen an Unterscheidungskraft: Kein Markenschutz für Chiquita-Bananen

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​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​veröffentlicht am 21. November 2024 | Lesedauer ca. 3 Minuten
Das bekannte blaue Oval mit dem gelben Streifen der Chiquita-Bananen hat keine Unterscheidungskraft in Bezug auf Bananen. Das entschied da​s Gericht der Europäischen Union (EuG) am Mittwoch, den 13. November 2024 (EuG, Urt. v. 13. November 2024, T-426/23). Wir erläutern die Urteilsgründe und geben wichtige Hinweise zur Unterscheidungskraft von Marken, die für eine erfolgreiche Marken­eintragung erforderlich ist.
Bananen auf dem blauen Hintergrund

Im Dezember 2008 meldete das US-amerikanische Unternehmen Chiquita die hier abgebildete Bildmarke erfolgreich beim Europäischen Markenamt (EUIPO) an. Geschützt wurde die Marke u. a. für frisches Obst und Gemüse, aber auch für andere Lebensmittel und Getränke.
 
Gegen diese Markeneintragung ging im Mai 2020 ein französisches Großhandelsunternehmen für Obst und Gemüse vor, indem es einen Nichtigkeitsantrag bei der EUIPO einreichte. Hinsichtlich der geschützten Waren „frisches Obst und Gemüse“ hatte nun schließlich das EuG zu entscheiden.
 

Keine originäre Unterscheidungskraft des Chiquita-Ovals

Wesentliche Frage des Verfahrens war, ob das Chiquita-Oval eine sog. Unterscheidungskraft aufweist.​ 
Das blaue Oval mit dem gelben Streifen  
 
Zeichen können nur dann als Marken eingetragen werden, wenn sie Unterscheidungskraft besitzen. Unter­schei­dungskraft kommt einem Zeichen dann zu, wenn es geeignet ist, die Waren, für die die Eintragung beantragt wird, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und diese Waren somit ohne Verwechslungsgefahr von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden. Dies entscheidet sich nach der jeweiligen Verkehrsauffassung.
 
Das EuG stellte fest, dass das Chiquita-Zeichen eine geringfügige Abwandlung eines Ovals ohne weiteres charakteristisches Element – d. h. einer geometrischen Grundform – darstelle. Im Bananensektor würden üblicherweise ovale Etiketten verwendet, da sie sich leicht auf gebogene Früchte kleben ließen.
 
Auch die Farbgebung verleihe dem Zeichen keine Unterscheidungskraft. Farben seien kaum in der Lage, spezifische Informationen zu vermitteln. Nur in Ausnahmefällen könnten Farben oder Farbkombinationen deshalb als originär unterscheidungskräftig angesehen werden. Vorliegend sei zu beachten, dass die Farben Blau und Gelb Grundfarben seien und ihre Kombination ein einfaches Element darstelle, dass nicht einprägsam sei.
 
Das angegriffene Chiquita-Zeichen sei deshalb insgesamt nicht originär unterscheidungskräftig.


​Keine ausreichende Benutzung des Chiquita-Ovals

Chiquita stützte sich außerdem darauf, dass das Zeichen infolge seiner Benutzung Unterscheidungskraft erlangt habe.
  
Damit eine Marke durch ihre Benutzung Unterscheidungskraft erlangt, ist es erforderlich, dass zumindest ein erheblicher Teil der maßgeblichen Verkehrskreise die betreffenden Waren oder Dienstleistungen aufgrund der Marke als von einem bestimmten Unternehmen stammend erkennt.
 
Chiquita legte in diesem Rahmen eine Markterhebung vor, die vier EU-Mitgliedstaaten und das Vereinigte Königreich betraf und sich auf eine Stichprobe von 7.327 Personen beschränkte. Diesen Beweis hielt das EuG – jedenfalls mangels Nachweis, dass diese Personen repräsentativ für die maßgeblichen Verkehrskreise seien und mangels offen gestellter Fragen in der Umfrage („Welcher Obstmarke würden Sie dieses Logo zuordnen? Mit welcher Obstmarke würden Sie dieses Logo in Verbindung bringen?”) – für unzureichend.
 
Auch die Auszüge aus der Webseite „www.chiquita.com“ genügten nicht, da dort nicht die angegriffene Marke selbst abgebildet war, sondern nur andere Beispiele blauer Aufkleber.
 
Schließlich führten auch die jährlichen Gesamtverkaufszahlen und -werbeausgaben für den Verkauf von „Chiquita“-Erzeugnissen nicht zu einer anderen Bewertung durch das EuG, da diese weder nach Mitglied­staaten aufgeschlüsselt worden seien noch allein die unter der angefochtenen Marke vertriebenen Produkte beträfen.
 
Das EuG verneinte damit auch eine Unterscheidungskraft durch Benutzung.
 

Praxishinweise für eine erfolgreiche Markeneintragung

​Kein Schutz geometrischer Formen und einfacher Farbkombinationen

Das Urteil bestätigt die bisherige europäische Rechtsprechung zum Markenschutz geometrischer Grundfiguren. Ein solcher ist demnach nur möglich, wenn die geometrische Figur Elemente enthält, die geeignet sind, sie von anderen Darstellungen dieser Figur zu unterscheiden und die Aufmerksamkeit des Verbrauchers zu erregen.
 
In Bezug auf Farben ist zu bedenken, dass diese, nur in wenigen Ausnahmefällen Mittel zur Identifizierung der betrieblichen Herkunft dienen können, auch wenn sie geeignet sind, gedankliche Assoziationen und Gefühle wecken. Bei der Kombination zweier Grundfarben, die zudem regelmäßig für die betroffenen Waren verwendet werden, liegt, so das EuG, keine solche Ausnahme vor.
 
Auch bei der Anmeldung von Wortmarken gibt es Fallstricke bei der Unterscheidungskraft: Dort ist ebenfalls darauf zu achten, dass unterscheidungskräftige und keine rein beschreibenden Begriffe oder solche, die beschreibenden Begriffen ähneln, gewählt werden müssen, damit die Marke eingetragen wird. Näheres lesen Sie in unserem Artikel zum Mar​kenrechtsstreit zwischen Nike und Puma​.
  
 

Strenge Anforderung an den Erwerb von Unterscheidungskraft durch Benutzung​

​Eine Unionsmarke kann Unterscheidungskraft erwerben, wenn sie zunächst keine originäre Unterscheidungs­kraft hatte, diese aber vor der Anmeldung (bei Unionsmarken: vor der Eintragung) durch Benutzung erwirbt. Die Unterscheidungskraft muss in den EU-Mitgliedstaaten erworben worden sein, in denen die Marke zu Anfang keine originäre Unterscheidungskraft hatte. Sofern alle Mitgliedstaaten betroffen sind, muss der Nachweis einer solchen Benutzung aber nicht jeden Mitgliedstaat erbracht werden. Vorgelegte Beweise können jedenfalls dann für mehrere Mitgliedstaaten gelten, wenn die jeweiligen Marktbedingungen vergleichbar sind. Ob bereits eine mitgliedstaatsübergreifende Vermarktungsstrategie dafür ausreichend ist, ist bislang ungeklärt.
 
Als Nachweise dienen insbesondere Verkehrsumfragen und Erklärungen Dritter. Diese müssen zeigen, dass ein erheblicher Teil der maßgeblichen Verkehrskreise die Marke aufgrund ihrer Benutzung mit dem Anmelder in Verbindung bringt oder annimmt, dass die mit ihr gekennzeichneten Waren von ihm stammen. Rein abstrakte Angaben genügen dabei nicht. Anders als nach der deutschen Rechtsprechung für nationale Marken ist es deshalb aber auch nicht erforderlich, dass mindestens 50 Prozent der maßgeblichen Verkehrskreise die Marke als Herkunftshinweis ansehen. Verkaufszahlen und Werbung können den Nachweis indes allenfalls stützen, genügen für sich genommen aber nicht.
 
Das Chiquita-Urteil zeigt, dass sich die Nachweise auf die angemeldete Marke selbst beziehen müssen. Geringfügige Abweichungen sind zwar unschädlich und auch eine Benutzung in Verbindung mit anderen Marken schließt den Erwerb einer Unterscheidungskraft nicht aus. Es muss allerdings nachgewiesen werden, dass der Verkehr allein die betroffene Marke als Herkunftshinweis versteht. Genau diesen Nachweis hat Chiquita hier nicht erbracht.
 
Die Anforderungen an den Nachweis einer durch Benutzung erlangten Unterscheidungskraft sind damit sehr hoch. Markenanmelder sollten so viele Umstände wie möglich vorlegen, um diese zu beweisen. Hierzu gehören
  • der Teil der beteiligten Verkehrskreise, der die Ware aufgrund der Marke als von einem bestimmten Unternehmen stammend erkennt
  • der von der Marke gehaltene Marktanteil
  • die Intensität, die geographische Verbreitung und die Dauer der Benutzung dieser Marke
  • der Werbeaufwand des Unternehmens für die Marke sowie
  • Erklärungen von Industrie- und Handelskammern oder von anderen Berufsverbänden
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