Von Pionieren und Weltmarktführern

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veröffentlicht am 6. August 2019 | Lesedauer: ca. 3 Minuten
 

Prof. Dr. Christian Rödl antwortet

        

 

Warum gehören die Familienunternehmen so untrennbar zu Deutschland?

Sie verkörpern die unternehmerischen Tugenden, die Produkte und Dienstleistungen mit dem Gütesiegel ‚Made in Germany‘ hervorbringen, das immer wieder global als Nr. 1-Image ausgezeichnet wird. Laut dem Leibnitz Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) sind in Deutschland gut neun von zehn privaten Unternehmen Familienunternehmen, in denen knapp 60 Prozent der privatwirtschaftlich Beschäftigten tätig sind. Sie setzen alles daran, die eigene gedeihliche Fortentwicklung auch in Zukunft zu garantieren. Ihr Unternehmer­geist treibt sie an und macht sie zum Rückgrat der deutschen Volkswirtschaft. Mit anderen Worten: Die Familienunternehmen sind für alle unentbehrlich.
 

Gibt es gravierende regionale Unterschiede?

Ja, das ZEW hat ermittelt, dass fast zwei Drittel der 500 größten Familienunternehmen in einem der drei Bundes­länder Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg oder Bayern beheimatet sind. 

 

Wie würden Sie ein typisches Familienunternehmen beschreiben? 

Verantwortungsvoll, innovativ zukunftsorientiert, überzeugungsstark, nachhaltig. Oft bilden sie in ihrem Industrie­segment mit ihren Produkten die Spitze im internationalen Markt. Sie sind häufig Pioniere. Mittel­ständisch geprägte Weltmarktführer treiben wirtschaftliche Entwicklungen voller Elan voran. Es ist gerade die Verbindung aus fach­übergreifendem Know-how und Technologien, die zu den fortschrittlichsten der Welt gehören. Hoch speziali­sierte Produkte und ausgezeichnete Dienstleistungen – beides oft in Nischen – bilden ihr Leistungsspektrum. Sie bedienen ihren grenzüberschreitenden Markt auf Champions League-Niveau.


Ihr unternehmerischer Mut und ihre sorgfältige Entscheidungsfindung zahlen sich aus. Besonders wichtigen Ents­chlüssen geht häufig ein längerer Abwägungsprozess des Inhabers voraus. Im Verlauf bezieht er verschiedene Meinungen aus Gesprächen mit Familienmitgliedern, seinem Führungsteam und anderen Unternehmern ein. Darauf basierend legt er die Marschroute fest, die im nächsten Schritt konsequent umgesetzt wird.

 
Familienunternehmen bauen auf langfristige Planung und Stabilität. Sie werden nicht von Quartalsberichten und der Kapitalmarktöffentlichkeit getrieben, sondern bringen das notwendige Durchhaltevermögen auf, auch wenn eine Investition länger braucht, um sich zu amortisieren. Das ermöglicht ihnen, die Pole-Position zu halten.

 

Klingt nach einer viel versprechenden Ausgangssituation… 

 

 

 

Welchen Rat geben Sie Ihren Mandaten heute?

Ich empfehle, sich frühzeitig mit der Thematik zu befassen, offene Gespräche im Familienkreis und – unter
vier Augen  –  mit dem designierten Nachfolger über Lebensziele, Motivation und Motive zur Nachfolge zu führen. Gerne können auch Dritte in einem strukturierten Prozess ohne Denkverbote zur Rollenfindung der jungen Generation im Familienunternehmen einbezogen werden. Dabei sollten ebenfalls die Nachfolgeoptionen „Fremd­geschäftsführung”, „Börsengang” und „Unternehmensverkauf” zur Sprache kommen. Es liegen zudem jede Menge steuerliche Fallstricke auf dem Weg. Zum Wesen des Familienunternehmers gehört es ja eben, unliebsame Überraschungen so zuverlässig wie möglich auszuschließen. Das hat noch nichts mit Risikoaversion zu tun, sondern eher mit bedächtiger Professionalität. 

 

Zum Schluss blicken wir nochmal über die Grenzen. Wie stellt sich das globale Wirtschaftsklima dar?

Das müsste differenziert betrachtet werden. So machen es unsere Mandanten, so machen wir es mit unserer internationalen Aufstellung mit eigenen Niederlassungen in 50 Ländern. Nach wie vor wird an der vorsichtig optimistischen Grundhaltung für Asien festgehalten. Andere Regionen kommen jedenfalls nicht so gut weg. Das zeigte unsere letzte Umfrage unter den relevanten Unternehmen („Rödl & Partner-Weltmarktführerindex”). Ein weiteres Ergebnis war, dass die Handelshemmnisse zunehmend spürbar sind und auf die Stimmung drücken. Am stärksten beeinträchtig sei der Handel mit den USA, China und Russland. Deutschland erhält von den Welt­marktführern ein „gut” im Geschäftsklima. Ein Jahr zuvor war die Beurteilung mit nahe „sehr gut” jedoch besser ausgefallen.

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