IFRS und nationale Vorschriften – Heterogenität in Osteuropa

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von Dr. Benjamin Roos
  
​Die „International Financial Reporting Standards” (IFRS) haben sich auch in Osteuropa hauptsächlich für börsennotierte Unternehmen durchgesetzt. Für alle anderen Jahres- und Konzernabschlüsse gelten weiterhin nationale, für der EU angehörige Länder ggf. durch die EU-Bilanzrichtlinie harmonisierte Regelungen.
 
Das Thema „Vergleichbarkeit von Abschlüssen” wird ein zunehmend wichtigeres Thema. In Osteuropa, wo oftmals enge Beziehungen zwischen Unternehmen der jeweiligen Staaten bestehen und auch länderübergreifend Investitionen getätigt werden, ist die Vergleichbarkeit von Finanzinformationen für alle Beteiligten von ganz besonderem Interesse.
 
Ein Mittel, um diese herzustellen, wäre die Anwendung der internationalen Rechnungslegungsvorschriften (IFRS). Deshalb soll nachfolgend dargestellt werden, inwieweit die IFRS in den Staaten Estland, Lettland, Litauen, Polen, der Russischen Föderation, Slowakei, Slowenien, der Tschechischen Republik, Ukraine, Ungarn und Weißrussland angewandt werden müssen oder freiwillig angewendet werden können (vgl. hierzu www.ifrs.org/Use-around-the-world/Pages/Jurisdiction-profiles.aspx).
 

Börsennotierte Unternehmen

Osteuropäische Staaten, die der EU angehören, haben die sog. IAS-Richtlinie (Verordnung (EG) Nr. 1606/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. Juli 2002) zwingend zu beachten. Danach sind sämtliche börsennotierte Unternehmen verpflichtet, ihren Konzernabschluss nach den von der EU übernommenen IFRS aufzustellen.
 
Diese Notwendigkeit besteht für die Nicht-EU-Mitgliedstaaten Russische Föderation, Ukraine und Weißrussland gerade nicht. Dennoch müssen auch in der Russischen Föderation und der Ukraine alle börsennotierten Unternehmen sowie insbesondere Banken, Versicherungen und andere Kreditinstitute ihren Konzernabschluss nach IFRS aufstellen. Dagegen sind in Weißrussland die IFRS derzeit lediglich von börsennotierten Banken verpflichtend anzuwenden. Ab 2016 betrifft diese Pflicht dann sämtliche an einer weißrussischen Börse notierte Unternehmen. Allerdings gelten in diesen Ländern nicht die in europäisches Recht übernommenen IFRS, sondern es sind die „Original”-IFRS anzuwenden. Inhaltlich gibt es zur Zeit zwar keine Unterschiede, jedoch können sich zeitliche Abweichungen z.B. im Hinblick auf die Erstanwendung ergeben.
 

Nicht börsennotierte Unternehmen

Die Vorgaben zur Anwendung der IFRS durch nicht börsennotierte Unternehmen sind dagegen mannigfaltig: Einzig in der Slowakei sind die IFRS auch von sämtlichen nicht notieren Unternehmen – sowohl auf Jahres- als auch auf Konzernabschlussebene – zwingend anzuwenden. In Russland ist die Anwendung der IFRS verpflichtend für Konzernabschlüsse, wohingegen die Jahresabschlüsse nach lokalen Vorschriften zu erstellen sind. In den baltischen Staaten sind die IFRS nur für Finanzinstitute sowohl im Jahres- als auch im Konzernabschluss vorgeschrieben. Anderen Unternehmen wird in Estland und Litauen die Anwendung gestattet, wohingegen dies in Lettland nicht der Fall ist. In Polen, Slowenien und Weißrussland verhält es sich ähnlich; hier ist die Anwendung der IFRS für Banken und Finanzinstitute grundsätzlich vorgeschrieben. In Polen besteht die Besonderheit, dass für Jahres- und Konzernabschlüsse von Unternehmen, die ein Listing anstreben oder deren Mutterunternehmen nach IFRS bilanziert, die Anwendung der IFRS gestattet ist. Für den Jahresabschluss anderer Unternehmen besteht hingegen ein Verbot. In der Tschechischen Republik, der Ukraine und Ungarn existiert dagegen selbst für Finanzinstitute kein Zwang zur Anwendung der IFRS.
 
Somit sind für die Mehrzahl der osteuropäischen Unternehmen nationale Rechnungslegungsvorschriften maßgebend, wodurch die starke Heterogenität zum Ausdruck kommt. Allenfalls die EU-Bilanzrichtlinie sorgt für eine gewisse internationale Vergleichbarkeit innerhalb der EU-Mitgliedstaaten.

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Dr. Andreas Schmid

Wirtschaftsprüfer

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Bitte beachten Sie:

  • Bei börsennotierten Unternehmen sowie Banken und Finanzinstituten dürfte zumindest auf Konzernabschlussebene weitestgehend Vergleichbarkeit herrschen.
  • Dagegen sind sowohl auf Jahres- als auch auf Konzernabschlussebene nicht börsennotierter Unternehmen mindestens umfangreiche Anpassungen erforderlich, um eine ansatzweise Vergleichbarkeit herzustellen.

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