„Verwaltungsvereinfachungen“ für Anlagen zur Nutzung erneuerbarer Energien: Welche Neuigkeiten in Italien?

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​​​​​​​​​​​​veröffentlicht am 12. November 2024 | Lesedauer ca. 8 Minuten


Im Zuge der Energiewende, die alle Länder erfasst und zahlreiche Investitionen in den Sektor der erneuerbaren Energien anzieht, ist die Bedeutung und zentrale Rolle der Genehmigungsverfahren für Anlagen zur Erzeugung grüner Energie nicht zu übersehen.

 
  
Diese Verfahren sind ein entscheidender und neuralgischer Baustein für die Realisierung von Anlagen und die Erzeugung erneuerbarer Energie im Einklang mit den europäischen und supranationalen Zielen. Oftmals sehen sich die Wirtschaftsteilnehmer jedoch mit zunehmend unklaren Regelungen mit mangelhaften und unorganisierten Vorschriften konfrontiert.

Um die ohnehin schon komplexen Genehmigungsverfahren zu vereinfachen, ergrifft und plant die italienische Regierung weitere Maßnahmen zur Beschleunigung der umweltrechtlichen Genehmigungsverfahren, um den Wirtschaftsakteuren einen klaren, präzisen und organischen Rahmen von Verwaltungsvorschriften für erneuerbare Energien zu bieten. 

So hat der Ministerrat am 10. Oktober 2024 den Entwurf eines Gesetzesdekrets (das s.g. „D.L. Ambiente“ - Umweltgesetzesdekret) gebilligt, das „dringende Bestimmungen für den Umweltschutz des Landes, die Straffung der Umweltprüfungs- und Genehmigungsverfahren, die Förderung der Kreislaufwirtschaft und die Durchführung von Maßnahmen zur Sanierung von kontaminierten Standorten und hydrogeologischen Instabilitäten“ enthält und am 18. Oktober 2024 im Amtsblatt veröffentlicht wurde.

Mit diesem Rechtsakt wurden u. a. einige Bestimmungen des Gesetzesdekrets Nr. 152 vom 3. April 2006, auch bekannt als „Testo Unico Ambientale“, geändert.

Insbesondere wurde mit Artikel 1 des italienischen Umweltgesetzesdekrets der Artikel 8 des italienischen Gesetzesdekrets Nr. 152 vom 3. April 2006 geändert und festgelegt, dass bei der Bearbeitung von Verfahren, die in die Zuständigkeit des Fachausschusses für Umweltverträglichkeitsprüfung (VIA und VAS) und des Fachausschusses für den Nationalen Plan für Erholung und Widerstandsfähigkeit (PNRR) oder für den Nationalen Integrierten Energie- und Klimaplan (PNIEC) fallen, Projekten Vorrang haben müssen, die sich auf Programme beziehen, die als von vorrangigem nationalem strategischem Interesse erklärt wurden, wobei folgende Kriterien zu berücksichtigen sind: 
  1. Zuverlässigkeit sowie technische und wirtschaftliche Nachhaltigkeit des Projekts in Bezug auf seine Durchführung;
  2. Beitrag zur Erreichung der Dekarbonisierungsziele des Nationalen Integrierten Energie- und Klimaplans (PNIEC); 
  3. Relevanz für die Umsetzung der Investitionen im Rahmen des Nationalen Plans für Erholung und Widerstandsfähigkeit (PNRR);
  4. Valorisierung bestehender Bauwerke, Anlagen oder Infrastrukturen.

Die genaue Bestimmung der Projekte, die als von herausragendem nationalem strategischem Interesse gelten, erfolgt durch einen Erlass des Ministeriums für Umwelt und Energiesicherheit in Abstimmung mit dem Ministerium für Kultur. Bis zu diesem Erlass werden Projekte von herausragendem strategischem Interesse gemäß dem neu eingeführten Absatz 1bis von Artikel 8 des konsolidierten Umweltgesetzes berücksichtigt: 
  1. Projekte für grüne oder erneuerbare Wasserstoffanlagen; 
  2. Änderungen, einschließlich wesentlicher Natur, für die Sanierung, Modernisierung oder den vollständigen Umbau von Anlagen, die mit Wind- oder Sonnenenergie betrieben werden; 
  3. Onshore-Photovoltaik- und Onshore-Agrar-Photovoltaik-Projekte mit einer Nennleistung von mindestens 50 MW und Onshore-Windprojekte mit einer Nennleistung von mindestens 70 MW.

In Bezug auf die Prüfung der Umweltverträglichkeit (Valutazione di Impatto Ambientale – VIA) und die Modalitäten der Durchführung des Verfahrens zur Überprüfung der Pflichtigkeit (VIA-Screening) ist Absatz 6 von Art. 19 des italienischen Umweltgesetzes in seiner Gesamtheit durch eine neue Bestimmung ersetzt, die strengere Fristen vorsieht. Es ist nämlich vorgesehen, dass die zuständige Behörde einmalig und innerhalb von fünfzehn Tagen nach Ablauf der Frist von fünfundvierzig (45) Tagen für den Abschluss des VIA-Screening-Verfahrens vom Projektträger weitere Klarstellungen oder Ergänzungen verlangen kann, die darauf abzielen, die Nichtunterwerfung des Projekts unter das VIA-Verfahren zu klären, wobei ihr eine Frist von höchstens dreißig Tagen für die Durchführung dieser Klarstellungen eingeräumt wird. Darüber hinaus wird darauf hingewiesen, dass der Antrag als abgelehnt gilt, wenn der Antragsteller die geforderten Klarstellungen oder Ergänzungen nicht innerhalb der gesetzten Frist vorlegt, was zur Ablehnung des Antrags führt.

In Absatz 10 von Artikel 19 wird außerdem eine Bestimmung hinzugefügt, wonach die VIA-Screening-Anordnung für einen Zeitraum von mindestens fünf Jahren gilt; nach Ablauf dieser fünf Jahre und nach Erhalt der VIA-Screening- Anordnung, jedoch ohne Realisierung des Projekts, ist der Antragsteller berechtigt, das Projekt erneut einzureichen und dem Antrag einen erläuternden Bericht über den Umweltzustand des Eingriffsgebiets beizufügen, falls es zu erheblichen Änderungen kommt. In diesem letzten Fall prüft die Verwaltung innerhalb von 15 Tagen nach Vorlage des wiederholten Antrags die Vollständigkeit der Unterlagen, und wenn die Unterlagen unvollständig sind, fordert die Behörde die erforderlichen Ergänzungen an, wobei sie eine Frist von höchstens zwanzig Tagen festsetzt. Reicht der Antragsteller die ergänzenden Unterlagen nicht innerhalb der ihm gesetzten Frist ein oder sind die Unterlagen immer noch unvollständig, gilt der Antrag als zurückgenommen und die zuständige Behörde nimmt ihn zu den Akten.

Eine wichtige Neuigkeit ist schließlich die Einbeziehung des Genehmigungsverfahrens für Landschaftsschutzgebiete in das VIA-Verfahren, so dass es sich nicht mehr um ein eigenständiges und paralleles Verfahren, sondern um ein Unterverfahren innerhalb des VIA-Verfahrens handelt.

Es gibt jedoch Licht und Schatten in der bereits in Kraft getretenen Gesetzesverordnung, und es gibt viele Fragen.

Einerseits kann man nicht umhin, die Begünstigung und den effektiven Versuch der Vereinfachung der Umweltverfahren für Projekte mit einer Kapazität von 50 MW oder mehr zur Kenntnis zu nehmen, andererseits ist es offensichtlich, dass diese Bestimmungen nicht umhin können, Projekte mit einer Kapazität von weniger als 50 MW zu bestrafen, die natürlich weitere Verzögerungen erleiden werden, was einen Verstoß gegen den Grundsatz der Unabdingbarkeit der Fristen darstellt. 

Zweitens ist im Gesetzesdekret keine Übergangsregelung vorgesehen, um zu verstehen, ob die eingeführten Regeln auch für bereits laufende Verfahren gelten, insbesondere wenn diese vor dem sogenannten italienischen Gesetzesdekret „Agricoltura“ durchgeführt wurden. Wäre dies nicht der Fall, würden Projekte mit einer Kapazität von weniger als 50 MW nicht nur nicht auf landwirtschaftlichen Flächen gebaut werden dürfen, sondern auch durch die neu eingeführten Vorrangkriterien weitere Verzögerungen erfahren. Wir haben es also mit einer Disziplin zu tun, die abstrakt auf Vereinfachungen bei der Genehmigung ausgerichtet ist, in der Praxis aber noch unübersichtlicher zu werden scheint.

Zahlreiche Bedenken wurden auch im Zusammenhang mit einer weiteren anstehenden Reform geäußert: dem so genannten „Konsolidierten Text über Erneuerbare Energien“ („Testo Unico delle Rinnovabili“).

So hat der Ministerrat am 7. August 2024 den Entwurf eines Gesetzesdekrets über „Verwaltungsvorschriften für die Erzeugung von Energie aus erneuerbaren Quellen" verabschiedet. Der Text wird derzeit von den parlamentarischen Ausschüssen geprüft (die Frist für die endgültige Verabschiedung ist der 26. November 2024).

Die seit mehr als zwei Jahren erwartete Reform ist Teil eines bereits sehr zersplitterten und unübersichtlichen Regelungsrahmens, der u.a. durch Bestimmungen - wie die des letzten italienischen Landwirtschaftsgesetzesdekret („Decreto Legge Agricoltura“) und des italienischen Ministerialdekrets über geeignete Gebiete („Decreto Ministeriale Aree idonee“ - durchsetzt ist, die neben allgemeinen Verboten und Regelungsmängeln dazu beigetragen haben, das Klima der Unsicherheit unter den Akteuren des Sektors zu verschärfen und die Entwicklung der erneuerbaren Energien zu bremsen.

Obwohl das Ziel darin bestand, die Erteilung von Genehmigungen für EE-Anlagen durch die Verabschiedung eines einzigen primären Rechtsakts zu vereinfachen und zu beschleunigen, scheint der Verordnungsentwurf sein Ziel verfehlt zu haben.

Nach einer negativen Stellungnahme des Staatsrates, der sowohl das Verfahren als auch den Inhalt als mangelhaft, unzureichend und unvollständig bezeichnete, stieß der Verordnungsentwurf auch bei den Wirtschaftsbeteiligten und Berufsverbänden auf nicht wenige Unklarheiten.  Im Folgenden sind einige Beispiele für die wichtigsten kritischen Punkte aufgeführt.

Unter den für die Genehmigung von EE-Anlagen vorgesehenen Verwaltungsverfahren ist die eidesstattliche Erklärung über den Beginn der Arbeiten (DILA) nicht mehr vorgesehen, wie sie derzeit für die Genehmigung von Anlagen mit einer Kapazität von weniger als 1 MW in einem geeigneten Gebiet vorgesehen ist. Artikel 6 des Konsolidierten Textes über Erneuerbare Energien sieht nämlich nur drei Verwaltungsverfahren für den Bau von EE-Anlagen vor: freie Tätigkeit, vereinfachtes Genehmigungsverfahren (PAS) und einmalige Genehmigung (autorizzazione unica). 

Artikel 1 Absatz 1 des Dekretentwurfs sieht vor, dass „die Bestimmungen der konsolidierten Fassung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für das Bauwesen gemäß dem Präsidialerlass Nr. 380 vom 6. Juni 2001 für den Erwerb der für die Durchführung erforderlichen Baugenehmigung in Kraft bleiben. Der Entwurf des Dekrets lässt den Erwerb der im Präsidialerlass 380/2001 genannten Bauge​nehmigung für die Durchführung der in diesem Dekret genannten Maßnahmen unberührt“.  Die Einführung des Verweises auf das konsolidierte Baugesetz stellt eine Verschärfung dar, da sie den Erwerb eines Titels erfordert, der nach den geltenden Vorschriften nicht erforderlich ist (mit Ausnahme einiger weniger Fälle).

Was die Modernisierungs- und Repowering-Projekte betrifft, so erlauben die derzeit geltenden nationalen Vorschriften, dass bereits installierte Anlagen zur Nutzung erneuerbarer Energiequellen ohne weitere Genehmigung modernisiert und aufgerüstet werden können, selbst bei Vorliegen landschaftlicher Einschränkungen, eben weil es sich um bestehende Anlagen handelt und somit bereits alle erforderlichen Genehmigungen vorliegen. Der Verordnungsentwurf sieht zwar vor, dass auch für diese Projekte eine Landschaftsgenehmigung eingeholt werden muss, wenn die Anlage in Gebieten liegt, die durch das Gesetz über das kulturelle Erbe und die Landschaft geschützt sind

Es findet sich keine Anhaltspunkte für eine spezifische Bestimmung bezüglich der Übergangsdisziplin, die das zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Dekrets bereits eingeleitete Verfahren sowie eine Koordinierung mit dem Dekret über geeignete Gebiete durch die Einfügung einer Auslegungsregel retten würde, die ein für alle Mal klarstellt, dass die gemäß Artikel 20, Absatz 8 des Gesetzesdekrets 199/2021 ex lege ermittelten geeigneten Gebiete von den Regionen nur nach einer eingehenden und nachgewiesenen Voruntersuchung, die die Nichteignung des betreffenden Gebiets belegt, als ungeeignet eingestuft werden können.

Hinsichtlich des Aspekts der Anschlüsse und des Antragsstaus fordern die Verbände, dass die neuen Genehmigungsregelungen gut koordiniert werden, zum Beispiel durch die Einführung strenger Auswahl- und Prioritätskriterien für die Prüfung von Genehmigungsanträgen.

Dies sind einige der Punkte, auf die die Verbände des Sektors bei den Anhörungen im Umweltausschuss des Senats aufmerksam gemacht wurden und von denen zu hoffen ist, dass sie in der endgültigen Fassung des Konsolidierten Textes über Erneuerbare Energien berücksichtigt werden, um die grundlegende Gelegenheit zur Vereinfachung der Genehmigungsverfahren für Anlagen zur Nutzung erneuerbarer Energiequellen nicht zunichte zu machen.
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