Nachhaltigkeitsberichterstattung und Lieferketteneinbeziehung: Die FAQ-Antworten der EU- Kommission

PrintMailRate-it

​​​​​​​​​​​​​​​​​​​veröffentlicht am 10. Dezember 2024 | Lesedauer ca. 4 Minuten


Am 12. November 2024 wurde im Amtsblatt der Europäischen Union die Bekanntmachung C/2024/6792​ der Kommission über die Auslegung bestimmter Rechtsvorschriften der CSRD- und ESRS-Berichtsstandards sowie der Regeln für die Nachhaltigkeitsberichterstattung im Finanzdienstleistungssektor (SFDR) veröffentlicht.​

 
  
Es werden Klarstellungen zur Anwendung der CSRD, der ESRS-Berichtsstandards und der Regeln für die Nachhaltig​keitsberichterstattung im Finanzdienstleistungssektor (SFDR) gegeben. Ziel ist es, die Einhaltung der Vorschriften zu erleichtern und sicherzustellen, dass die gemeldeten Informationen nützlich und vergleichbar sind.

Gegenstand der Bekanntmachung der Europäischen Kommission​

Nach einer Einleitung mit einem Glossar zu den einschlägigen Rechtsvorschriften und einer Analyse der Ziele und des Inhalts der CSRD, mit besonderem Schwerpunkt auf dem subjektiven Anwendungsbereich, dem Zeitrahmen für die schrittweise Umsetzung und den Verpflichtungen für Unternehmen und Wirtschaftsprüfer aus Drittländern werden in der Bekanntmachung Klarstellungen in Form von „häufig gestellten Fragen“ (sog. FAQ) gegeben. Diese zielen darauf ab, „den Interessenträgern die kosteneffiziente Erfüllung der rechtlichen Anforderungen erleichtern und sicherzustellen, dass die gemeldeten Nachhaltigkeitsinformationen nützlich und vergleichbar sind“.

Die Kommission betont jedoch, dass nur der Gerichtshof der Europäischen Union verbindliche Auslegungen des EU-Rechts vornehmen kann und dass die gegebenen Erläuterungen „die Standpunkte, die die Kommission möglicherweise vor den Gerichten der Union und der Mitgliedstaaten vertritt, nicht vorgreifen“.

Einer der kompliziertesten Aspekte der neuen CSRD-Meldeanforderungen betrifft die Einbeziehung von Daten aus der Wertschöpfungskette, sowohl aus dem vor- als auch dem nachgelagerten Bereich. Die ESRS-Standards bieten jedoch keine genauen Anhaltspunkte für den erforderlichen Genauigkeitsgrad. In diesem Zusammenhang ist der Abschnitt mit den häufig gestellten Fragen (FAQ), der diesem Thema gewidmet ist, besonders nützlich.

Zumutbare Anstrengungen​

Einer der komplexesten Aspekte betrifft die Berichterstattung der Daten zur Wertschöpfungskette, welche die vor- und nachgelagerte Lieferkette miteinschließt. Die ESRS enthalten keine definitiven Angaben zum erforderlichen Maß an Genauigkeit. In der Bekanntmachung wird dieses Thema in FAQ 29 behandelt, in der das Konzept der „zumutbaren Anstrengung“, die von den Unternehmen verlangt wird, erläutert wird, d. h. der Umfang des Aufwands, den die Unternehmen bei der Erhebung der für die Nachhaltigkeitsberichterstattung erforderlichen Informationen betreiben müssen.

Dieses Prinzip unterscheidet sich in Abhängigkeit von Faktoren wie:
  • Größe und Ressourcen des Unternehmens, bezogen auf die Komplexität der Wertschöpfungskette;
  • Technische Kapazitäten, da weniger erfahrene Unternehmen mehr Zeit für die Umsetzung benötigen;
  • Verfügbarkeit von Instrumenten, einschließlich digitaler Instrumente, für den Zugang zu und den Austausch von Informationen;
  • Größe und Ressourcen der Akteure in der Wertschöpfungskette, was sich auf die Schwierigkeit der Datenerhebung auswirken kann;
  • Technische Kapazitäten der Wertschöpfungskette selbst;
  • Grad des Einflusses und der Nachfragemacht gegenüber den Akteuren der Wertschöpfungskette;
  • „Nähe“ zu den Akteuren der Wertschöpfungskette, wobei es einfacher ist, Daten von direkten Lieferanten oder Kunden zu erhalten.

Die Unternehmen können auf Schätzungen zurückgreifen, die auf Branchendurchschnittsdaten beruhen, wenn der Aufwand, direkte Informationen zu erhalten, unverhältnismäßig hoch wäre. Schätzungen können auch nützlich sein, um die Schlüssigkeit von Daten zu überprüfen, die direkt von Partnern der Lieferkette gemeldet werden.

Die für KMU zumutbaren Anstrengungen

Ein ebenfalls sehr interessantes Thema für Unternehmen und insbesondere KMU, die nicht zur Nachhaltigkeitsberichterstattung verpflichtet sind, aber Informationsanfragen von anderen Unternehmen beantworten müssen, ist die FAQ Nr. 30, die genau folgende Frage beantwortet: „Auf welche Art Anfragen in Bezug auf Nachhaltigkeitsinformationen sollten sich KMU infolge des Erlasses der CSRD und der ESRS gefasst machen?“

FAQ 30 konzentriert sich auf KMU, die nicht zur Berichterstattung verpflichtet sind, aber Datenanfragen von anderen Unternehmen erhalten können. Während des dreijährigen Übergangszeitraums können die KMU die gemeldeten Informationen auf bereits verfügbare oder öffentliche Daten beschränken.

Im Allgemeinen:
  • Kleine KMU, die keine Erfahrung mit Berichterstattung haben, werden weniger betroffen sein;
  • Größere KMU oder solche, die Erfahrung mit Umweltzertifizierungssystemen (wie EMAS) haben, werden unter Umständen häufiger betroffen sein;
  • Lieferanten oder Kunden der ersten Stufe von Unternehmen, die der CSRD unterliegen, werden wahrscheinlich in größerem Umfang einbezogen.

Schließlich erinnert die Kommission daran, dass die EFRAG zwei Standards für die Nachhaltigkeitsberichterstattung von KMU entwickelt: einen obligatorischen für börsennotierte KMU (LSME ESRS) und einen freiwilligen für nicht börsennotierte KMU (VSME ESRS). Der LSME ESRS wird das Höchstmaß an Nachhaltigkeitsinformationen festlegen, welches von KMU verlangt werden kann. Der VSME ESRS soll allen Marktteilnehmern als Referenz dienen, um die Angemessenheit der für die KMU zumutbaren Anstrengungen sicherzustellen.

Obwohl die FAQ nicht verbindlich sind und nur die Praxis und die Urteile des EuGH in der Lage sein werden, solide und sichere Elemente zu liefern, um all die zahlreichen Zweifel auszuräumen, die zum jetzigen Zeitpunkt bestehen und die Unternehmen beschäftigen, welche die neue Gesetzgebung anwenden wollen, ist der pragmatische Ansatz der Kommission sicherlich zu begrüßen. In diesem Sinne werden die Unternehmen selbst eine wichtige Rolle bei der Klärung dieser Zweifel spielen, indem sie die häufig gestellten Fragen prüfen und die von der EFRAG -dem beratenden Multi-Stakeholder-Gremium, das die Kommission in ESRS-Fragen berät- veröffentlichten Leitlinien für die Umsetzung der ESRS konsultieren sowie sich aktiv an den öffentlichen Konsultationsphasen beteiligen, Fragen stellen und Bedenken bei der Umsetzung äußern.
Befehle des Menübands überspringen
Zum Hauptinhalt wechseln
Deutschland Weltweit Search Menu