Early Tax Birds 18/2024: Kommt die Mitteilungspflicht für innerstaatliche Steuergestaltungen?

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​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​Ausgabe 18/2024 (23. – 29. September 2024)
​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​veröffentlicht am 30. September 2024 | Lesedauer ca. 10 Minuten

​Liebe Leserinnen und Leser,

am Donnerstag, 26. September 2024, fanden die Feierlichkeiten zum Europäischen Tag der Sprachen (European Day of Languages) statt, den die Europäische Kommission seit 2001 jährlich begeht. Wie verhält es sich mit der Sprachenvielfalt eigentlich im Steuerrecht, insbesondere im Europäischen Steuerrecht? Gilt die Mutter-Tochter-Richtlinie, die die Dividendenbesteuerung zwischen verbundenen Unternehmen regelt, in der deutschen oder englischen Fassung? Was passiert, wenn es Übersetzungsdivergenzen gibt? Werden die Europäischen Verträge nur in einer oder in allen Sprachen ausgelegt? Diese und andere Fragen regelt (jedenfalls teilweise) die „Verordnung Nr. 1 zur Regelung der Sprachenfrage für die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft“ (ABl. 17 vom 6. Oktober 1958, S. 385), die auch für die EU gilt. Hand aufs Herz – haben Sie´s gewusst? Wir sind „Ihre“ Experten und Ansprechpartner auch für die kniffligen Fälle. Wir finden auch Vorschriften, die nicht jeder kennt.

Im Übrigen gilt wie immer: Wenn Ihnen unser Newsletter gefällt, abonnieren Sie ihn und em​pfehlen​​ Sie ihn weiter. Wenn er Ihnen nicht gefällt, sagen Sie es besser nur uns. Wir freuen uns über jede Kritik, Anregung und natürlich auch über Lob an earlytaxbirds@roedl.com.

Beste Grüße
Prof. Dr. Florian Haase und das Redaktionsteam​​

  
 
Aktu​elle Gesetzgebung​​
  

bundestag beschliesst viertes Bürokratieentlastungsgesetz (BEG IV) 

Am vergangenen Donnerstag hat der Bundestag das BEG IV beschlossen. Neben den bereits bekannten Punkten hat die Ampelkoalition, ergänzend zu den Maßnahmen aus dem Regierungsentwurf und den beschlossenen Formulierungshilfen, das BEG IV unter anderem um die folgenden Punkte erweitert:

  • Elektronische Bekanntgabe von Steuerbescheiden: Mit einer Anpassung des § 122a AO sieht das BEG IV in bestimmten Fällen die Bekanntgabe von Verwaltungsakten durch (elektronische) Bereitstellung zum Datenabruf vor, welche keiner vorherigen Einwilligung des Empfängers bedarf. Abweichend von der bisherigen Regelung hat der Steuerpflichtige nun die Möglichkeit, der Bekanntgabe durch Bereitstellung zum Datenabruf nach § 122a Abs. 2 AO n.F. zu widersprechen. Die Bereitstellung zum Datenabruf soll dabei insbesondere gegenüber den Steuerpflichtigen oder bevollmächtigten Personen erfolgen, welche die Steuer- bzw. Feststellungserklärung auch elektronisch übermittelt haben. Gemäß dem Postrechtsmodernisierungsgesetz zum 1. Januar 2025 soll für Verwaltungsakte, welche elektronisch bekanntgegeben werden, eine verlängerte Zugangsvermutung von vier Tagen nach der Bereitstellung gelten. Erstmals soll dies auf Verwaltungsakte anzuwenden sein, die nach dem 31. Dezember 2025 erlassen werden.
  • Elektronische Gründung einer Genossenschaft​: Der Gesetzgeber sieht für viele Dokumente, welche für die Gründung einer Genossenschaft notwendig sind, eine Abkehr vom Schriftformerfordernis zum Textformerfordernis vor. Die Änderung beinhaltet zudem eine besondere Übergangvorschrift sowie die Möglichkeit, auch weiterhin die betreffenden Dokumente zur Gründung einer Genossenschaft in Schriftform zu erstellen und bereitzustellen.​
  • Anforderung an die Verrechnungspreisdokumentation: Die Pflicht zur Vorlage der gesamten Verrechnungspreisdokumentation innerhalb von 30 Tagen nach Bekanntgabe der Prüfungsanordnung soll abgemildert werden. Zur Abmilderung sieht das BEG IV vor, dass innerhalb der 30 Tage nach Bekanntgabe der Prüfungsanordnung nur noch eine sog. Transaktionsmatrix, die Stammdokumentation sowie die Aufzeichnung über außergewöhnliche Geschäftsvorfälle bereitgestellt werden sollen. Die Bereitstellung soll dabei ohne gesonderte Aufforderung erfolgen. Die Transaktionsmatrix als neu geschaffener Teil der Verrechnungspreisdokumentation enthält nach § 90 Abs. 3 Satz 2 AO eine neue Übersicht über die Geschäftsvorfälle der grenzüberschreitenden Geschäftsbeziehungen mit nahestehenden Personen. Der Inhalt der Transaktionsmatrix soll in der anzupassenden GAufzV beschrieben werden.

Die Zustimmung des Bundesrats könnte dem Vernehmen nach ​entweder in der Sitzung am 18. Oktober 2024 oder am 22. November 2024 erfolgen. Sobald die Zustimmung des Bundesrates vorliegt, lesen Sie es selbstverständlich bei uns. 

Bundesrat zum Jahressteuergesetz 2024 

In seiner Sitzung am 27. September 2024 hat der Bundesrat Stellung zum Regierungsentwurf des Jahressteuergesetzes 2024 genommen. Dabei sind insbesondere die folgenden Forderungen des Bundesrats herauszustellen: 

  • ​Gesetzliche Klarstellung, dass Betriebsausgaben, die im Zusammenhang mit begünstigen Photovoltaikanlagen nach § 3 Nr. 72 Satz 1 EStG-E stehen, unabhängig der Höhe nicht abzugsfähig sein sollen (§ 3c Abs. 5 EStG-E).
  • Zur Buchwertübertragung zwischen beteiligungsidentischen Personengesellschaften soll das Erfordernis einer unmittelbaren Beteiligung in identischer Höhe an beiden Mitunternehmerschaften im Gesetzeswortlaut stärker betont werden.
  • Die bisherige Verwaltungsauffassung bei der sog. Körperschaftsklausel nach § 6 Abs. 5 Satz 6 EStG im Sinne einer Subjektbezogenheit des Statuswechsels soll gesetzlich normiert werden. Infolgedessen würde auch der Wechsel der Zurechnung von einem Körperschaftsteuersubjekt zu einem anderen Körperschaftsteuersubjekt die Sperrfrist nach § 6 Abs. 5 Satz 5 und 6 EStG verletzen.
  • Bei der klarstellenden Normierung der sog. strengen Trennungstheorie zur teilentgeltlichen Übertragung von Wirtschaftsgütern (§ 6 Abs. 5 Satz 3 EStG-E) sollen stille Reserven zu dem Prozentsatz aufgedeckt werden, welcher dem Verhältnis von Entgelt und gemeinem Wert entspricht.
  • Die Pauschalbesteuerung des Mobilitätbudgets nach § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 8 EStG-E wird abgelehnt.
  • Das Abzugsverbot für einen Sonderbetriebsausgabenabzug bei Vorgängen mit Auslandsbezug nach § 4i EStG soll aufgehoben werden, da diese Spezialregelung neben § 4k EStG nicht notwendig ist.
  • Der Betriebsausgabenabzugsverbot bei gesetzwidrigem Verhalten soll ausgeweitet werden. 
  • Für die Abschreibung eines Gebäudes bei einer kürzeren tätsächlichen Nutzungsdauer fordert der Bundesrat, dass im Rahmen der Neuregelung des § 7 Abs. 4 Satz 2 EStG eine stärkere Typisierung vorgenommen werden soll. Eine Abschreibung nach kürzerer Nutzungsdauer soll nur möglich sein, wenn ein Gebäude bereits im Zeitpunkt seiner Fertigstellung eine kürzere Nutzungsdauer aufweist (§ 7 Abs. 4 Satz 2 EStG-E). Die Nutzungsdauer von Gebäuden soll gemäß § 7 Abs. 4 Satz 3 EStG-E auf mindestens 20 % der den AfA-Sätzen des § 7 Abs. 4 Satz 1 EStG rechnerisch zugrunde liegenden Absetzungszeiträume begrenzt werden. 
  • Als Reaktion auf das BFH-Urteil vom 27. März 2024 (VI R 5/22) fordert der Bundesrat eine gesetzliche Beschränkung der Pauschalierungsmöglichkeit entsprechend der bisherigen Verwaltungsauffassung. Diese soll sich auf Betriebsveranstaltungen beschränken, bei denen die Teilnahme allen Angehörigen des Betriebs oder eines Betriebsteils offensteht. 
  • Der Bunderat bittet zu prüfen, ob im Investmentsteuergesetz eine Regelung aufgenommen werden kann, welche beim Wegfall oder einer Beschränkung des Besteuerungsrechts Deutschlands eine Art Wegzugsbesteuerung, vergleichbar § 6 AStG, auslöst. 
  • Für die Frist zur Abgabe der steuerlichen Schlussbilanz im Umwandlungssteuerrecht nach § 3 Abs. 2a UmwStG-E fordert der Bundesrat eine Berücksichtigung und auch Anpassung an die maßgabende Frist zur Abgabe der Körperschaftsteuererklärung nach § 149 AO.
    • ​​Der Bundesrat fordert, die geänderten Vorgaben zum Vorsteuerabzug des Leistungsempfängers bei Leistungen von Ist-Versteuerern erst zum 1. Januar 2028 anzuwenden. 
    • In Reaktion auf die Beschlüsse des BFH vom 27. Mai 2024 (II B 78/23, AdV​; II B 79/23, AdV) fordert der Bundesrat die Möglichkeit des Nachweises eines niedrigeren gemeinen Werts für Zwecke der Grundsteuer einzuführen. 
Die vorstehenden Forderungen bilden lediglich einen Teil der Stellungnahme des Bundesrats ab. Wir halten Sie auf dem Laufenden, inwieweit die Forderungen Eingang in die Gesetzgebung finden.

Bundesrat zum Steuerfortentwicklungsgesetz und die neue Sorge vor der innerstaatlichen Mitteilungspflicht für Steuergestaltungen 

​Am 27. September 2024 hat der Bundesrat seine Stellungnahme ​zum Regierungsentwurf des SteFeG abgegeben. Hierbei ist insbesondere hervorzuheben, dass sich der Bundesrat nicht mehr gegen die geplante Einführung einer Mitteilungspflicht für innerstaatliche Steuergestaltung ausspricht. Dies wurde noch zum Jahresanfang bei der Befassung mit dem Wachstumschancengesetz anders gesehen. Auch spricht der Bundesrat sich damit gegen die Beschlussempfehlung seines Wirtschaftsausschusses aus. Damit wächst in der Beraterschaft und bei den Unternehmen die Sorge, dass dieses bereits wiederholt angekündigte Bürokratie-Monstrum nun tatsächlich Realität wird. In Anbetracht des jüngst verabschiedeten BEG IV ein Schritt in die falsche Richtung! Wir halten Sie auf dem Laufenden.


Bundesrat Verzichtet auf Stellungnahme zum gesetz zur steuerlichen freistellung des existenzminimums

Ohne Einwendungen zum Regierungsentwurf zur steuerlichen Freistellung des Existenzminimums 2024 hat der Bundesrat auf eine Stellungsnahme verzichtet. Dem Gesetzesbeschluss im Bundestag steht somit nichts mehr im Wege.


Bundesrats zur vergabe einer steuerlichen wirtschafts-identifikationsnummer

Der Bundesrat hat am 27. September 2024​ der Verordnung zur Vergabe der steuerlichen Wirtschafts-identifikationsnummer zugestimmt. Hierbei wurde im Vergleich zum Referentenentwurf lediglich die zeitliche Umsetzung leicht modifiziert.

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Neuigkeiten von der EU, der OECD und der UNO

  
Weiterer Schritt in Richtung Amount B

Das OECD/G20 Inclusive Framework on BEPS hat am 26. September 2024 ein Muster für eine Vereinbarung der zuständigen Behörden (Model Competent Authority Agreement, MCAA​) veröffentlicht, um den Staaten die Umsetzung ihrer „politischen Verpflichtung“ zu Amount B im Rahmen von Pillar 1 zu erleichtern. Dieses Instrument soll insbesondere für Länder mit begrenzten Ressourcen und Datenverfügbarkeit von Nutzen sein, steht aber im Grundsatz allen Staaten offen. Die Mustervereinbarung knüpft an den Report der OECD zu Amount B vom Jahresanfang sowie die „Additional Guidance“ aus Juni 2024 an. Nach wie vor ist es aufgrund des Unmuts vieler „Entwicklungsländer“ und der Haltung der Vereinigten Staaten aber steuerpolitisch unklar, ob Pillar 1 (bestehend aus Amount A und B) tatsächlich das Licht der Welt erblicken wird. Wir halten Sie wie immer auf dem Laufenden.​​

OECD-Vorschlag für eine nationale Finanzbildungsstrategie für Deutschland

Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger und Bundesfinanzminister Christian Lindner haben am 24. September 2024 den Vorschlag der OECD für eine nationale Finanzbildungsstrategie für Deutschland entgegengenommen. Auch wenn diese Initiative nicht auf die Ausbildung des so dringend benötigten Nachwuchses im Steuerrecht abzielt, ist sie aus der Sicht des Berufsstands zu begrüßen. Denn: „Finanzielle Bildung ist eine entscheidende Grundvoraussetzung für kompetente ökonomische Teilhabe.“, heißt es in der Begründung. Und weiter „Ein breites Bündnis von Banken und Versicherungen, Verbraucherschützern, Verbänden, Schuldnerberaterinnen und -beratern, Lehrkräften- und Schülervertretern sowie der Politik auf Bundes- und Landesebene haben in enger Abstimmung Empfehlungen abgegeben.“ Nachdem Finanzen und Steuern heute enger denn je zusammenhängen, bleibt zu hoffen, dass vielleicht auch einige Interessierte ihren Weg in das Steuerrecht finden werden.​

EUGH STÄRKT ANWALTLICHES BERUFSGEHEIMNIS AUCH IN BEZUG AUF MELDEPFLICHTEN 
In einem Verf​ahren​ aus Belgien hatte der EuGH im Juli 2024 klargestellt, dass die EU bei der Bekämpfung von Steuergestaltungen Meldepflichten für bestimmte Verbraucher und Berater einführen durfte (Rechtssache C-623/22​; wir berichteten​). Nunmehr lag dem EuGH noch ein weiteres Vorabentscheidungsverfahren zur Reichweite des anwaltlichen Verschwiegenheitsrechts vor. In dem am 26. September 202​4 entschiedenen Verfahren C-432/23 ging es ebenfalls um die Frage, was i.S.d. Richtlinie 2011/16​ unter die anwaltliche Verschwiegenheitspflicht fällt. Eine Luxemburger Sozietät vertrat dort die Auffassung, dass die Verschwiegenheitspflicht weit zu fassen sei. In ihren sehr lesenswerten Schlussanträgen vom 30. Mai 2024 hatte auch die deutsche Generalanwältin beim EuGH, Juliane Kokott, sich sehr deutlich für eine weitreichende anwaltliche Verschwiegenheitspflicht ausgesprochen. Eine Beschränkung auf eine geschützte Beratung nur im Steuerrecht etwa sei mit der Verschwiegenheitspflicht nicht in Einklang zu bringen. Dem hat sich der EuGH nunmehr vollumfänglich angeschlossen.
  
    
​​Aktuelle Rechtsprechung​​​

  
Vorsteuerabzug bei Lieferung von Mieterstrom​

Unser Urteil der Woche befasst sich mit der Entscheidung des BFH vom 17. Juli 2024, XI R 8/21​. Der Streitfall geht der Frage nach, ob die Lieferung von Mieterstrom durch den Vermieter eine umsatzsteuerfreie Nebenleistung zur (langfristigen) Wohnraumvermietung oder eine eigenständige umsatzsteuerliche Leistung darstellt. Der Kläger, ein Vermieter, hat Photovoltaikanlagen auf seinen Immobilien installiert und lieferte den erzeugten Strom unter anderem an seine Mieter. Die grundsätzliche Vermietung erfolgt umsatzsteuerfrei nach § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG. Der Kläger rechnet mit den Mietern, die für den Strom einen monatlichen Abschlag zu entrichten haben, jährlich über einen Gemeinschaftszähler im jeweiligen Haus und entsprechende Unterzähler nach der jeweiligen Verbrauchsmenge ab. Für die Lieferung des Stroms aus der Photovoltaikanlage schloss der Kläger mit den Mietern eine Zusatzvereinbarung zum Mietvertrag über Stromversorgung zu einem handelsüblichen Preis, in der geregelt ist, dass der Stromlieferungsvertrag individuell gekündigt werden kann. In der Umsatzsteuervoranmeldung für Dezember 2018 machte der Kläger u.a. die Vorsteuer für die Anschaffung der Solaranlagen geltend. Das Finanzamt verweigerte den Vorsteuerabzug für die Photovoltaikanlagen ​mit der Begründung, dass die Stromlieferung als unselbständige Nebenleistung zur steuerfreien Vermietung anzusehen ist. Das Finanzgericht entschied jedoch zugunsten des Klägers. 

Im Revisionsverfahren bestätigte der BFH nun die Rechtsauffassung des Finanzgerichts. Nach den allgemeinen Grundsätzen müsse bei einem Umsatz, der verschiedene Einzelleistungen und Handlungen umfasst, eine Gesamtbetrachtung vorgenommen werden, um zu bestimmen, ob dieser Umsatz für Zwecke der Umsatzsteuer zwei oder mehr getrennte Leistungen oder eine einheitliche Leistung umfasst. In diesem Zusammenhang unterscheidet der BFH hinsichtlich der Vermietung von Immobilien zwei Fallgruppen: Für den Fall, dass der Mieter über die Möglichkeit verfügt, die Lieferanten und/oder die Nutzungsmodalitäten der in Rede stehenden Gegenstände oder Dienstleistungen auszuwählen, sollen die Leistungen, die sich auf diese Gegenstände oder Dienstleistungen beziehen, grundsätzlich als von der Vermietung getrennt anzusehen sein. Für den Fall, dass die Vermietung eines Gebäudes in wirtschaftlicher Hinsicht offensichtlich mit den begleitenden Leistungen objektiv eine Gesamtheit bildet, soll demgegenüber davon auszugehen sein, dass Letztere mit der Vermietung eine einheitliche Leistung bilden. 

Mit der Begründung, dass der Kläger die Verbrauchsmenge des Stroms mit seinen Mietern über individuelle Zähler abgerechnet hat, konnte das Finanzgericht und auch der BFH dies als Grund werten, dass es sich um getrennte Leistungen handelt. Zudem hat der Kläger mit seinen Mietern Vereinbarungen über die Stromlieferung abgeschlossen, die eine Kündigungsmöglichkeit enthalten, was ebenfalls für getrennte Leistungen spricht. Folglich sollen die Stromlieferungen des Vermieters als eigenständige umsatzsteuerpflichtige Ausgangsleistungen des Klägers anzusehen sein. 
Die Erfassung der Lieferung von Mieterstrom durch den Vermieter als selbständige Hauptleistung dient dabei der Gleichheit der Besteuerung des Endverbrauchs; denn der Lieferer von Mieterstrom tritt in Wettbewerb mit anderen Stromanbietern, die Strom nur umsatzsteuerpflichtig als Hauptleistung anbieten können. Auch die im Streitjahr geltende Fassung des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) unterstützt diese Auffassung. Gemäß § 42a Abs. 2 Satz 1 EnWG darf ein Vertrag über die Belieferung von Letztverbrauchern mit Mieterstrom nicht Teil eines Mietvertrags für Wohnräume sein. Daher sind die Stromlieferungen des Vermieters als eigenständige umsatzsteuerpflichtige Leistungen des Klägers zu betrachten. 

Durch die steuerlicher Behandlung der Stromlieferung als umsatzsteuerpflichtige Hauptleistung sei ihm auch das Recht auf den Steuerabzug für die im direkten Zusammenhang stehenden Kosten des Vermieters zu gewähren, so der BFH. Auch die abweichende Entscheidung des BFH (V R 15/21​) zum Vorsteuerabzug aus den Anschaffungskosten einer Heizungsanlage widerspricht dem nicht. Zwar ist der Vermieter von Wohnraum verpflichtet, für die vertragsgemäße Nutzung Wärme und warmes Wasser bereitzustellen, jedoch nicht für die Stromlieferung. Dies wird insbesondere durch die Regelung des § 42a Abs. 2 Satz 1 EnWG deutlich.​


 Weitere veröffentlichte Entscheidungen des BFH

​Akten​zeichen​ ​​Entscheidungs-​
datum
​​Stichwort
​I R 3/22​
5. Juni 2024
Ermittlung des Dotationskapitals einer inländischen Versicherungsbetriebsstätte
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XI S 6/24
​4. September 2024
Keine Verletzung rechtlichen Gehörs durch Anwendung der Begründungserleichterung des § 116 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 FGO auch bei Zurückweisung


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