E-Rechnungsstellung in Polen als weiterer Schritt zur Digitalisierung des polnischen Steuersystems

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​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​veröffentlicht am 8. Mai 2024 | Lesedauer ca. 4 Minuten


Polen ist ein weiteres EU-Land, das ein elektronisches Rechnungsstellungssystem, das so genannte Nationale System für elektronische Rechnungsstellung (polnische Abkürzung: KSeF), in seine nationale Gesetzgebung und Wirtschaft einführt. Dessen Einführung wird nicht nur die Funktionsweise der Buchhaltungsabteilungen und den Dokumenten-Workflow in den Unternehmen verändern, sondern auch erhebliche Auswirkungen auf andere Bereiche ihrer Tätigkeit haben, wie Einkauf, Verkauf, Logistik und Lagerhaltung. Es bedeutet eine Revolution in der Rechnungsstellung, die, wenn sie richtig durchgeführt wird, Zeiteinsparungen bei Verwaltungstätigkeiten mit sich bringt, steuerliche Gewissheit gewährleistet und die Sicherheit des Geschäftsverkehrs erhöht.



Das KSeF und seine Funktionalitäten

Das KSeF ist ein zentrales Teleinformatiksystem zur Ausstellung, Aufbewahrung, Übersendung und Entgegen­​nahme von strukturierten elektronischen Rechnungen (sog. E-Rechnungen). Nach seiner obligatorischen Einführung werden die derzeit ausgestellten Papierrechnungen und elektronischen Rechnungen in beliebigem Format (z. B. Übersendung per E-Mail als PDF-Anhang) aus der polnischen Rechtsordnung verschwinden. Verkaufsrechnungen werden über das KSeF ausgestellt werden, was bedeutet, dass der Steuerpflichtige in seinem Finanz- und Buchhaltungssystem den "Entwurf" der Rechnung in einem bestimmten strukturierten Format erstellt, den er an das KSeF übersendet. Die zentrale Plattform prüft nach Erhalt eines solchen Dokuments dessen Richtigkeit, insbesondere ob es den strukturellen Anforderungen entspricht. Ist dies der Fall, wird das Dokument akzeptiert und ihm wird eine einmalige Identifikationsnummer, die so genannte KSeF-ID, zugewiesen ​[1]​. ​Damit wird die Rechnung ausgestellt. Stellt das System jedoch semantische Un­stimmig­kei­ten fest, so wird die Rechnung nicht generiert. In einem solchen Fall muss der Steuerpflichtige nach der Korrektur der Fehler in der Rechnungsstruktur die Datei erneut an das KSeF übersenden, damit die Rechnung ausgestellt wird. Sobald die Rechnung generiert und mit einer eindeutigen KSeF-ID versehen wurde, kann sie der Erwerber aus dem System abrufen. Der Aussteller hingegen kann eine amtliche Empfangsbestätigung (poln. Abkürzung „UPO“) abrufen, die bestätigt, dass das Dokument ausgestellt wurde.​​

Neben den oben genannten Funktionen dient das KSeF auch der Dokumentationsarchivierung. Sowohl die vom Steuerpflichtigen erhaltenen Einkaufsrechnungen als auch die vom Steuerpflichtigen ausgestellten Verkaufs­​rechnungen werden zehn Jahre lang aufbewahrt. Es ​ist auf Folgendes hinzuweisen: Die steuerliche Ver­​jährungs­​frist in Polen beträgt grundsätzlich fünf Jahre, was bedeutet, dass das KSeF die Dokumentation länger auf­be­wah­ren wird. Zu beachten ist, dass die Archivierung im KSeF derzeit nicht die Aufbewahrung von Anlagen [2]​ und Quelldokumenten umfasst, die den ausgestellten Rechnungen beigefügt werden, z.B. Übergabe-Abnahmeprotokolle, Transportdokumente, die die Lieferung von Waren in andere EU-Länder bestätigen, um den Umsatzsteuersatz von 0 Prozent anwenden zu können. Alle die​​se Unterlagen muss der Steuerpflichtige weiterhin selbständig, außerhalb des KSeF, aufbewahren.  

Eine weitere wichtige Aufgabe des KSeF besteht darin, es den Steuerbehörden zu ermöglichen, Daten zu analysieren und auf der Grundlage der gesammelten Daten Verfahren und Außenprüfungen in einer Weise durchzuführen, die die Beteiligung des Steuerzahlers minimiert und die Effizienz der ergriffenen Maßnahmen gewährleistet. Wichtig ist auch, dass das System dazu beitragen soll, die Umsatzsteuerlücke zu verringern und die diesbezüglichen Einnahmen der Staatskasse zu erhöhen. 

Über das KSeF ausgestellte Verkaufsrechnungen

Das KSeF steht seit 2022 auf freiwilliger Basis zur Verfügung und soll ab 2026 [3] ​​für Umsatzsteuerpflichtige mit Geschäftssitz in Polen und für ausländische Unternehmen mit einer festen Niederlassung in Polen obliga­​torisch sein. Bis zur obligatorischen Einführung des KSeF werden drei Arten von Rechnungen im Geschäfts­ver­kehr verbleiben:
  1. Rechnungen, die in Papierform ausgestellt und Empfängern per Post übersandt oder persönlich zugestellt werden,
  2. elektronische Rechnungen, die gemäß den geltenden Vorschriften ausgestellt und z. B. per E-Mail versandt oder über ein kommerzielles Portal zur Verfügung gestellt werden, 
  3. E-Rechnungen – strukturierte Rechnungen, die über das KSeF zur Verfügung gestellt werden. 

Langfristig werden nur noch E-Rechnungen im Geschäftsverkehr verbleiben. 

Die Pflicht zur Ausstellung von Verkaufsrechnungen über das ​KSeF gilt für alle Verkaufsrechnungen, die von Umsatzsteuerpflichtigen ausgestellt werden, sofern sie B2B-Geschäfte dokumentieren [4]. Das bedeutet, dass über das KSeF sowohl Rechnungen über Inlandsverkäufe als auch solche über Auslandsgeschäfte, wie z. B. IgL oder der Export von Waren, ausgestellt werden. Bei Rechnungen, die an ausländische Unternehmen ausgestellt werden, z. B. über IgL, wird es erforderlich sein, die Rechnungen über das KSeF zu generieren und anschlie­​ßend ihre Visualisierung mit einem QR-Code zu versehen und sie auf eine im Voraus vereinbarte Weise an den ausländischen Empfänger zu senden, z. B. per E-Mail als PDF-Anhang. Gemäß der Auslegung der polnischen Steuerbehörden unterliegen auch innergemeinschaftliche Warenverbringungen, die der Steuerpflichtige im Rahmen des eigenen Unternehmens durchführt, der Dokumentation durch Rechnungsstellung über das KSeF. In einem solchen Fall muss ein in Polen und in einem anderen EU-Land für Umsatzsteuerzwecke registrierter Steuerpflichtiger bei Warenverbringungen zwischen seinen eigenen Lagern die Geschäfte mit einer KSeF-Rechnung belegen. 

Die im KSeF ausgestellten Rechnungen müssen im xml-Format vorliegen, das der logischen Struktur FA(2) entspricht. Je nach Größe des Unternehmens, der Anzahl der Geschäfte und der verwendeten IT-Systeme können die Rechnungen mithilfe einer von den polnischen Steuerbehörden zur Verfügung gestellten An­wen­dung (bei Unternehmen, die eine geringe Anzahl von Verkaufsdokumenten generieren) oder mithilfe kommer­zieller Tools (verschiedene Arten von Connectoren, Schnittstellen, Änderungen an vorhandener Software) erstellt werden. Jeder Steuerpflichtige kann, je nach dem verwendeten Finanz- und Buchhaltungs­​system und dem Umfang der ausgeübten Tätigkeit, eine entsprechende Wahl treffen. Bei der Wahl der optimalen Lösung müssen sowohl die internen Bedürfnisse des Unternehmens (insbesondere die Anzahl der durchgeführten Geschäfte, der verwendete Dokumentenumlauf) als auch diejenigen in Bezug auf die Vereinbarungen mit den Geschäftspartnern analysiert werden. 

Das KSeF und ausländische Unternehmen

Für ausländische Unternehmen, die in Polen für Umsatzsteuerzwecke registriert sind, ist das KSeF weiterhin freiwillig, wenn sie keine feste Niederlassung in Polen haben, oder wenn sie eine solche Niederlassung haben, diese aber nicht an dem jeweiligen Geschäft beteiligt ist. Die Vorgaben dazu, wann ein ausländisches Unternehmen in Polen eine feste Niederlassung hat, sind sowohl für das ausländische Unternehmen wichtig - damit es erkennen kann, ob das KSeF für es obligatorisch ist oder nicht - als auch für seine Geschäftspartner - damit diese wissen, ob auf das ausländische Unternehmen ausgestellte Rechnungen im KSeF belassen werden können oder ob sie zusätzlich in einer vereinbarten Form übermittelt werden müssen. Aus diesem Grund lohnt es sich, dieses Thema bereits im Vorfeld zu klären. Da die polnischen Vorschriften keine Definition der festen Niederlassung enthalten und die Praxis sich auf die EU-Definition, die Rechtsprechung des EuGH und die darauf basierende Rechtsprechung und Auslegung der polnischen Steuerbehörden bezieht, ist die sicherste Lösung die Beantragung einer verbindlichen Auskunft. In einer solchen Situation wird die Steuerbehörde bestätigen, ob das ausländische Unternehmen in Polen eine feste Niederlassung hat oder nicht.

Wichtig ist auch, dass sich für einige ausländische Unternehmen, die über keine feste Niederlassung in Polen verfügen, die Einführung des KSeF im Hinblick auf ihre Wettbewerbsfähigkeit auf dem polnischen Markt als notwendig erweisen kann. Dies ist deshalb so, da polnische Rechnungsempfänger, die ihren Dokumenten­​umlauf an den Abruf von Eingangsrechnungen aus dem KSeF anpassen, Lieferanten bevorzugen werden, die ihnen die Einkaufsrechnungen über das KSeF zur Verfügung stellen. Dies gilt insbesondere für Warenliefe­rungen im Inland, bei denen die Einkaufsrechnung die polnische Umsatzsteuer enthält. In einer solchen Situation werden die Änderung des Dokumentenumlaufs und die Anpassung der Verfahren und Prozesse des Unternehmens für die Entgegennahme und die Freigabe von über das KSeF übermittelten Einkaufsrechnungen dazu führen, dass Lieferanten, die ihre Verkaufsrechnungen über das KSeF ausstellen, bevorzugt werden.

Weitere Schritte bei der Vorbereitung auf die Einführung des KSeF 

Um sich gut auf die Umstellung vorzubereiten, müssen zunächst die Bedürfnisse des Unternehmens sorgfältig analysiert werden, um zu entscheiden, was die beste Lösung für die künftige Nutzung des KSeF sein wird. Es ist notwendig, alle Bereiche der Unternehmenstätigkeit im Hinblick auf die Anzahl und die Art der Geschäfte, die es durchführt, und die Dokumentation, die es benötigt und sammelt, zu untersuchen. Bestehende Buch­​führungs­​verfahren und -prozesse, einschließlich des Dokumentenumlaufs, werden geändert werden müssen. Es wird notwendig sein, die den Mitarbeitern erteilten Berechtigungen zur Freigabe von Einkaufs­​rechnungen zur Buchung und Zahlung neu zu definieren (sehr wichtig im Falle von Rechnungen, die von den Mitarbeitern z. B. auf Dienstreisen, bezahlt werden). Ein wichtiger Punkt werden auch die Vereinbarungen mit den Geschäfts­part­nern sein, insbesondere mit den ausländischen, in Bezug auf die Art der Zustellung der Rechnung, eine mögliche feste Niederlassung in Polen, und mit den inländischen Geschäftspartnern, z. B. in Bezug auf die Festlegung von Zahlungsfristen, die vom Ausstellungsdatum der Rechnung abhängen, oder die Übermittlung von Anlagen, die gegenwärtig der Rechnung beigefügt werden. 

Es lohnt sich, eine Abbildung der Konten nach dem neuen Schema vorzunehmen, um auch den Prozess der Rechnungsbuchung so weit wie möglich zu vereinfachen und zu digitalisieren. 

Um einen Fehler in einer E-Rechnung zu korrigieren, wird eine strukturierte Korrekturrechnung ausgestellt werden müssen. Korrekturnoten werden aus dem Wirtschaftsverkehr verschwinden. Es wird auch nicht mehr notwendig sein, Duplikate von Rechnungen auszustellen. Es ist daher notwendig, sich an die neuen An­for­derungen an die Dokumentation von Geschäftsvorgängen anzupassen.  
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Auch bei der Aufbewahrung der Dokumentation wird es Änderungen geben. Langfristig werden weniger Papierdokumente in der Buchhaltung aufbewahrt werden. 

Da die Einführung des KSeF den Rechnungsstellungsprozess revolutioniert, sollte jedes Unternehmen genügend Zeit haben, um sich auf die Umstellung vorzubereiten. Es ist daher ratsam, bereits jetzt entsprechende Schritte diesbezüglich zu unternehmen.




[1] Die KSeF-ID soll aus 35 Zeichen bestehen und letztlich der Identifizierung der Dokumente im System dienen.
[2] Ankündigungen des Finanzministeriums zufolge soll die Möglichkeit, Anlagen zu versenden und zu archivieren, nur für bestimmte Branchen eingeführt werden, z. B. für die Kraftstoffbranche, die Telekommunikations- und die Medienbranche.
[3] Wie vom Finanzministerium angekündigt, soll das KSeF ab dem 1. Februar 2026 für Großunternehmen, deren Umsatz 200 Mio. PLN jährlich überschreitet, und ab dem 1. April 2026 für die übrigen Unternehmen obligatorisch sein. Es ist auch möglich, dass KSeF ab dem 1. Februar 2026 für alle Unternehmen obligatorisch wird.
[4] Ursprünglich sollte die Lösung nur für Rechnungen gelten, die an Umsatzsteuerpflichtige (im B2B-Handel) ausgestellt werden. Im Ergebnis der öffentlichen Konsultationen überlegt das polnische Finanzministerium, ob dieses System auf freiwilliger Basis auf Rechnungen ausgedehnt werden soll, die an Verbraucher (sog. B2C-Handel) ausgestellt werden.​​
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