Steuerpflicht für private Krypto-Gewinne – Selbstanzeige, sonst strafbar?

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​​​​​veröffentlicht am 24. April 2023 | Lesedauer ca. 3 Minuten


Seit einem aktuellen Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) steht fest: Gewinne aus dem Verkauf oder Tausch von Kryptowährungen müssen grundsätzlich versteuert werden. Woran liegt das? Welche Folge hat das für Steuerpflichtige? Und muss ggf. eine Selbstanzeige abgegeben werden?

 

  

Steuerpflicht für Gewinne aus Krypto-Verkäufen

In seinem Urteil vom 14. Februar 2023 (Az.: IX R 3/22) stellt der BFH fest, dass Veräußerungsgewinne, die ein Steuerpflichtiger innerhalb eines Jahres aus dem Verkauf oder dem Tausch von Kryptowährungen erzielt, als privates Veräußerungsgeschäft steuerpflichtig sind.[1]

Der Kläger hatte im konkreten Fall verschiedene Kryptowährungen erworben, getauscht und wieder veräußert. Im Einzelnen ging es um die Währungen Bitcoin, Ethereum und Monero, die der Kläger privat handelte. Im Jahr 2017 erzielte er hierdurch einen Gewinn in Höhe von insgesamt 3,4 Mio. Euro. Mit dem Finanzamt kam es zum Streit, ob der Gewinn aus der Veräußerung und dem Tausch von Kryptowährungen der Einkommensteuer un­ter­liegt. 

Hintergrund der BFH-Entscheidung

Nach Auffassung des BFH handele es sich bei Kryptowährungen um andere Wirtschaftsgüter, die Gegenstand einer Anschaffung und Veräußerung im Sinne des § 23 EStG sein können. Insbesondere der Tausch einer Kryp­to­wäh­rung gegen Fiat-Währungen wie Euro oder US-Dollar oder auch gegen andere Kryptowährungen stelle einen Anschaffungs- bzw. Veräußerungstatbestand dar. Ebenso verneint der BFH das Vorliegen eines nor­ma­ti­ven Vollzugsdefizits.

Folgen für Investoren und Spekulanten

Voraussetzung für die Steuerpflicht von Gewinnen aus dem Krypto-Handel ist lediglich, dass der Zeitraum zwi­schen der jeweiligen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als ein Jahr beträgt (einjährige Spe­ku­la­ti­ons­frist). Verkaufen Anleger ihre Coins vor Verstreichen dieser Frist, muss der Gewinn der Einkommensteuer un­ter­wor­fen werden. Die Gewinne sind von den Anlegern aktiv in der Einkommensteuererklärung anzugeben. Die Ban­ken führen keine Abgeltungsteuer auf solche Gewinne ab. Halten die Anleger ihre Coins dagegen länger als ein Jahr in ihrem Wallet, sind anschließende Verkäufe steuerfrei.

Zudem ist zu beachten, dass die Steuerfreiheit für private Veräußerungsgeschäfte von vornherein nicht eintritt, wenn der mit ihnen erzielte Gesamtgewinn im Kalenderjahr mehr als 600 Euro betragen hat. Sobald diese Freigrenze erreicht wird, ist der Gewinn jedoch insgesamt – und nicht nur in Höhe des 600 Euro übersteigenden Betrags – zu versteuern. Für die Ermittlung der Freigrenze sind zudem alle privaten Veräußerungsgeschäfte im Kalenderjahr zusammenzurechnen. Das bedeutet, dass der Gewinn mit Kryptowährungen zu einem Gewinn aus z.B. eBay-Verkäufen – soweit diese nicht bereits als gewerbliche Einkünfte anzusehen sind – hinzuzuaddieren ist.

Selbstanzeige erforderlich?

Neben die nun finanzgerichtlich bestätigte Steuerpflicht tritt die Frage, ob der Anleger es womöglich bereits in der Vergangenheit versäumt hat, Gewinne mit Kryptowährungen dem Finanzamt aufzuzeigen, da die Steu­er­pflicht noch nicht höchstrichterlich entschieden war. Für den Fall, dass Einkommenssteuer verkürzt wurde, wäre womöglich der Straftatbestand der Steuerhinterziehung (§ 370 der Abgabenordnung (AO)) erfüllt. Die Steu­er­hinterziehung wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren, in besonders schweren Fällen sogar bis zu zehn Jahren, oder mit Geldstrafe bestraft. Geschieht die Steuerverkürzung nicht vorsätzlich, sondern grob fahrlässig, kommt eine Geldbuße wegen leichtfertiger Steuerverkürzung (§ 378 AO) in Betracht.

Ist damit jeder, der in den vergangenen Jahren Gewinne mit Kryptowährungen erzielt und nicht in seiner Steu­er­er­klä­rung angegeben hat, quasi „über Nacht“ zum Straftäter geworden? Rollt eine Welle von Selbstanzeigen he­ran, wie seinerzeit infolge des Ankaufs sogenannter Steuer-CDs durch die nordrhein-westfälische Fi­nanz­ver­wal­tung? Klar sollte Anlegern jedenfalls sein, dass der BFH „endlich“ deutlich Stellung zur Rechtslage bei Krypto-Gewinnen bezogen hat. Hier existierte vorher „nur“ eine entsprechende Auffassung der Fi­nanz­ver­wal­tung in Form eines BMF-Schreibens.[2] Insoweit hat der BFH nun rechtsverbindlich klargestellt, dass Krypto-Gewinne – entgegen zahlreichen anderslautenden Stimmen – den privaten Veräußerungsgeschäften gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG zuzurechnen sind.

Private Anleger, die ihre Gewinne mit Kryptowährungen bislang nicht oder nicht vollständig in ihren Steu­er­er­klä­rung­en angegeben haben, sind gut beraten, eine Selbstanzeige beim Finanzamt in Erwägung zu ziehen. Dies gilt auch, wenn sie auf einen anderslautenden Urteilsspruch des BFH gehofft bzw. vertraut haben. Spannend in die­sem Zusammenhang dürfte auf die Frage sein, wem die Kryptowährungen tatsächlich wirtschaftlich zu­zu­rechnen sind, wenn z.B. der sog. Private Key nicht nur einer Person bekannt ist – eine unscheinbare, aber ge­ra­de für die Wirksamkeit der Selbstanzeige wichtiger Sachverhaltsfrage, die es zu klären gilt. 

Eine Selbstanzeige kann – wenn deren Voraussetzungen erfüllt werden – eine Bestrafung (§ 371 Abs. 1 AO) oder Geldbuße (§ 378 Abs. 3 AO) verhindern. Dazu darf die Tat insbesondere noch nicht entdeckt bzw. dem Steu­er­pflich­ti­gen ein Straf- bzw. Bußgeldverfahren bekannt gegeben worden sein. Hinsichtlich aller bislang noch nicht (verfolgungs-)verjährten Delikte ist eine vollständige und rechtzeitige Selbstanzeige folglich der einzige Weg zurück in die Legalität. 

Fazit und Ausblick

Das Urteil des BFH bestätigt die umstrittene Einkommensteuerpflicht von Gewinnen aus privatem Krypto-Handel. Es ist in seiner Klarheit zu begrüßen, dürfte allerdings manchen privaten Anleger vor die Her­aus­for­der­ung stellen, in der Vergangenheit liegende Geschäfte genau zu ermitteln und steuerlich aufzuarbeiten. Ob der Kläger des BFH-Verfahrens gegen das Urteil vorgehen wird, ist derzeit nicht bekannt. Ihm steht (nur) noch die Möglichkeit der Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht (BVerfG) zu. Ob die Karlsruher Richter indessen zu einem anderen Ergebnis gelangen würden als der BFH ist keineswegs sicher vorherzusagen. Bis zu einer anderslautenden Entscheidung des BVerfG ist jedenfalls von der Steuerpflicht privater Krypto-Gewinne auszugehen.
 


[1] Siehe dazu auch Pressemitteilung vom 28. Februar 2023, Nummer 013/23, Urteil vom 14.02.2023, IX R 3/22, Quelle: BFH, www.bundesfinanzhof.de
[2]Einzelfragen zur ertragssteuerlichen Behandlung von virtuellen Währungen und von sonstigen Token, 10. Mai 2022, Quelle: Bundesministerium der Finanzen, www.bundesfinanzministerium.de
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