Rechtsnachfolge von Todes wegen in GbR-Anteile: Alles wie gehabt?

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​​​​​​​veröffentlicht am 12. August 2024 | Lesedauer ca. 5 Minuten


Das Gesetz zu Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG), dessen Änderungen zum 1. Januar 2024 in Kraft getreten sind, hat die Rechtsnachfolge von Todes wegen in Anteile an einer rechtsfähigen Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) nicht unerheblich verändert. Zu beachten ist, dass die Änderungen durch das MoPeG, in Ermangelung abweichender Regelungen, uneingeschränkt Anwendung auf zum Zeitpunkt des Inkrafttretens bereits gegründete GbRs finden. 
   

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In Bestandsgesell​­schaftsverträgen getroffene Regelungen bleiben in der Folge vollumfänglich in Kraft. Dies ist in Bezug auf die Rechtsnachfolge von Todes wegen insbesondere vor dem Hintergrund beachtlich, dass sich die gesetzliche Grundstruktur, auf deren Grundlage Regelungen zum Tod eines Gesellschafters einst getroffen oder gerade nicht getroffen wurden, nicht nur verändert, sondern teilweise gänzlich umgekehrt hat. Wurde die Aufnahme entsprechender Regelungen in den Gesellschaftsvertrag (unter Umständen bewusst) unterlassen, bietet Art. 229 § 61 EGBGB für einen eingeschränkten Zeitraum neuen Gestaltungsspielraum.​
  

Einführung

Der noch bis zum Ende des letzten Jahres geltende Grundsatz, nach dem der Tod eines GbR-Gesellschafters ohne das Vorhandensein anderslautender Regelungen im Gesellschaftsvertrag zur Auflösung der Gesellschaft (§ 727 BGB a.F.) führt, wurde – zumindest für die rechtsfähige GbR – abgelöst. Allgemein führt das Gesetz mit der rechtsfähigen Gesellschaft und der nicht rechtsfähigen Gesellschaft nunmehr ausdrücklich zwei Arten der BGB-Gesellschaft auf (§ 705 Abs. 2 BGB). Für Letztgenan​​​​​​​​​​nte bleibt der bisherige Grundsatz – nunmehr im Gewand des § 740a Abs. 1 Nr. 3 BGB – bestehen: durch den Tod eines Gesellschafters wird die Gesellschaft gemäß im Regelfall beendet und nur fortgeführt, wenn – wie bereits zuvor – explizite gesellschaftsvertragliche Regelungen die Abweichung von dieser Anordnung anweisen. Anders verhält es sich nunmehr bei der rechtsfähigen GbR: enthält der Gesellschaftsvertrag keine expliziten Regelungen, führt der Tod eines Gesellschafters zum Erwerb eines Anspruchs auf ein Abfindungsguthaben (§ 728 Abs. 1, S. 1, 2. Hs. BGB) durch die Erben unter Fortbestand der Gesellschaft (§ 723 Abs. 1 Nr. 1 BGB). Dies zumindest so lange, wie die Gesellschafter nach dem Ausscheiden des Verstorbenen mindestens zu zweit verbleiben. In der zweigliedrigen GbR führt der Tod eines Gesellschafters kraft Gesetzes zur Auflösung der Gesellschaft (§ 712a Abs. 1 BGB); verbleibt nur ein Gesellschafter, erlischt die GbR liquidationslos.​
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Veränderung der gesetzlichen Grundstruktur

Mit dieser grundlegenden Veränderung im System der rechtsfähigen GbR hat der Gesetzgeber eine Angleichung an das Recht der Personenhandelsgesellschaften, insbesondere der OHG, vorgenommen und das bisherige Regel-Ausnahme-Verhältnis umgekehrt. Begründet wird dies mit einem Leitbildwandel der GbR weg von der Gelegenheitsgesellschaft, hin zur Dauergesellschaft mit erwerbswirtschaftlichem Charakter. Auf diesem Weg soll eine Anpassung an die Bedürfnisse des modernen Wirtschaftslebens erfolgen. 
  

Abweichung durch gesellschaftsvertragliche Regelungen

Ist diese neue gesetzliche Regelung nicht gewünscht, steht den Gesellschaftern weiterhin die Möglichkeit offen, im Gesellschaftsvertrag abweichende Regelungen zu treffen. So können sie nach § 723 Abs. 1 Hs. 2 BGB im Gesellschaftsvertrag festlegen, dass der Tod eines Gesellschafters zur Auflösung ihrer Gesellschaft führt, mithin die bisherige gesetzliche Grundregelung nunmehr vertraglich herbeiführen. Gleichermaßen bleibt der Vertragspraxis durch sog. „Nachfolgeklauseln“ die Option erhalten, Personen bei dem Tod des Gesellschafters in die Gesellschaft eintreten zu lassen und die Gesellschaft mit ihnen fortzuführen. In jedem Fall erforderlich ist dafür – soweit noch nicht geschehen – eine aktive Gestaltung im Rahmen der gesellschaftsvertraglichen Regelungen.
  

Auflösungsfolge ohne Anpassung des Gesellschaftsvertrages

Bestehen keine gesellschaftsvertraglichen Regelungen zur Nachfolge, bietet der Gesetzgeber den Gesellschaftern die durch § 49 Nr. 2 MoPeG eingeführte Möglichkeit, an den alten gesetzlichen Reglungen festzuhalten und die durch das MoPeG bedingten Änderungen in der Nachfolge für sich auszuschließen. Zu diesem Zweck sieht das Gesetz in Art. 229 § 61 EGBGB die Möglichkeit vor, die zeitlich unbegrenzte Fortgeltung der §§ 723 bis 728 BGB a.F. aktiv herbeizuführen. Hintergrund dieser Ausnahmeregelung ist die Überlegung, dass die Gesellschafter einer Alt-GbR im Vertrauen die vormals in § 723 ff. BGB a.F. vorgesehene Auflösung womöglich ganz bewusst auf abweichende gesellschaftsvertragliche Regelungen verzichtet haben könnten.
  

Voraussetzungen der Fortgeltung 

Den Gesellschaftern steht diese zeitlich bis zum Ablauf des 31.12.2024 begrenzte Möglichkeit nur offen, wenn bisher keine abweichenden gesellschaftsvertraglichen Regelungen zur Nachfolge bestehen. Jede Form der anderweitigen vertraglichen Vereinbarung, also insbesondere auch das explizite Abweichen von § 723-728 BGB a.F. („Ausscheiden statt Auflösung“), kann der Eröffnung des Anwendungsbereichs des Art. 229 § 61 EGBGB mangels schützenswerten Interesses entgegenstehen; ob die gesellschaftsvertraglichen Reglungen tatsächlich zum Ausschluss der Option führen, muss im Einzelfall anhand der konkreten Formulierung bestimmt werden.
Die Geltendmachung des Fortgeltungsverlangens muss schriftlich gegenüber der Gesellschaft erfolgen; der Zugang bei nur einem der vertretungsberechtigten Gesellschafter reicht auch dann aus, wenn ansonsten Gesamtvertretung angeordnet ist (§ 720 Abs. 5 BGB). Inhaltlich muss sich das Verlangen auf die Fortgeltung der vollständigen §§ 723-728 BGB a.F. richten und darf nicht auf Teilbereiche beschränkt werden. 
Voraussetzung für die Fortgeltung ist, dass bis zum Zeitpunkt der Geltendmachung des Verlangens noch kein zur Auflösung der Gesellschaft oder zum Ausscheiden eines Gesellschafters führender Grund eingetreten ist. Ist ein solcher Ausscheidens- oder Auflösungsgrund eingetreten, geht ein zeitlich später gestelltes Fortgeltungsverlangen ins Leere.
   

Entscheidung durch Gesellschafterbeschluss

Entschieden wird über das Fortgeltungsverlangen durch Gesellschafterbeschluss, bei dessen Fassung die formellen Voraussetzungen des Gesellschaftsvertrages zu Form und Frist der Ladung sowie zu Quoren und Mehrheiten einzuhalten sind. Der Beschluss über die Zurückweisung ist ein Grundlagenbeschluss; es sind die gleichen Maßstäbe anzulegen, die bei Änderung des Gesellschaftsvertrages gelten würden. Auch der fortgeltungswillige Gesellschafter ist bei Fassung des Zurückweisungsbeschlusses stimmberechtigt und nicht aufgrund einer Interessenkollision von seinem Stimmrecht ausgeschlossen. Bleibt eine Zurückweisung aus, gelten die §§ 723-728 BGB a.F. zeitlich unbegrenzt weiter. Unklar ist bislang, in welchem zeitlichen Rahmen der Beschluss über die Entscheidung zu treffen ist; eine entsprechende Regelung im Gesetzeswortlaut fehlt. Da das Verlangen bis zum 31.12.2024 – das Vorliegen der Voraussetzungen unterstellt – möglich bleibt, spricht jedoch vieles dafür, eine Entscheidung nicht vor Ablauf des Kalenderjahres 2024 fassen zu müssen.
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Fazit

Sieht der Alt-Gesellschaftsvertrag einer GbR keinerlei Regelungen für die Rechtsnachfolge von Todes wegen vor, können die mit Inkrafttreten des MoPeG am 01.01.2024 verbundenen Veränderungen möglicherweise noch abgegolten werden. Finden sich Regelungen in Altverträgen, hängt das Bestehen dieser Möglichkeit von ihrer konkreten Ausgestaltung ab. Entscheidet sich ein Gesellschafter für die Geltendmachung des Fortgelt­ungs­verlangens, sind nicht nur die Regelungen des Gesellschaftsvertrages zur Fassung des darüber entscheidenden (Grundlagen-)Beschlusses zu beachten, sondern insbesondere auch die formalen Anforderungen an die korrekte Stellung des Verlangens. Insbesondere die Vertretung Minderjähriger (etwa in Familiengesellschaften) kann an dieser Stelle zu Problemen führen. Zu beachten ist, dass das Fortgeltungsverlangen nur so lange gestellt werden kann, wie ein zur Auflösung der Gesellschaft oder zum Ausscheiden eines Gesellschafters führender Grund nicht eingetreten ist. Wird die Stellung des Verlangens erwogen, ist insoweit Eile geboten.​
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