Pillar 2: Zweiter Diskussionsentwurf für ein Mindeststeueranpassungsgesetz veröffentlicht

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​​​​​​​​​​​​​veröffentlicht am 6. Februar 2025 | Lesedauer ca. 5 Minuten



Hinweis: Gruppenträgermeldung in Deutschland bis 28. Februar 2025 beachten! Mehr dazu in unserem Beitrag​ ​»​​


Am 6. Dezember 2024 veröffentlichte das BMF einen zweiten Diskussionsentwurf für ein Gesetz zur Anpassung des Mindeststeuergesetzes und weiterer Maßnahmen (Mindeststeueranpassungsgesetz – MinStAnpG). Dieser baut auf dem ersten Diskussionsentwurf vom 20. August 2024 auf. Der erste Entwurf enthielt bereits Anpassungen des Mindeststeuergesetzes (MinStG) an die OECD-Verwaltungsleitlinien vom Dezember 2023. Der zweite Entwurf enthält nun auch Anpassungen des MinStG an die OECD-Verwaltungsleitlinien vom Juni 2024 sowie steuerliche Begleitmaßnahmen außerhalb des MinStG.





Hintergrund

Das deutsche Mindeststeuergesetz, durch das die RICHTLINIE (EU) 2022/2523 DES RATES zur Gewährleistung einer globalen Mindestbesteuerung für multinationale Unternehmensgruppen und große inländische Gruppen in der Union vom 14. Dezember 2022 umgesetzt wird, ist am 28. Dezember 2023 in Kraft getreten. Obwohl das Gesetz­gebungs­verfahren zum MinStG abgeschlos​­sen ist, besteht weiterhin Anpassungsbedarf, da Deutschland verpflich­tet ist, die seit der Veröf­fentlichung der OECD Model Rules im Dezember 2021 sukzessive erarbeiteten OECD-Verwaltungs­leitlinien innerhalb von 24 Monaten nach deren Veröffentlichung in nationales Recht umzusetzen. 

Auch der zweite Entwurf des BMF für das MinStAnpG wurde ausdrücklich als „Diskussions­entwurf“ bezeichnet, was bedeutet, dass es sich hierbei nicht um den Referentenentwurf handelt, der das Gesetzgebungsverfahren offiziell einleiten würde. Verbände konnten bis zum 31. Januar 2025 Stellungnahmen einreichen.

​Inhalte des zweiten Diskussionsentwurfs

Bereits der erste Entwurf enthielt, neben mehreren redaktionellen Änderungen, einige materielle Anpassungen des MinStG, die sich vor allem aus den OECD-Verwaltungsleitlinien vom Dezember 2023 ergeben. Dazu zählen insbe­sondere Konkretisierungen zum CbCR-Safe-Harbour (einschließ­lich der Ergänzung von Missbrauchsvermeidungs­regeln), zur Berücksichtigung latenter Steuern, zum Mindeststeuer-Bericht sowie zu gemischten Hinzurechnungs­besteuerungsregimen. Diese im ersten Entwurf vorgesehenen Anpassungen wurden auch im zweiten Entwurf beibehalten. Die im ersten Entwurf vorgesehene Fiktion der Mindeststeuergruppe für eine einzelne im Inland belegene Geschäftseinheiten wurde zwischenzeitlich bereits durch das JStG 2024 umgesetzt. Details zu den Inhalten des ersten Diskussionsentwurfs »​​​​

Der zweite Diskussionsentwurf enthält nun zusätzlich auch Anpassungen an die OECD-Verwal­tungs­leitlinien vom Juni 2024 sowie steuerliche Begleitmaßnahmen außerhalb des MinStG. Diese werden im Folgenden dargestellt.

Regelungen im MinSTG​​​

  • Für die Ermittlung latenter Steuern wird festgelegt, dass auf die sog. Mindeststeuer-Buchwerte abzustellen ist (§ 50 Abs. 1a MinStG-E), wodurch die Mindeststeuer letztlich eine eigene Steuer­bilanz erfordert. Damit werden die OECD-Verwaltungsleitlinien vom Juni 2024 umgesetzt
  • ​Es sollen neue Regelungen zur Erleichterung der Nachversteuerung latenter Steuern (§ 50a MinStG-E) eingeführt werden, ebenfalls zur Umsetzung der OECD-Verwaltungsleitlinien vom Juni 2024
  • Für Umwandlungen wird klargestellt, dass Übernahmegewinne, die durch den Wegfall der Beteiligung an der übertragenden Gesellschaft entstehen, grundsätzlich steuerfrei sind. Spiegelbildlich dazu werden Übernahme­verluste steuerlich nicht berücksichtigt (§ 66 Abs. 2 MinStG-E)
  • Für die Anwendung des CbCR-Safe-Harbours bei Betriebsstätten wird anerkannt, dass hier in der Regel keine qualifizierten Rechnungslegungsdaten vorliegen. Daher soll festgelegt werden, dass die benötigten Daten aus den vorhandenen Unterlagen, die für den länderbezogenen Bericht verwendet wurden, entnommen werden können (§ 87 Abs. 2 Nr. 4 MinStG-E). Diese Regelung ist zu begrüßen, und es wäre wünschenswert, eine solche Regelung auch für die Full-Scope-Berechnung zu schaffen
  • Die Regelungen zur Behandlung transparenter Einheiten in transparenten Strukturen werden neu gefasst (§ 7 Abs. 32 MinStG-E), ebenfalls zur Umsetzung der OECD-Verwaltungsleitlinien vom Juni 2024
  • Anpassungen an geplante DAC9-Richtlinie der EU: Die geplante DAC9-Richtlinie (Entwurf vom 28. Ok​tober 2024) bringt Neuerungen zur Verwaltungszusammenarbeit im Steuerbereich. Ziel ist die Vereinfachung des Meldeprozesses und die Reduzierung des Verwaltungsaufwands im Zusammenhang mit der Mindestbesteuerung. Ohne die Umsetzung der DAC9-Richtlinie müsste jede Geschäftseinheit ihren Mindeststeuer-Bericht im jeweiligen Belegenheitsstaat einreichen. DAC9 ermöglicht hingegen jedenfalls innerhalb der EU eine zentrale Einreichung, wodurch die Berichterstattung für die gesamte Unternehmensgruppe erheblich erleichtert wird. Die Richt­linie umfasst zwei zentrale Elemente: Einrichtung eines Systems für den Informations­austausch von Pillar 2-Informationen zwischen den Steuerbehörden der EU-Mitgliedstaaten. Außerdem die EU-weit einheitliche Einführung eines Standardformulars für den Mindeststeuer-Bericht, das mit den Vorgaben der OECD übereinstimmt. Der zweite Entwurf enthält bereits Regelungen zum Informationsaustausch der Mindeststeuer-Berichte im Vorgriff auf die DAC9-Richtlinie

Steuerliche Begleitmaßnahmen​

  • Abschaffung der Lizenzschranke (§ 4j EStG): Gem. § 4j EStG sind Aufwendungen für Rechteüberlassungen an nahestehende Personen nicht oder nur anteilig abziehbar, wenn die entsprechenden Einnahmen beim Empfänger einer schäd­lichen Präferenzregelung unterliegen, die keine substanzielle Geschäftstätigkeit (Nexus-Ansatz) des Empfängers voraussetzt. Dies jedenfalls dann, wenn die Einnahmen beim Empfänger einer Belastung durch Ertragsteuern von weniger als 15 Prozent unterliegen. Aufgrund der globalen Mindestbesteuerung, der Hinzurechnungsbesteuerung und des Steueroasenabwehrgesetzes wird keine Notwendigkeit für eine zusätzliche Maßnahme zur Verhinderung von Gewinnverlagerungen durch Lizenzaufwendungen mehr gesehen. Die Abschaffung soll ab dem Veranlagungszeitraum 2025 gelten.
  • Abschaffung des Sonderbetriebsausgabenabzugsverbot bei Vorgängen mit Auslandsbezug (§ 4i EStG): ​§ 4i EStG verhindert einen doppelten Betriebsausgabenabzug bei Mitunternehmer​­schaften mit ausländischen Gesell­schaftern. Konkret gilt: Aufwendungen, die ausländische Gesellschafter im Inland als Sonderbetriebsausgaben geltend machen, dürfen nicht auch im Ausland, dessen Rechtsordnung das Rechtsinstitut des Sonderbetriebs­vermögens nicht kennt, als eigene Betriebs­ausgaben abgezogen werden. Diese Regelung greift, wenn den Auf­wendung­en keine Erträge gegenüberstehen, die sowohl der inländischen als auch der ausländischen Besteuer­ung unter­liegen. Aufgrund der Einführung insbesondere des § 4k EStG wird für § 4i EStG keine Notwen­digkeit mehr gesehen. Die Abschaffung soll ab dem Veranlagungszeitraum 2025 gelten
  • Änderungen bei der Hinzurechnungsbesteuerung:
    • ​Anhebung der relativen und absoluten Freigrenze bei gemischten Einkünften (§ 9 AStG): § 9 AStG regelt, dass geringfügige Zwischeneinkünfte bei der Hinzurechnungsbesteuerung nicht berücksichtigt werden. Die Gering­fügigkeit wird dabei sowohl relativ als auch absolut gemes­sen. Die relative Freigrenze, also das maximale Verhältnis der passiven Einkünfte zu den Ge­samteinkünften, soll angehoben werden von 10 Prozent auf ein Drittel, die absolute Freigrenze von 80.000 Euro auf 250.000 Euro
    • ​Anpassung des Kürzungsbetrags bei Organschaftsfällen (§ 11 AStG): Durch die geplante Gesetzes­änderung soll bei Gewinnausschüttungen oder Veräußerungen die Doppel​­besteuerung mit Hinzurechnungsbetrag und nach § 8b Abs. 5 Satz 1 KStG pauschal nicht abziehbaren Betriebsausgaben beseitigt werden
    • Abschaffung der Hinzurechnungsbesteuerung für Einkünfte mit Kapitalanlagecharakter (§ 13 AStG) sowie Vermeidung des doppelten Ansatzes von Hinzurechnungsbeträgen bei Spezial-Investmentfonds und deren Anlegern (§ 37 InvStG)
    ​ ​

Ausblick

Aufgrund der durch den Bruch der Ampelkoalition bedingten Diskontinuität ist eine Einbringung des Entwurfs in das Gesetzgebungsverfahren vor der Neuwahl nicht zu erwarten. Nach der Wahl müssen ohnehin alle noch nicht verabschiedeten Gesetze erneut in das Verfahren eingebracht werden. Es ist zwar unwahrscheinlich, dass die Neuwahlen zu wesentlichen inhaltlichen Änder­ungen des MinStAnpG führen werden, da die geplanten Neuregel­ungen weitgehend auf den OECD-Verwaltungsanweisungen basieren. Dennoch bleibt die endgültige Ausgestaltung ungewiss. Mit einer Verabschiedung des Gesetzes ist frühestens Mitte 2025 zu rechnen. Diese Verzögerung schafft für Steuerpflichtige erhebliche Rechtsunsicherheiten, vor allem im Hinblick auf die praktisch relevante Regelung zu nicht aktivierten latenten Steuern (Details​ in dem Beitrag „Pillar 2: Die Mindestbesteuerung ist nun Realität!“​). Es bleibt zu hoffen, dass die Finanzverwaltung hierauf mit Augenmaß reagiert. 

Darüber hinaus ist zu hoffen, dass die steuerlichen Begleitmaßnahmen – insbesondere die bereits im Referenten­entwurf zum MinStG vorgesehene Abschaffung der Lizenzschranke – tatsächlich umgesetzt werden, da sie eine erhebliche Entlastung für die Steuerpflichtigen bedeuten. Für die Zukunft wäre zusätzlich eine deutliche Ein­schränkung des Anwendungsbereichs von § 4k EStG begrüßenswert. 

Die Entwicklungen im Zusammenhang mit dem Rückzug der USA aus Pillar 2, der in einem Memor­­andum vom 20. Januar 2025 angekündigt wurde, sind ebenfalls mit Spannung zu verfolgen. Die USA haben erklärt, Pillar 2 nicht umzusetzen und sich gegen die Belastung von US-Unter­nehmen durch die Anwendung der Pillar-2-Regeln, ins­besondere der UTPR, in anderen Ländern zur Wehr zu setzen. Dieser Rückzug könnte für Unternehmen in der EU, die von der Mindeststeuer betroffen sind, einen zusätzlichen Wettbewerbsnachteil bedeuten. Die Reaktionen der EU und der OECD auf diese Entscheidung bleiben abzuwarten.​
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