Climate Change Risk Management: Eine immer wichtigere Priorität für Unternehmen auch mit Möglichkeiten im Bereich Arbeitsrecht

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veröffentlicht am 10. Januar 2024 | Lesedauer ca. 5 Minuten


Mit der Ausweitung ab 2024 der Verpflichtung zur Nachhaltigkeitsberichterstattung auf große – auch nicht börsennotierte – Unternehmen im Sinne der EU-Richtlinie 2022/2464 (sog. „Corporate Sustainability Reporting Directive“, kurz „CSRD“ genannt) ist das Thema Risikomanagement derzeit äußerst aktuell. Eine wichtige Rolle spielt hier – aufgrund der in den letzten Jahren leider immer drastischeren Umwelteinflüssen und Klimakatastrophen – auch das Climate Change Risk Management, das es ermög­licht, die verschiedenen Risiken für die Geschäftskontinuität eines Unter­nehmens zu identifizieren und zu bewerten sowie durch die Umsetzung einer ent­spre­chenden Policy die notwendigen Maßnahmen zur Abschwächung und Verhinderung der iden­ti­fizierten Risiken und Auswirkungen zu ermitteln. Dabei ergeben sich auch vielfältige Möglichkeiten im Bereich Arbeitsrecht: Einerseits um Personalengpässe in Folge von – mit klimawandelbedingten Phänomenen zusammenhängenden – Ab­wesen­heiten zu vermeiden und andererseits generell zum Schutze des Humankapitals des Unternehmens. 

 
  
  

Die Rolle des Risikomanagements in der Nachhaltigkeitspolitik 

Das Risiko-Konzept hat sich im Laufe der Zeit stark gewandelt und heute ist die zentrale Bedeutung des Risikomanagements in der Nachhaltigkeitspolitik sowie in der Rechenschaftspflicht („Accountability“) unbestritten. Sein Anwendungsbereich, der sich in der Vergangenheit oft auf die bloße Verabschiedung von Notfallmaßnahmen zur Eindämmung der – sich aus bestimmten wirtschaftlichen Tätigkeiten ergebenden – Auswirkungen und Risiken sowie den zusammenhängenden wirtschaftlich-finanziellen Rückgänge beschrän­kte, ist heute, auch dank der klaren Vorgaben der neuen europäischen Gesetzgebung, viel weiter gefasst. 
  
Der europäische Gesetzgeber war nämlich einer der Ersten, der die Notwendigkeit erkannte, dass das traditionelle Konzept des Risikomanagements geändert werden musste und stellte dabei vor allem dessen strategischen Charakter klar: Das Risiko selbst darf nicht nur unter einem negativen Gesichtspunkt betrachtet werden, sondern sein innerer Wert hat gemäß dem „Risiko-Möglichkeit-Konzept“ herausgearbeitet zu werden.  
  
Überträgt man den soeben genannten Grundsatz auf die durch den Klimawandel verursachten Risiken, so bedeutet das folgendes: Man muss auf innovative Modelle für das Climate Change Risk Management zurück­greifen, die aus einem konkreten strategischen Plan von Maßnahmen und Aktionen bestehen, die darauf abzielen, die Risiken durch den Klimawandel abzuschwächen oder gar zu vermeiden. Sie müssen daher klarerweise im Voraus identifiziert, untersucht, abgewogen und bewertet werden . 
  
Konkret handelt es sich dabei einerseits um Risiken wie steigende Temperaturen, Dürren, Überschwemmungen, Tornados/Unwetter und andere extreme Wetterereignisse, die sich, beispielsweise in Form von Unter­brechungen der Energieversorgung sowie Produktions- und Personalengpässen, auf die Wirtschaftstätigkeit und Geschäftskontinuität von Unternehmen auswirken können. Andererseits handelt es sich um solche Risiken, die die Wirtschaftstätigkeit selbst auf das Klima ausübt (z.B. CO2-Emissionen, Verbrauch von Land, Wasser und Grünflächen etc.). Denn genau darin besteht das Prinzip der doppelten Wesentlichkeit, nämlich die Bewertung von „Inside-out- und Outside-in-Auswirkungen“ und das sowohl auf kurzfristiger wie auch lang­fristiger Perspektive mit einem vorausschauenden Ansatz („forward looking approach“). Maßgebend ist hier ferner, dass sich solche Bewertungen nicht nur auf das einzelne Unternehmen beschränken dürfen, sondern auch die Lieferkette sowie ganz allgemein die Bestandteile der gesamten Wertschöpfungskette miteinbeziehen müssen. 
  

Climate Change Risk Management Policy

Die Erstellung sowie Umsetzung einer entsprechenden – auf den Individualfall angepassten – Climate Change Risk Management Policy spielt eine entscheidende Rolle für das wirksame Risikomanagement eines Unter­nehmens. Nach einer anfänglichen Bewertung, genauer gesagt einer Analyse des organisatorischen Kontexts, wird eine erste „Wesentlichkeitsanalyse“ der Risiken durchgeführt (d.h. Bewertung ihrer Schwere in Bezug auf Wahrscheinlichkeit und Umfang nach dem Prinzip der doppelten Wesentlichkeit). Danach werden spezifische Key Performance Indicator zur Messung ihrer Auswirkungen ermittelt und als Folge die Schritte, Maßnahmen und Einsätze skizziert, die das Unternehmen vornehmen muss, um die als wesentlich identifizierten Risiken und Auswirkungen zu verhindern bzw. abzuschwächen. 
 
Die Climate Change Risk Management Policy, die ein grundlegendes Instrument im Bereich der Governance darstellt, umfasst dabei eine Vielzahl von verschiedenen Aspekten, die von den Bereichen Umwelt, Personal­wesen sowie Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz bis zur Einbindung eigentlich aller Produktions­faktoren führt. Als „Zusatzfunktion“ erlaubt die Umsetzung einer solchen Policy dem Unternehmen auch innovative wirtschaftliche Chancen zu nutzen, sein Humankapital zu schützen, Energiekosten zu senken, CO2-Emissionen zu verringern sowie interne und externe Stakeholder in den Wandel einzubeziehen und so maßgeblich zur Entwicklung einer nachhaltigeren Gesellschaft beizutragen. 
 

Fokus Arbeitsrecht – Möglichkeiten für den Arbeitgeber

Immer häufiger kommt es zu Klimaereignissen, die drastische Auswirkungen auf die Geschäftstätigkeit von Unternehmen haben und sie vor neue Problematiken – auch im Bereich Arbeitsrecht – stellen. Man denke nur beispielsweise an die extremen Hitzewellen, die im Sommer 2023 nahezu ganz Europa heimgesucht haben, sowie die Überschwemmungen und Unwetter, die vor allem weite Teile Italiens lahmgelegt haben: In all diesen Fällen war es vielen Arbeitnehmern nicht möglich, rechtzeitig an ihren Arbeitsplatz zu gelangen sowie dort in Sicherheit und in Kontinuation ihre Arbeitstätigkeit auszuüben. 
  
Um Personalengpässe und als deren direkte Folge Probleme in Bezug auf die Geschäftskontinuität zu vermeiden, aber auch, um der sozialen Nachhaltigkeit und Verantwortung des Arbeitgebers gegenüber seinen Arbeitnehmern gerecht zu werden, haben Unternehmen daher, wie bereits oben angeführt, vorab Maßnahmen zu identifizieren bzw. zu planen, um die Gesundheitsrisiken in Falle von Klimaereignissen für die Belegschaft so weit als möglich zu vermeiden bzw. einzuschränken. Von enormer Bedeutung ist hierbei die Identifizierung der wesentlichsten Risiken für die jeweiligen Arbeitnehmer-Gruppen (Indoor/Outdoor-Arbeiter etc.) unter Bewertung der jeweils konkret durchgeführten Arbeitstätigkeiten.  
  
Um konkrete Beispiele für solche Maßnahmen im Bereich Arbeitsrecht zu nennen, denke man etwa an Arbeitstage, an denen es zu extrem hohen Temperaturen (Hitzewellen) kommt: Oftmals ergeben sich hier enorme Gesundheitsrisiken für die Arbeitnehmer, vor allem, falls sie ihre Arbeitstätigkeit im Freien zu Mittagszeiten bzw. in Produktionsstätten, in denen es schon von vorneherein sehr warm und eine Kühlung schwer möglich ist, ausüben.  
  
Eine erste, sehr naheliegende und wichtige Maßnahme im Bereich Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz ist hier sicherlich die Zurverfügungstellung von angemessener individuellen Schutzausrüstungen (für Hitze etwa kühlende Kleidung/Kopfbedeckungen, Sonnenschutzcremen etc.), die Versorgung mit ausreichend Trinkwasser sowie die Schaffung von schattigen und, sofern möglich, gekühlten Arbeitsplätzen (Abdeckungen mit Planen, Klimaanlage etc.). 
  
Jedoch gibt es unzählige weitere Maßnahmen, die in solchen klimatischen Extremsituationen oftmals (noch) nicht zur Anwendung kommen: Umordnung der Schichten und Arbeitszeiten, um – so weit als möglich – Arbeitstätigkeiten während der heißesten Tageszeiten zu vermeiden; Anwendung einer Notfall-Kurzarbeits­maßnahme im Falle von Arbeitsreduzierungen bzw. -unterbrechungen; Gewährung von bezahlten Freizeiten für die heißesten Stunden des Tages, weitestmögliche Ausdehnung von Mobilen Arbeiten etc.   
  
Eine allgemeine Maßnahme für die Belegschaft in Bezug auf den Klimawandel wäre etwa auch die Organisation eines psychologischen Supports im Betrieb, um Arbeitnehmer, die an Klimaangst (Zustand von Stress und Angst, in dem sich viele Arbeitnehmer befinden können, der durch den Klimawandel und die globale Umweltkrise verursacht wird) leiden, zu unterstützen.  
  
Wie oben bereits angeführt, erlaubt die Einführung einer Climate Change Risk Management Policy dem Unternehmen zusätzlich, Maßnahmen zu identifizieren, die die negativen Auswirkungen der eigenen Geschäftstätigkeit auf das Klima (CO2-Emissionen, etc.) reduzieren können. Den Möglichkeiten des Unternehmens sind hier keine Grenzen gesetzt und die Identifizierung der vorzunehmenden Maßnahmen hat sowohl unter Einbindung der internen Stakeholder – vor allem der eigenen Belegschaft – sowie der externen Stakeholder zu erfolgen. Beispiele im Bereich Arbeitsrecht wären hier die Organisation von Car-Pooling oder Shuttle-Services zum Arbeitsplatz als betriebliche Welfare-Maßnahmen sowie die Umstellung des Dienst­wagenfuhrparks auf Elektro- oder Hybridautos. Auch die Ausweitung von Mobilen Arbeiten bzw. Home-Office oder die Einführung einer „kurzen Arbeitswoche“ fallen unter solche Maßnahmen, da hier Wege zum Arbeits­platz und zurück, die vor allem für Pendler oftmals lange und daher klimaschädlich sein können, eingespart werden.   
  

Zusammenfassung

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass Unternehmen durch die Erstellung und Anwendung einer Climate Change Risk Management Policy, der Organisation entsprechender Schulungen für die eingebundenen Stakeholder (allen voran die Arbeitnehmer) sowie der periodischen Überwachung ihrer korrekten Umsetzung in der Position sind, Risiken wirksam zu managen und zu verringern. Dadurch wird nicht nur die Geschäfts­kontinuität und das Bestehen der Unternehmen gesichert, sondern auch Innovationen für ein langfristiges und vor allem nachhaltiges Wachstum entwickelt werden können. 

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