Early Tax Birds 1/2025: Aktualisierter Umwandlungssteuer-Erlass

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​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​Ausgabe 1/2025 (16. Dezember 2024 – 12. Januar 2025)
​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​veröffentlicht am 13. Januar 2025 | Lesedauer ca. 9 Minuten

​Liebe Leserinnen und Leser,​

die Early Tax Birds melden sich zurück, sicherlich haben Sie uns schon vermisst. Wir hoffen, dass Sie gut in das neue Jahr gekommen sind und den Ertrag der Schaumweinsteuer haben steigern können – entweder durch Eigenkonsum oder durch entsprechende flüssige Geschenke an Freunde, frei nach dem Motto: „Fiskalisch denken, Freude schenken“. Die Early Tax Birds wünschen Ihnen jedenfalls alles Gute für 2025, insbesondere wenig Säumniszuschläge, viele Steuererstattungen und kaum Gesetzesänderungen. Ob Letzteres realistisch ist, wird vermutlich erst die neue Regierung zeigen. Untätig waren zuletzt jedenfalls weder der alte Gesetzgeber (trotz des AMPEL-Aus), noch die Verwaltung. Insbesondere BMF-Schreiben gab es in unserer Weihnachtspause einige, weshalb der heutige Newsletter vergleichsweise lang ausfällt. Besonders gefreut hat sich der Unterzeichner über das verwaltungsseitige Geburtstagsgeschenk zu seinem 50. Ehrentag: Ein BMF-Schreiben zu § 8 Abs. 2 AStG mit der langersehnten Anerkennung der Merkmalsübertragung beim Substanztest. Dies hatte der Unterzeichner zwar u.a. schon in IStR 2016, 767 ff. gefordert, aber besser spät als nie.

Im Übrigen gilt wie immer: Wenn Ihnen unser Newsletter gefällt, abonnieren Sie ihn und em​pfehlen​​ Sie ihn weiter. Wenn er Ihnen nicht gefällt, sagen Sie es besser nur uns. Wir freuen uns über jede Kritik, Anregung und natürlich auch über Lob an earlytaxbirds@roedl.com.

Beste Grüße
Prof. Dr. Florian Haase und das Redaktionsteam​​​

  
 
Aktu​elle Gesetzgebung​​
  

Bundesregierung bringt Eckpunkte für einen Direktauszahlungsmechanismus auf den Weg

Am 18. Dezember 2024 hat die Bundesregierung die Eckpunkte eines Mechanismus zur direkten Auszahlung öffentlicher Mittel (Direktauszahlungsmechanismus​) beschlossen. Diese wurden aufgestellt, um Menschen in Deutschland in Krisensituationen schnell und zielgerichtet mit umfangreichen Hlfs- und Entlastungspaketen zu unterstützen. Mit dem Auszahlungsmechanismus sollen die Gelder direkt, sicher und unbürokratisch an die Bürgerinnen und Bürger ausgezahlt werden können. Dafür soll die Kontoverbindung in die Steuer-ID-Datenbank beim Bundeszentralamt für Steuern gespeichert werden. Dies kann unter anderem über die Familienkasse, über das BZSt-Portal BOP oder ELSTER erfolgen. Zudem kann gegenüber der Hausbank eine Erklärung abgegeben werden, dass man mit der Übermittlung der IBAN an das Bundeszentralamt für Steuern einverstanden ist. 

Beschluss des Steuerfortentwicklungsgesetzes

Am 19. Dezember 2024 hat die Bundesregierung den Regierungsentwurf des Steuerfortentwicklungsgesetzes in 2./3. Lesung beschlossen. Der Bundesrat hat dem Gesetz am 20. Dezember 2024 zugestimmt. Zu dem Steuerfortentwicklungsgesetz hatten wir Sie bereits mit unseren Ausgaben 18/2024​, 21/2024​​​ und 29/2024​ informiert. Folgende Punkte werden nun mit dem Gesetz umgesetzt:

  • Anhebung des Grundfreibetrags (2025: 12.096 Euro und 2026: 12.348 Euro),
  • Verschiebung der Eckwerte des Einkommensteuertarifs (um 2,6 % in 2025 und um 2,0 % in 2026),
  • Erhöhung der Freigrenzen beim Solidaritätszuschl​​ag (2025: 19.950 Euro und 2026: 20.350 Euro),
  • höheres Kindergeld (255 Euro pro Monat in 2025 und 259 Euro pro Monat in 2026),
  • Anhebung der steuerlichen Kinderfreibeträge 6.672 Euro in 2025 und 6.828 Euro in 2026.

 

Die folgenden Punkte sind u.a. im beschlossenen Gesetz nicht mehr enthalten:  

  • Überführung der Steuerklassen III und V in das Faktorverfahren ab 2029,
  • Mitteilungspflicht über innerstaatliche Steuergestaltung​en (Juhuu!),
  • Elektronische Übermittlung der Sterbefallanzeigen an die Erbschaftsteuer-Finanzämter,
  • Gruppen- bzw. Pool-Abschreibung,
  • Erhöhung der degressiven AfA für bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens,
  • Erhöhung des Bemessungsgrundlagenhöchstbetrags bei der Forschungszulage auf 12 Millionen Euro,
  • Arithmetisch-degressive AfA für neu angeschaffte Elektrofahrzeuge,
  • Anhebung des Höchstbetrags bei der Dienstwagenbesteuerung für E-Fahrzeuge.  

Neues aus der Finanzverwaltung 

  

Aufhebung des BMF-Schreibens vom 19. Mai 2022, Keine Anwendung der Grundsätze der BFH-Urteile VIII R 9/19 und VIII R 15/20 vom 1. Juli 2021 auf Abspaltungen i. S. d. § 15 UmwStG

Mit Schreiben vom 2. Januar 2025 wurde das BMF-Schreiben vom 19. Mai 2022 aufgehoben. Die Grundsätze der BFH-Urteile vom 1. Juli 2021 VIII R 9/19​ und VIII R 15/20​ sind nicht auf Abspaltungen gem. § 15 UmwStG anzuwenden. 
​ 

Anwendung des Umwandlungssteuergesetzes (UmwStE)

​Das BMF hat am 2. Januar 2025 ein aktualisiertes BMF-Schreiben zur Anwendung des Umwandlungssteuergesetzes (Umwandlungssteuer-Erlass) veröffentlicht. Im Vergleich zu dem am 11. Oktober 2023 veröffentlichten Entwurf hat das BMF keine grundlegende Änderungen vorgenommen, sondern vielmehr die ergangene BFH-Rechtsprechung eingearbeitet sowie Anpassungen an die seither erfolgten Gesetzesänderungen vorgenommen. Nachfolgend finden Sie eine Auswahl einiger Punkte aus dem Anwendungserlass:
  • Ausführungen zum Verlustverrechnungsverbot nach § 2 Abs. 4 Satz 3 – 6 UmwStG,
  • Ausführungen zum konkludenten Buchwertantrag bei der Wahl der Bilanzart im Rahmen der Übermittlung einer E-Bilanz,
  • Ausführungen zur Anwendung des § 4f EStG und des § 5 Abs. 7 Satz 5 EStG,
  • Ausführungen zu umwandlungsinduzierten Entstrickungen und der Anwendung von § 4g EStG,
  • Anwendung der allgemeinen Verstrickungsregelungen bei Umwandlungen,
  • Ausführungen zu Beteiligungskorrekturverlusten,
  • Ausführungen zu der Besitzzeitanrechnung bei § 9 Nr. 2a und Nr. 7 GewStG,
  • Berücksichtigung der Änderungen der sog. Nachspaltungsveräußerungssperre,
  • Ausführungen zum Antrag auf steuerliche Rückwirkung nach § 20 Abs. 5 UmwStG im Einklang mit der BFH-Rechtsprechung,
  • Anpassungen der Ausführungen zu Voraussetzungen für das Wertansatzwahlrecht,
  • Allgemeine Erläuterungen und Beispiele zu der im Jahr 2015 eingeführten Regelung des § 20 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 UmwStG,
  • Ausführungen zur Behandlung des Einbringungsgewinns I & II bei der Gewerbesteuer,
  • Anpassung der Ausnahmen von der Einbringungsgewinnbesteuerung bei Folgeumwandlungen,
  • Wegfall von organschaftlichen Ausgleichsposten bei Umwandlungen,
  • Änderung der Ausführungen zur Umwandlung und Auswirkung auf das steuerliche Einlagenkonto gem. § 29 Abs. 6 KStG und Berücksichtigung der Änderungen durch das JStG 2024.
Der Anwendungserlass soll auf alle offenen Fälle Anwendung finden und ersetzt somit den Anwendungserlass aus dem Jahr 2011. Sollte sich die Rechtslage zwischen Verwirklichung des Besteuerungstatbestands und dem Veröffentlichungsdatum des Erlasses maßgeblich geändert haben, gilt der Erlass nur, soweit die Anwendung dieses Schreibens zu der im Einzelfall maßgeblichen Rechtslage nicht im Widerspruch steht. 

Steuerfreie Umsätze für die Luftfahrt nach § 4 Nr. 2 und § 8 Abs. 2 UStG; Abschnitt 8.2 UStAE

Mit dem BMF-Schreiben vom 2. Januar 2025 wurde die Liste der im Inland ansässigen Luftfahrtunternehmen, die im entgeltlichen Luftverkehr überwiegend im internationalen Luftverkehr tätig sind, auf den Stand 1. Januar 2025 aktualisiert. Die Liste ersetzt die Liste im Schreiben vom 2. Januar 2024​

Kleinbetragsregelung im Erhebungsverfahren

Am 2. Januar hat das BMF ein angepasstes Schreiben für Kleinbeträge im Erhebungsverfahren erlassen. Beträge von insgesamt weniger als 3 Euro sind im SEPA-Lastschriftverfahren nicht zum Fälligkeitstag abzubuchen, sondern erst mit dem nächsten fälligen Betrag. Säumniszuschläge unter 5 Euro sollen nicht gesondert angefordert werden. Sie können jedoch gemeinsam mit anderen offenen Beträgen angefordert werden. Von einer Mahnung ist bei Beträgen von weniger als 10 Euro abzusehen. Dafür sind in den Gesamtbetrag ebenfalls ggf. Nebenleistungen sowie Säumniszuschläge mit einzubeziehen. Die Kleinbetragsgrenzen haben keine Auswirkung auf die Möglichkeit von Umbuchungen. Eine Verrechnung von Erstattungs- und Nachzahlungsbeträgen von weniger als 1 Euro ist jederzeit möglich. Erstattungsbeträge von weniger als 1 Euro werden nur auf Antrag oder dann erstattet, wenn sich aus mehreren Beträgen ein Guthaben von mindestens 1 Euro ergibt. Nachzahlungsbeträge von unter 1 Euro werden erst erhoben, wenn sie gemeinsam mit anderen offenen Beträgen mindestens 1 Euro betragen. Das BMF-Schreiben ersetzt das Schreiben vom 22. März 2001

Steuerermässigung für energetische Massnahmen bei zu eigenen Wohnzwecken genutzten Gebäuden (§ 35c EStG) 

Mit Schreiben vom 23. Dezember 2024​ hat das BMF ein neues Muster für die mit der Steuererklärung einzureichende Bescheinigung für die durchgeführten energetischen Maßnahmen veröffentlicht. Mit der Steuerermäßigung nach § 35c EStG werden energetische Maßnahmen an zu eigenen Wohnzwecken genutzten Gebäuden gefördert. Mit der Bescheinigung eines Fachunternehmens sol nachgewiesen werden, dass die Voraussetzungen des § 35c EStG erfüllt sind. Zum 1. Januar 2025 werden alle bisherigen Musterescheinigungen zu einem einheitlichen Muster zusammengeführt. Das Muster wird sowohl im Word-Format​ als auch als ausfüllbares PDF-Dokument​ zur Verfügung gestellt und kann für Maßnahmen, deren Umsetzung in 2025 begonnen wird, verwendet werden. Das Schreiben vom 23. Dezember 2024 ersetzt das Schreiben vom 6. Februar 2024​.

ÄnderungEN BEIM Umsatzsteuer-Anwendungserlass (UStAE) zum 31. Dezember 2024

Mit Schreiben vom 20. Dezember 2024 wird der Umsatzsteuer-Anwendungserlass zum 31. Dezember 2024 angepasst. Es erfolgen redaktionelle Änderungen und neu ergangene Rechtsprechung wird mit aufgenommen.

Anwendung des § 8 Abs. 2 AStG in der bis zum 30. Juni 2021 geltenden Fassung

Das BMF-Schreiben vom 20. Dezember 2024 ersetzt das BMF-Schreiben vom 17. März 2021. Es ist in allen noch offenen Fällen für die Anwendung des § 8 Absatz 2 AStG in der bis zum 30. Juni 2021 geltenden Fassung anzuwenden. Für den Nachweis einer tatsächlichen (heute: wesentlichen) wirtschaftlichen Tätigkeit für den Motivtest nach § 8 Abs. 2 AStG gilt, dass eine gezielte Nutzung der Ressourcen im Aufnahmestaat vorliegen muss. Zudem muss die Ausübung der Geschäftstätigkeit im Aufnahmestaat einen relevanten Umfang erfordern sowie erreichen. Die Teilnahme am dortigen Marktgeschehen muss aktiv, ständig und nachhaltig sein. Gleiches gilt neuerdings für Kapitalanlagegesellschaften. Grundsätzlich muss die Gesellschaft für den Nachweis einer tatsächlichen wirtschaftlichen Tätigkeit ihre wirtschaftliche Kernfunktion selbst ausüben. Dies ist nicht der Fall, wenn die Gesellschaft ihre wesentliche wirtschaftliche Tätigkeit durch Dritte besorgen lässt. Mit Schreiben vom 20. Dezember 2024​ wird hinzugefügt, dass eine Besorgung durch nahestehende Personen im gleichen Staat unschädlich ist, wenn diese die wesentliche wirtschaftliche Tätigkeit der ausländischen Gesellschaft unter Einsatz ihrer eigenen sachlichen und personellen Ausstattung ausüben. Es findet eine Merkmalsübertragung statt, da es in der unternehmerischen Entscheidung liegt, ob ein Unternehmen manche oder sämtliche Tätigkeiten an fremde Dritte oder verbundene Unternehmen outsourct.

Die letzten beiden Absätze der Tz. II des BMF-Schreibens vom 17. März 2021 sind nicht mehr anzuwenden. Der Steuerpflichtige muss nicht mehr darlegen, dass die Beteiligung an der ausländischen Gesellschaft keine rein künstliche Gestaltung darstellt. Es sind nicht mehr außersteuerliche Gründe für die Beteiligung an der ausländischen Gesellschaft darzulegen sowie nachzuweisen. Soweit sich die beiden Fassungen des AStG entsprechen, sind die Grundsätze aus dem BMF-Schreiben vom 22. Dezember 2023 zum Entlastungsnachweis nach § 8 Abs. 2 bis 4 AStG in der ab dem 1. Juli 2021 geltenden Fassung in allen offenen Fällen für die Prüfung des Entlastungsbeweises in der bis zum 30. Juni 2021 geltenden Fassung anzuwenden.

Elektronische Lohnsteuerabzugsmerkmale (Elstam); Lohnsteuerabzug im Verfahren der elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale

Am 13. Dezember 2024 hat das BMF ein Schreiben zu den elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmalen veröffentlicht. Dieses ersetzt die BMF-Schreiben vom 8. November 2018​ und 7. November 2019​ ab dem 1. Januar 2025.

Das BMF hat am 6. Januar 2025 einen Entwurf für ein Schreiben zu einem geänderten Programmablaufplan für die maschinelle Berechnung der vom Arbeitslohn einzubehaltenden Lohnsteuer sowie zu einem Programmablaufplan für die Erstellung von Lohnsteuertabellen veröffentlicht. Die Programmablaufpläne sind jeweils für 2025 gedacht und sollen spätestens ab dem 1. März 2025 angewendet werden. Zudem werden die Entwürfe für die Anlage 1 und Anlage 2 zu den Programmablaufplänen veröffentlicht. Da es sich um Entwürfe handelt, sind diese noch nicht rechtlich verbindlich und es können sich noch Änderungen ergeben. 

Neuigkeiten von der EU, der OECD und der UNO

  
Factsheet und Tools zu Amount B veröffentlicht

Am 19. Februar 2024 bereits hatte die OECD den abschließenden Report zu „Amount B“ im Rahmen des sog. Pillar 1 veröffentlicht. Dieser soll in Zukunft eine Anlage der OECD-Verrechnungspreisleitlinien werden. Am 19. Dezember 2024 veröffentlichte die OECD nun ein Preisfindungsinstrument ​und Merkblätter, um das Verständnis und die Anwendung des vereinfachten und gestrafften Ansatzes für Verrechnungspreise im Rahmen des Amount B zu erleichtern. Die Merkblätter geben einen umfassenden Überblick über die Funktionsweise von Amount B, einschließlich der Schritte, die Steuerzahler und Steuerverwaltungen unternehmen sollten, um Betrag B anzuwenden. Das sog. Pricing Automation Tool wurde ergänzend entwickelt, um die Amount B-Erklärung automatisch zu berechnen, wobei nur minimale Dateneingaben erforderlich sind, und soll die Verwaltungs- und Vereinfachungsvorteile sowohl für Steuerverwaltungen als auch für Steuerzahler weiter optimieren. Das Tool wird jährlich aktualisiert, um etwaige Änderungen an der Preismatrix und andere für die Anwendung der Anpassungsmerkmale des Betrags B relevante Datenpunkte zu berücksichtigen. 

ToR durch Vollversammlung der UN verabschiedet

Am 22. Dezember 2024 hat die Vollversammlung der Vereinten Nationen die Aufgabenstellung (Terms of Reference, ToR) für die Ausarbeitung eines UN-Rahmenübereinkommens über die internationale Zusammenarbeit in Steuersachen (Rahmenübereinkommen) angenommen. Dieser Beschluss folgt auf die Annahme der Aufgabenbeschreibung durch den Zweiten Ausschuss der Vereinten Nationen (Wirtschaft und Finanzen) am 27. November 2024. Die Aufgabenstellung umreißt die Struktur und die Ziele des Rahmenübereinkommens, einschließlich der Entwicklung von zwei frühen Protokollen, die sich mit zentralen Steuerfragen befassen. Zu den nächsten Schritten gehört die Einsetzung eines zwischenstaatlichen Verhandlungsausschusses, der in den nächsten drei Jahren das Rahmenübereinkommen und die beiden ersten Protokolle ausarbeiten wird. Auf der für Februar 2025 anberaumten Organisationssitzung des Ausschusses werden wichtige Entscheidungen über die Struktur des Ausschusses und das Thema des zweiten frühen Protokolls getroffen.

Ausschluss der Erstattung von Quellensteuer an gebietsfremde Dividendenempfänger verstösst gegen Unionsrecht​

Mit Urteil vom 19. Dezember 2024 hat der EuGH entschieden, dass es gegen die Kapitalverkehrsfreiheit (Art. 63 AEUV) verstößt, wenn eine Quellensteuer (auf Kapitalerträge) nur an Gebietsansässige mit Verlusten erstattet wird, während Gebietsfremde mit Verlusten im Ausland keine Erstattung gewährt bekommen (Rechtssache C-601/23, Credit Suisse Securities (Europe)). Zwar ist die Entscheidung zu einem Sachverhalt zwischen Spanien und Großbritannien ergangen, die Entscheidung ist aber auch auf das deutsche Recht übertragbar, und zwar u.E. nicht nur im Hinblick auf die deutsche Kapitalertragsteuer auf Dividenden und Zinsen, sondern auch auf die Steuer nach § 50a EStG auf Lizenzgebühren. Ausländische Steuerpflichtige (Gesellschaften und natürliche Personen in EU- und Drittstaatenfällen), die mit Dividenden, Lizenzen oder Zinsen dem deutschen Steuerabzug unterliegen und nicht bereits aufgrund einer EU-Richtlinie oder eines DBA eine vollständige Erstattung der Steuer beanspruchen können und (!) die im Bezugsjahr in ihrem Ansässigkeitsstaat Verluste erzielt haben, können nunmehr unter Berufung auf die aktuelle EuGH-Entscheidung die vollständige Erstattung der Quellensteuer beantragen. Abzuwarten bleibt freilich, ob der Gesetzgeber dies zeitnah auch positivrechtlich regeln wird. Nach den Erfahrungen aus der Vergangenheit und seinem Umgang mit dem Unionsrecht freilich ist dies nicht zu erwarten. Natürlich gilt aber auch hier (wie auch sonst bei Erstattungen): Neue Antragsfrist nach § 50c EStG ab dem 1. Januar 2025 beachten!

    
​​Aktuelle Rechtsprechung​​​

  
Feststellung der Voraussetzungen für die Steuerfreiheit von Sanierungserträgen​

Unsere Entscheidung der Woche befasst sich mit dem Beschluss des BFH vom 9. August 2024, X B 94/23​Darin hatte der BFH zu entscheiden, ob der Gewinn aus einem Forderungsverzicht eines Gläubigers die Voraussetzungen für die Steuerfreiheit nach § 3a EStG erfüllt und ob die Steuerfreiheit von Sanierungsgewinnen die Existenz eines schriftlichen Sanierungskonzepts zum Zeitpunkt des Schuldenerlasses sowie den Abschluss des Sanierungsprozesses innerhalb einer bestimmten maximalen Zeitdauer voraussetzt. Die Entscheidung ist auch deshalb bemerkenswert, weil sie vom BMF zunächst als NV-Entscheidung vorgesehen war, nun aber amtlich veröffentlicht wird.

Der Kläger war Komplementär und alleiniger Treugeber der einzigen Kommanditistin einer KG, welche sich in wirtschaftlichen Schwierigkeiten befand. Der eine Hauptgläubiger verzichtete auf seine Forderung. Der andere Hauptgläubiger A schloss mit der KG einen Abfindungsvergleich zur Zahlung eines Abgeltungsbetrages. Im Gegenzug stellte A seine Zwangsvollstreckungsmaßnahmen ein und verpflichtete sich, die KG von allen eventuellen Ansprüchen des Warenkreditversicherers freizustellen. Mit der Erfüllung des Vergleichs sollten alle wechselseitigen Ansprüche zwischen den Beteiligten erledigt sein. Aus dem Forderungsverzicht von A resultierte bei der KG im Streitjahr ein Buchgewinn. A teilte dem Finanzamt (FA) mit, die Zustimmung zum Abfindungsvergleich sei erfolgt, um einen Teil der Forderungen zu sichern und um die bestehende Geschäftsbeziehung zu retten. Der Abfindungsvergleich habe sich nicht auf ein in Vorjahren diskutiertes, aber letztlich nicht durchführbares Sanierungskonzept bezogen. Ein weitergehendes Sanierungskonzept sei nicht aufgestellt worden. A musste seine Forderungen reduzieren, da der Warenkreditversicherer auf Risikobegrenzung gedrängt habe und eine Vertragsverlängerung ansonsten abgelehnt hätte. Das FA behandelte den Buchgewinn aus dem Forderungsverzicht als steuerpflichtig. Der Kläger beantragte die rückwirkende Anwendung von § 3a EStG und § 7b GewStG nach § 52 Abs. 4a Satz 3 EStG. Einspruch und Klage blieben jedoch ohne Erfolg. Die Beschwerde des Klägers wegen Nichtzulassung der Revision wird als unbegründet zurückgewiesen.


Das Niedersächsische FG entschied mit Urteil vom 25. Mai 2023​, es fehle an der von § 3a Abs. 2 EStG vorausgesetzten Sanierungseignung des Schuldenerlasses sowie an der Sanierungsabsicht von A. Vorliegend fehlt für die Annahme der Sanierungseignung bereits ein prüfbares und nachvollziehbares Sanierungskonzept, da nicht feststellbar ist, ob überhaupt ein Sanierungskonzept vorgelegen habe oder welchen Inhalt es gehabt haben könnte. Der Forderungsverzicht habe ebenfalls nicht das in Vorjahren aufgestellte Sanierungskonzept verwirklicht. Die KG hatte in den Folgejahren ebenfalls hohe Verluste erzielt, sodass das Sanierungskonzept nicht ausschließlich an den Steuerforderungen auf den Buchgewinn gescheitert sei. Zudem konnte ebenfalls keine Sanierungsabsicht von A festgestellt werden. Es könne dahinstehen, ob bei einem gemeinsamen Erlass durch mehrere Gläubiger die Sanierungsabsicht in der Regel zu unterstellen sei. An der Sanierungsabsicht fehle es, wenn es dem Gläubiger primär darum gehe, das bestmögliche Ergebnis für sich selbst zu erzielen und er kein Interesse am weiteren Schicksal des Schuldners habe. Vorliegend gab es nur noch geringe und indirekte Geschäftsbeziehungen zwischen A und der KG. Wäre es A um den Fortbestand der Geschäftsbeziehung gegangen, hätte dazu ein derart hoher Forderungsverzicht außer Verhältnis gestanden. Es sei daher davon auszugehen, dass A einen Schlussstrich habe ziehen wollen, bei dem es primär um die Verlängerung des Warenkreditversicherungsvertrags ging.


Der BFH bestätigt, dass für die Auslegung der in § 3a Abs. 2 EStG enthaltenen Tatbestandsmerkmale  auf die zu §3 Nr. 66 EStG a.F. ergangenen Rechtsprechungsleitlinien zurückzugreifen ist. Die Rechtsprechung hat die Rechtsfrage des Klägers bereits verneint, da die materiell-rechtlichen Tatbestandsvoraussetzungen der Steuerfreiheit in § 3a Abs. 2 EStG und die Erlassvoraussetzungen des Sanierungserlasses des BMF vom 27. März 2003 ​identisch sind. Für die erforderliche Feststellung der Sanierungseignung enthält das Gesetz keine feste Beweisregel dafür, dass ein bestimmtes Kriterium unbedingt vorliegen müsste, aus dem die Sanierungseignung abgeleitet werden kann. Wesentliche Indizien für das Bestehen einer Sanierungseignung sind das Vorliegen eines nachvollziehbaren und prüfbaren Sanierungskonzepts oder ein rückblickend erfolgreicher Abschluss der Sanierung. Ein schriftliches Sanierungskonzept ist nicht zwingend erforderlich. Nach dem klaren Wortlaut des § 3a Abs. 2 EStG ist der Steuerpflichtige für das Vorliegen der Voraussetzungen nachweispflichtig. Aus welchen Gründen der Steuerpflichtige einen solchen Nachweis nicht führen kann und ob ihn an der fehlenden Nachweismöglichkeit ein Verschulden trifft, ist danach unerheblich. Das Tatbestandsmerkmal der "Sanierungsabsicht der Gläubiger" hat im Rahmen des § 3a Abs. 2 EStG eine eigenständige Relevanz. Damit wäre es unvereinbar, das Vorliegen dieses Tatbestandsmerkmals stets bereits dann zu vermuten, wenn ein einzelner Gläubiger im Zusammenhang mit einer Sanierung auf eine Forderung ganz oder teilweise verzichtet.​



​ Weitere veröffentlichte Entscheidungen des BFH und EuGH

​Akten​zeichen​ ​​Entscheidungs-​
datum
​​Stichwort
III R 36/22
16. September 2024
Gewerbesteuerliche Hinzurechnung von Werbeaufwendungen
IX R 20/22
12. November 2024
Erfordernis eines außergerichtlich gestellten Antrags auf Auskunftserteilung nach Art. 15 DSGVO
IX R 24/23
20. September 2024
​Kein Akteneinsichtsrecht nach der DSGVO
VIII R 12/21
22. Oktober 2024
Erschütterung des Anscheinsbeweises für eine private Fahrzeugnutzung
VIII R 18/21
20. Oktober 2024
Auftragsprüfung bei einem Steuerberater
X R 32/21
13. März 2024
Verschmelzung mit steuerlicher Rückwirkung; kein Ausgleich von Gewinnen des Rückwirkungszeitraums mit einem Verlustrücktrag
XI R 10/22​

​5. November 2024
Elektronischer Rechtsverkehr: Anforderungen an die sichere Übermittlung einfach signierter Dokumente aus dem beA
XI R 19/22

​25. September 2024
​Lieferung von städtischen Wasserversorgungsanlagen als nicht umsatzsteuerbare Geschäftsveräußerung
IV R 5/20

19. September 2024
Betriebsaufspaltung und Bilanzierungskonkurrenz
VIII S 9/24
26. November 2024
​Statthaftigkeit der Anhörungsrüge gegen einen die Gewährung der AdV ablehnenden Beschluss des BFH 
3 K 3/23 (X K 1/22)​ 
6. November 2024
Entschädigungsklage - einseitige Erledigungserklärung
C-573/22​
19. Dezember 2024​Vorlage zur Vorabentscheidung - Ausnahme - Tätigkeiten einer öffentlichen Rundfunk- und Fernsehanstalt, die durch eine Zwangsgebühr finanziert werden, die Besitzer von zum Empfang von Radio- und Fernsehsendungen geeigneten Geräten zahlen​
IX R 5/23​

15. Oktober 2024​
​Erstattung der Steuerzahlung für einen Verdienstausfallschaden ist einkommensteuerpflichtig
V R 15/23

29. August 2024​Umfang der Besteuerung nach Durchschnittssätzen bei einer Putenmast
VII R 38/22

12. November 2024
Kein dual-use bei Ausnutzung der Transporteigenschaft von Rauchgas aus der Verbrennung von Erdgas
VII R 28/21

17. September 2024
Zollwertrechtliche Behandlung von Druckvorlagen für Umschließungen, Beistellungen sowie auf Beistellungen entfallender Einkaufsprovisionen; Zollwert von Wertzusammenstellungen 
VII R 3/22

17. September 2024
Zur Reichwerte der Überprüfungsbefugnis einer Behörde im Einspruchsverfahren 
XI R 37/21

4. September 2024
​Steuerbarkeit von Geschäftsführungsleistungen einer Praxisgemeinschaft; Reichweite der Steuerbefreiung des Art. 132 Abs. 1 Buchst. f MwStSystRL (Rechtslage vor Inkrafttreten des § 4 Nr. 29 UStG)
IV R 4/23
30. Oktober 2024
Bekanntgabe eines Gewinnfeststellungsbescheids im Fall einer nicht mehr existenten Personengesellschaft
IX B 101/24
13. Dezember 2024
​(Fehlendes) Rechtsschutzbedürfnis für eine Akteneinsichtsbeschwerde
IX R 26/23
15. Oktober 2024
​Teilweise inhaltsgleich mit BFH-Urteil vom 15. Oktober 2024 IX R 5/23 - Zur Frage der tarifermäßigten Besteuerung des Ersatzes von Verdienstausfallschaden
VII B 27/24
19. Dezember 2024​​Voraussetzungen für die Einschränkung des Versorgerstatus gemäß § 1a Abs. 7 StromStV
VII R 20/22
​15. Oktober 2024
Nichtannahme einer Zollanmeldung wegen Verstoßes gegen ein unionsrechtliches Inverkehrbringungsverbot - keine eigene chemikalienrechtliche Prüfungskompetenz der Zollbehörde - Feststellungswirkung fachbehördlicher Entscheidungen - Auslegung des Unionsrechts
VII R 14/21
7. Oktober 2024

Begriff "Unternehmen in Schwierigkeiten" nach § 2a Abs. 2 Satz 1 StromStG 
VIII R 19/22
​22. Oktober 2024
​Benutzungspflicht des beSt für Steuerberatungsgesellschaften ab dem 1. Januar 2023; Wiedereinsetzung

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