Digitales Rechnungswesen – Deutschland und ausgewählte Länder im Vergleich

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von Monika Völkel
 
In Deutschland begann Mitte 2011 der Aufbruch in das digitale Zeitalter des Rechnungswesens. Durch die Änderung des Umsatzsteuergesetzes wird grundsätzlich jedes Format einer Rechnung anerkannt, sofern die Echtheit und Unversehrtheit der Daten gewährleistet ist. Mit dem BMF-Schreiben vom November 2014 zu den Grundsätzen ordnungsgemäßen Buchführung im digitalen Zeitalter erfolgte der Durchbruch. 

 

 

Aufgrund des BMF-Schreibens ist es nun möglich, unter Einhaltung bestimmter Voraussetzungen vom sog. „Ersetzenden Scannen” Gebrauch zu machen. Dadurch hat man die Möglichkeit, Belege in Papierform nach dem Scanvorgang zu vernichten. Das schafft zum einen Raum in den Archiven und zum anderen hilft es, die Entwicklung digitaler Abläufe im Rechnungswesen voranzutreiben. Auch wenn die Unternehmen in Deutschland dabei teilweise noch in den Kinderschuhen stecken, werden bereits einige Anstrengungen in die richtige Richtung unternommen und es entstehen sogar neue Geschäftsmodelle. So bietet bspw. die DATEV eG ihre Rechnungszentrumskompetenz an, um den Rechnungsversand auf die Kundenwünsche der Unternehmen abzustimmen. Ein Kunde möchte seine Rechnung im PDF-Format, ein anderer als EDI/EDIFACT und dann gibt es noch diejenigen, die Papier und Briefumschläge bevorzugen. Die angebotene Dienstleistung der DATEV eG kann all diesen Bedürfnissen nachkommen: Es wird einfach der Fakturierungsdatensatz übermittelt.
  
Bevor man sein Rechnungswesen in Deutschland für das digitale Zeitalter fit macht, sollte ein Blick über die Grenzen riskiert werden. Da Unternehmen zunehmend international agieren und die eigenen ERP-Systeme oft auf den internationalen Einsatz ausgerichtet sind, sollte bekannt sein, was im Ausland erlaubt ist und was nicht.
 

Eingangs- und Ausgangsrechnungen in Polen

Im Bereich der Eingangsrechnungen ist die Situation mit der in Deutschland recht ähnlich: Belege können digitalisiert werden, sofern der Inhalt unverändert bleibt. Ausnahmen bilden Dokumente, die die Übertragung von Vermögensrechten an Immobilien oder von Verantwortlichkeiten für Vermögenswerte betreffen. Das kennt man aus Deutschland – Urkunden eines Notars sind im Original aufzubewahren und digitale Belege müssen jederzeit druckbar sein.
 
Die Anforderung an die Ausgangsrechnungen sind exakt die gleichen wie in Deutschland. Zugelassen sind jegliche Formate und es bedarf der Genehmigung des Rechnungsempfängers. Das kann in beliebiger Form erfolgen. Auch was die Vernichtung von eingescannten Belegen anbelangt, lassen sich keine abweichenden Regelungen feststellen. Wenn man die Anforderungen der Finanzbehörden beachtet, müssen die Originale nicht mehr aufbewahrt werden.

 
Buchhaltung in Russland und Weißrussland

In Russland selbst werden keine elektronischen oder eingescannten Rechnungen als Buchhaltungsbelege akzeptiert. Im Gegenteil: Eine Aufwandsbuchung in Form einer Scan- oder Faxkopie wird seitens der Steuerbehörde als gesetzeswidrige Minderung der Steuerbemessungsgrundlage bewertet. Zudem dürfen die Ausgangsrechnungen nur als Originaldokumente verbucht werden. Ein ersetzendes Scannen ist in Russland daher undenkbar. Die Originalbelege sind bis zum Ablauf der Verjährungsfrist aufzubewahren.
 
Ähnliches gilt für Weißrussland. Die der Buchhaltung zugrundeliegenden Belege müssen in Papierform vorhanden sein und sogar einen Stempel und eine Unterschrift haben. Allerdings gibt es Ausnahmen: Telefon-, Mobilfunk- und Internetrechnungen sowie Tankkartenberichte können elektronisch verarbeitet werden. Das wird von den Kontrollbehörden akzeptiert.
 
Jedoch sind seit 1. Juli 2016 alle Unternehmen ausnahmslos dazu verpflichtet, neben dem herkömmlichen Papierbeleg zusätzlich eine elektronische Rechnung für jedes abgewickelte Geschäft zeitnah zu erstellen. Das elektronische Dokument gilt als Grundlage für die Umsatzsteuerabrechnung zwischen den Geschäftspartnern sowie für die Berechnung des Vorsteuerabzugs. Dafür muss das elektronische Rechnungsstellungsverfahren des Ministeriums für Steuern und Abgaben der Republik Weißrussland genutzt werden, das über eine Online-Plattform erreichbar ist.
 
Dadurch führt das Finanzamt bei Abgabe der Steuererklärung automatisch einen Abgleich durch, ob die berechnete Umsatzsteuer der Summe der erstellten elektronischen Rechnungen entspricht und auch, ob die Vorsteuer richtig berechnet wurde. Trotzdem müssen die Originalbelege mindestens 3 Jahre für eine Steuerprüfung aufbewahrt werden. Für Personalakten beträgt die Aufbewahrungsfrist sogar 75 Jahre.
 

Situation in Estland und Litauen

In den baltischen Staaten Estland und Litauen ist es bereits möglich, die Buchhaltung auf Grundlage von eingescannten oder elektronischen Belegen zu erstellen. Während man das Papier in Estland jedoch vernichten darf und es keine festen Regelungen gibt, müssen in Litauen die Originalbelege mindestens 10 Jahre aufbewahrt werden.
 

Elektronische Belege in der Türkei

Seit 2010 ist es in der Türkei möglich, die Buchhaltung auf Basis elektronischer Belege durchzuführen. Seit 2012 gibt es hierfür sogar eine Pflicht für bestimmte Unternehmensgruppen und Branchen.    
 
Bei den Ausgangsrechnungen ist die Situation noch gespalten: Die eine Gruppe Unternehmer muss ihre Rechnungen elektronisch ausstellen, wohingegen die andere ausschließlich Papierbelege erzeugen darf. Originalbelege dürfen nach dem Scannen nicht vernichtet werden und sind über den Zeitraum der Aufbewahrungsfristen zu archivieren.
 

Fazit

Der Streifzug durch Europa zeigt, dass wir in Deutschland durchaus modern aufgestellt sind. Wir treten der Industrie 4.0 und der damit einhergehenden Digitalisierung im Einverständnis mit unserer Finanzbehörde aufgeschlossen entgegen. Bevor man aber alle bestehenden Prozesse im Rechnungswesen revolutioniert, darf man die Regelungen unserer internationalen Nachbarn nicht aus den Augen verlieren. Wer möchte schon gerne mit der russischen Finanzbehörde streiten? 
 
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