ETS und ETS2 in Italien: Der neue europäische Emissionsmarkt angesichts der EU-Richtlinien 958-959/2023

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​​​​​​​​veröffentlicht am 19. Februar 2025 | Lesedauer ca. 6 Minuten


Mit dem Gesetzesdekret (Italien: „Decreto Legislativo“)147/2024, das am 14. Oktober 2024 im Amtsblatt veröffentlicht wurde, werden zwei europäische Richtlinien umgesetzt, nämlich die Richtlinien 958/2023 und 959/2023 über den Beitrag des Luftverkehrs zum Emissionsreduktionsziel und über ein System für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten in der Union sowie über eine Marktstabilitätsreserve in der Union (mit der Änderung der Richtlinie 2003/87/EG und der Entscheidung (EU) 2015/1814).
 
  
Das Gesetzesdekret (Italien: „Decreto Legislativo“) 147/2024 betrifft das sogenannte ETS (Emissions Trading Scheme), das europäische Emissionshandelssystem für Treibhausgase (insbesondere Kohlendioxid, Methan, Distickstoffoxid, Fluorkohlenwasserstoffe, perfluorierte Kohlenwasserstoffe und Schwefelhexafluorid). Dieses System wurde ursprünglich durch die Richtlinie 2003/87/EG eingeführt, die in Italien mit dem Gesetzesdekret (Italien: „Decreto Legislativo“) 216/2006 umgesetzt und implementiert wurde. Die durch das Gesetzesdekret (Italien: „Decreto Legislativo“) 47/2020 umgesetzte Richtlinie (EU) 2018/410 griff anschließend ein, während das Gesetzesdekret (Italien: „Decreto Legislativo“) 147/2024 die Konfiguration des Systems änderte und seinen Anwendungsbereich erweiterte. Dadurch wurden nicht nur die Richtlinie von 2018, sondern auch die oben erwähnten zusätzlichen europäischen Normen von 2023 umgesetzt.

Das ETS System​

Das ETS wirkt auf europäischer Ebene durch die Festlegung einer (je nach Bereich unterschiedlichen) Höchstmenge an Emissionsrechten, die in Zertifikate umgewandelt werden und auf bestimmten Märkten frei gehandelt werden können. Diese Zertifikate können auf drei verschiedene Arten zugeteilt werden: entgeltlich, durch Auktionen oder kostenlos (letzteres nur für Betroffene, die die entsprechenden, in den Verordnungen festgelegten Anforderungen erfüllen). Die kostenlosen Zertifikate werden bis zum 30. Juni des jeweiligen Jahres zugeteilt.

Die Einnahmen aus den Auktionen von Emissionszertifikaten, die nicht in den EU-Haushalt fließen, werden für klimabezogene Zwecke verwendet, z. B. für die Verbesserung der Energieeffizienz, die Verringerung von CO2-Emissionen und die Förderung und den Ausbau erneuerbarer Energiequellen.

Dieses Emissionsregulierungssystem, dessen Anwendungsbereich mit der Umsetzung des Vorschlagspakets „Fit For 55" aus dem Jahr 2021 erweitert wurde, zielt darauf ab, die Netto-Treibhausgasemissionen bis 2030 um mindestens 55 Prozent zu reduzieren, um im Jahr 2050 Klimaneutralität zu erreichen (wie in der Verordnung (EU) 2021/111 festgelegt).

Im Lichte der EU-Rechtvorschriften soll dies durch eine schrittweise Reduzierung der den verschmutzenden Subjekten zur Verfügung gestellten Treibhausgasemissionszertifikaten erreicht werden. Das Ziel dieser schrittweisen Verringerung der auf dem Markt verfügbaren Zertifikate besteht darin, die Kosten der CO2-Produktion für die Industrie zu erhöhen.

Umsetzung der Änderungen der EU-Richtlinien 2023/958 und 2023/959 durch das Gesetzesdekret (Italien: „Decreto Legislativo“) 147/2024 

Die bedeutendste Änderung, die durch die EU-Richtlinie 2023/958, welche spezifisch auf die Treibhausgasemissionen des Luftverkehrs abzielt, in das Emissionshandelssystem eingeführt wurde, ist die schrittweise Abschaffung der kostenlosen Zuteilung von Emissionszertifikaten in diesem Bereich für Flüge innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) sowie in die Schweiz und in das Vereinigte Königreich, wobei ab dem 1. Januar 2026 100 Prozent der bislang kostenlosen Zertifikate versteigert werden.

In Anbetracht der von der Europäischen Kommission durchgeführten Bewertung des aktuellen Stands der Umsetzung und der Wirksamkeit von CORSIA („Carbon Offsetting and Reduction Scheme for International Aviation"), sieht Artikel 28b (2) und (3) der EU-Richtlinie 2023/958 vor, dass die Kommission selbst die Vorlage eines Vorschlags zur Ausweitung der Anwendung des Emissionshandelssystems auf Flüge aus dem EWR ins Ausland in Betracht ziehen wird, wenn die Ergebnisse bei der Begrenzung der Umweltauswirkungen von Luftverkehrsemissionen durch diese Mittel nicht ausreichen.

Mit der EU-Richtlinie 2023/959 wurde zudem das Emissionsreduktionsziel von 43 Prozent auf 62 Prozent bis 2030 gegenüber 2005 angehoben (Erwägungsgrund 39) und der Anwendungsbereich des ETS auf die gewerbliche Personen- und Güterbeförderung auf See (für Schiffe mit einer Bruttoraumzahl von 5.000 Tonnen und mehr) ausgeweitet. Darüber hinaus greift die Richtlinie in die Mechanismen zur Bewältigung von Preisschwankungen und zur Anpassung der Marktstabilitätsreserve für Zertifikate ein, die mit EU-Beschluss 2015/1814 eingerichtet wurde, indem die Zuteilung von Zertifikaten aus der Reserve (im Vergleich zum Zeitraum vor der Änderung) nach unten angepasst und ein Freigabemechanismus für den Fall eines übermäßigen Anstiegs der Zertifikatspreise eingeführt wird.

Auch für ortsfeste Anlagen, die dem Carbon Border Adjustment Mechanism (CBAM) unterliegen, dem Instrument zur Verhinderung der Verlagerung von CO2-Emissionen in Länder außerhalb der EU, wird bis 2034 auf null gesetzt, indem die ETS-Belastungen der Industrie innerhalb der EU durch die Anwendung auf die Einfuhr bestimmter Produkte ausgeglichen werden, wie z. B. Eisen, Stahl, Wasserstoff und Düngemittel), während für andere ortsfeste Anlagen strenge Regeln für die kostenlose Zuteilung von Zertifikaten eingeführt wurden, die an die Durchführung von Energieaudits oder die Verabschiedung spezifischer Maßnahmen zur Verbesserung ihrer Klimaneutralität gebunden sind.

Der neue ETS-2-Markt​

Mit der Ergänzung der Richtlinie 2003/87 EG um Kapitel IVa (Artikel 30 bis ff.) durch das Gesetzesdekret (Italien: „Decreto Legislativo“) 147/2024 wird dem ETS ein neuer Markt hinzugefügt, nämlich das so genannte ETS 2. Dieses gilt ab dem 1. Januar 2025 für fossile Brennstoffe, die in anderen als den ursprünglich in den Anwendungsbereich der Richtlinie von 2003 fallenden Sektoren verwendet werden, wie beispielsweise Straßenverkehr, Baugewerbe und Energiewirtschaft. Die dem ETS 2 unterliegenden Tätigkeiten sind in Anhang III der Richtlinie in der zuletzt geänderten Fassung aufgeführt.

Der Markt für Emissionszertifikate, der dem ETS 2 unterliegt, ist getrennt und unabhängig von dem Markt, der dem ETS unterliegt, und die Höchstmengen der Zertifikate, die zu den beiden Systemen gehören, sind unabhängig voneinander. Für die ETS-2-Bereiche wie auch für den maritimen Bereich wird es keine kostenlose Zuteilung von Emissionszertifikaten geben.

Bis zum 30. April 2025 müssen die beaufsichtigten Unternehmen, ihre im Jahr 2024 verursachten Emissionen melden, um sie (vereinfacht) überwachen zu können.

Ab 2028 bis 2030 müssen die beaufsichtigten Unternehmen in jedem Jahr bis zum 30. April die durchschnittlichen Kosten für die Rückgabe von Zertifikaten melden, die sie im Vorjahr übertragen haben. Ab 2025 müssen sie die Emissionen der in den Verkehr gebrachten Brennstoffe überwachen und sie der zuständigen nationalen Behörde (dem neu eingerichteten ETS-2-Ausschuss, siehe nächster Abschnitt) bis zum 30. April eines jeden Jahres melden.

Mit dem Durchführungsdekret 147/2024 wurde zudem eine zuständige Behörde geschaffen, die für die Überwachung des Marktes für Emissionszertifikate bei der MASE (italienisches Ministerium für Umwelt und Energiesicherheit) zuständig ist: der ETS-2-Ausschuss. Dieses kollegiale Gremium setzt sich aus elf Mitgliedern zusammen, die für jeweils fünf Jahre im Amt sind und deren Mandat einmal verlängert werden kann. Drei von ihnen werden vom Minister für Umwelt und Energiesicherheit ernannt, zwei vom Minister für Wirtschaft und Finanzen (eines davon von der Zoll- und Monopolbehörde), zwei vom Minister für Infrastruktur und Verkehr, eines vom Justizminister (dessen Stimmrecht aber auf Fragen im Zusammenhang mit Sanktionen beschränkt ist), zwei von der GSE und eines vom ISPRA (Institut für Umweltschutz und Forschung). Der ETS-2-Ausschuss wird dem Parlament jedes Jahr über seine Tätigkeit Bericht erstatten, und die geprüften Emissionen der Betreiber müssen ihm mitgeteilt werden. 

Sofern die EU-Kommission nichts anderes ankündigt, werden die ersten Versteigerungen für die Zuteilung von Emissionszertifikaten für die unter das ETS 2 fallenden Bereiche, im Jahr 2027 beginnen und die Abgabe der Zertifikate wird bis zum 31. Mai 2028 erfolgen.

Zweifellos stellt die durch die neuen Vorschriften erreichte Senkung der zulässigen Emissionsgrenzwerte eine zusätzliche Herausforderung für die Beteiligten dar. Im Hinblick auf Effizienz und Entwicklung kann dies jedoch eine Möglichkeit sein, die Nachhaltigkeit zu erhöhen und die negativen externen Effekte zu verringern sowie einen Durchbruch bei der Senkung der Kosten und der Verbesserung der Reputation auf dem Markt zu erzielen.
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