Urteil des Bundesgerichtshofs zum Begriff „klimaneutral“ in der Produktwerbung

PrintMailRate-it

​​​​​​​​veröffentlicht am 16. Juli 2024 | Lesedauer ca. 3 Minuten


In seinem Urteil vom 26.07.20241  hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden, dass die Werbung mit dem Begriff „klimaneutral“ unzulässig ist, es sei denn, dass in der Werbung selbst erläutert wird, welche konkrete Bedeutung diesem Begriff zukommt. 

 
 
Dem Urteil liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Die Klägerin, die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs, klagte gegen den Süßwarenhersteller „Katjes“ aufgrund der folgenden Aussage in einer Lebensmittelzeitschrift: „Ab 2021 stellt (die Beklagte) alle klimaneutralen Produkte her“, zusammen mit einem Logo, das den Begriff "klimaneutral" trägt und auf die Website eines „ClimatePartners“ verweist.

Allerdings laufen die Herstellungsprozesse der Beklagten nicht emissionsfrei, sondern sie unterstützt lediglich Klimaschutzprojekte über den „ClimatePartner“.

Im Gegensatz zum Berufungsgericht, welches argumentierte, dass Leser der Fachzeitung den Begriff „klimaneutral“ im Sinne einer ausgeglichenen Co2 Bilanz verstünden und ihnen bekannt sei, dass diese sowohl durch Vermeidung als auch durch Kompensationsmaßnahmen erfolgen könne, hielt der BGH die Werbung mit dem Begriff „klimaneutral“ nun für irreführend im Sinne des § 5 Abs. 1 UWG.

Damit hatte die Revision Erfolg und der BGH hat die Beklagte zur Unterlassung der Werbung gemäß §§ 8 Abs. 1, 3 Abs. 1, 5 Abs. 1 UWG und zur Erstattung vorgerichtlicher Abmahnkosten verurteilt.

Der Bundesgerichtshof begründete diese wichtige Entscheidung insbesondere mit der Mehrdeutigkeit des Begriffs „klimaneutral“, da die verschiedenen Auslegungsmöglichkeiten - Co2-Reduktion oder Kompensation - keine gleichwertigen Alternativen zur Herstellung der Klimaneutralität darstellen. 

Vielmehr sei eine Reduktion gegenüber einer bloßen Kompensation vorzugswürdig, da der Zertifikatshandel und andere Kompensationsmöglichkeiten zumindest aus Verbrauchersicht im Verdacht stehen, sog. Greenswashing2​​  zu betreiben, welches den Versuch eines Unternehmens beschreibt, durch besondere Maßnahmen im Bereich Marketing ein „grünes“ Image aufzubauen, ohne dass der Klimaschutz im operativen Geschäft tatsächlich gebessert wird.

Daher reicht es nicht aus, wenn der Verbraucher jedenfalls von einer ausgeglichenen Co2 Bilanz ausgehen würde. Hierbei verweist der BGH ebenfalls darauf, dass in Bezug auf umweltbezogene Werbung die Irreführungsgefahr besonders groß ist. Die Irreführung ist laut BGH auch aus wettbewerblicher Perspektive relevant, da eine vermeintliche Klimaneutralität entscheidenden Einfluss auf die Kaufentscheidung des Verbrauchers haben kann. 

Zusammenfassend stellt der Bundesgerichtshof mit diesem richtungsweisenden Urteil strenge Anforderungen an die Werbung mit mehrdeutigen Bezeichnungen wie „klimaneutral“ und stärkt damit die Position des Verbrauchers, der in Zukunft von mehr Transparenz und Klarheit bei derartigen Begriffen in der Produktwerbung profitieren wird.​



[1] Der Bundesgerichtshof - Presse: Pressemitteilungen aus dem Jahr 2024 - Bundesgerichtshof entscheidet zur Zulässigkeit von Werbung mit dem Begriff „klimaneutral“.
[2]Greenwashing und Sustainable Finance | Umweltbundesamt​.
Befehle des Menübands überspringen
Zum Hauptinhalt wechseln
Deutschland Weltweit Search Menu