Deutsche Zinsschrankenregelung – Diskussion um die Verfassungswidrigkeit

PrintMailRate-it

Die Zinsschrankenregelung wird momentan sehr kontrovers diskutiert. Aufgrund des anhängigen Verfahrens vor dem Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) schwebt einerseits das Damoklesschwert der Verfassungswidrigkeit über der Regelung. Andererseits wurde von der OECD die Einschränkung des Zinsabzugs als Wundermittel gegen Gewinnverlagerung und Steuerflucht identifiziert.
 

In der aktuellen BEPS-Diskussion über die missbräuchliche Gewinnverlagerung und internationale Steuerflucht wurde von der OECD ein 15 Punkte umfassender Aktionsplan vorgelegt. Er sieht mit Maßnahme 4 die Einführung einer Zinsschrankenregelung zur Begrenzung der Abzugsfähigkeit von Fremdkapitalaufwendungen vor, die in internationalen Steuergestaltungen (bei übermäßiger Fremdfinanzierung) zur Gewinnverlagerung genutzt werden können.
 

§ 4h EStG: Nationale Regelung

Eine solche Regelung ist in Deutschland jedoch nicht neu. Bereits seit dem Jahr 2008 ist der Abzug von Fremdfinanzierungs­aufwendungen aufgrund der Zinsschranke nicht mehr vollumfänglich möglich. Vereinfacht dargestellt bewirkt die Zinsschranke, dass Fremdkapitalkosten in selber Höhe wie die Zinserträge voll abzugsfähig sind und darüber hinausgehend nur noch bis maximal 30 Prozent des EBITDA.
 

Die Regelung enthält jedoch auch diverse Ausnahmen – die Freigrenze von 3 Mio. Euro ist in der Praxis sicherlich die wichtigste. Daneben eröffnet zudem der Eigenkapitalvergleich im Konzern (die sog. „Escape-Klausel”) oder die fehlende Konzernzugehörigkeit (die sog. „Stand alone-Klausel”) den uneingeschränkten Abzug der Zinsaufwendungen.
 

Vorlagebeschluss des BFH

Nach dem Willen des Gesetzgebers sollte die Regelung u.a. missbräuchlichen Steuergestaltungen entgegenwirken. Allerdings schießt der Gesetzgeber mit der pauschalierenden Zinsschranke weit über das Ziel hinaus. Führt man sich vor Augen, dass Zinsaufwendungen originär betrieblich veranlasste Betriebsausgaben sind, zeigt das die erhöhten Anforderungen, die an eine Missbrauchsregelung zu stellen sind. Daher ist die Entscheidung des BFH vom 14. Oktober 2015 (Az. I R 20/15), nach der die Regelung eine nicht gerechtfertigte Durchbrechung des objektiven Nettoprinzips darstellt und damit gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstößt (ausführlich hierzu Weggenmann/Claß in Betriebs-Berater 2016, S. 1175 ff.), zu begrüßen. Das letzte Wort liegt allerdings bei den Richtern des BVerfG in Karlsruhe. Es bleibt zu hoffen, dass sie der überzeugenden Argumentation des BFH folgen und die Zinsschrankenregelung für verfassungswidrig erklären.


BEPS und Anti-BEPS-Richtlinie

Unbeirrt von der nationalen Diskussion um die Verfassungswidrigkeit der deutschen Zinsschrankenregelung diente sie der OECD offensichtlich als Blaupause.
 

Zusätzlich gibt es auf europäischer Ebene Bestrebungen, die Maßnahmen der OECD in einer Anti-BEPS-Richtlinie europaweit rechtsverbindlich zu regeln und umzusetzen. Hierzu wurde am 28. Januar 2016 ein Kommissionsvorschlag veröffentlicht, der eng an die deutsche Zinsschrankenregelung angelehnt ist. Jedoch sind bei den Ausnahmetatbeständen noch strengere Voraussetzungen vorgesehen, so dass bspw. die Freigrenze in Abweichung zum deutschen Recht nur noch 1 Mio. Euro betragen soll.
 

Das würde zu einem bisher einmaligen (und rechtlich noch nicht gelösten) Spannungsverhältnis zwischen EU-Recht und nationalem Verfassungsrecht führen. Offen bleibt, ob Deutschland im Rahmen des europäischen Gesetzgebungsverfahrens einer solchen Anti-BEPS-Richtlinie zustimmen kann. Unseres Erachtens ist das zu verneinen, sofern das BVerfG die Verfassungswidrigkeit der deutschen Zinsschrankenregelung bestätigt.

Kontakt

Contact Person Picture

Dr. Hans Weggenmann

Diplom-Kaufmann, Steuerberater

Geschäftsführender Partner

+49 911 9193 1050

Anfrage senden

Profil

Bitte beachten Sie:

  • Sie sollten die Finan­zie­rungs­struktur Ihres Unternehmens genau beleuchten.
  • Wenn bei Ihnen § 4h EStG greift, versuchen Sie durch entsprechende Umstruk­turierung den vollständigen Zinsabzug zu gewähr­leisten.
  • Führt die Anwendung der Zinsschranke zum teilweisen Versagen des Betriebsausgabenabzugs, sollten Sie die entsprechenden Bescheide offen halten.
Befehle des Menübands überspringen
Zum Hauptinhalt wechseln
Deutschland Weltweit Search Menu