Neue Regelungen für Umwelt- und Nach­­haltig­­­keits­­­aus­sagen: Was Unternehmen jetzt wissen müssen

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​​​​​​​zuletzt aktualisiert am 25. Juni 2024 | Lesedauer ca. 6 Minuten


​Die Werbung und Kommunikation mit „grünen“ bzw. „nachhaltigen“ Aspekten ist zu einem wichtigen Wettbewerbsfaktor für Unternehmen bzw. ihre Produkte und Dienst­leistungen geworden. Im Rahmen des „European Green Deal“ legte die EU daher 2022/23 Vorschläge für zwei „Schwester-Richtlinien“ mit spezifischen Regelungen zu Umwelt- bzw. Nachhaltigkeitsaussagen sowie zu Gütezeichen (Nachhaltig­keits­siegel/Umwelt­zeichen) vor. Unternehmen und Verbraucher sollen durch korrekte, verständliche und nachvollziehbare Informationen eine aktivere Rolle beim öko­logischen Wandel einnehmen können. Gleichzeitig sollen die „Greenwashing“-Risiken durch unklare, nicht fundierte oder irreführende umweltbezogene Aussagen bzw. intransparente und unglaubwürdige Gütezeichen verringert werden. 



Als lex generalis trat die sog. „ECGT-Richtlinie“ (Empowering Consumers for the Green Transition-RL (EU) 2024/825, alternativ auch „EmpCo-RL“) schließlich Ende März 2024 in Kraft und ergänzt die allgemeine „Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken 2005/29/EG​“ („UGP-RL“). Die künftige „Green Claims-Richtlinie“ („Richtlinie über Umweltaussagen“) soll daneben die UGP-RL inkl. ECGT-RL als lex specialis ergänzen. Das Europäische Parlament verabschiedete im März 2024 in 1. Lesung seinen Standpunkt zum ursprünglichen Kommissionsvorschlag​ einer Green Claims-RL aus März 2023 inkl. Änderungsvorschlägen. Der EU-Umwelt­ministerrat hat am 17. Juni 2024 seinen Standpunkt zur Green Claims-RL verabschiedet. Eine endgültige Verabschiedung wird aber erst in einigen Monaten im sog. „Trilog-Verfahren“ auf Basis der beiden Standpunkte zu erwarten sein, wobei es zu weiteren inhaltlichen Änderungen kommen kann.


Die neuen gesetzlichen Bestimmungen schaffen damit ein EU-weit vereinheitlichtes Regelungswerk für umweltbezogene Kommunikation und ergänzen zudem bereits bestehende spezialgesetzlichen EU-Regelungen auf diesem Gebiet (z.B. EU-Umweltzeichen, EU-Bio-Logo etc.). Unternehmen, die mit umwelt- oder nach­haltig­keits­be­zogenen Aussagen, Siegeln oder Umweltzeichen werben, sollten sich dringend mit diesen Neu­re­ge­lungen vertraut machen. Rödl & Partner steht Ihnen EU-weit zur Seite, um die „grüne und nachhaltige Wer­bung“ für Ihr Unternehmen, Ihre Produkte, Verpackungen und Dienstleistungen rechtssicher zu gestalten.
In den folgenden Fragen und Antworten finden interessierte Unternehmen wertvolle Informationen zu den wichtigsten Aspekten der neuen Regelungen für Green Claims und Nachhaltigkeitssiegel.



Welche Art von „grüner/nachhaltiger Werbung“ und Gütezeichen sind umfasst?

Die (geplanten) Neuregelungen betreffen im Kern „Umweltaussagen“ und Aussagen zu weiteren Nachhaltig­keits­aspekten (z.B. Zusammensetzung, Haltbarkeit, Reparierbarkeit etc.) sowie „Nachhaltigkeitssiegel“ bzw. „Umweltzeichen“ zur Bewerbung von Produkten (Waren oder Dienstleistungen) inkl. deren Verpackung.

Eine „Umweltaussage“, ist eine freiwillige Aussage oder Darstellung durch Text, Bilder, grafische Elemente oder Symbole im Kontext kommerzieller Kommunikation, in der ausdrücklich oder stillschweigend angegeben wird, dass ein Produkt oder ein Unternehmen
  • ​eine positive bzw. keine Auswirkung auf die Umwelt hat,
  • weniger schädlich für die Umwelt ist als andere 
oder
  • ​die Umweltauswirkungen im Laufe der Zeit verbessert wurden. 

Ein „Nachhaltigkeitssiegel“ ist ein freiwilliges öffentliches oder privates Vertrauenssiegel oder Gütezeichen, das das Ziel hat, ein Produkt, ein Verfahren oder eine Geschäftstätigkeit in Bezug auf ihre ökologischen und/oder sozialen Merkmale hervorzuheben oder zu fördern. Unter einem „Umweltzeichen“ versteht man dabei ein spezielles Nachhaltigkeitssiegel, das ausschließlich oder überwiegend Umweltaspekte abdeckt. Beispiele sind etwas der „Blaue Engel“, der „Forest Stewardship Council – FSC“, das „Fairtrade“-Siegel oder der „Grüne Knopf“.

Die ECGT-RL und die Green Claims-RL (Entwurf) enthalten darüber hinaus eine Reihe weiterer umwelt- und nachhaltigkeitsrelevanter Legaldefinitionen wie z.B. „allgemeine Umweltaussage“, „ausdrückliche Umwelt­aussage“, „Umweltleistung“, „anerkannte hervorragende Umweltleistung“, oder „Umwelt­zeichen­system“, „Zertifizierungssystem [für Nachhaltigkeitssiegel“ sowie „Umweltaspekt“, „Umweltauswirkung“ und „Lebens­zyklus“.

Der Begriff „Nachhaltigkeit“ wird in den Richtlinien hingegen nicht klar definiert. Orientierung bieten hier die „Finanzdienstleistungs-Offenlegungs-Verordnung“ (SFDR-VO (EU) 2019/2088) – „nachhaltige Investitionen“, „Nachhaltigkeitsaspekte/-faktoren“, die „Nachhaltigkeitsberichterstattungs-Richtlinie“ (CSRD-RL (EU) 2022/2464 i.V.m. ESRS-Verordnung (EU) 2023/2772) – „Standards der Nachhaltigkeitsberichterstattung“ sowie konkret für Produkte der Entwurf zur erweiterten „Öko-Design-Verordnung für nachhaltige Produkte​“ aus 2022 – „Haltbarkeit und Zuverlässigkeit“; „Wiederverwendbarkeit“; „Nachrüstbarkeit, „Reparierbarkeit und Wartung“; „[Nicht-] Vorhandensein besorgniserregender Stoffe“, „Energie- und Ressourceneffizienz“; „Rezyklatanteil“; „Wiederaufarbeitung und Recycling [-fähigkeit[“; „CO2- bzw. Umweltfußabdruck“; „Abfallmenge und -eigen­schaften“. 

Was sind die Kernaussagen der ECGT- RL und Green Claims-RL (Entwurf)?

Die ECGT-RL zielt darauf ab, unlautere und irreführende Greenwashing-Geschäftspraktiken zum Schutze der Verbraucher zu bekämpfen. 

Als absolut verbotene unlauteren Geschäftspraktiken (Anhang I UGP-RL – „Schwarze Liste“) gelten künftig: 
  • ​Allgemeine Umweltaussagen (z.B. „umweltfreundlich“, „ökologisch“​, „umweltgerecht“, „biobasiert“ etc.) ohne Nachweisbarkeit einer anerkannten hervorragenden Umweltleistung 
  • Umweltaussagen zum Gesamtprodukt bzw. -geschäft, obwohl sie nur auf einen Teilaspekt des Produkts bzw. der Geschäftstätigkeit zutrifft 
  • Aussagen zur Kompensation von Treibhausgasen also z.B. hinsichtlich neutraler, verringerter oder gar positiver Auswirkungen auf das Klima, soweit die Kompensation wie i.d.R. außerhalb der Produkt-/­Wert­schöpfungs­kette liegt
  • Falschbehauptungen bzgl. wesentlicher (Nachhaltigkeits-/Zirkularitäts-) Merkmale wie z.B. ökologische und soziale Auswirkungen, Zusammensetzung, Herkunft, Recyclingfähigkeit, Haltbarkeit bzw. Nutzbarkeitsdauer oder Reparierbarkeit von Produkten

Außerdem wird die Nutzung nicht-zertifizierter bzw. nicht-staatlicher Nachhaltigkeitssiegel für Produkte oder Geschäftstätigkeiten untersagt. Ziel ist es, vor allem um intransparente, unglaubwürdige und nicht nach­voll­ziehbare Eigenzertifizierungen durch Unternehmen zu verhindern. 

Die möglichen Irreführungstatbestände bzgl. einer jeweiligen Einzelfallbewertung werden erweitert hinsichtlich 
  • ​wesentlicher ökologische Produktmerkmale, auch vergleichend, wie z.B. Vorteile, Risiken, Zusammensetzung, Haltbarkeit, Reparierbarkeit oder Recyclingfähigkeit 
  • einer erst in der Zukunft liegenden Umweltleistung ohne Umsetzungsplan, z.B. Zusage einer CO2-Reduktion,
  • irrelevanter (ökologischer) Werbeaussagen wie z.B. „glutenfreies Wasser“, „kunststofffreies Papier“.

Bei Verstößen stehen als wettbewerbsrechtliche „Sanktionen“ v.a. ein außergerichtliches bzw. gerichtliches Vorgehen durch Mitbewerber (Abmahnung, Strafbewehrte Unterlassungserklärungen, Vertragsstrafen, Kon­kurrentenklage) im Vordergrund.

Die Green Claims-RL (Entwurf) soll darüber hinaus Bestimmungen für europaweit verlässliche, vergleichbare und überprüfbare Umweltaussagen zu Waren und Dienstleistungen enthalten. Konkrete Voraussetzungen für Umweltaussagen umfassen demnach Mindestanforderungen für (vergleichende) ausdrückliche Umwelt­aussagen, z.B. Angaben, Daten, Nachweise und Feststellungen zu ihrer Begründung und Kommunikation
  • ​Mindestkriterien und Überprüfbarkeit für private und öffentliche Umweltzeichen/-systeme, Validierungs­verfahren für neue, private Umweltzeichen mit Mehrwert sowie ein Verbot neuer öffentlicher Systeme unterhalb der EU-Ebene
  • Ex-ante Überprüfungsverfahren für Umweltaussagen und Umweltzeichen durch unabhängige, akkreditierte Prüfstellen

Als Sanktionen bei Verstößen drohen neben behördlichen Geldbußen von bis zu vier Prozent des Jahres­umsatzes auch die Beschlagnahmung bzw. Einziehung von Produkten oder Einnahmen/Gewinnen sowie zeitweilige Ausschlüsse aus öffentlichen Vergabeverfahren von bis zu 12 Monaten.

Welche umwelt- und nachhaltigkeitsbezogenen Sachverhalte sind nicht erfasst?

Sowohl die UPG-RL inkl. ECGT-RL als auch die Green Claims-RL (Entwurf) sollen ein allgemeines „Sicher­heits­netz“ für Umwelt- und Nachhaltigkeitsregeln schaffen. Sie dienen als Auffangtatbestand für produkt- und sektorspezifische Vorschriften zu Umwelt- und Nachhaltigkeitsaussagen sowie -informationen, einschließlich Nachhaltigkeitssiegel und Umweltzeichen, die noch nicht vollständig geregelt sind. 

Nicht erfasst werden umweltbezogene Sachverhalte, die bereits spezialgesetzlich geregelt sind. Darunter fallen z.B. gesetzlich geregelte Zeichen und Siegel wie das EU-Umweltzeichen (Ecolabel-VO (EG) Nr. 66/2010) und das EU-Bio-Logo (Öko-Basis- VO (EU) 2018/848). Denn diese werden bereits von staatlichen Kontrollstellen in den jeweiligen Mitgliedstaaten vergeben, die die Einhaltung der zur Verwendung dieser Siegel festgelegten Umweltkriterien überprüfen. Daher sieht der Gesetzeber nicht die Notwendigkeit, diese Nachhaltigkeitssiegel zusätzlich den strengen Pflichten der geplanten Green Claims-RL zu unterwerfen. Anders verhält es sich hingegen mit Verbands-Bio-Siegeln, die freiwillig von den Mitgliedern verwendet werden können, wie z.B. Naturland, Bioland und Demeter. Der jetzige Entwurf sieht vor, dass solche nicht gesetzlichen künftig den Zertifizierungsvorschriften für Nachhaltigkeitssiegel unterfallen sollen, was derzeit heiß debattiert wird. 

Ausgenommen sind ferner Spezialregelungen betreffend die ökologisch nachhaltigen Wirtschaftstätigkeiten und Investitionen (Taxonomie-VO (EU) 2020/852​ inkl. Offenlegungs-/SFDR-VO (EU) 2019/2088) sowie die Nachhaltigkeitsberichterstattung (Bilanz-RL 2013/34/EU inkl. NFRD-RL 2014/95/EU bzw. CSRD-RL (EU) 2022/2464​). 

Welche Anforderungen gelten für die Begründung von Umweltaussagen?

Bereits das Wettbewerbsrecht fordert, dass umweltbezogene Aussagen wissenschaftlich belegbar sein müssen. Der Entwurf der Green Claims-RL präzisiert dies weiter: Umweltaussagen in Textform oder auf Umweltzeichen müssen auf Bewertungen basieren, die Mindestkriterien erfüllen, um irreführende Aussagen zu vermeiden. Dies bedeutet, dass Unternehmer bzgl. ausdrücklicher Umweltaussagen verpflichtet sind, diese anhand eines Kriterienkatalogs vorab zu überprüfen und nachvollziehbar zu belegen. Konkret bedeutet dies, dass die zu­grunde liegende Bewertung:
  • ​sich auf anerkannte wissenschaftliche Erkenntnisse und den neuesten Stand der Technik stützt,
  • nachweist, dass die Bedeutung der Auswirkungen, Aspekte und Leistung unter Berücksichtigung des gesamten Lebenszyklus erheblich sind,
  • bei der Bewertung der Umweltleistung alle wichtigen Aspekte und Auswirkungen berücksichtigt,
  • anzeigt, ob die Aussage für das gesamte Produkt oder nur für Teile davon (für den gesamten Lebenszyklus oder nur für bestimmte Phasen, für alle Tätigkeiten des Gewerbetreibenden oder nur für einen Teil davon) zutreffend ist,
  • nachweist, ob die Aussage den gesetzlichen Anforderungen entspricht,
  • Angaben darüber liefert, ob das Produkt oder der Gewerbetreibende unter dem Umweltgesichtspunkt wesentlich besser als üblich abschneidet,
  • feststellt, ob positive Entwicklungen zu einer erheblichen Verschlechterung anderer Auswirkungen führen,
  • verlangt, dass über Kompensationen von Treibhausgasen in transparenter Weise Bericht erstattet wird,
  • genaue Primär- oder Sekundärinformationen enthält.

Welche Anforderungen gelten für die Kommunikation von Umweltaussagen? 

Das Irreführungspotential ist bei Umweltwerbung besonders groß, woraus ein ebenfalls gesteigertes Auf­klärungs­be­dürfnis entsteht. Dies wurde von der deutschen Rechtsprechung bereits in den 80er Jahren statuiert (z. B. in BGH, 20.10.1988 – I ZR 238/87 – „aus Altpapier“, oder BGH, 05.12.1996 – I ZR 140/94 – „Umwelt­freund­liches Reinigungsmittel“). Fehlen aufklärende Hinweise oder sind diese nicht deutlich erkennbar, besteht grundsätzlich die Gefahr, dass bei Verbrauchern irrige Vorstellungen über die Beschaffenheit der beworbenen Produkte, Dienstleistungen oder Unternehmenseigenschaften hervorgerufen werden und sie dadurch in ihrer Kaufentscheidung negativ beeinflusst werden.

Künftig werden gesetzliche Informations- und Kommunikationspflichten für Umweltaussagen eingeführt. Erläuterungen und Begründungen zu Umweltaussagen müssen physisch oder digital (z.B. Weblink, QR-Code) bereitgestellt werden. Diese Informationen umfassen:
  • ​Umweltaspekte, -auswirkungen und -leistungen
  • Wissenschaftliche Grundlagen (Studien, Messungen, Berechnungen)
  • Erklärung der behaupteten ökologischen Verbesserungen
  • Spezielle Infos zu klimabezogenen Aussagen (z.B. Kompensationen, Emissionsminderungen))

Welche Anforderungen gelten für vergleichende Umweltaussagen und Produktvergleiche?

Umweltaussagen, die behaupten, ein Produkt oder Unternehmen sei umweltfreundlicher als andere, gelten als besonders irreführungsanfällig. Der Entwurf der Green Claims-RL sieht daher zusätzliche Anforderungen für die Vergleichbarkeit von Umweltaussagen vor. Diese Anforderungen ergänzen die bestehenden Regeln für vergleichende Werbung.

Gemäß der ECGT-RL müssen bei ökologischen Produktvergleichen einheitliche Methoden und Annahmen verwendet werden, um Irreführung zu vermeiden. Unternehmer müssen Informationen über die Vergleichs­methoden und die verglichenen Produkte bereitstellen.

Sind Umweltaussagen künftig genehmigungspflichtig?

Künftig müssen Umweltaussagen vor der Veröffentlichung von einer unabhängigen und akkreditierten Prüf­stelle kostenpflichtig überprüft werden (Ex-ante-Überprüfung). Diese Maßnahme soll Greenwashing ver­hindern und Unternehmen Rechtssicherheit bieten, während sie gleichzeitig flexibel in der Wahl ihrer Aussagen bleiben können.

Es wird allerdings keine EU-weite Liste geprüfter Umweltaussagen geben. Stattdessen stellen die Prüfstellen eine EU-weit gültige Konformitätsbescheinigung aus, ähnlich der CE-Kennzeichnung. Dies erleichtert die Überprüfung und Bearbeitung von Beschwerden durch Verbraucher oder Mitbewerber.

Die Konformitätsbescheinigung bietet Unternehmen Sicherheit, dass ihre zertifizierte Umweltaussage nicht in anderen EU-Ländern angefochten wird. Dennoch sind nachträgliche behördliche Kontrollen (Ex-post-Kontrollen) möglich. Bei Nicht-Konformität kann die Behörde Korrekturen fordern oder die Aussage verbieten. Es bleibt abzuwarten, wie sich diese Regelungen in der Praxis bewähren und wie viel Rechtssicherheit die Konformitätsbescheinigung tatsächlich bietet.

Ist die Verwendung von Nachhaltigkeitssiegeln/Umweltzeichen auch zukünftig zulässig?

Zukünftig müssen Umweltzeichen gemäß dem Entwurf der Green Claims-RL vor der Verwendung zwingend und kostenpflichtig von unabhängigen, technisch kompetenten und professionellen Prüfstellen überprüft werden. Diese Stellen müssen transparente Kriterien und Verfahren für die Vergabe der Zeichen haben und diese regelmäßig überprüfen. Eine Selbstzertifizierung von Unternehmen wird nicht mehr möglich sein, und neue staatliche oder öffentliche Umweltzeichen auf nationaler oder regionaler Ebene werden nicht mehr zugelassen.

Neue private Umweltzeichensysteme werden nur zugelassen, wenn sie einen ökologischen Mehrwert bringen.
Diese EU-weit einheitlichen Mindestkriterien und Überprüfungsverfahren sollen die Vielzahl an Siegeln und Logos reduzieren und die Transparenz sowie Glaubwürdigkeit der Umweltzeichen verbessern.

Parallel dazu verbietet die ECGT-RL die Verwendung von Nachhaltigkeitssiegeln, die nicht auf einem unab­hängigen Zertifizierungssystem beruhen oder nicht von staatlichen Stellen festgelegt wurden, indem sie als unlauter gelten.

Welche Änderungsvorschläge haben das EP und der Umweltministerrat 2024 eingebracht?

In seinem Standpunkt zum Kommissionsvorschlag der Green Claims-RL hat das Europäische Parlament (EP) im März 2024 eine Reihe von ergänzenden Änderungen angeregt. Zum einen soll die Prüfung von Umweltaussagen und -zeichen innerhalb von 30 Tagen abgeschlossen sein und die Angemessenheit der Prüfungskosten (Art und Umfang der Aussage, Unternehmensgröße etc.) gesetzlich verankert werden. Außerdem soll ein „vereinfachtes Verfahren“ für einfach gelagerte Sachverhalte und häufige Aussagen eingerichtet werden. Des Weiteren wurden die zulässigen klimabezogenen Aussagen weiter detailliert. Grundsätzlich soll auch die Green Claims-RL, vergleichbar der ECGT-RL, ein generelles „​Klimakompensations-Werbeverbot“ bzgl. neutraler, reduzierter oder positiver Umweltauswirkungen beruhend auf CO2-Gutschriften enthalten. Klimabezogene Kompensations­aus­sagen zu Treibhausgasemissionen sollen nur für Restemissionen und nur auf der Grundlage von EU-zertifizierten CO2-Entnahme-Gutschriften zulässig sein. Weiterhin soll der Schutz möglicher Geschäfts­ge­heimnisse bei der Bewertung der Aussagen und Zeichen und Veröffentlichung entsprechender Informationen verstärkt berücksichtigt werden. Andererseits könnte die Geltendmachung von Geschäftsgeheimnissen aber dann ausdrücklich auch die Ausstellung einer Konformitätsbescheinigung verhindern.

Der EU-Umweltministerrat (Rat) hat im Juni 2024 seine „allgemeine Ausrichtung“ verabschiedet. Er schlägt ein vereinfachtes Verfahren für weniger komplexe Umweltaussagen vor. Unternehmer sollen die Substantiierung bestimmter Umweltaussage durch die ex-ante-Veröffentlichung einer „technische Dokumentation“ selbst nachweisen können. Der Rat will außerdem eine stärkere Gewichtung von Nachhaltigkeits- bzw. Umweltzeichen erreichen. Bereits eingeführte staatliche und regionale Umweltzeichen sollen Bestandsgarantie bekommen, neue Zeichen, öffentlich und privat, sollen nur eingeführt werden dürfen, wenn sie einen Mehrwert gegenüber bestehenden nachweisen können. Nationale und regionale Umweltzeichen (EN ISO 14024 Typ I) sollen bei Anerkennung in einem Mitgliedstaat von der Überprüfung ausgenommen werden und per se eine „anerkannte herausragende Umweltleistung“ verbriefen. Bei zulässigen klimabezogenen Aussagen die auf CO2-Kom­pen­sationen beruhen, sollen jeweils zeitbezogen, mindestens die Gesamtemissionen des Unternehmens, ihre Reduktion und alle verwendeten CO2-Gutschriften, inklusive der extern erworbenen angegeben werden.

Bzgl. der CO2-Gutschriften selbst soll angegeben, ob diese aus Emissionsreduzierung bzw. CO2-Entnahme/­Speicherung stammen, ob diese am Sitze des Unternehmens realisiert werden, ob sie dauerhaft oder nur vorübergehend sind und wie sie überprüft bzw. zertifiziert wurden.

Welche Unternehmen sind betroffen?

Die Green Claims-RL wird für alle Unternehmen gelten, die in der EU Umweltaussagen gegenüber Verbrauchern tätigen, unabhängig davon, ob diese Unternehmen ihren Sitz in der EU oder in Drittländern haben.

Kleinst- und Mikrounternehmen (< 10 Mitarbeiter und Jahresumsatz/-bilanz < 2 Mio. Euro) sind von den Ver­pflichtungen der Green Claims-RL bezüglich der Begründung und Kommunikation von Umweltaussagen grund­sätzlich ausgenommen. Sie können jedoch freiwillig eine Überprüfung beantragen.

Für kleine und mittlere Unternehmen (KMU – < 250 Mitarbeiter und Jahresumsatz < 50 Mio. Euro), die von der Green Claims-RL erfasst werden, sind Unterstützungsmaßnahmen vorgesehen. Diese umfassen Finanzhilfen, Kreditvermittlung, Fachschulungen und technische Unterstützung, um die gesetzeskonforme Umsetzung der Green Claims-RL zu erleichtern.

Hinsichtlich der UGP-RL inkl. ECGT-RL bzw. des deutschen UWG fallen jedoch alle Unternehmen, ein­schließ­lich Mikrounternehmen, weiterhin in den Anwendungsbereich.

Für wann ist die Umsetzung bzw. Anwendung der Richtlinien zu erwarten? 

Die ECGT-Richtlinie muss bis zum 27. September 2026 in nationales Recht umgesetzt werden, wobei dies in Deutschland durch das UWG erfolgen wird. Laut Entwurf soll die Green Claims-Richtlinie 24 Monate nach Inkrafttreten ebenfalls anwendbar umgesetzt werden.

Als werbendes Unternehmen sind Sie direkt betroffen und sollten die verbleibende Zeit nutzen, um sich umfassend auf die neuen Regelungen vorzubereiten. Treffen Sie jetzt strategische Entscheidungen und Maß­nahmen, um auch in Zukunft rechtskonforme umweltbezogene Aussagen und Angaben in Ihrer Werbung nutzen zu können. Wir stehen Ihnen dabei mit kompetenter Beratung und maßgeschneiderten Lösungen zur Seite. Nutzen Sie unsere Expertise, um den Übergang reibungslos zu gestalten und Ihre Werbemaßnahmen weiterhin erfolgreich und rechtssicher zu gestalten.

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