Digitaler Nachlass: Was das neue Urteil des OLG Oldenburg für Instagram-Nutzer bedeutet

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​​​​​​​​​​​​​​veröffentlicht am 6. Februar 2025 | Lesedauer ca. 2​ Minuten


Instagram zählt zu den weltweit beliebtesten sozialen Netzwerken mit monatlich über 2 Milliarden aktiven Nutzern. Viele Accounts, insbesondere die von Influencern und Prominenten, generieren beträchtliche Einnahmen und haben somit einen erheblichen Vermögenswert. Doch was geschieht, wenn der Nutzer des Accounts verstirbt? Die Frage, ob Erben die aktive Nutzungsmöglichkeit solcher Accounts vererbt werden kann oder sie nur ein passives Zugriffsrecht haben, war bisher jedoch nicht höchstrichterlich geklärt.


 

Instagram im „Gedenkzustand“ – Bisherige Praxis

Bisher wurden die Accounts verstorbener Nutzer von Instagram in einen sogenannten „Gedenkzustand“ versetzt. Dies bedeutet, dass der Account weiterhin sichtbar bleibt, jedoch die Erben keine neuen Beiträge mehr erstellen oder bestehende Inhalte verändern können. Diese Praxis sollte die Privatsphäre des Verstorbenen schützen und Missbrauch verhindern. Für die Erben bedeutete dies, dass sie keinen vollständigen Zugriff auf die Accounts hatten, was insbesondere bei wirtschaftlich wertvollen Accounts problematisch sein konnte.​​​

Wegweisendes Urteil des OLG Oldenburg

Am 30. Dezember 2024 entschied das Oberlandesgericht (OLG) Oldenburg in einem wegweisenden Urteil (Az. 13 U 116/23), dass Erben nicht nur passiven Zugriff, sondern auch das Recht zur aktiven Nutzung eines Instagram-Accounts erben. Im konkreten Fall ging es um den Instagram-Account des 2019 verstorbenen Castingshow-Gewinners Alphonso Williams. Die Ehefrau des verstorbenen Sängers hatte den Account nach seinem Tod weiter genutzt und Beiträge geteilt, bis Meta (das Unternehmen hinter Instagram) den Account 2022 in den Gedenkzustand versetzte.
 
In erster Instanz hatte das Landgericht (LG) Oldenburg der Erbin nur teilweise recht gegeben und ihr lediglich passive Leserechte eingeräumt. Das OLG Oldenburg ging jedoch weiter und sprach der Erbin den uneingeschränkten Zugang zum Account zu, einschließlich seiner aktiven Nutzungsmöglichkeit.
 

Hintergrund des Urteils

Das OLG Oldenburg stützte seine Entscheidung auf den Grundsatz der Gesamtrechtsnachfolge gemäß § 1922 BGB, wonach das gesamte Vermögen eines Erblassers auf die Erben übergeht. Das Gericht argumentierte, dass die Erbin in das Vertragsverhältnis ihres verstorbenen Ehemannes mit Meta eingetreten sei und daher das Konto auch aktiv nutzen dürfe. Dabei legte das OLG seiner Entscheidung ein Grundsatzurteil des Bundesgerichtshofs (BGH) aus dem Jahr 2018 (Az. III ZR 183/17) zugrunde, das die grundsätzliche Vererbbarkeit digitaler Inhalte bestätigte. Die Vorinstanz war der Auffassung, dass die Vererbbarkeit des Rechts auf aktive Nutzung des Accounts ausgeschlossen sei, da die Pflichten der Vertragsparteien höchstpersönlicher Natur seien. Dem hielt das OLG entgegen, dass die Bereitstellung eines Accounts für Meta eine rein technische Leistung sei, die nicht personenbezogen sei. Auch vertragliche Bestimmungen, das Fernmeldegeheimnis, datenschutzrechtliche Regelungen oder das allgemeine Persönlichkeitsrecht stehen nach Auffassung des OLG der Vererbbarkeit des Accounts nicht entgegen.
  

Welche Auswirkungen hat das Urteil für die Zukunft?

Dieses Urteil markiert einen wichtigen Fortschritt in der Rechtsprechung zur Verwaltung digitaler Nachlässe. Es verdeutlicht, dass Social-Media-Konten und deren Nutzung nicht nur an den ursprünglichen Inhaber gebunden sind, sondern als vererbbare Vertragsverhältnisse auch die aktive Nutzung durch Erben ermöglichen. Damit erweitert das OLG Oldenburg den bisher vom BGH gesetzten rechtlichen Rahmen deutlich.

So schützen Sie  Ihren digitalen Nachlass

Obwohl das Urteil des OLG Oldenburg wegweisend ist, bleibt die endgültige Klärung der Rechtslage abzuwarten, da das Gericht den Parteien aufgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Entscheidung die Revision zum BGH zugelassen hat. Das bedeutet, es bleibt abzuwarten, ob der BGH das Urteil bestätigt oder bestimmte Einschränkungen vornimmt.
 
Wer einen Social-Media-Account mit potenziellem Wert besitzt, sollte sich frühzeitig überlegen, was im Todesfall mit diesem Account geschehen soll. Ein Testament kann helfen, die digitale Nachlassregelung eindeutig festzulegen und Missverständnisse zu vermeiden.​

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Dr. Susanne Grimm

Rechtsanwältin, Fachanwältin für Gewerblichen Rechtschutz, Leiterin Praxisgruppe IP & Media Deutschland

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