Early Tax Birds 29/2024: BMF-Schreiben zum Betriebsausgabenabzug bei Besteuerungsinkongruenzen

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​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​Ausgabe 29/2024 (9. – 15. Dezember 2024)
​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​veröffentlicht am 16. Dezember 2024 | Lesedauer ca. 9 Minuten

​Liebe Leserinnen und Leser,​

Steuergestaltungen im Privatbereich sind auch im deutschen Steuerrecht vielfach bekannt und beliebt. Wer am 31. Dezember eines Jahres heiratet, profitiert z.B. noch vom Splittingvorteil für das gesamte Jahr. In England lässt sich die intrafamiliäre Steuerplanung noch auf die Spitze treiben. Wie die "englische BILD-Zeitung“ ("Daily Mail“) in der vergangenen Woche berichtet hat, ist es offenbar möglich, durch die folgende Gestaltung erbschaft- und schenkungsteuerfrei Vermögen zu übertragen: Die Gestaltung sieht vor, dass der Ehemann sich zunächst von seiner Ehefrau scheiden lässt. In einem zweiten Schritt heiratet der Ex-Ehemann seine vermögende Ex-Schwiegermutter, die zeitnah verstirbt und ihn neben ihrer Tochter als Begünstigten des Nachlasses vorsieht. Sodann kann der Ex-Ehemann in einem dritten Schritt seiner Ex-Ehefrau nämliches Vermögen steuerfrei verschenken, sofern er nicht selbst innerhalb von sieben Jahren stirbt. Auch wenn die Early Tax Birds dies inhaltlich nicht nachgeprüft haben, liegt der Verdacht nahe, dass hier Steuerfreibeträge dreimal ausgenutzt werden sollen (Mutter auf Tochter, Mutter auf Ex-Ehemann, Ex-Ehemann auf Ex-Ehefrau) und der skizzierte Weg daher günstiger ist, als wenn die Ex-Schwiegermutter ihrer Tochter direkt das gesamte Vermögen übertragen hätte. Wie auch immer: Kreativ sind die Briten. 

Anders als Olaf Scholz, der jetzt ernsthaft als Idee, die das Land voranbringen soll, eine Senkung des Mehrwertsteuersatzes um 2 % auf Lebensmittel vorgeschlagen hat (vielleicht als Verkaufsargument: "Umsatzsteuerwumms“?). Man muss sich wundern. Insbesondere dann, wenn – wie im SPIEGEL zu lesen war – das Bundesfinanzministerium im Jahr 2023 insgesamt rund 40 Mio. EUR für Berater (im Behördensprech: "externer Sachverstand“) ausgegeben hat. Dazu passt der schöne Satz aus dem BMF in einer Vorlage für den Haushaltsausschuss: "Ein sachgerechter Einsatz des Sachverstands Dritter kann der Verwaltung helfen, Antworten auf neue und komplexe Fragestellungen in einem sich rasch verändernden Umfeld zu finden“. Vielleicht wäre es eine Idee, wenn das BMF die Early Tax Birds engagiert: Wir übernehmen diese Aufgabe billiger und besser, versprochen. Mit diesen Kuriositäten, liebe Leserinnen und Leser, entlassen wir Sie in den Jahresausklang und wünschen schöne, besinnliche und garantiert steuerfreie Festtage.

Im Übrigen gilt wie immer: Wenn Ihnen unser Newsletter gefällt, abonnieren Sie ihn und em​pfehlen​​ Sie ihn weiter. Wenn er Ihnen nicht gefällt, sagen Sie es besser nur uns. Wir freuen uns über jede Kritik, Anregung und natürlich auch über Lob an earlytaxbirds@roedl.com.

Beste Grüße

Prof. Dr. Florian Haase und das Redaktionsteam​​

  
 
Aktu​elle Gesetzgebung​​
  

positionspapier der Bundessteuerberaterkammer zum Einsatz von Tax CMS in Betriebsprüfung​en​

Die Bundessteuerberaterkammer (BStBK) hat ein Positionspapier​ veröffentlicht, in dem sie konkrete Vorschläge zur Berücksichtigung der Steuer-Compliance-Organisation in der Betriebsprüfung fordert. Unternehmen, die freiwillig mehr Transparenz zeigen und kooperativ sind, sollten im Gegenzug von verbindlichen Prüfungserleichterungen profitieren. Die BStBK schlägt eine gesetzliche Regelung ab 2029 vor. Betriebsprüfungen müssen sowohl für Unternehmen als auch für die Finanzverwaltung effizienter, risikoorientierter und zeitnäher werden, um für alle Parteien mehr Rechtssicherheit zu gewährleisten. ​

Aktuelle Entwicklung und entlastungsmöglichkeiten im stromsteuerrecht

Ab dem 1. Januar 2024 wurde die Stromsteuerentlastung nach § 9b StromStG von 5,13 EUR/MWh auf 20 EUR/MWh erhöht. Wegen der erheblichen Ausweitung der Privilegierung sollte geprüft werden, inwieweit Unternehmen, die bisher z.B. aus Wirtschaftlichkeitsaspekten keine Anträge gestellt haben, von der geänderten Rechtslage profitieren können. Entlastungsberechtigt sind Unternehmen der Land- und Forstwirtschaft sowie des produzierenden Gewerbes. Voraussetzung für die Entlastung ist, dass der Strom zu betrieblichen Zwecken verwendet wurde. Ausgenommen ist u.a. Strom, der für Elektromobilität eingesetzt oder an nicht begünstigte Dritte weiterverteilt wurde.

 

Die grundsätzliche Entlastungssystematik ändert sich nicht. Es handelt sich nach wie vor um ein antragsgebundenes nachträgliches Entlastungsverfahren. Die Steuerentlastung ist bis zum 31. Dezember des auf das Entnahmejahr folgenden Jahres zu beantragen. Bis zum 31. Dezember 2024 können mithin noch Anträge für das Kalenderjahr 2023 – nach alter Rechtslage – gestellt werden. Entsprechende Anträge müssen bis spätestens zum 31. Dezember 2024 beim zuständigen HZA rechtswirksam eingehen. Wir halten Sie bezüglich der weiteren Entwicklungen im Stromsteuerrecht auf dem Laufenden und beraten Sie gerne zu den vielseitigen Entlastungsmöglichkeiten im Strom- und Energiesteuerrecht.

 
das ursprüngliche steuerfortentwicklungsgesetz
Einige der geplanten Steuerentlastungen des bisherigen Steuerfortentwicklungsgesetzes ab dem 1. Januar 2025 sollen trotz des Bruchs der Ampelkoalition nach langem Ringen nun doch von den ehemaligen Koalitionären beschlossen werden. Darauf haben sich SPD, Grüne und FDP am Freitag verständigt. Die Steuerentlastungen soll in der kommenden Woche im Bundestag beschlossen werden und schon ab dem 1. Januar 2025 gelten. Konkret sind dabei die folgenden Entlastungen für das Jahr 2025 und 2026 geplant: 

  • Erhöhung des steuerlichen Grundfreibetrags um 312 EUR und 252 EUR
  • Erhöhung des steuerlichen Kinderfreibetrags um 60 EUR und 156 EUR sowie parallel des Kindergeldes um 5 EUR und 4 EUR
  • Anpassung des Einkommensteuertarifs
  • Erhöhung der Freigrenze für die Zahlung des Solidaritätszuschlags

Ob die geplante Steuerentlastung auch den Bundesrat passiert, bleibt abzuwarten. Dem Vernehmen nach sollte dies gelingen können, jedoch muss dafür auch die Union im Bundesrat gewonnen werden. Wir werden Sie selbstverständlich über die letztlich beschlossenen Steuerentlastungen und damit verbundenen Änderungen informieren. 


Neues aus der Finanzverwaltung 

  

VE​​rwaltungsgrundsätze verrechnungspreise 2024

Am 12. Dezember 2024 veröffentlichte das BMF ein Schreiben mit einer Neufassung der "Verwaltungsgrundsätze Verrechnungspreise - Grundsätze für die Korrektur von Einkünften gemäß § 1 AStG".​​ Wie bereits in der Ausgabe 12/2024 berichtet, wurden bei der Neufassung insbesondere die konzerninternen Finanzierungsbeziehungen betrachtet. Im Vergleich zum Entwurf wurden nur wenige Anpassungen vorgenommen, welche insbesondere der Konkretisierung dienen.


Anwendungsfragen zum Investmentsteuergesetz

Das BMF hat am 18. November 2024 ein Schreiben zu den Anwendungsfragen zum Investmentsteuergesetz in der ab dem 1. Januar 2018 geltenden Fassung (InvStG) veröffentlicht. Mit diesem Schreiben wird das Schreiben vom 2​1. Mai 2019​ geändert. Inhaltlich werden mit dem Schreiben lediglich Aktualisierungen der zeitlichen Anwendungsbereiche vorgenommen. 
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Betriebsausgabenabzug bei Besteuerungsinkongruenzen (§ 4k EStG)

Das BMF hat mit Schreiben vom 5. Dezember 2024 zur Anwendung des § 4k EStG Stellung genommen. § 4k EStG wurde durch das ATADUmsG vom 25. Juni 2021 eingeführt, um Besteuerungsinkongruenzen im Zusammenhang mit hybriden Gestaltungen zu neutralisieren. Der Entwurf zu dem BMF-Schreiben wurde bereits im Juli 2023 veröffentlicht. Aufgrund der Kritik von zahlreichenden Verbänden wurde nun der Punkt zu den "No-Deduction/Inclusion-Inkongruenzen" angepasst. Eine "No-Deduction/Inclusion-Inkongruenzen" liegt bei Strukturen vor, bei denen es einerseits zu einem doppelten Betriebsausgabenabzug und andererseits zu einer einseitigen Versteuerung von Betriebseinnahmen ohne korrespondierenden Betriebsausgabenabzug kommt. Laut Rn. 53 des BMF-Schreibens vom 5. Dezember 2024 fallen die Fälle der "No-Deduction/Inclusion-Inkongruenzen" nun ebenfalls unter die "Dual Inclusion Income"-Ausnahme, d. h. in diesen Fällen werden sie regelmäßig aus Billigkeitsgründen als doppelt berücksichtigte Erträge behandelt werden, wenn die weiteren Voraussetzungen des § 4k Abs. 2 Satz 3 EStG erfüllt sind. Weiterhin sollen im Gegensatz zur "normalen" Hinzurechnungsbesteuerung die "US-GILTI Besteuerung" sowie die globale Mindestbesteuerung nicht zu einer Inclusion (Rn. 30) oder zu einer Deduction (Rn. 75) führen. Des Weiteren wurden in Rn. 76 des BMF-Schreibens die Ausführungen zur Behandlung von Gruppenbesteuerungssystemen geändert. Für importierte Besteuerungsinkongruenzen nach § 4k Abs. 5 EStG gibt es keine strukturellen Änderungen und Erleichterungen. Das BMF wendet das Schreiben auf alle offenen Fälle an.

Vorsteuerabzug bei Kreditinstituten; zuordnung von Eingangs- zu Ausgangsumsätzen und Vorsteueraufteilung nach § 15 Abs. 4 UStG

Am 9. Dezember 2024 hat das BMF ein Schreiben zum Vorsteuerabzug bei Kreditinstituten​ veröffentlicht. In diesem wird vor allem zu der Zuordnung von Eingangs- und Ausgangsumsätzen und der Aufteilung von Vorsteuerbeträgen nach § 15 Abs. 4 UStG bei Kreditinstituten Stellung genommen. Dabei wird auf die Abgrenzung des unternehmerischen und nichtunternehmerischen Bereichs sowie auf die Zuordnungsmöglichkeiten und Aufteilungsmaßstäbe bei Kreditinstituten eingegangen. Ebenfalls wird zu grenzüberschreitenden Strukturen Stellung genommen, wie z. B. auf inländische unselbständige Betriebsstätten ausländischer Kreditinstitute oder ausländische unselbständige Betriebsstätten inländischer K​reditinstitute.

beWertung einer lebenslangen Nutzung oder leistung; Vervielfältiger für Bewertungsstichtage ab 1. Januar 2025

Mit Schreiben vom 9. Dezember 2024 hat das BMF die Vervielfältiger, mit denen der Kapitalwert lebenslanger Nutzungen und Leistungen nach § 14 Abs. 1 BewG für Stichtage ab 1. Januar 2025 berechnet wird, bekannt gegeben. Die Vervielfältiger zur Berechnung des Kapitalwerts lebenslanger Nutzungen oder Leistungen wurden nach der am 21. August 2024 veröffentlichten Sterbetafel 2021/2023 des Statistischen Bundesamtes ermittelt. Die Vervielfältiger sind ab dem 1. Januar 2025 anzuwenden. PS: Wer das Schreiben aufmerksam studiert, wird feststellen, dass das BMF von "lebenslänglichen Nutzungen" statt "lebenslanger Nutzungen" spricht. Wir erlauben uns den Hinweis, dass dies sprachlicher Unsinn ist und haben den Wortlaut für Zwecke dieses Newsletters angepasst. "Lebenslänglich" ist auch im Übrigen eher amerikanischen Kriminalfilmen entnommen. Eine im Volksmund "lebenslängliche Strafe" (z.B. für Mord) heißt im deutschen Strafgesetzbuch nämlich richtigerweise "lebenslange Strafe". Merke also: Länglich ist der Wurm, lang ist die Strafe (oder hier: die Nutzung).

muster der Vordrucke im Umsatzsteuer-Voranmeldungs- und -Vorauszahlungsverfahren für das Kalenderjahr 2025

Am 9. Dezember 2024 hat das BMF die Muster der Vordrucke im Umsatzsteuer-Voranmeldungs- und -Vorauszahlungsverfahren für das Kalenderjahr 2025 bekannt gegeben. Dies sind im Einzelnen die Vordruckmuster Umsatzsteuer-Voranmeldung 2025 (USt 1 A), Antrag auf Dauerfristverlängerung und Anmeldung der Sondervorauszahlung 2025 (USt 1 H), Anleitung zur Umsatzsteuer-Voranmeldung 2025 (USt 1 E) sowie Anleitung zum Antrag auf Dauerfristverlängerung/zur Anmeldung der Sondervorauszahlung 2025 (USt 5 E). Die Vordruckmuster gelten ab dem Voranmeldungszeitraum Januar 2025.

muster der Umsatzsteuererklärung 2025

Das BMF hat mit Schreiben vom 9. Dezember 2024 ebenfalls die fünf Vordruckmuster zur Umsatzsteuererklärung für das Kalenderjahr 2025​ vorgestellt. Die Vordruckmuster sind im Einzelnen USt 2 A, Anlage UN Anlage FV und die beiden Anleitungen zur Umsatzsteuererklärung 2025 und zur Anlage UN 2025 (USt 2 E und USt 6 E).


Auslegungsfragen zu § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG

Das am 10. Dezember 2024 veröffentlichte BMF-Schreiben zu den Auslegungsfragen zu § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG ersetzt das BMF-Schreiben vom 14. Januar 2022. Grund hierfür ist die Aufhebung des § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 KStG durch das Wachstumschancengesetz. Das BMF stellt klar, dass die Aussagen zur gewerblichen Infektion nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG aus dem BFH-Urteil vom 12. Oktober 2016, I R 92/12, nicht über den entschiedenen Einzelfall hinaus allgemein anzuwenden sind. Danach ist § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG nicht anwendbar, wenn die Geschäftstätigkeit einer Personengesellschaft ausschließlich in dem Halten der Anteile einer anderen Personengesellschaft besteht und die Personengesellschaft über kein weiteres Vermögen verfügt, mittels dessen Einkünfte erzielt werden.


Lohnsteuerliche Behandlung von unentgeltlichen oder verbilligten Mahlzeiten der Arbeitnehmer ab Kalenderjahr 2025

Mahlzeiten, die unentgeltlich oder verbilligt an  Arbeitnehmer abgegeben werden, sind mit dem anteiligen amtlichen Sachbezugswert nach der Sachbezugsverordnung zu bewerten. Mit Schreiben vom 10. Dezember 2024 hat das BMF die jährlich angepassten Sachbezugswerte für 2025 bekannt gegeben. Für Mittag- oder Abendessen wird ein Sachbezugswert von 4,40 Euro angesetzt und für ein Frühstück ein Sachbezugswert von 2,30 Euro. Bei Vollverpflegung sind die Mahlzeiten mit einem Wert von 11,10 Euro anzusetzen. Es wird auf R 8.1 Abs. 7 und 8 LStR 2023 hingewiesen. 


Änderung des Anwendungserlasses zur Abgabenordnung (AEAO)

Mit BMF-Schreiben vom 10. Dezember 2024​ wurde der AEAO aufgrund der Änderungen von § 122 AO und § 123 AO durch das Postrechtsmodernisierungsgesetz und wegen der Änderung des § 87a Abs. 1 AO durch das JStG 2024 angepasst. Durch das Postrechtsmodernisierungsgesetz werden die gesetzlichen Bekanntgabefiktionen ab dem 1. Januar 2025 von drei auf vier Tage verlängert. Die Änderungen sind auf alle Verwaltungsakte anzuwenden, welche nach dem 31. Dezember 2024 zur Post gegeben, elektronisch übermittelt oder elektronisch zum Abruf bereitgestellt werden. § 87a Abs. 1 AO wurde durch das JStG 2024 um eine Zugangsbeschränkung für die Übermittlung elektronischer Nachrichten und Dokumente an die Finanzbehörden ergänzt. Die Neuregelung des § 87a Abs.1 AO ist am 6. Dezember 2024 in Kraft getreten.


Neuigkeiten von der EU, der OECD und der UNO

  
Rat der EU verabschiedet FASTER-Richtlinie​

Der Rat der Europäischen Union hat am 10. Dezember 2024 die sog. FASTER-Richtlinie verabschiedet​. Wie wir bereits in unserer Ausgabe 26/2024​ berichtet hatten, stimmte das Europäische Parlament am 14. November 2024 über die Richtlinie zur schnelleren und sichereren Entlastung von Quellensteuern (FASTER-2023/0187) ab, die darauf abzielt, die Quellensteuerverfahren innerhalb der Europäischen Union zu modernisieren und zu digitalisieren. Unter anderem soll eine elektronische Ansässigkeitsbescheinigung für Unternehmen eingeführt werden. Nach einer ersten Entschließung des Parlaments im Februar 2024 und einer Überarbeitung des Entwurfs durch den Rat der Europäischen Union im Mai 2024 wurde nun die neueste Fassung der Richtlinie angenommen. Aufgrund wesentlicher Änderungen durch den Rat wurde eine neue Konsultation des Europäischen Parlaments beantragt, die am 14. November stattfand und jetzt final im Rat verabschiedet wurde. Über die weitere Entwicklung, insbesondere über das in 2025 sicherlich folgende deutsche Umsetzungsgesetz, halten wir Sie natürlich auf dem Laufenden.​

Rechenschaftsbericht zur ungarischen EU-Ratspräsidentschaft in steuerlichen Angelegenheiten veröffentlicht

Die ungarische Ratspräsidentschaft wechselt zum 1. Januar 2025 (turnusmäßiger Wechsel alle sechs Monate). Aus diesem Anlass wurde ein Bericht zum Stand der europäischen Initiativen im Bereich der Besteuerung veröffentlicht. Dieser Bericht spiegelt den aktuellen Stand der einschlägigen Arbeiten des Rates wider und behandelt Themen, die in verschiedenen Entschließungen des Europäischen Rates bereits in Teilen der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurden. Der ungarische Ratsvorsitz setzte die Arbeit an den wichtigsten derzeitigen Dossiers fort, darunter die Vorschläge des Pakets "Mehrwertsteuer im digitalen Zeitalter“, die Überarbeitung der Richtlinie zur Energiebesteuerung, die Initiative "Unternehmen in Europa: Rahmen für die Einkommensbesteuerung“ (BEFIT), den Vorschlag zur Neuregelung der Verrechnungspreise, die HOT-Initiative, die Aktualisierung der EU-Liste der nicht kooperativen Länder für Steuerzwecke sowie der Vorschlag zur Verhinderung des Missbrauchs von Mantelgesellschaften zu Steuerzwecken (ATAD III). Sie setzte auch die Arbeiten im Hinblick auf die Verhandlungen über die steuerliche Zusammenarbeit im Rahmen der Vereinten Nationen auf der Grundlage von Gesprächen zwischen den Mitgliedstaaten in der EU fort.

    
​​Aktuelle Rechtsprechung​​​

  
Änderung im Gesellschafterbestand einer grundbesitzenden Personengesellschaft

Unser Urteil der Woche befasst sich mit der Entscheidung des BFH vom 31. Juli 2024, II R 28/21​. Darin hatte der BFH zu klären, ob eine unmittelbar an einer grundbesitzenden Personengesellschaft beteiligte Kapitalgesellschaft als neue Gesellschafterin i.S.d. § 1 Abs. 2a Satz 4 GrEStG gilt, wenn mindestens 90 % der Anteile der Kapitalgesellschaft auf neue Gesellschafter übergehen.

Die Klägerin ist eine grundbesitzende KG. Bis zum 31. Dezember 2016 war als Komplementär der KG der T ohne Kapitalbeteiligung beteiligt. Als Kommanditisten hielten R 10 % und die R-GmbH 90 % der Anteile. Alleingesellschafter der R-GmbH war R. Er hielt die Anteile an der R-GmbH treuhänderisch für eine in der Schweiz ansässige AG. Zum 31. Dezember 2016 übertrug R seine 100 %-ige Beteiligung an der R-GmbH auf T. T verpflichtete sich, die Treuhänderstellung des R zu übernehmen. Gleichzeitig übertrug R seine 10 %-ige Beteiligung als Kommanditist an der KG auf die M-GmbH. Für die KG hielt die AG als Treuhänderin eine 100 %-ige Beteiligung an der B-GmbH. Dieser nachgeordnet waren grundbesitzende Tochterkapitalgesellschaften. Nach einer Außenprüfung bei der KG wurde festgestellt, dass die Änderung im Gesellschafterbestand der KG aufgrund des Übergangs der 100 %-igen Beteiligung an der R-GmbH nach § 1 Abs. 2a GrEStG der Grunderwerbsteuer unterlag. Der Feststellungsbescheid enthielt neben dem Grundbesitz der KG auch Grundstücke der nachgeordneten Tochtergesellschaften. Das Niedersächsische FG stellte mit Urteil vom 10. März 2021​ fest, dass der Erwerb aller Anteile an der R-GmbH durch T keine Grunderwerbsteuer auslöst und T nicht als "neuer Gesellschafter" i.S.d. § 1 Abs. 2a Satz 1 GrEStG anzusehen ist, da er seit mehr als fünf Jahren an der KG als Komplementär beteiligt gewesen ist. Mit seiner Revision macht das Finanzamt eine Verletzung von § 1 Abs. 2a Satz 4 GrEStG geltend. Das BMF ist dem Verfahren beigetreten.


Der BFH stellt in seinem Urteil vom 31. Juli 2024 nun fest, dass die R-GmbH nach § 1 Abs. 2a Satz 1 und 4 GrEStG in vollem Umfang als neue Gesellschafterin der KG gilt, da T nicht als Altgesellschafter anzusehen ist. Ist eine Kapitalgesellschaft an einer Personengesellschaft unmittelbar oder mittelbar beteiligt, gilt § 1 Abs. 2a Satz 4 GrEStG. Danach gilt eine unmittelbar beteiligte Kapitalgesellschaft in vollem Umfang als neue Gesellschafterin, wenn an ihr mindestens 95 % der Anteile auf neue Gesellschafter übergehen. Für die Beurteilung der Frage ist nur auf die Beteiligung an der beteiligten Kapitalgesellschaft abzustellen. "Neue Gesellschafter" sind danach solche Personen, die zuvor nicht an der Kapitalgesellschaft beteiligt waren. Eine zuvor bereits bestehende Beteiligung des neuen Gesellschafters der Kapitalgesellschaft an der grundbesitzenden Personengesellschaft ist unerheblich. Selbst wenn der neu an der Kapitalgesellschaft beteiligte Gesellschafter vor seinem Anteilserwerb bereits Gesellschafter der grundbesitzenden Personengesellschaft war, wird er für die Anwendung des § 1 Abs. 2a Satz 4 GrEStG nicht zum Altgesellschafter der Kapitalgesellschaft. Eine grammatikalische, systematische, teleologische oder historische Auslegung des Gesetzestextes des § 1 Abs. 2a Satz 4 GrEStG kommt laut BFH zu keinem anderen Ergebnis. Der Gesetzgeber hat durch die Formulierung in § 1 Abs. 2a Satz 3 bis 5 GrEStG entschieden, dass für an der grundbesitzenden Personengesellschaft beteiligte Kapitalgesellschaften andere Regelungen gelten als für an der Personengesellschaft beteiligte Personengesellschaften. Eine planwidrige Regelungslücke des Gesetzgebers liegt nicht vor. Beim Wechsel des Treuhändergesellschafters ist der neue Treuhänder unstreitig als Neugesellschafter anzusehen.


Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Niedersächsischen FG aufgehoben. Der Rechtsstreit wird zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen. Im zweiten Rechtsgang hat das FG zu prüfen, ob die Grundstücke der Tochterkapitalgesellschaften der KG grunderwerbsteuerrechtlich nach § 1 Abs. 2a Satz 1 GrEStG zuzurechnen sind, da der BFH aufgrund der getroffenen Feststellungen nicht beurteilen kann, ob der Grundbesitz der nachgeordneten Tochtergesellschaften der KG nach § 1 Abs. 2a Satz 1 GrEStG gehörte. Ob ein Grundstück i.S.d. § 1 Abs. 2a GrEStG zum Vermögen der Gesellschaft "gehört", richtet sich nicht nach dem Zivilrecht oder nach § 39 AO. Maßgebend ist die grunderwerbsteuerrechtliche Zurechnung nach § 1 GrEStG. 


 Weitere veröffentlichte Entscheidungen des BFH und EuGH

​Akten​zeichen​ ​​Entscheidungs-​
datum
​​Stichwort
II R 43/22
21. August 2024
Kosten im Zusammenhang mit der Auseinandersetzung einer Erbengemeinschaft als Nachlassverbindlichkeiten; Gewährleistung des Ausschlusses der Öffentlichkeit bei teilweiser Videoverhandlung
V R 17/23
​29. August 2024 
Zur schuldbefreienden Drittschuldnerzahlung im Insolvenzverfahren 
VIII R 23/21
22. Oktober 2024
Steuerbarkeit des geldwerten Vorteils aus einer Nutzungsentgeltminderung nach Zeichnung weiterer Genossenschaftsanteile einer Bau- und Wohnungsgenossenschaft
I R 1/21
13. August 2024
​Zur Ausübung des Blockwahlrechts im Rahmen einer körperschaftsteuerlichen Organschaft
III R 35/22​
16. September 2024
Abgrenzung von Anlagevermögen und Umlaufvermögen
VIII B 79/23
26. November 2024
Bezugnahme des FG auf Schriftsätze des Finanzamts zur Begründungserleichterung​
C-680/23
​5. Dezember 2024
​Vorlage zur Vorabentscheidung - Einzelheiten der Ausübung des Rechts auf Vorsteuerabzug - Begriff "folgender Zeitraum" - Aufgabe der wirtschaftlichen Tätigkeit

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Philip Nürnberg

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