Handelsverhandlungen 2025 in Frankreich: Auf die Plätze, fertig, los!

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​​​​​​​​​​​​​veröffentlicht am 28. Oktober 2024 | Lesedauer ca. 6 Minuten


Nach einem Sommer voller Emotionen durch die Olympischen und Paralympischen Spiele ist es nun an der Zeit, den Startschuss für die Verhandlungen zwischen Industrie und Handel abzugeben. Um sich optimal auf diese Verhandlungen vorzube­reiten, möchten wir Ihnen einen Überblick über die rechtlichen Bestimmungen geben, die in diesem Bereich gelten und von denen viele sagen, dass sie zu komplex sind. Nachstehend finden Sie erste Antworten auf einige der häufigsten Fragen zu diesem Thema.

   
  

Welchen Vertrag sollte ich mit meinem Kunden unterzeichnen?

Das auf Handelsverhandlungen anwendbare Gesetz verankert die Verpflichtung, vor dem 1. März für einen Zeitraum von einem, zwei oder drei Jahren einen Vertrag zu schließen, um Handelsverhandlungen über Pro­dukte zu formalisieren.
 
Dieser Vertrag kann entweder als Einzeldokument erstellt werden oder als Rahmenvertrag, der dann um einen Anwendungsvertrag ergänzt wird. In der Praxis werden diese Verträge als „Einheitsvereinbarung“ oder „zusammenfassende Vereinbarung“ bezeichnet, wir werden nachfolgend den Begriff „zusammenfassende Vereinbarung“ verwenden.
  
Bei der Vermarktung von Produkten unter der Marke des Lieferanten (im Gegensatz zu Handelsmarken) hängt der Inhalt der zu schließenden Vereinbarung von den betreffenden Waren oder Dienstleistungen ab und muss dem Formalismus einer der folgenden Vereinbarungen entsprechen:
  • dem einer für jeden Vertrag geltenden einfachen oder grundlegenden zusammenfassende Vereinbarung zwischen einem Lieferanten und einem Händler oder Dienstleister, wenn keine andere Kategorie anwendbar ist
  • dem einer zusammenfassende Vereinbarung für Konsumgüter (produits de grande consommation, PGC) zwischen einem Konsumgüter-Lieferanten (außer Lebensmitteln) und einem Händler oder Dienstleister
  • dem einer zusammenfassenden Vereinbarung speziell für die Beziehungen zu einem Großhändler
  • ​dem einer zusammenfassende Vereinbarung speziell für Lebensmittel zwischen einem Lieferanten von Lebensmitteln und Heimtierfutter und einem Händler oder Käufer
  
Der Inhalt dieser Vereinbarungen kann je nach Typ der Vereinbarung unterschiedlich ausfallen.
 
Für die anstehenden Verhandlungen im Jahr 2025 muss der Lieferant seine AGBs offenlegen, die die einheitliche Grundlage für Handelsverhandlungen bilden:
  • vor dem 1. Dezember 2024, wenn er PGC (Konsumgüter) vermarktet
  • innerhalb einer angemessenen Frist vor dem 1. März, wenn er Produkte vermarktet, die keine PGC (Konsumgüter) sind
  
Diese Verhandlungen müssen mit der Unterzeichnung einer Vereinbarung vor dem Stichtag 1. März 2025 abgeschlossen werden (Rückkehr zur klassischen Regelung vor dem Gesetz vom 17. November 2023, das den Stichtag in der Hoffnung vorverlegt hatte, dass die Verbraucher so früh wie möglich von einer Preissenkung infolge einer Deflation bei bestimmten Agrarrohstoffen profitieren würden).​
 

Ich habe vom EGAlim-Gesetz gehört, was sind die Kriterien für die Anwendung dieses Gesetzes?

Das sogenannte EGAlim-Gesetz, das durch die Gesetze „EGAlim 1“ vom 30. Oktober 2018, „EGAlim 2“ vom 18. Oktober 2021 und „EGAlim 3“ vom 30. März 2023 bereichert wurde, deckt die gesamte Produktions- und Vermarktungskette ab, von den vorgelagerten Beziehungen zwischen dem Erzeuger und seinem Erstkäufer (Upstream) bis zu den nachgelagerten Beziehungen zwischen dem Lieferanten und den Käufern oder Händlern von Agrar und Lebensmittelerzeugnisse oder Produkten für die Heimtiernahrung (Downstream).
  
Mit dem EGAlim-Gesetz wurden spezifische Verpflichtungen für Lieferanten von Agrar- und Lebensmittel­erzeugnissen eingeführt, mit dem Ziel, die Entlohnung der Landwirte zu schützen und die Ausgewogenheit der Handelsbeziehungen im Agrar- und Lebensmittelsektor zu verbessern.
  
Das Egalim-Gesetz ist grundsätzlich anwendbar, sobald ein Lieferant Agrar- und Lebensmittelerzeugnisse auf französischem Hoheitsgebiet vermarktet. Über dieses „territoriale“ Kriterium hinaus muss der Lieferant jedoch eine sorgfältigere Prüfung vornehmen, um festzustellen, ob bestimmte spezifische Verpflichtungen des EGAlim-Gesetzes auf ihn anwendbar sind, wie z. B. die Verpflichtung zur Transparenz des Preises für Agrarerzeugnisse.
  

Was sind die wichtigsten Verpflichtungen, die sich aus dem EGAlim-Gesetz ergeben?

​Im Falle der Anwendung des EGAlim-Gesetzes auf eine betrachtete Geschäftsbeziehung unterliegt der Lieferant von Agrar- und Lebensmittelerzeugnissen oder Produkten für die Heimtiernahrung insbesondere den folgenden Pflichten und muss seine AGB entsprechend anpassen:
  • Verpflichtung zur Transparenz des Preises für Agrarerzeugnisse (matière première agricole): Unter bestimmten Bedingungen, insbesondere wenn das betreffende Produkt nicht per Dekret ausgeschlossen ist, muss der Lieferant in seinen AGB eine der drei folgenden Transparenzoptionen aufführen: (i) Darstellung des Anteils jedes einzelnen Agrarerzeugnisses, (ii) Darstellung des aggregierten Anteils der Agrarerzeugnisse oder (iii) im Falle einer Veränderung des Tarifs des Lieferanten im Vergleich zum Vorjahr, Rückgriff auf einen unabhängigen Dritten. Es ist diese Verpflichtung zur Transparenz, die sicherstellt, dass der Teil des Preises des Lieferanten, der den Kosten für die in dem betreffenden Lebensmittel enthaltenen Agrarerzeugnisse entspricht, nicht verhandelt werden kann und somit unantastbar ist.
  • Verpflichtung zur Angabe von  Agrarerzeugnisindikatoren, die bei der Festlegung des Produktpreises berücksichtigt wurden.
  • Verpflichtung, eine Klausel zur automatischen Preisanpassung vorzusehen, die sich nach der Veränderung der Kosten für die in den Lebensmitteln enthaltenen Agrarerzeugnisse richtet.
  • Verpflichtung, eine Klausel zur Neuverhandlung der Preise vorzusehen, wenn das betreffende Produkt nicht per Dekret von der Regelung ausgeschlossen wurde, um Preisschwankungen bei Agrarerzeugnissen, Energie, Transport und Verpackungsmaterialien nach oben oder unten zu berücksichtigen, die sich erheblich auf den Preis des Produkts auswirken würden. Eine vorherige Überprüfung der Anwendung dieser Verpflich­tung auf die betroffenen Produkte wird jedoch erforderlich sein, da bestimmte Agrar- und Lebensmitteler­zeugnisse zuletzt durch einen Erlass vom 15. Februar 2024 von dieser Regelung ausgenommen wurden.

Schließlich wurde mit dem Gesetz EGAlim ein Rahmen für die Regelung logistischer Strafen geschaffen, die von einem Händler gegen einen Lieferanten ausgesprochen werden und die zuletzt durch das Gesetz EGAlim 3 verschärft wurde. Wir verweisen unsere Leser auf unseren vorherigen Artikel, um weitere Informationen über die wichtigsten Beiträge des Gesetzes EGAlim 3​ zu den oben genannten Themen zu erhalten.
 

Wann und in welchen Fällen benötige ich eine unabhängige dritte Partei? Und welche?

Im Rahmen der Transparenzoption Nr. 3 ist der Rückgriff auf einen unabhängigen Dritten nur möglich, wenn sich der Tarif des Lieferanten im Vergleich zum Vorjahr verändert hat, so dass diese Option ausgeschlossen werden muss, wenn es sich um eine erste Geschäftsverhandlung handelt. Gegebenenfalls sehen die AGB vor, dass auf Kosten des Lieferanten ein unabhängiger Dritter eingeschaltet wird, der (i) im Vorfeld der Verhand­lungen bescheinigt, welcher Teil der Preisentwicklung des Lieferanten auf die Preisentwicklung der Agrarer­zeugnisse zurückzuführen ist, und (ii) im Nachgang zu den Verhandlungen bescheinigt, dass die Verhandlungen nicht den Teil der Preisentwicklung des Lieferanten betrafen, der auf die Preisentwicklung der Agrarerzeugnisse zurückzuführen ist.
 
Bei dem unabhängigen Dritten könnte es sich zum Beispiel um einen Wirtschaftsprüfer (statutory auditor) handeln, wie aus der technischen Stellungnahme der Compagnie nationale des commissaires aux comptes (CNCC) zu diesem Thema hervorgeht, die die Hinweise des Landwirtschaftsministeriums weitergibt, oder um einen Chartered Accountant (expert comptable).
  

Wird die Nichteinhaltung der für Handelsverhandlungen geltenden Regeln bestraft?

Die Generaldirektion für Wettbewerb, Verbraucherschutz und Betrugsbekämpfung (La direction générale de la concurrence, de la consommation et de la répression des fraudes – DGCCRF, eine Verwaltungsbehörde, die u. a. befugt ist, Verwaltungsstrafen zu verhängen) und der Wirtschaftsminister überwachen die Einhaltung der für Handelsverhandlungen geltenden Vorschriften genau und zögern nicht, hohe Verwaltungsstrafen zu verhängen bzw. rechtliche Schritte gegen Unternehmen einzuleiten, die sich nicht an die Vorschriften halten.
 
So verhängte die DGCCRF diesen Sommer gegen Eurelec Trading SCRL, die in Belgien ansässige internationale Einkaufszentrale, der auch E.Leclerc angehört, eine Verwaltungsstrafe in Höhe von 38.067.000 Euro wegen Nichteinhaltung der Frist für die Unterzeichnung von Verträgen mit 62 in Frankreich ansässigen Lieferanten.
  

Ich verkaufe Handelsmarkenprodukte (Marque de distributeur, MDD): Bin ich vom Zeitplan für Handelsverhandlungen betroffen? Und vom EGAlim-Gesetz?

Zwischen einem Lieferanten und einem Händler muss eine besondere Vereinbarung getroffen werden, die sich auf die Entwicklung und Herstellung von Lebensmitteln nach Modalitäten bezieht, die den besonderen Be​­dürfnissen des Käufers entsprechen und unter Handelsmarken (MDD) verkauft werden, unabhängig von der Art des Produkts (Lebensmittel oder Nichtlebensmittel). 
 
Dieser schriftliche Vertrag muss einige besondere Regeln einhalten.  Er unterliegt jedoch nicht dem für zusammenfassende Vereinbarungen geltenden Zeitplan für Handelsverhandlungen (die Frist 1. März gilt in diesem Fall also nicht). Dies gilt aber insbesondere für die Anwendung des Grundsatzes der Nichtverhan­delbarkeit der Agrarerzeugnisse für die betreffenden Handelsmarkenprodukte, die Pflicht zur Angabe von Indikatoren, die sich auf die Agrarerzeugnisse beziehen, sowie die Pflicht, eine Klausel zur automatischen Preisanpassung in Abhängigkeit von den Kostenänderungen der Agrarerzeugnisse vorzusehen.
 
Wenn für einige Leser diese EGAlim-Gesetze und generell das auf Handelsverhandlungen anwendbare Recht wenig verständlich sind, sei auch daran erinnert, dass dieses Recht ein ehrgeiziges Ziel verfolgt, nämlich das Gleichgewicht der Handelsbeziehungen zwischen Landwirten, Herstellern und Händlern zu verbessern, das häufig durch die Kaufkraft bestimmter Wirtschaftsakteure beeinträchtigt wird.
 
Aus diesem Grund werden die für Handelsverhandlungen geltenden Vorschriften nach und nach reformiert (EGAlim 1, 2, 3) und im Februar 2024 wurde den ehemaligen Abgeordneten Anne-Laure Babault und Alexis Izard eine Regierungsmission anvertraut, die am 10. Oktober zur Vorlage eines Berichts mit 27 Vorschlägen führte. Zu diesen Vorschlägen gehört die Einführung eines Unterzeichnungsstichtages im Upstream (damit die Upstream-Verträge zwischen Erzeuger und deren Erstkäufer vor der Unterzeichnung der Downstream-Verträge zwischen Lieferanten und Käufern abgeschlossen werden), die Einführung eines  beweglichen Unterzeichnungsstich­tages  drei Monate nach Übermittlung der AGB durch den Lieferanten oder die Verpflichtung der Lieferanten, gewerblichen Käufern mitzuteilen, ob die Herkunft der Agrarerzeugnisse französisch ist oder nicht.
 
Es bleibt abzuwarten, wie dieser Bericht genutzt wird und ob er sich auf die bevorstehenden Handelsverhand­lungen auswirken wird. In diesem Zusammenhang ist Antizipation der Schlüssel zum Erfolg. Dies erfordert somit:
  • ​die Ermittlung des rechtlichen Rahmens, der auf Ihre Produkte anwendbar ist,
  • und ggf. die Überprüfung Ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen, um sie Ihren Kunden innerhalb der gesetzlichen Fristen mitteilen zu können.
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