Gesetz EGAlim 3 in Frankreich: Ein Überblick über die wichtigsten Aspekte vor der geplanten Änderung der Agenda für die Geschäftsverhandlungen 2024

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​veröffentlicht am 20. September 2023 | Lesedauer ca. 4 Minuten


Angesichts einer – von der gegenwärtigen deflationären Preisentwicklung einiger Agrarrohstoffe abgesehen – anhaltenden inflationären Preisentwicklung, kündigte Wirtschaftsminister Bruno Le Maire nach einem Treffen zwischen Industriellen und Vertretern großer Einzelhandelsunternehmen Ende August 2023 an, dass die Preise von 5.000 Artikeln in den Verbrauchermärkten nur geringfügig steigen oder sogar sinken würden. 

   
Damit die gewünschte Preissenkung bereits im Januar 2024 wirksam wird, soll Bercy derzeit einen Gesetzestext vorbereiten, der eine Vorverlegung der Handelsverhandlungen für die „75“ größten Industrieunternehmen und deren Abnehmer aus den großen Einzelhandelsketten vorsieht. Der Gesetzesentwurf soll dem Ministerrat am 27. September 2023 vorgelegt werden.
 
Bis zum Inkrafttreten dieses Gesetzes, das noch einige Überraschungen bereithalten könnte, möchten wir kurz auf die für diese Verhandlungen geltenden Regelungen und die jüngsten Änderungen eingehen, die das Gesetz vom 30. März 2023 zur Stärkung des Gleichgewichts in den Handelsbeziehungen zwischen Lieferanten und Händlern, auch „Decrozaille-Gesetz“ (benannt nach dem Abgeordneten, der diesen Text ursprünglich verfasst hat) oder EGAlim 3-Gesetz genannt, mit sich gebracht hat.
 
 Zur Erinnerung: Artikel L. 443-8 des Handelsgesetzbuchs sieht die Auflage für Lieferanten und Käufer oder Händler von Lebensmitteln und Produkten für die Tierfutterherstellung vor, spätestens am 1. März eine schrift­liche Vereinbarung (auch „Einheitsvereinbarung“ genannt) mit einer Laufzeit von einem, zwei oder drei Jahren abzuschließen, in welcher insbesondere die beidseitigen Verpflichtungen aufgeführt werden, zu denen sich die Parteien nach Abschluss der Handelsverhandlungen bereiterklärt haben.
 
Dieser Artikel legt fest, dass der Lieferant dem Käufer seine Allgemeinen Geschäftsbedingungen (sofern er sie aufgestellt hat) spätestens drei Monate vor diesem Datum mitteilen muss, d.h. vor dem 1. Dezember (vorbehalt­lich eines neuen Gesetzes, das dieses Datum vorverlegt).

Die wichtigsten Neuerungen des EGAlim 3-Gesetzes

​1.​Die Bekräftigung (i) des französischen Rechts auf alle Vereinbarungen zwischen einem Anbieter und einem Käufer über Produkte oder Dienstleistungen, die auf französischem Hoheitsgebiet vermarktet werden, und (ii) der ausdrücklichen Zuständigkeit der französischen Gerichte bei Streitfällen, die sich auf ihre Anwendung beziehen (L. 444-1 A C. com.)
​2.​Die Ausweitung des Grundsatzes der Nichtverhandelbarkeit von Agrarrohstoffen auf Handelsmarken (MDD), der es untersagt, den Anteil des Lieferantenpreises für Agrarrohstoffe und Verarbeitungserzeugnisse, die zu mehr als 50 Prozent auch aus Agrarrohstoffen hergestellt werden (Verarbeitungserzeugnisse), in die Handelsverhandlungen einzubeziehen (L. 441-7 C. com.)
​3.​Die Abgabe einer zusätzlichen Bescheinigung in Bezug auf Option 3 der Preistransparenz, die der Liefe­rant dem Händler innerhalb eines Monats nach Versand der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (L. 441-1-1 C. com.) vorzulegen hat und deren Zweck darin besteht, die Übereinstimmung der Informationen über die Entwicklung des Angebotspreises gemäß den Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu beschei­nigen, insbesondere im Hinblick auf die Entwicklung des Anteils, den der Einkaufspreis für landwirtschaftliche Rohstoffe an diesem vereinbarten Preis ausmacht

Dazu heißt es im neuen Artikel L. 441-1-1 des Handelsgesetzbuchs: „Der Lieferant übermittelt dem unab­hängigen Dritten die für diese Bescheinigung erforderlichen Unterlagen, insbesondere die Methode, die zur Ermittlung der Auswirkungen der Preisentwicklung der genannten landwirtschaftlichen Rohstoffe oder der genannten Verarbeitungserzeugnisse auf seinen Tarif angewandt wurde“.

Darüber hinaus ist zu beachten, dass der Käufer auf eigene Kosten vom Lieferanten die Beauftragung eines unabhängigen Dritten verlangen kann, der die Richtigkeit der übermittelten Informationen in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen bestätigt, unabhängig davon, ob es sich um den Anteil pro Einheit (Option 1) oder den aggregierten Anteil (Option 2) der landwirtschaftlichen Rohstoffe und verarbeiteten Produkte in der Preisliste des Lieferanten handelt.
 
Verstöße gegen die Bestimmungen über die Verpflichtung zur Preistransparenz und die Nichtverhandel­barkeit des Anteils, den der Preis für landwirtschaftliche Rohstoffe und Verarbeitungserzeugnisse am Tarif des Lieferanten ausmacht, werden mit einer Verwaltungsstrafe belegt, deren Höhe 75.000 Euro für eine natürliche Person und 375.000 Euro für eine juristische Person nicht übersteigen darf (die Beträge verdoppeln sich, wenn der Verstoß innerhalb von zwei Jahren ab dem Zeitpunkt, an dem die erste Sank­tionsentscheidung rechtskräftig wurde, wiederholt wird).
​4.​Verstärkter Bezugsrahmen für logistische Strafen, die nunmehr auf 2 Prozent des Wertes der bestellten Produkte der Produktkategorie, in der die Nichterfüllung festgestellt wurde, begrenzt sind (statt auf die gesamte Bestellung) (441-17 C. com.)
 
Das Gesetz EGAlim 3 sieht darüber hinaus mehrere neue Bestimmungen zur Umsetzung und Kontrolle von Logistikstrafen vor, insbesondere eine jährliche Verpflichtung für Händler, der Verwaltung die Höhe der gegen ihre Lieferanten verhängten Logistikstrafen sowie die tatsächlich eingezogenen Beträge mitzu­teilen. Die Nichteinhaltung dieser Verpflichtung wird mit einer Verwaltungsstrafe von maximal 75.000 Euro für eine natürliche Person und 500.000 Euro für eine juristische Person geahndet (die Beträge erhöhen sich auf 150.000 Euro bzw. 1.000.000 Euro, wenn die Nichteinhaltung innerhalb von zwei Jahren nach einer endgültig festgelegten Sanktionsentscheidung wiederholt wird).
 
Abschließend sollte in diesem Zusammenhang auf die in diesem Gesetz vorgesehene neue Verpflichtung hingewiesen werden, einen vom Einheitsvertrag getrennten Logistikvertrag abzuschließen, wobei für diesen Vertrag die geltende Frist des 1. März nicht mehr anwendbar ist.
​5.​Die Berücksichtigung eines neuen Analysekriteriums im Falle einer plötzlichen Beendigung etablierter Geschäftsbeziehungen, das die Einbeziehung „der wirtschaftlichen Bedingungen des Marktes, auf dem die Vertragspartner tätig sind“ bei der Preisbestimmung während der Kündigungsfrist vorsieht (L. 442-1, II, C. com.)
 
In diesem Zusammenhang sieht das Gesetz EGAlim 3 versuchsweise für eine Dauer von drei Jahren unter anderem vor, dass der Lieferant, sofern bis zum 1. März kein Vertrag unterzeichnet wurde, (i) ohne einen neu zustande gekommenen Vertrag entweder jegliche Geschäftsbeziehung mit dem Händler beenden könnte, wobei letzterer sich nicht auf einen plötzlichen Abbruch der Geschäftsbeziehung im Sinne von Artikel L. 442-1 II des Handelsgesetzbuchs berufen dürfte, (ii) oder die Anwendung einer Kündigungsfrist gemäß dieses Textes einfordern kann (Artikel 9 des Gesetzes EGAlim).

Im Handelsgesetzbuch wird zudem ausdrücklich der Grundsatz des guten Glaubens bei der Führung von Verhandlungen über schriftliche Vereinbarungen gemäß Artikel 1104 des Zivilgesetzbuchs (L. 441-4 C.com.) eingeführt, wodurch eine neue wettbewerbsbeschränkende Handlungsweise (die insbesondere der Verhängung einer zivilrechtlichen Geldstrafe unterliegt) für „nicht in gutem Glauben geführte Ge­schäfts­verhandlungen gemäß Artikel L. 441-4, mit dem Ergebnis, dass es nicht zum Abschluss eines Vertrags unter Einhaltung der in Artikel L. 441-3 vorgesehenen Frist kommen würde“ (L. 442-1, 5° C.com.).
 
Zusätzlich zur Beendigung der Geschäftspraktiken, zum Schadensersatz, zur Nichtigkeit rechtswidriger Klauseln oder Verträge und zur Rückforderung ungerechtfertigter Vorteile ermöglicht das französische Recht dem Wirtschaftsminister, das angerufene Gericht zu ersuchen, gegen den Urheber einer wettbe­werbsbeschränkenden Geschäftspraxis eine zivilrechtliche Geldstrafe zu verhängen, deren Höhe den höheren der drei folgenden Beträge erreichen kann: 5 Mio. Euro, das Dreifache des Betrags der unrecht­mäßig erhaltenen oder erlangten Vergünstigungen oder 5 Prozent des Umsatzes (exkl. Steuern), den der Urheber der Geschäftspraktiken in Frankreich im letzten abgeschlossenen Jahr erzielt hat, das dem Jahr vorausgeht, in dem die Geschäftspraktiken angewandt wurden.

Vor diesem Hintergrund des verstärkten politischen Drucks seitens der Regierung werden die Geschäftsver­handlungen 2024 eine Herausforderung darstellen, insbesondere für kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) und mittelständische Unternehmen (MIGs), die in den vergangenen Jahren nicht immer in der Lage waren, in ihren Geschäftsverhandlungen den Anstieg der Produktionskosten, der sich nicht auf die landwirt­schaftlichen Rohstoffpreise bezieht, zu berücksichtigen.
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