M&A Vocabulary – Experten verstehen: „Auction Sale”

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veröffentlicht am 21. Juni 2023 | Lesedauer ca. 3 Minuten

 

In dieser Fortsetzungsreihe stellen Ihnen wechselnde M&A-Experten der weltweiten Niederlassungen von Rödl & Partner jeweils einen wichtigen Begriff aus der englischen Fachsprache des Transaktionsgeschäfts vor, verbunden mit Anmerkungen zur Verwendung. Hierbei geht es nicht um wissenschaftlich-juristische Exaktheit, linguistische Feinheiten oder erschöpfende Darstellung, sondern darum, das Grundverständnis eines Terminus zu vermitteln bzw. aufzufrischen und einige nützliche Hinweise aus der Beratungspraxis zu geben.

Der Ablauf eines Übernahmeprozesses bis hin zum Signing hängt stark davon ab, ob die Initiative für die Aufnahme von Verhandlungen von der Verkäuferseite oder aber vom Investor kommt. Dieser zieht es in der Regel vor, exklusive Verhandlungen mit dem Verkäufer führen zu können, um die Übernahmebedingungen individuell und ungestört von Angeboten Dritter aushandeln zu können. Wird hingegen ein neuer Mitinvestor oder Übernehmer gesucht, so ist es für den Verkäufer oftmals attraktiver, den Weg des „Auction Sale” oder auch der „Bidding Procedure” zu gehen.
 

Der Auction Sale ist nichts anderes als ein Bieterverfahren, bei dem Interessenten die Möglichkeit haben, im Rahmen eines mit Hilfe eines M&A-Advisor strukturierten Verkaufsprozesses über ein möglichst attraktives Angebot den Zuschlag für die Übernahme des Targets zu erhalten.

 

Der aus dem Insolvenzrecht bekannte Auction Sale war ursprünglich vor allem bei Großtransaktionen die erste Wahl, bei denen in erster Linie Finanzinvestoren z.B. aus dem Bereich Private Equity angesprochen werden und miteinander konkurrieren sollen; er ist wegen seiner für die Verkäuferseite nicht unerheblichen Vorteile mittlerweile jedoch durchaus häufig bei Transaktionen auch im mittleren bis größeren Mittelstand und mit Zielinteressenten aus der Industrie anzutreffen.

 

Ablauf des Auction Sale

Der - zunächst noch unter Geheimhaltung der Identität des Targets erfolgende – Aufruf zur Abgabe eines Angebotes kann sich entweder an einen sehr breiten Interessentenkreis richten („Broad Auction”), bei dem über entsprechende Plattformen und Kontakte zahlreiche, meist aus dem Finanzsektor kommende Interessenten durch den M&A-Advisor angesprochen werden, oder an einen bereits vorselektierten Kreis potentieller Interessenten, der sich aus wenigen, gezielt kontaktierten (und oft eher strategischen) Investoren zusammensetzt („Targeted Solicitation” oder „Limited Auction”).

 

Nach einer ersten zufriedenstellenden Kontaktaufnahme und Interessenssondierung durch beide Seiten erhalten die Interessenten nach Unterzeichnung eines Non-Disclosure Agreements in einem Information Memorandum weitere Informationen über das Target und den geplanten Transaktionsrahmen sowie die Fristen für das einzelnen Verfahrensschritte.


Auf dieser Basis wird von den Interessenten ein unverbindliches Angebot angefordert, damit der Verkäufer entscheiden kann, welche Interessenten sogleich abgelehnt werden und welche hingegen Zugang zu detaillierten Informationen zur Durchführung einer Due Diligence erhalten sollen.

Der für die Due Diligence bestückte Data Room kann dabei auch bereits den Bericht einer Vendor Due Diligence enthalten; die vorherige Durchführung einer solchen Vendor Due Diligence gibt dem Verkäufer die Möglichkeit, mögliche Problematiken bereits zuvor festzustellen – und, wo möglich, zwischenzeitlich zu lösen oder sich auf entsprechende Verhandlungen oder Preisabschläge einzustellen.

 

Üblich ist auch die Überlassung der durch den Kaufinteressenten zu bearbeitenden Vorlage des Kauf(vor)vertrages. Je nach Verfahrensvorgabe kann der Vertragsentwurf unveränderlich sein, so dass der Interessent allein über den von ihm gebotenen Preis eventuelle Risiken oder Nachteile abfedern kann; in diesem Fall ist in der Tat wie bei einer Versteigerung ausschließlich das Preisangebot entscheidend für den Zuschlag. Oftmals aber besteht im Bieterverfahren für den Kaufinteressenten auch die Möglichkeit, die Vertragsvorlage entsprechend seiner Ergebnisse aus der Due Diligence zu bearbeiten, und z.B. besondere Closing Conditions oder Reps & Warranties einzufordern oder auch für sich selber zusätzliche Verpflichtungen (z.B. Beschäftigungsgarantien) einzuführen, die dann neben dem Preisangebot durch den Verkäufer bei seiner Entscheidung über den Zuschlag oder die Beförderung des Interessenten in die nächste Auswahlstufe berücksichtigt werden.

 

Nach dieser Entscheidung des Verkäufers werden die Verhandlungen in der Regel auf nur sehr wenige Interessenten beschränkt oder gar exklusiv weitergeführt. Auch ist durchaus üblich, erst in diesem reduzierten Teilnehmerkreis eine weitere Due Diligence-Stufe zwischenzuschalten, bei der sensiblere Informationen, z.B. zu Handelspartnern oder Schlüsselmitarbeitern, offengelegt werden.

 

Fazit

Wenngleich der bei einem Auction Sale fast unerlässliche M&A-Advisor ein nicht unerhebliches Honorar beansprucht und der Ablauf, sobald er einmal kommuniziert wurde, wenig Raum für spontane individuelle Gestaltungen lässt, so bietet der Auction Sale dem Verkäufer doch eine Reihe von Vorteilen, die die zunehmende Popularität bei solchen Transaktionen erklären, die von Verkäuferseite initiiert werden:

  • die Möglichkeit, von vorneherein den Kreis der teilnehmenden Kaufinteressenten zu definieren und einzugrenzen
  • die Federführung über den Verkaufsprozess durch die Vorgabe des Ablaufs und des Vertragsentwurfs
  • geringerer administrativer Aufwand dank der Unterstützung des M&A-Advisors
  • größere Planbarkeit des Closings durch die Festsetzung klarer Fristen für die Durchführung der einzelnen Phasen
  • eine erhöhte Wahrscheinlichkeit, zum Closing zu kommen, auch wenn einer der Verhandlungspartner abspringt
    und last but not least
  • die Erzielung eines besseren Verkaufspreises aufgrund des Wettbewerbes zwischen den Kaufinteressenten.

Und auch, wenn die Vorzüge des Auction Sale klar auf Seiten des Verkäufers liegen, so können auch für Kaufinteressenten durchaus Vorteile darin liegen, dank dieses Verfahrens überhaupt erst einmal „den Fuß in die Tür” zu bekommen, d.h. für Projekte angesprochen zu werden, über die keine vorherige Kenntnis oder kein passender Kontakt bestand, und im Verfahren dann das eigene Angebot überzeugend darstellen zu können.

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Evelyn Ziebs

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