Die Rechtsnachfolge von Todes wegen in GbR-Gesellschaftsanteile nach Inkrafttreten des MoPeG

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veröffentlicht am 9. Januar 2024 | Lesedauer ca. 4 Minuten
 

Das Gesetz zu Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG), dessen Änderungen zum 1. Januar 2024 in Kraft getreten sind, verändert auch die Rechts­nach­fol­ge von Todes wegen in Anteile an einer Personengesellschaft. Während teilweise bekannte Systeme grundlegend verändert wurden, bleibt an anderer Stelle auch vieles beim Alten.

 

Einführung

Ausdrücklich führt das Gesetz nunmehr zwei Arten der BGB-Gesellschaft auf, nämlich die rechtsfähige Ge­sell­schaft und die nicht rechtsfähige Gesellschaft (§ 705 Abs. 2 BGB). Für Letztgenannte hat sich beim Tod eines Gesellschafters nicht viel geändert: Durch den Tod eines Gesellschafters wird die Gesellschaft im Regelfall beendet (§ 740a Abs. 1 Nr. 3 BGB). Soll von diesem Grundsatz abgewichen werden, bedarf es – wie bereits zuvor – expliziter gesellschaftsvertraglicher Regelungen. Noch bis zum Ende des letzten Jahres galt dieser Grundsatz unabhängig von der Rechtsfähigkeit der einzelnen GbR. Verstarb ein GbR-Gesellschafter, ohne dass eine diesen Fall vorhersehende vertragliche Regelung im Gesellschaftsvertrag existierte, führte der Tod nach den gesetzlichen Regelungen zur Auflösung der Gesellschaft (§ 727 BGB a.F.).

Veränderung der gesetzlichen Grundstruktur

Dieser Umstand hat sich mit Inkrafttreten der neuen Regelungen zum 1. Januar 2024 verändert. Der Tod eines Gesellschafters einer rechtsfähigen GbR führt jetzt nicht mehr regelmäßig zu deren Auflösung, sondern le­dig­lich zum Ausscheiden des Verstorbenen aus der ansonsten fortbestehenden GbR (§ 723 Abs. 1 Nr. 1 BGB). Der Gesetzgeber nimmt mit dieser grundsätzlichen Veränderung im System der GbR eine Angleichung an das Recht der Personenhandelsgesellschaften, insbesondere der OHG, vor und kehrt das bisherige Regel-Ausnahme-Verhältnis um. Begründet wird dies mit einem Leitbildwandel der GbR weg von der Gelegenheitsgesellschaft, hin zur Dauergesellschaft mit erwerbswirtschaftlichem Charakter. Auf diesem Weg soll eine Anpassung an die Bedürfnisse des modernen Wirtschaftslebens erfolgen.

Folgen für die Erben

Das Fehlen abweichender Regelungen im Gesellschaftsvertrag führt beim Tod eines Gesellschafters nunmehr zum Erwerb eines Anspruchs auf ein Abfindungsguthaben durch die Erben (§ 728 Abs. 1, S. 1, 2. Hs. BGB). Konfliktpotenzial dürfte dabei die Bestimmung der Höhe des Abfindungsguthabens liefern. Denn wie der Wert des Gesellschaftsanteils und damit die Höhe des Abfindungsguthabens konkret zu berechnen sind, ist nicht gesetzlich geregelt. Der Gesetzgeber begnügt sich mit dem Hinweis, dass der Wert des Gesellschaftsanteils „soweit erforderlich, im Wege der Schätzung zu ermitteln“ (§ 728 Abs. 2 BGB) ist.

Der Erwerb eines Anspruchs auf ein Abfindungsguthaben ist nur so lange möglich, wie die Gesellschafter nach dem Ausscheiden des Verstorbenen mindestens zu zweit verbleiben. In der zweigliedrigen GbR führt der Tod eines Gesellschafters kraft Gesetzes zur Auflösung der Gesellschaft (§ 712a Abs. 1 BGB). Verbleibt nur ein Ge­sell­schaf­ter, erlischt die GbR liquidationslos. 

Regelungen in Gesellschaftsverträgen

Ist diese gesetzliche Regelung nicht gewünscht, steht den Gesellschaftern weiterhin die Möglichkeit offen, im Gesellschaftsvertrag abweichende Regelungen zu treffen. So können sie nach § 723 Abs. 1 Hs. 2 BGB im Gesellschaftsvertrag festlegen, dass der Tod eines Gesellschafters zur Auflösung ihrer Gesellschaft führt, mithin die bisherige gesetzliche Grundregelung nunmehr vertraglich herbeiführen.

Gleichermaßen bleibt der Vertragspraxis durch sog. „Nachfolgeklauseln“ die Option erhalten, Personen beim Tod des Gesellschafters in die Gesellschaft eintreten zu lassen und die Gesellschaft mit ihnen fortzuführen. Die einfachste Form, die sog. „einfache Nachfolgeklausel“ ist ihrem Inhalt nach nunmehr in § 711 Abs. 2 S. 1 BGB im Gesetz angelegt. Gegenstand einer solchen Klausel ist, dass beim Tod eines Gesellschafters (alle!) seine Erben automatisch in die Gesellschafterstellung des Verstorbenen einrücken und die Gesellschaft mit ihnen fortgesetzt wird. Eine solche einfache Nachfolgeklausel ermächtigt die Gesellschafter deshalb nahezu unbeschränkt durch Erbeinsetzung ihre jeweiligen Nachfolger zu bestimmen.

Obwohl im Gesetz nicht ausdrücklich erwähnt, ist es insbesondere auch weiterhin möglich, die Option der Anteilsvererbung auf einen bestimmten, im Gesellschaftsvertrag namentlich genannten oder durch abstrakte Merkmale umschriebenen Personenkreis (etwa die eigenen Kinder, die älteste Tochter etc.) zu beschränken (sog. „qualifizierte Nachfolgeklausel“), oder im Gesellschaftsvertrag namentlich genannten Personen ein Recht auf Beitritt zur fortbestehenden Gesellschaft unter den in der Klausel genannten Voraussetzungen ein­zu­räu­men (sog. „Eintrittsklauseln“). Eine wesentliche Einschränkung der bestehenden Gestaltungsspielräume ist durch die gesetzlichen Neuregelungen demnach nicht erfolgt.

Haftung für Altschulden

Einer gesetzlichen Klärung wurde die vormals diskussionslastige Frage zugeführt, inwiefern die eintretenden Gesellschafter für Altschulden der Gesellschaft haften. Seit Inkrafttreten des MoPeG richtet sich diese Frage nach § 721a BGB, der eine persönliche und unbeschränkte Haftung auch für vor Eintritt begründete Ver­bind­lich­kei­ten der Gesellschaft vorsieht.
 

Wahlrecht mit Haftungsprivileg

Im Gegenzug räumt § 724 Abs. 1 BGB dem Gesellschafter-Erben nunmehr die Möglichkeit ein, ihm auf Antrag die Stellung eines Kommanditisten einzuräumen und den auf ihn entfallenden Anteil des Verstorbenen als Kommanditeinlage anerkennen zu lassen. Dies führt im Erfolgsfall zu einer Haftungsprivilegierung nach den Maßgaben des § 724 Abs. 4 BGB dergestalt, dass er für die bis dahin entstandenen Ge­sell­schafts­ver­bind­lich­kei­ten nur nach der Maßgabe der Vorschriften, welche die Haftung des Erben für die Nach­lass­ver­bind­lich­kei­ten (§§ 1975 ff. BGB) betreffen, einsteht.  

Wird der in seiner Ausübungsmöglichkeit befristete Antrag von den anderen Gesellschaftern nicht an­ge­nommen oder ist eine Fortführung der GbR als KG nicht möglich, so ist der Gesellschafter-Erbe befugt, seine Mitgliedschaft in der GbR ohne Einhaltung der Kündigungsfrist zu kündigen (§ 724 Abs. 2 BGB). Folge der Kündigung ist auch hier das Ausscheiden aus der Gesellschaft nach Maßgabe von § 723 Abs. 1 Nr. 2 BGB verbunden mit dem Erwerb eines Anspruchs auf ein Abfindungsguthaben nach § 728 Abs. 1, S. 1, 2. Hs. BGB. Auch in diesem Fall haftet der Gesellschafter-Erbe für die bis dahin entstandenen Ge­sell­schafts­ver­bind­lich­kei­ten nur wie für Nachlassverbindlichkeiten.
 

Keine Regelung bisher offener Fragen

Insbesondere in gesellschaftsrechtlichen Fragen hat der Gesetzgeber mit den Änderungen durch das MoPeG einige Klarheiten geschaffen und vorherige Streitpunkte geklärt. Für die Fragen der Rechtsnachfolge in Per­so­nen­ge­sell­schafts­an­tei­le gilt dies allerdings nur bedingt. Vormals strittigen Fragen wurde sich entweder, wie etwa im Falle der Ausgleichungspflicht unter Miterben, nicht angenommen, oder, wie bei der Zulässigkeit der Testamentsvollstreckung an einem Personengesellschaftsanteil, eine Klärung ganz bewusst der Recht­spre­chung überlassen. Von Klarheit kann deshalb auch nach Inkrafttreten der Neuregelungen am 1. Januar 2024 keine Rede sein.

Vor diesem Hintergrund bleibt zur Kontrollierbarkeit der Folgen des Versterbens eines Gesellschafters die Vereinbarung gesellschaftsvertraglicher Lösungen unabdingbar. Da das MoPeG zur rein ge­sell­schafts­ver­trag­li­chen Lösung der Nachfolgefrage schweigt, darf von der Weitergeltung der bisherigen Rechtslage ausgegangen werden.

Fazit

Auch wenn für Bestands-GbRs keine gesetzliche Verpflichtung zum Handeln besteht, beispielweise eine Ein­tra­gung in das neue Gesellschaftsregister nicht zwingend ist, geben die gesetzlichen Neuregelungen Anlass dazu, die bestehenden gesellschaftsvertraglichen Regelungen zu überprüfen. Insbesondere dadurch, dass jetzt – anders als bisher – die Fortsetzung der Gesellschaft der gesetzliche Regelfall bei dem Tod eines Ge­sell­schaf­ters ist, gewinnt die rechtzeitige Schaffung entsprechender Regelungen im Gesellschaftsvertrag an Bedeutung. Nur auf diese Weise kann (aus Sicht der Gesellschaft und der verbliebenen Gesellschafter) die un­vor­her­ge­sehene Konfrontation mit Abfindungsansprüchen der Gesellschafter-Erben vermieden werden. Auf der an­de­ren Seite wird ggfs. gewünscht sein, seine Erben dauerhaft an dem wirtschaftlichen Erfolg der GbR zu be­tei­li­gen. Auch hier ist zu beachten, dass eine Anpassung des Gesellschaftsvertrages notwendig werden kann.
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