Verluste in Krisensituationen – Steuerliche Maßnahmen für betroffene Unternehmen

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veröffentlicht am 27. Mai 2022 / Lesedauer ca. 3 Minuten
 

Im Zuge des Krieges in der Ukraine stehen derzeit zahlreiche deutsche Unternehmen vor der Frage, welche Maßnahmen zur Abbildung der wirtschaftlichen Situation, be­sonders bei sich anhäufenden Verlusten von Auslandsengagements, getroffen werden können. Zwischenzeitlich hat auch das BMF auf den Krieg reagiert und am 17. März 2022 ein erstes Schreiben, primär jedoch zur Anerkennung des gesamtgesell­schaft­lichen Engagements, veröffentlicht. Weitere Maßnahmen sind denkbar, aber ungewiss.

    

 

 

 

Im Folgenden soll ein Überblick über ausgewählte Maßnahmen aus ertragsteuerlicher Sicht gegeben werden.

 

Wertminderung bei Verlusten aus einer Beteiligung

Für Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, wie Beteiligungen an ausländischen Kapitalgesellschaften, sieht das Steuerrecht bei voraussichtlich dauernder Wertminderung ein Wahlrecht zum Ansatz des niedrigeren Teil­werts vor. Bei börsennotierten Gesellschaften geht die Finanzverwaltung von einer voraussichtlich dauernden Wertminderung aus, wenn der Börsenwert unter die Anschaffungskosten gesunken ist und der Kursverlust die Bagatellgrenze von 5 Prozent übersteigt (vgl. BMF-Schreiben vom 2. September 2016). Anderenfalls stellt die Finanzverwaltung darauf ab, ob die Gründe für eine niedrigere Bewertung voraussichtlich anhalten werden. Anhaltspunkte für eine Wertminderung im Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine ergeben sich aus den nachteiligen Folgen des Krieges im technischen, marktbezogenen, ökonomischen oder gesetzlichen Umfeld, die zu Verlusten führen können. Zu potenziellen Ursachen von Verlusten gehören Produktions­ein­schrän­kungen, Marktzugangsbeschränkungen infolge von Sanktionen, Betriebsunterbrechungen, Enteignungen, Zerstörung und Diebstahl von Wirtschaftsgütern.

 

Innerhalb der Steuerbilanz führt die Teilwertabschreibung zunächst zu einem Aufwand, der außerhalb der Bilanz wieder hinzugerechnet wird, wenn eine Kapitalgesellschaft an einer anderen Kapitalgesellschaft be­teiligt ist (§ 8b Abs. 3 S. 3 KStG). Die Teilwertabschreibung ist somit steuerlich erfolgsneutral. Kommt es in späteren Jahren jedoch zu einer Wertaufholung, gelten 5 Prozent des Zuschreibungsbetrags als nicht abzugs­fähige Betriebsausgaben, die zu versteuern sind (§ 8b Abs. 2 S. 3 i. V. m. § 8b Abs. 3 S. 1 KStG). Bei Kapital­gesellschaften mit Beteiligungen an anderen Kapitalgesellschaften ist es zum aktuellen Zeitpunkt somit nicht ratsam, von dem steuerlichen Wahlrecht einer Teilwertabschreibung Gebrauch zu machen. Wird die Beteiligung an der Kapitalgesellschaft dagegen im Betriebsvermögen einer natürlichen Person oder einer Personen­ge­sellschaft mit natürlichen Personen als Gesellschaftern gehalten, gilt das Teileinkünfteverfahren (d.h. Teil­wertabschreibungen sind zu 60 Prozent erfolgswirksam).
 

Wertminderung bei nicht-werthaltigen Gesellschafterdarlehen

Auch bei Forderungen aus Darlehen gegenüber verbundenen ausländischen Unternehmen oder Unternehmen, mit denen ein Beteiligungsverhältnis besteht, kann eine Wertminderung eintreten. Gründe dafür können mangelnde Liquidität beim Darlehensnehmer als Folge von Verlusten oder Verfügungsbeschränkungen bei liquiden Mitteln sein. Das Steuerrecht sieht in dem Zusammenhang bei voraussichtlich dauernder Wert­min­derung ein Wahlrecht zum Ansatz des niedrigeren Teilwerts vor. Innerhalb der Steuerbilanz führt die Teil­wert­ab­schreibung zu einem Aufwand. Außerbilanziell kann es jedoch zu einer Hinzurechnung kommen. So besteht ein steuerliches Abzugsverbot für Wertminderungen aus Gesellschafterdarlehen, wenn der Darlehensgeber eine Kapitalgesellschaft ist und zu mehr als einem Viertel am Grund- oder Stammkapital des Darlehens­neh­mers beteiligt ist bzw. war (§ 8b Abs. 3 S. 4 KStG). Von dieser Hinzurechnung kann abgesehen werden, wenn dem Darlehensgeber der Drittvergleich gelingt (§ 8b Abs. 3 S. 6 KStG).
 
Besonderheiten im internationalen Kontext ergeben sich zudem durch die neuere Rechtsprechung des BFH, derzufolge Teilwertabschreibungen auf unbesicherte Gesellschafterdarlehen auf Basis von § 1 Abs. 1 AStG korrigiert werden können und ein Konzernrückhalt grundsätzlich nicht ausreicht. Darüber hinaus kann bei Privatpersonen § 17 Abs. 2a EStG zur Anwendung kommen, wonach Darlehensverluste unter bestimmten Voraussetzungen als nachträgliche Anschaffungskosten der Beteiligung im Teileinkünfteverfahren zu 60 Pro­zent abzugsfähig sind. Die steuerliche Erfolgswirksamkeit von Wertminderungen auf Gesellschafter­dar­lehen hängt somit stark von dem Beteiligungsverhältnis und den Darlehensbedingungen ab.
 

Berücksichtigung finaler Verluste

Bei ausländischen Betriebsstätten werden bei Doppelbesteuerungsabkommen Gewinne wie auch Verluste grundsätzlich von der inländischen Besteuerung freigestellt (sog. Freistellungsmethode). Anders als bei Anwendung der Anrechnungsmethode scheitert damit eine steuerwirksame Berücksichtigung der Betriebs­stättenergebnisse im Inland. Unter Berufung auf die EuGH-Rechtsprechung gestattete der BFH jedoch lange Zeit den Abzug ausländischer Betriebsstättenverluste, wenn sie im Betriebsstättenstaat als „final“ galten (d.h. wenn sie dort nicht mehr berücksichtigt werden konnten). Mit der Änderung seiner Rechtsprechung gab der BFH diese Ansicht im Jahr 2017 auf und lehnte sich dabei an die geänderte EuGH-Rechtsprechung im Zu­sam­menhang mit der Entscheidung „Timac Agro Deutschland GmbH“ an. Unerwartet legte der BFH nun aber bei einer Entscheidung zu finalen Verlusten einer Betriebsstätte in Großbritannien dem EuGH mehrere Rechts­fragen zur Vorabentscheidung vor. In seinen kürzlich veröffentlichten Schlussanträgen schlägt Generalanwalt Collins vor, die Fragen zu verneinen. Nach seiner Auffassung ist im Fall von Freistellungs­betriebsstätten der Untergang finaler Verluste gerechtfertigt und steht der Niederlassungsfreiheit nicht entgegen. Mit Spannung darf erwartet werden, ob der EuGH die Einschätzung von Generalanwalt Collins teilt.

 

Fazit 

Es bleibt abzuwarten, ob das BMF / der Gesetzgeber mit weiteren Maßnahmen auf die aktuelle Situation re­agieren werden. Wünschenswert wäre, eine steuerlich erfolgswirksame Teilwertabschreibung bei Beteiligungen an oder Forderungen gegenüber ausländischen Kapitalgesellschaften ausnahmsweise zuzulassen, wenn es bei ihnen aufgrund des Krieges zu Verlusten und Liquiditätsschwierigkeiten kommt. 

Bitte beachten Sie

  • Bei Beteiligungen an und bei Darlehensforderungen gegenüber ausländischen Unternehmen: Die Voraussetzungen und Folgen einer Teilwertabschreibung müssen geprüft werden.
  • Bei Verlusten ausländischer Betriebsstätten: Prüfen Sie die Verlustberücksichtigung im Inland.
  • Bitte beachten Sie künftig zu erwartende weitere Veröffentlichungen des BMF und auch mögliche Reaktionen des Gesetzgebers.

Dr. Susann Sturm referiert zum Thema „Internationale Steuerplanung nach Pillar 1 und 2”

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