Neuerungen bei MDR und IVDR: Was ändert sich für Hersteller von Medizinprodukten und In-vitro-Diagnostika?

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​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​veröffentlicht am 20. Februar 2025 | Lesedauer ca. 4 Minuten


Medizinprodukte ("MP") und In-vitro-Diagnostika ("IVD") unterliegen den Verordnungen (EU) 2017/745 ("MDR") und (EU) 2017/746 ("IVDR"). Diese Verordnungen haben die Richtlinien 93/42/EWG, 90/385/EWG und 98/79/EG aufgehoben und ersetzt.​
 
  
Der Übergang zu den neuen Vorschriften gestaltet sich jedoch schwierig. Dies insbesondere aufgrund der geringen Anzahl Benannter Stellen, die für die Konformitätsbewertung der Produkte nach den neuen Vorschriften akkreditiert und zuständig sind. Auch die Implementierung der digitalen Infrastruktur EUDAMED, einer europäischen Datenbank für Medizinprodukte, die die einzelnen nationalen Datenbanken ersetzen wird, ist noch nicht abgeschlossen. 

Um diese Herausforderungen zu begegnen und eine Versorgungsunterbrechung mit Medizinprodukten auf dem EU-Markt zu vermeiden, hat der Gesetzgeber beschlossen, die MDR und die IVDR zu ändern.

Änderungen durch die Verordnung (EU) 2024/1860:
  • Neue Informationspflichten für Hersteller bei Versorgungsunterbrechung oder -beendigung;
  • Schrittweise Implementierung von EUDAMED;
  • Verlängerte Übergangsfristen für In-vitro-Diagnostika.

Informationspflichten bei Unterbrechung oder Beendigung der Versorgung​

Ab dem 10. Januar 2025 gelten für Hersteller bei einer Unterbrechung oder Beendigung der Versorgung bei MP- und IVD, die zu einer schwerwiegenden Schädigung der Patienten oder der öffentlichen Gesundheit führen könnte, neue Informationspflichten. Sie müssen unverzüglich die von ihnen versorgten Wirtschaftsakteure (z.B. ihre Händler oder versorgte Gesundheitseinrichtungen) sowie die zuständigen Behörden des Mitgliedstaats, in dem sie ansässig sind, oder, wenn sie außerhalb der Europäischen Union niedergelassen sind, die zuständigen Behörden des Mitgliedstaats, in dem der Beauftragte ansässig ist, informieren.

Die Informationspflicht gilt für alle MP- und IVD-Produkte, die in der EU in Verkehr gebracht werden, einschließlich der sog. „Legacy-Produkte“ (d.h. Produkte, die den Anforderungen der vorherigen Richtlinien 93/42/EG bzw. 98/79/EG entsprechen. Diese Produkte können, während der in Art. 120 MDR festgelegten Übergangszeit, weiterhin auf den Markt gebracht werden).

Die Hersteller sind verpflichtet eine Unterbrechung oder Beendigung der Versorgung mittels des “Manufacturer Information Form” (siehe MDCG 2024-16: Manufacturer Information Form on Interruption or Discontinuation of Supply of certain medical devices and certain in vitro diagnostic medical devices) mit einer Vorankündigungsfrist von mindestens sechs Monate vor der voraussichtlichen Unterbrechung oder Beendigung mitzuteilen, sofern nicht außergewöhnliche Umstände vorliegen (z. B. im Falle von Naturkatastrophen oder plötzlichem Rohstoffmangel).

Implementierung der EUDAMED-Plattform​

Auch die Modalitäten für die Implementierung der Europäischen Datenbank für Medizinprodukte (EUDAMED) wurden angepasst.

EUDAMED ist in verschiedene elektronische Systeme unterteilt, von denen jedes der Erfassung unterschiedlicher Daten dient (z.B. Registrierung von Wirtschaftsakteuren, Produkten, Vigilanz & Überwachung usw.). Die ursprüngliche Regelung sah vor, dass die Nutzung von EUDAMED erst dann verpflichtend wird, wenn alle Module von der Kommission als betriebsbereit erklärt wurden.

Angesichts der Verzögerung bei der Umsetzung einiger elektronischer Systeme können diese nun auch schrittweise, einzeln durch Mitteilung der Kommission für verbindlich erklärt werden, um die Umsetzung von EUDAMED nicht weiter zu verzögern. 

Die Kommission schätzt, dass die elektronischen Systeme zur Registrierung von Wirtschaftsakteuren, Produkten, Benannten/zertifizierten Stellen und Marktüberwachung in der ersten Jahreshälfte 2026 verbindlich werden könnten. 

Verlängerung der Übergangsfristen für Legacy-In-vitro-Diagnostika​​

Legacy-In-vitro-Diagnostika sind Medizinprodukte, die der vorherigen Richtlinie 98/79/EG entsprechen und weiterhin auf den Markt gebracht werden können, sofern sie bestimmte Anforderungen der IVDR erfüllen.

Mit den Änderungen wurde die Frist für das Inverkehrbringen von Legacy-Produkte, die im Rahmen der bisherigen IVD-Richtlinie einem Konformitätsbewertungsverfahren durch eine Benannte Stelle unterzogen wurden, unter bestimmten zusätzlichen Bedingungen bis zum 31. Dezember 2027 verlängert.

Ebenso können auch Legacy-Produkte, die unter der vorherigen Richtlinie keinem​ Konformitätsbewertungsverfahren durch eine Benannte Stelle unterlagen (d.h. nur der Konformitätserklärung), aber unter der IVDR nun einer solchen unterliegen, unter bestimmten Bedingungen weiterhin auf den Markt gebracht werden, bis:
  • 31. Dezember 2027 für Klasse-D-Produkte;
  • 31. Dezember 2028 für Klasse-C-Produkte;
  • 31. Dezember 2029 für Klasse-B-Produkte und Sterilprodukte der Klasse A.

Fazit

Die eingeführten Änderungen betreffen hauptsächlich die Hersteller von Medizinprodukten und In-Vitro-Diagnostika. Zusammenfassend wird auf die Informationspflichten im Falle einer Unterbrechung oder Beendigung der Versorgung von Produkten, die schrittweise Implementierung der EUDAMED-Plattform sowie die verlängerten Übergangsfristen für In-vitro-Diagnostika hingewiesen. Angesichts der derzeitigen Komplexität des regulatorischen Rahmens wird den Wirtschaftsakteuren empfohlen:  
  • Zu prüfen, ob die vermarkteten Produkte unter die neuen Informationspflichten im Falle der Lieferunterbrechung fallen; 
  • Sich über den Fortschritt der EUDAMED-Implementierung auf dem Laufenden zu halten; 
  • Im Falle von IVDs prüfen, ob die Bedingungen für die Inanspruchnahme der Übergangsfrist erfüllt sind. 

Rödl & Partner unterstützt Unternehmen mit einer spezialisierten und interdisziplinären Beratung bei der Compliance-Prüfung nach MDR und IVDR, um die Risiken von Sanktionen oder Beanstandungen durch die zuständigen Behörden zu minimieren, insbesondere in Anbetracht der hohen regulatorischen Komplexität des Sektors.​​
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