Compliance – jetzt auch Prüffeld in der Betriebsprüfung

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​​​​​veröffentlicht am 25. März 2022 | Lesedauer ca. 3 Minuten


Am 24.02.2022 veröffentlichte das Bayerische Staatsministerium der Finanzen und für Heimat eine Pressemittelung, die eine vertiefte Einbeziehung der Unternehmens-Compliance durch bayerische Finanzämter bei der Betriebsprüfung ankündigte.[1]  Bayern startet damit ein Pilotprojekt. Was bedeutet dies für Unternehmen und Family Offices?

 

  

Der bayerische Finanz- und Heimatminister Albert Füracker betont in der Pressemittelung, eine moderne Betriebsprüfung müsse mit aktuellen Entwicklungen in der Wirtschaft Schritt halten. In dem Pilotprojekt werde die Finanzverwaltung künftig interne Steuerkontrollsysteme von Unternehmen gezielt in die Prüfung einbe­ziehen. Mit den hieraus gewonnenen Erkenntnissen wolle man die Prüfungsmethoden weiterentwickeln. Das mache Steuerprüfungen zukünftig effizienter und schneller. 
 
Unternehmen, die sich gegenüber der Finanzverwaltung transparent zeigten, sollten von einer schnelleren Abwicklung der Prüfungen und damit früheren Rechtssicherheit profitieren. Durch die Einbeziehung von Steuer­kontrollsystemen der Unternehmen könnten Schwerpunkte der Steuerprüfungen künftig noch gezielter gesetzt werden.
 

Tax Compliance

Mit den angesprochenen internen Steuerkontrollsystemen ist das Risiko- und Kontrollmanagement gemeint, das Unternehmen zur Erfüllung ihrer steuerlichen Pflichten sowie zur Vermeidung von Rechtsverstößen implementieren. Man spricht auch von sog. Tax Compliance. Tax Compliance meint dabei zunächst nichts anderes als die Einhaltung des Steuerrechts, insbesondere hinsichtlich
  • der Steueranmeldungen,
  • der fristgereichten Abgabe von Steuererklärungen,
  • der vollständigen und inhaltlich zutreffenden Bereithaltung von Informationen und
  • der fristgerechten Entrichtung der Steuerschuld.[2] 
 
Die Erfüllung dieser Pflichten sichern viele Unternehmen durch entsprechende Compliance-Maßnahmen ab. Zu nennen sind beispielsweise Guidelines, Melde- und Berichtswege, Kontrollprozesse oder eine lückenlose Doku­mentation. Soweit, so vertraut. 
 
Neu ist nun der Ansatz der bayerischen Finanzverwaltung, sich bei Betriebsprüfungen ausdrücklich auch an den Strukturen zu orientieren, die das geprüfte Unternehmen selbst zur Einhaltung steuerrechtlicher Vorschrif­ten geschaffen hat. Davon erhofft man sich eine Effizienzsteigerung hinsichtlich der eigenen Prüfungstätigkeit. Unternehmen soll spiegelbildlich die zügigere Abwicklung der Prüfung zugutekommen. 
 

Klärungsbedarf

Wie genau der Einbezug interner Steuerkontrollsysteme in die Betriebsprüfung aussehen soll, lässt das Bayerische Staatsministerium der Finanzen und für Heimat aber noch offen. „Im Einzelnen sind hier noch viele Punkte klärungsbedürftig“, sagt Ulrike Grube, Rechtsanwältin, Partnerin  bei Rödl & Partner. „So müsste mangels entsprechender gesetzlicher Regelung insbesondere erörtert werden, ob sich die Berücksichtigung von Tax Compliance lediglich auf künftige oder bereits auf in der Vergangenheit liegende Sachverhalte erstreckt. Und vor allem auch, welche Konsequenzen daraus gezogen werden.“ Dr. Stefan Lehner, Rechtsanwalt im Team von Ulrike Grube, hält fest: „Das Pilotprojekt unterstreicht die Unabdingbarkeit sorgfältig ausgearbeiteter und gewissenhaft dokumentierter Steuerkontrollmaßnahmen durch Unternehmen. Doch eines sollte klar sein: Einseitige Transparenz der Unternehmen birgt nicht zwingend nur Vorteile.“ 
 
In der Pressemitteilung heißt es zudem, in vielen Unternehmen befänden sich derzeit interne Steuerkontroll­systeme im Aufbau, um die Einhaltung steuerlicher Pflichten in einem Unternehmen sicher zu stellen. Im Rahmen des Pilotprojekts könnten Erkenntnisse über die Wirkungsweise von Steuerkontrollsystemen gewonnen und damit die gegenseitige Vertrauensbasis gestärkt werden. Ziel einer modernen Steuerprüfung müsse sein, unternehmensinterne Steuerkontrollsysteme zukünftig rechtssicher in Außenprüfungen einbeziehen zu können. Dazu müsse das dafür maßgebliche Bundesrecht aber noch entsprechend modernisiert werden.
 
Die Intention ist durchaus nachvollziehbar, wirft aber derzeit noch diverse Fragen auf, die vorab zu klären sind. Neben den oben angesprochenen Themen stellt sich etwa grundlegend die Frage nach Umfang und Reichweite des von der Betriebsprüfung anzulegenden Prüfungsmaßstabs. Auch etwaige Beurteilungs- bzw. Ermessens­spielräume der Finanzverwaltung bedürfen noch einiger Konturierung. Dies gilt, wenn der Betriebsprüfung die Tax-Compliance-Systeme nun offengelegt werden – auch bereits im Pilotprojekt selbst. Hierfür sind zwingend Rahmenbedingungen festzulegen, um etwaige nachteilige Wirkungen für die Steuerpflichtigen zumindest einzugrenzen, wenn nicht gar auszuschließen. 
 
Und nicht nur produktive Unternehmen werden von diesen Entwicklungen betroffen sein. Auch die Verwaltung von komplexen und teils internationalen Familienvermögen, insbesondere in Family Office-Strukturen, stehen im Fokus von Betriebsprüfungen. Da sich die Etablierung von Compliance-Systemen genauso empfiehlt wie in produktiven Unternehmen, steht zu erwarten, dass nach den ersten Erfahrungen mit den Pilotprojekten auch hier die entsprechende Prüfungen erfolgen.
 

Ausblick

Es bleibt abzuwarten, ob sich somit die Erwartungen des Bayerische Staatsministeriums der Finanzen und für Heimat erfüllen werden. Auch gesetzgeberische Aktivitäten sollten unbedingt im Auge behalten werden. Der bayerische Vorstoß deutet jedoch in eine klare Richtung: Tax Compliance soll sich lohnen!
 
Für Unternehmen ist sie nicht nur Grundvoraussetzung rechtskonformen Verhaltens. Ein gut ausgearbeitetes, praktiziertes und dokumentiertes Steuerkontrollsystem kann Unternehmen gegebenenfalls eine langwierige Betriebsprüfung ersparen.


[2] So etwa die Begriffsdefinition von Fischer/Schwab DStR 2018, S. 2040.
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