Konsignationslager: Neu­regelung des § 6b UStG seit 1. Januar 2020 und neues Formular

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zuletzt aktualisiert am 30. Januar 2020 | Lesedauer ca. 4 Minuten

 

Lesen Sie mehr in unserem aktuellen Artikel zum Thema „Vereinfachungsregelung für Konsignationslager nach § 6b UStG – kurz gelesen”.

    

Sinn des § 6b UStG: Vereinfachung, aber enorme Aufzeichnungs- und Dokumentations­pflichten

Zum 1. Januar 2020 ist bei Vor­liegen bestimmter Voraussetzungen die Anwendung einer Ver­ein­­fachungs­regelung für Konsignationslager (wohl nur für sog. „call-off stocks”, d.h. grundsätzlich mit einem einzigen Ab­nehmer der Ware) nunmehr aus deutscher Sicht ermög­licht.

 

Das Gesetz setzt die sog., von der EU-Kommission beschlossenen, „Quick Fixes” mit einem neuen § 6b UStG um. Dabei handelt es sich um Sofort­maßnahmen der EU, welche zum Ziel die Harmonisierung und Ver­ein­fachung des europäischen Mehrwert­steuersystems haben. Eine dieser Maßnahmen betrifft die umsatz­steuerliche Behandlung von Warenlieferungen über ein Konsig­nations­lager. Zu beachten ist, dass die Neuregelung lediglich Fälle von Warenbewegungen in die EU und aus der EU behandelt, jedoch keine Fälle, wenn Ware in das Drittland geht oder aus dem Drittland nach Deutschland gelangt. Jedenfalls bleibt es bei Fällen mit Drittlands­bezug aus deutscher Sicht bei der bisherigen Handhabung und damit in der Regel bei der Notwendigkeit einer umsatz­steuerlichen Registrierung (je nach genauer Fall­­­konstellation bei der Einfuhr) des ausländischen Unter­nehmers in Deutschland, sofern dieser ein Konsignationslager in Deut­schland bei seinem (deutschen) Kunden unterhält.

 

Bisher waren die Regelungen zum Konsignationslager in den einzelnen EU-Ländern sehr unter­schiedlich ausgestaltet, seit 1. Januar 2020 soll auf Basis von EU-Recht eine einheit­liche Regelung in allen EU-Mitglied­staaten gelten.

 

Hinweis für die Praxis: Derzeit sind die Quick Fixes noch nicht in allen EU-Mitgliedstaaten umgesetzt, d.h. eine verabschiedete und in Kraft getretene Regelung dazu im nationalen Umsatzsteuergesetz enthalten. Daher ist im Outboundfall, d.h. bei Konsig­nationslagern im EU-Ausland nach dortigen nationalen Regelungen die umsatzsteuerliche Behandlung abzufragen.

 
 

Dabei kann das grenzüberschreitende inner­gemeinschaftliche Verbringen von eigener Ware in ein Kon­sig­nationslager (z.B. in Deutschland) mit einem an­schließenden lokalen Ver­kauf unter bestimmten Kriterien direkt als steuerfreie innergemein­schaftliche Lieferung (vom ausländischen ein­lagernden Lieferanten) an den Unternehmer­kunden in Deutschland angesehen werden. Umge­kehrt ist im deutschen Gesetzes­text jedoch auch der Ausgangsfall abgedeckt, dass deutsche Unter­nehmer in ein Konsignationslager im EU-Ausland (z.B. Spanien) Ware transportieren und an­schließend an einen lokalen Kunden veräußern. In dem Fall ist unter den Voraussetzungen des § 6b UStG eine innergemein­schaftliche Lieferung von Deutschland nach Spanien mög­lich, ohne dass der deutsche Unternehmer – bei entsprechender Umsetzung des EU-Rechts in das spa­nische Umsatz­steuergesetz – in Spanien für umsatzsteuerliche Zwecke erfasst werden müsste. Die Regelung des § 6b UStG ist mangels spezifischer Regelungen nach bisherigem Ver­ständnis und laut den Ex­planatory Notes „2020 Quick Fixes” der EU-Kommission erstmals auf Lieferungen von Gegenständen anzu­wenden, deren Beförderung oder Versendung nach dem 31. Dezember 2019 im Abgangsmitgliedstaat be­gonnen hat.

 

Diese Neuregelung kann nach den unionsrechtlichen Vorgaben nur dann in Anspruch genommen werden, wenn insbesondere folgende Voraus­setzungen gem. Art. 17a MwSt-SystRL erfüllt sind: 

  • die Ware wird in ein Konsignationslager in einem anderen Mitgliedstaat verbracht, um sie anschließend an einen anderen Unternehmer zu liefern,
  • der Lieferant ist weder ansässig noch begründet er eine Betriebsstätte im Be­stimmungs­mitgliedstaat, in den die Waren transportiert werden,
  • die Identität und die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Abnehmers sind dem Lieferer bereits im Zeit­punkt der Versendung oder der Beförderung der Ware bekannt, dabei verwendet der Abnehmer gegenüber dem Lieferanten seine Umsatz­steuer-Identifikationsnummer aus dem Bestimmungsland,
  • der Lieferant und der Abnehmer führen jeweils ein spezielles Register,
  • der Lieferant nimmt den Vorgang in die Zusammenfassende Meldung auf und
  • die Waren sind innerhalb von zwölf Monaten nach Einlagerung in das Konsignationslager vom Erwerber entnommen worden.

Die innergemeinschaftliche Lieferung durch den Lieferanten und der innergemeinschaftliche Erwerb durch den Abnehmer erfolgen dann (erst) im Zeitpunkt der Waren­entnahme aus dem Konsignationslager. Es ist allerdings fraglich, ob aufgrund dieser Neuregelung zum jetzigen Zeitpunkt die bisher funktionierende umsatzsteuerliche Abwicklung von Geschäftsmodellen mit einem Konsignations­lager in Deutschland oder der EU überhaupt geändert werden sollen.

 

Aus unserer Sicht kann ohne Vorliegen von weiteren Informationen der deutschen Finanzverwaltung zur praktischen Umsetzung derzeit (noch) gut argumentiert werden, dass der Lieferer die o.g. Voraussetzungen ab
1. Januar 2020 nicht erfüllt (bspw. durch „Nichtführen” des speziellen Registers) und somit bei einem in Deut-schland gelegenen Konsignationslager die Neuregelung auch nicht zur Anwendung kommt. Das ist derzeit umstritten, da auch „zufällig/an anderer Stelle vorhandene Informationen z.B. im ERP-System, im Rahmen des Warenwirtschaftssystems und damit außerhalb eines speziellen Registers” diese wohl materiell¬rechtlichen Voraus¬setzungen der Aufzeichnungs- und Dokumentationspflichten erfüllen könnten. Die Neuregelung ist zwar nicht optional, sondern obliga­torisch, kann u. E. jedoch, solange keine entgegen­stehenden Ausführungen der Finanz­verwaltung hierzu vorliegen, „abgewählt” werden, indem man bestimmte Voraus­setzungen bewusst dauerhaft nicht erfüllt. Dies wäre nach unserer Ein­schätzung insbesondere in Erwägung zu ziehen, wenn von vornherein klar ist, dass einzelne Voraussetzungen nicht immer erfüllt werden können.

 

Unsere obige Empfehlung, die bisherige Handhabung vorerst möglichst beizubehalten, basiert u.a. auch darauf, dass zahlreiche praktische Fragen derzeit noch nicht abschließend geklärt sind und somit u. E. für aus­ländische Unternehmer, die ein Konsignationslager in Deutschland betreiben, ein Risiko der weiterhin notwendigen Registrierung in Deutschland be- bzw. entstehen könnte.

 

Hinweis für die Praxis: Auch die Tatsache, dass in einigen EU-Ländern, soweit ersichtlich, das zugrunde­liegende EU-Recht wohl noch nicht in die nationalen Umsatz­steuergesetze umgesetzt wurde, birgt Un­sicher­heiten und somit Klarstellungsbedarf, wie die Regelung in den einzelnen EU-Ländern ab 1. Januar 2020 in der Praxis gehandhabt wird.

 

Wer ist von § 6b UStG betroffen?

Zu unterscheiden ist letztlich, ob ein Unternehmer die Regelung auf der Ausgangsseite anwenden will, also in ein EU-Konsignationslager Ware befördert und korres­pondierend bei der Entnahme durch den EU-Kunden steuerfrei als innergemeinschaftliche Lieferung von Deutschland aus liefern will oder ob sich bei dem deut­schen Unternehmer ein Konsignations­lager eines ausländischen Unternehmers befindet, so dass hier der deutsche Unternehmer eingangsseitig die korrekten Schlüsse ziehen muss. Entweder erhält er eine Rechnung mit Ausweis von deutscher Umsatzsteuer (oder stellt eine umsatzsteuerliche Gutschrift – wie oftmals bisher), sofern § 6b UStG nicht anzuwenden wäre oder er erhält eine Rechnung ohne Ausweis von deutscher Umsatz­steuer, muss aber eingangsseitig den innergemein­schaftlichen Erwerb in Deutschland erklären.

 

Der Lieferer wie auch der Erwerber müssen – als sehr komplexer und hoher Erfüllungsaufwand – ihren Aufzeichnungs- und Meldepflichten im Sinne des speziellen Registers nachkommen, § 22 Abs. 4f, Abs. 4g UStG. Diese im deutschen Gesetz verankerten Auf­zeichnungspflichten treffen einerseits den deutschen Unternehmer als Leistenden, der in ein Lager in die EU Ware befördert oder versendet und dann an den Kunden lokal ver­kauft, § 22 Abs. 4f UStG, aber auch die Fälle, in denen bei einem deutschen Unter­nehmer (als Erwerber von Ware) ein Lager eines ausländischen Unternehmers (Leistender) betrieben wird, § 22 Abs. 4g UStG.

 

Derzeit wird die Art und der Umfang der notwendigen Aufzeichnungen in der deutschen Umsatzsteuerwelt zwischen Beratern und Finanzverwaltung intensiv diskutiert. Es bleibt abzuwarten, inwieweit sich die Finanz­verwaltung im Rahmen des zu § 6b UStG zumindest bereits angekündigten BMF-Schreibens hin­sichtlich der diskutierten Praxis­fragen äußern wird.

 

ACHTUNG: Meldepflicht anhand eines neues Formulars

Kürzlich hat die deutsche Finanzverwaltung auf der Homepage des Bundes­zentralamts für Steuern das für die Meldepflicht nach § 18a Abs. 1, 6 Nr. 3, Abs. 7 Nr. 2a UStG erforderliche (neue) Formular sowie eine entsprechende Ausfüllanleitung ver­öffentlicht, so dass die „Meldung über Beförderungen oder Versendungen im Sinne des § 6b Abs. 1 UStG (Konsignationslagerregelung)” vom liefernden Unternehmer abgegeben werden kann.

 

Diese Meldepflicht betrifft aber den Outboundfall und so die Unternehmer, die von Deutschland aus Ware in ein anderes EU-Land befördern oder versenden und dort lokal diese Ware an den Kunden – im Anschluss an die Einlagerung in dem Konsig­nationslager beim Kunden – veräußern.

 

Daneben sind Rückbeförderungen und Rückversendungen zu melden sowie ein etwaiger Erwerberwechsel, wenn die Ware bereits in das EU-Land beför­dert oder versendet wurde. In dem Formular ist die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des geplanten Erwerbers anzugeben, sowie ein Zahlenkürzel für die Art der Meldung „Beförderung/Versendung”, „Rückbeförderung/Versendung” und „Erwerberwechsel”. Im letztgenannten Fall ist zu­sätzlich die Umsatz­steuer-Iden­tifikationsnummer des neuen Erwerbers anzugeben. Die Angabe von Bemessungs­grundlagen ist in dem derzeit veröffentlichten Formular bisher nicht vorgesehen.

 

Anpassung von Konsignationslagerverträgen

Sofern die Neuregelung des § 6b UStG anzuwenden ist bzw. angewendet werden soll, sind ggf. die be­stehen­den Konsignationslagerverträge (je nach Ausgestaltung im Einzelnen) anzupassen, bspw. im Hinblick auf die maximalen Lagerzeiten, geänderte Abrechnung der Warenentnahmen, Verwendung einer gültigen Umsatz­steuer-Identifikationsnummer, Inventur von Ware zum Umstellungs­zeitpunkt (zur Abgrenzung der „Altfälle”), Aufzeichnungspflichten und Haftungsregelungen bei (späterem) Wegfall der Voraussetzungen des § 6b UStG.

 

Hinweise für die Praxis

Offizielle Verlautbarungen der deutschen Finanzverwaltung zu der Neuregelung des § 6b UStG, z.B. mittels des bereits angekündigtem BMF-Schreiben, stehen noch aus. Erfahrungsberichte aus der Diskussion von Unternehmern mit den zuständigen deutschen Finanzämtern werden vermutlich frühestens Mitte/Ende des Jahres 2020 vorliegen.

 

Entscheidend für die deutschen Unternehmer/Lieferer ist auch, inwieweit die anderen EU-Länder die auf EU-Recht basierende Regelung im Hinblick auf die EU-Konsignationslager bereits umgesetzt haben und wie hier einzelne Diskussionspunkte in der Praxis im Detail gehandhabt werden.

 

Insgesamt sind einige Punkte im Prozessablauf zu bedenken und zu dokumentieren, damit ein möglicher Übergang von der bisherigen Handhabung zur Anwendung der neuen Verein­fachungsregelung gelingt. Die Vertragsparteien sollten bspw. im Rahmen der Konsignations­lagerverträge an einige – neu zu regelnde – Themen denken.

 

Letztlich ist zu empfehlen, dass Unternehmer mit ihren Kunden/Lieferanten Kontakt aufnehmen, um zeitnah abzustimmen, wie zukünftig bzw. unter Umständen in einer Übergangs­phase weiter abzurechnen ist und wie ggf. der bestehende Prozess unter Inanspruch­nahme der Vereinfachungsregelung bei Erfüllung aller Voraus­setzungen ent­sprechend anzupassen wäre.

 

Zu beachten ist das Erfordernis der Abgrenzung für Lagerbestände zum 31. Dezember 2019

 

UPDATE: BMF-Schreiben vom 28. Januar 2020 (Az. III C 5 – S 7427-b/19/10001 :002) hinsichtlich Angaben zu Konsignationslagern in der Zusammenfassenden Meldung

Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) weist in seinem aktuellen Schreiben darauf hin, dass es aus organisatorischen Gründen übergangs­weise noch nicht möglich ist, die erforderlichen Angaben betreffend § 6b UStG im Rahmen des bestehenden Verfahrens zur Abgabe der Zusammen­fassenden Meldung vorzunehmen.
 
Trotzdem ist lt. BMF-Schreiben eine Mel­dung im Hinblick auf die ausgeführten Be­förderungen und Ver­sendungen gem. § 6b Abs. 1 Nr. 4 UStG an das Bundeszen­tralamt für Steuern – neben der bisherigen Zusammen­fassenden Meldung aufgrund ggf. anderer Tatbestände – zu übermitteln.

Als Vordruck ist das o.g. Formular zu verwenden, welches direkt online ausgefüllt und übermittelt werden kann oder alternativ nach Be­füllung im Offline-Modus per E-Mail an das Bundeszentralamt für Steuern gesendet werden kann. Dies scheint praktisch, aber gleichwohl aufwendig und verfahrens­rechtlich in der jüngeren Ge­schichte schier einmalig und unglaublich. 
 
Hinsichtlich der Abgabe­fristen wird analog auf die Regelung des § 18a Abs. 1-3 UStG verwiesen.
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