Europäisches Parlament gibt grünes Licht für Green Claims Richtlinie

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​​​​veröffentlicht am 8. April 2024 | Lesedauer ca. 4 Minuten


Das Europäische Parlament hat im Plenum seine Position zur Richtlinie über die Nachweisbarkeit und Kommunikation umweltbezogener Produktangaben („Green Claims Richtlinie“) angenommen. Diese Richtlinie würde Unternehmen die Verpflichtung auferlegen, Unterlagen zum Nachweis ihrer umweltbezogenen Marketingaussagen über Produkte oder Dienstleistungen vorzulegen.

 
  
Doch welche konkrete Bedeutung hat diese Richtlinie? Das Europäische Parlament hat die Absicht, die Art und Weise zu ändern, mit welcher Unternehmen für ihre Produkte werben und diese an Umweltangaben knüpfen. Hierzu wurde ein System zur Überprüfung und Vorabgenehmigung eingeführt, welches einer speziellen Behörde übertragen wurde, um der Verwendung irreführender Marketingwerbung entgegenzuwirken. Dies vor allem, um dem Phänomen des sog. „Greenwashings“ entgegenzuwirken, wobei falsche oder irreführende Angaben zur Nachhaltigkeit verwendet werden, wie z. B. "biologisch abbaubare", "weniger umweltverschmutzende" oder "auf umweltfreundlichen Rohstoffen basierende" Produkte, welche in der Lage sind, die Verbraucher in die Irre zu führen.

Es ist in diesem Zusammenhang zu betonen, dass Nachhaltigkeitsangaben auch alle sozialen Eigenschaften eines Produkts oder Aspekte im Zusammenhang mit der Kreislaufwirtschaft wie Haltbarkeit, Reparierbarkeit oder Recyclingfähigkeit durch die allgemeine Präsentation eines Produkts miteinschließen.

Heutzutage orientieren sich Verbraucher bei ihren Kaufentscheidungen zunehmend nachhaltigkeitsorientiert. Und genau das ist einer der Kernpunkte der Richtlinie: Es soll sichergestellt werden, dass umweltbezogene Angaben zu einem bestimmten Produkt durch sachliche und konkrete Unterlagen gestützt werden, um den Verbrauchern geeignete Instrumente zu liefern, um eine fundierte Entscheidung treffen zu können, die frei von irreführenden und täuschenden Informationen ist.

Das aktuelle Szenario des Greenwashings wird auch vom Mitglied des Ausschusses für Binnenmarkt und Verbraucherschutz, Herrn Andrus Ansip, veranschaulicht (Renew, EE), der erklärt, dass: „Studien zeigen, dass über 50 Prozent​ der umweltbezogenen Werbeangaben unklar, irreführend oder unbegründet sind. Wir können nicht von zufriedenen Verbrauchern sprechen, wenn jede zweite nachhaltige Angabe falsch ist. Wir können auch nicht von gleichen Wettbewerbsbedingungen für unsere Unternehmer sprechen, wenn einige Marktakteure schummeln“. 
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In diesen Worten ist ein weiterer wichtiger Punkt enthalten: Gleiche Wettbewerbsbedingungen für alle Unternehmen. Die Festlegung strengerer Regeln für umweltbezogene Angaben würde das Phänomen verhindern, dass einige Unternehmen "schummelnd" „Green Claims“ verwenden, ohne konkrete, messbare und überprüfte Maßnahmen im Bereich der Nachhaltigkeit durchgeführt zu haben, was einerseits zum Nachteil der Unternehmen -die tatsächlich in diesen Bereich investiert haben- sowie andererseits zum Nachteil der Verbraucherrechte auf freie und bewusste Selbstbestimmung geht. 

Die Einführung der Regelungen soll auch Anreize für einen fairen Wettbewerb zwischen den Unternehmen schaffen sowie diesen schützen, damit Letztere immer nachhaltigere Produkte auf den Markt bringen, um möglichst viele Verbraucher zu erreichen. 

Die Richtlinie, die in erster Lesung mit 467 Stimmen dafür, 65 Stimmen dagegen und 74 Enthaltungen angenommen wurde, soll nicht nur die europäischen Normen zur Bekämpfung von Greenwashing ergänzen, sondern auch vorsehen, dass die Angaben und Nachweise innerhalb von 30 Tagen geprüft werden. Außerdem sollen vereinfachte Verfahren für Angaben und Produkte gelten, bei denen die Überprüfung schneller oder einfacher erscheint.

Was hingegen den subjektiven Anwendungsbereich anbelangt, so sind Kleinstunternehmen von der Anwendung ausgenommen. Kleine und mittlere Unternehmen haben hingegen ein Jahr mehr Zeit als große Unternehmen, um die Bestimmungen zu erfüllen.

Der Vorschlag der Abgeordneten zu den Sanktionen bei Verstößen sieht den vorübergehenden Ausschluss von öffentlichen Ausschreibungen, den Verlust der Einnahmen sowie Geldstrafen in Höhe von mindestens 4 Prozent des Jahresumsatzes des Unternehmens vor.

Der Richtlinientext scheint einen "Ausweg" in Bezug auf das Verbot von „Green Claims“ zu Emissionen vorzusehen: Umweltbezogene Angaben, die auf Kohlenstoffausgleichssystemen (z. B. "Klimaausgleich") basieren, sollten tendenziell verboten werden. Das Europäische Parlament hat jedoch beschlossen, dass sie als letztes Mittel eingesetzt werden können, falls die Unternehmen bereits ihr Möglichstes getan haben, um ihre Emissionen zu reduzieren. Der Ausgleich (sog. „Emissionsgutschrift“) muss jedoch auf jeden Fall zertifiziert werden. Die Modalitäten der Zertifizierung sind noch unklar, auch wenn das Europäische Parlament hierbei auf den "Zertifizierungsrahmen für Kohlenstoffausgleiche" verweist.

Es liegt daher auf der Hand, dass die Unklarheit der Zertifizierungssysteme für -auf Kohlenstoffausgleichssystemen beruhenden- „Green Claims“ immer noch das Risiko mit sich birgt, dass solche Angaben in das Feld des Greenwashings fallen.

Ein weiterer Vorschlag des Europäischen Parlaments betrifft Umweltangaben für Produkte, die gefährliche Stoffe enthalten. Solche Erklärungen werden vorerst erlaubt sein, denn die Abgeordneten des Europäischen Parlament haben diese Entscheidung an die Kommission zurückverwiesen.
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