BPO: Die Nutzung von Automati­sierung in der Buch­haltung – Teil 1

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veröffentlicht am 14. Juli 2022 | Lesedauer ca. 5 Minuten

 

Eine Redewendung besagt: „Umso weiter man in den Wald hineingeht, desto mehr Bäume sieht man“. Wenn man Dinge aus einer gewissen Entfernung betrachtet, scheinen sie manchmal ziemlich einfach zu sein. Solange man ihnen nicht auf den Grund geht. Man sagt „Buchhaltung ist ein einfaches Geschäft“. Das stimmt nicht.

 

Es gibt mehrere Hauptgründe, die bewirken, dass das BPO-Modell für das Buchhaltungsgeschäft nicht so ein­fach zu managen und aufzubauen ist. Wenn wir uns den Buchhaltungsprozess ansehen, lässt er sich über ein recht einfaches Muster beschreiben. Unternehmen machen Geschäfte ganz normal, indem sie wirtschaftliche Transaktionen in ihrem internen und externen Umfeld abschließen. Diese Transaktionen müssen erfasst werden. Somit findet Buchhaltung statt. 
  
Der Buchhalter nimmt diese wirtschaftlichen Transaktionen, validiert sie und ordnet sie unter Nutzung seines professionellen Wissens nach den üblichen Rechnungslegungsregeln gewissen Kategorien zu. In den meisten Fällen tut er dies anhand der Gliederung des Kontenplans. Dann werden die steuerlichen Regelungen für diese wirtschaftlichen Transaktionen ge- und überprüft. Ziemlich einfach, könnte man meinen.
  
Wenn man jedoch bedenkt, dass die unterschiedlichen Arten von Buchhaltungsbelegen einen Zufallsfaktor beinhalten können – Varianten der Kontenrahmen, diverse verfügbare Formate, unterschiedliche Wege, um Transaktionsbelege dem Buchhalter zu übermitteln, verschiedenartige unterstützende IT-Systeme und unter­schiedliche Gliederungsregeln...  – wird es plötzlich immer komplizierter. 
  
Aber lassen wir uns nicht so leicht abschrecken und versuchen wir „den Elefanten Stück für Stück zu essen“. Beginnend beim Buchungsbeleg (-nachweis) werden wir uns jetzt die verschiedenen Dokumentarten ansehen. 
  
Der Buchungsbeleg ist die Grundlage für Buchungseinträge. Ereignisse, die wir buchen und die in den Rahmen der Geschäftstätigkeit einer bestimmten Gesellschaft fallen, werden Geschäftsvorfälle genannt. Diese Ge­schäftsvorfälle können in Geld ausgedrückt werden und verursachen Änderungen in der Bilanz. Daher ist der Buchungsbeleg die Bestätigung eines konkreten wirtschaftlichen Vorgangs. Beispiele wirtschaftlicher Vorgänge sind:
  • Kauf von Waren oder Dienstleistungen
  • Zahlung für Kostenrechnungen von Lieferanten
  • Übergabe der Fertigerzeugnisse von der Produktion an das Lager
  • Verkauf von Produkten
  • Verschrottung von Anlagevermögen
  • Erhalt der Zahlung vom Empfänger
  • Eingang von Geld für ein aufgenommenes Darlehen
  • Gewährung eines Darlehens
 
Buchungsbelege werden in drei Basisgruppen eingeteilt:
  • Ausländische externe Belege – erhalten von Auftragnehmern
  • Eigene externe Belege – werden von dem Unternehmen ausgestellt und dem Auftragnehmer übergeben
  • Interne Belege – sind die Grundlage für die internen Vorgänge des Unternehmens
 
Nicht jedes Dokument, das offensichtlich die Bestätigung eines wirtschaftlichen Vorgangs ist, kann als Bu­chungsbeleg anerkannt werden. Gemäß den Vorschriften muss ein Buchungsbeleg auch ordnungsgemäß er­stellt sein und bspw. folgende Elemente enthalten:
 

Art. 21. 1 des Rechnungslegungsgesetzes

„Der Buchungsbeleg muss mindestens Folgendes enthalten:
  • Art des Belegs und seine Identifikationsnummer
  • Identifizierung der Parteien (Namen, Adressen), die den wirtschaftlichen Vorgang durchführen
  • Beschreibung des Vorgangs und dessen Wert, wenn möglich, auch mit Angabe in natürlichen Einheiten
  • Datum des Vorgangs und, wenn der Beleg an einem anderen Datum ausgestellt wurde, auch das Datum, an dem der Beleg ausgestellt wurde
  • Unterschrift des Belegausstellers und der Person, an die der Vermögensgegenstand herausgegeben bzw. von der er erhalten wurde
  • Feststellung, dass der Beleg geprüft und zur Verbuchung freigegeben wurde, durch Angabe des Monats und die Art seiner Erfassung in den Handelsbüchern (Kontierung), Unterschrift der für diese Angaben verant­wort­lichen Person“ 
    
Buchungsbelege sind u.a.:
  • Eingangsrechnungen
  • Ausgangsrechnungen
  • Korrekturrechnungen
  • Reisebelege
  • Zollpapiere
  • Monatliche Finanzberichte
  • Interne Buchungsnoten
  • Darlehenszusagen
  • Dokumente, die die Zahlung von Post- oder Stempelgebühren bestätigen
  • Kontoauszüge
  • Geldflussrechnungen 
  • Belege für die Umschlagshäufigkeit 
  • Orderwechsel und Werkvertrag
 
Außerdem sollte der Buchungsbeleg vollständig sein, ohne Rechenfehler sowie leserlich, sorgfältig und haltbar verfasst sein.
  
Die erste Frage, die wir uns stellen wollen, lautet: Auf welchen Buchungsbeleg wollen wir uns konzen­trie­ren? 



 

Wie wir sehen können, machen die größte Menge Ausgangs- und Eingangsrechnungen aus. Bei Ausgangs­rech­nungen umfasst der typische Dokumentenumlauf Verkaufsschnittstellen, also nehmen wir für dieses Beispiel die gute alte Eingangsrechnung.
 
Was ist eine Eingangsrechnung? Dieses Dokument ist der Nachweis einer wirtschaftlichen Transaktion, die den Abschluss eines Erwerbsgeschäfts und die Beschaffung von Ressourcen von externen Quellen erfordert. Diese erworbenen Ressourcen werden benötigt, um Wirtschaftstätigkeit zu betreiben. In der Praxis erwerbe ich also etwas, das ich benötige, um damit etwas anderes zu tun, womit ich hoffentlich Geld verdiene. 
 
Nach deutschem Recht muss eine formal korrekte Eingangsrechnung Folgendes enthalten: 
  • Ausstellungsdatum
  • Einmalige fortlaufende Rechnungsnummer
  • Umsatzsteueridentifikationsnummer des Lieferanten
  • Vollständige Adresse von Lieferant und Leistungsempfänger
  • Vollständige Beschreibung der gelieferten Waren oder Dienstleistungen 
  • Ggf. Einzelheiten zu den Mengen der Waren 
  • Lieferdatum, falls abweichend vom Rechnungsdatum
  • Steuerbarer Nettobetrag der Lieferung/Leistung 
  • Angewandter Umsatzsteuersatz und Umsatzsteuerbetrag
  • Einzelheiten, die die Anwendung des Nullsatzes begründen – Ausfuhr, Reverse Charge oder innergemeinschaftliche Lieferung
  • Bruttogesamtbetrag der Rechnung
 
Der erste Schritt bei der Buchung solch eines Erwerbsgeschäfts wäre somit die Überprüfung der Gültigkeit des Buchungsbelegs – der Rechnung selbst. Bei einer traditionellen Einrichtung gibt es zwei Werkzeuge, die diesen Prozess technologisch unterstützen – OCR-Software und Workflow-Software. 
 
Bevor wir uns mit unterstützender Software befassen, versuchen wir aber, uns vorzustellen, in welcher Form diese Eingangsrechnung bei uns eingehen könnte. 
 
Die zweite Frage, die wir uns stellen wollen, lautet: In welcher Form wird dieser Buchungsbeleg über­mittelt? 
 
Es gibt drei Optionen:
  • Papier
  • Scan
  • EDI
 
Papier – der traditionellste Weg, um Dokumente zu übermitteln – entweder wird die Dienstleistung der Post oder eines Kuriers genutzt oder die Dokumente werden persönlich im Buchhaltungsbüro vorbeigebracht.
 
Scan  – die häufigste Art und Weise, um Dokumente zu übermitteln – Papierdokumente werden entweder vom Kunden direkt oder von der Abteilung für Dokumentenverarbeitung im Backoffice, die die Vorgänge für das Buchhaltungsbüro unterstützt, gescannt.
 
EDI – elektronischer Datenaustausch, d.h. ein strukturiertes, computerlesbares elektronisches Dokument. Die populärsten Formate nutzen entweder XML oder JSON.

  


 

Nach Eingang des Dokuments muss es als Erstes in ein computerlesbares Format konvertiert werden. Wir müssen sicherstellen, dass die „Beschreibung des Postens“ auf der Rechnung im Feld „Beschreibung des Postens“ eingefügt wird und der „Bruttobetrag“ im Feld „Bruttobetrag“ etc. Wir müssen dies tun, wenn wir PDF-Dokumente erhalten. Bei EDI-formatierten Dokumenten weiß der Computer genau, was jedes Feld bedeutet und wo es ist. Leider ist dies noch kein Standard in Europa. 
 
Daher müssen wir das OCR-System und Workflow-Software nutzen, um die im Dokument enthaltenen Infor­mationen zu lesen und sie an die verschiedenen Geschäftseinheiten zu übersenden – sowohl intern als auch extern. 
   

  

NB: Die Grafiken stammen aus internen Tools, die bei Rödl & Partner verwendet werden
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