Blockchain im Warenverkehr – Liefer­ket­ten optimieren, Verwaltungs- und Archivierungskosten senken

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veröffentlicht am 11. Februar 2020 / Lesedauer ca. 5 Minuten
 

Die Blockchain-Technologie wird in der Praxis immer häufiger eingesetzt – bspw. beim Sammeln von Daten im Internet ohne zentralen Computer oder bei der Buchung von einzelnen Transaktionen bzw. Buchungssätzen im Netz, die mithilfe von krypto­graphischen Algorithmen verschlüsselt sind. Bei der Blockchain handelt es sich um eine sog. „Distributed-Ledger-Technology“, also dezentral geführte Kontobücher. Mit anderen Worten: eine dezentralisierte Transaktionsplattform in der Infrastruktur eines verteilten Netzwerks. Auch im Transport, der Logistik und der Verschiffung kann sie von Nutzen sein.

  

  

Eine Blockchain ist nichts anderes als eine „verteilte Datenbank“. Applikationen, die auf der Technologie basieren, fanden zunächst in der Finanz-, Datenschutz- und IT-Branche, im Gesundheitssektor sowie in der Energiebranche Einsatz; derzeit steigt die Anzahl der Unternehmen aus den unterschiedlichsten Sektoren rapide an: Beförderer und Logistikbetreiber greifen immer häufiger darauf zurück. Die Blockchain kann die Funktionsweise von Unternehmen verändern  –  v. a. wenn ihre Lieferketten nicht transparent sind. Möglicher­weise sind die Probleme, mit denen sich die Transport-, Speditions- und Schifffahrtsbranche konfrontiert sehen, zu groß, als dass ein Betreiber sie im Alleingang lösen könnte. Und damit beginnt die neue Ära des „Collaborative Capitalism“.

 

Smart Contracts

Die Nutzung der Blockchain-Technologie ist eine notwendige Verbesserung für die Aufzeichnung der durch­geführten Beförderungen. Einer der größten Durchbrüche, die die Blockchain der Transportbranche bringen könnte, sind die sog. „Smart Contracts“. Dabei handelt es sich um Verträge in Form einer Software. Sie startet im Rahmen der Blockchain-Technologie, läuft selbstständig ab und bestätigt die Bedingungen eines jeden Vertrags zwischen den Parteien automatisch. Die Bedingungen (auch in Verbindung mit dem Konnossement; engl. „bill of lading“) stellen einen Standard-Bestandteil der Software dar und können von den Parteien nicht geändert werden.
 
Auf diese Weise entsteht ein „Digitaler Markt“, in dem der Eigentümer oder Charterer den Vertrag direkt über das Blockchain-Netzwerk veröffentlichen und die andere Partei den Preis bzw. das Frachtgeld verhandeln kann. Anschließend werden die Smart Contracts über ein Computernetz umgesetzt, das Konsensmechanismen für die Bestimmung der Reihenfolge der Tätigkeiten nutzt. Sie ergeben sich aus dem Vertragscode und können auf diese Weise für Berechnungen, Genehmigungen und andere Tätigkeiten im Zusammenhang mit den Transaktionen eingesetzt werden.
 
Vor der Entstehung der Blockchain-Technologie war es nicht möglich, Smart Contracts anzuwenden, da die Parteien separate Datenbanken führten. Dank der gemeinsamen Datenbank, die nach dem Blockchain-Mechanismus funktioniert, können Smart Contracts automatisch Vertragsbedingungen abschließen und die Vertragsparteien validieren den Vertrag sofort – ohne, dass Zeit für dessen Übersendung bzw. den Doku­mentenaustausch verschwendet oder auf Dienstleistungen eines externen Vermittlers / Dritten zurückgegriffen werden muss.

 

    

Praktische Erfahrung: Transport und Spedition

Die FedEx Corporation testet eine Blockchain-basierte Technologie zur Nachverfolgung von großem, wertvollem Frachtgut. Kuehne + Nagel stellte bereits 2016 die erste Version des Portals VGM (Verified Gross Mass) vor. Ziel war es, den Spediteuren eine bequeme Lösung zur Ergänzung der VGM-Erklärungen  zur Verfügung zu stellen, die aufgrund des „Internationalen Übereinkommens zum Schutz des menschlichen Lebens auf See” (SOLAS) bei Seefracht notwendig sind. Das Portal wird ständig modernisiert und immer mehr Sendungen werden darüber abgewickelt.
 
Im Juli 2018 begann die Fracht AG eine Zusammenarbeit mit der CargoX, dem Lieferanten von „Smart Bill of Lading“  –  einer innovativen, auf einer Blockchain-Plattform basierenden Lösung. Die Gesellschaften der Fracht-Gruppe und deren Kunden bekamen die Möglichkeit, intelligente Systeme für die Handhabung von Seefrachtbriefen, d. h. Konnossements, zu nutzen. Die Plattform der CargoX ermöglicht Unternehmen die Ausstellung und Handhabung der originalen Frachtbriefe im Blockchain-Netzwerk Ethereum. Sie vereinfacht damit die digitale Übertragung des Eigentums am Seefrachtbrief und somit an den damit verbundenen Aktiva vom Versender auf den Abnehmer, den Schiffsagenten, den Reeder oder den Spediteur. Die Konnossements und die dazugehörige Dokumentation werden in einer Data Cloud verschlüsselt zur Verfügung gestellt.
 
Mehrere der größten Seefrachtbeförderer weltweit sind der Blockchain-Plattform „TradeLens“ beigetreten  –  zu ihren Miteigentümer zählen IBM und der Container-Gigant Maersk. Ihre Lösung basiert auf der Blockchain-Technologie zur Verwaltung und Nachverfolgung von Container-Sendungen. Der Seetransport lässt sich wenig flexibel planen, denn der Bau eines neuen Warenschiffes dauert durchschnittlich zwei Jahre und ist höchst anfällig  –  selbst für marginale Nachfrageschwankungen. Außerdem haben Schiffe aufgrund der hohen Emission von Treibhausgasen eine sehr schädliche Auswirkung auf die Umwelt. Das Blockchain-System kann daher helfen, die Tätigkeit besser zu gestalten und Kosten einzusparen.
 

Blockchain und Steuern in der Lieferkette

Die Blockchain-Technologie hat auch das Potenzial, das Steuersystem zu revolutionieren und auf diese Weise die Lieferketten zu vereinfachen.

 

Zurzeit gibt es in der EU das Online-MwSt-Informationsaustauschsystem (MIAS), mit dessen Hilfe die EU-Mitgliedstaaten Informationen zu innergemeinschaftlichen Geschäften und MwSt-Pflichtigen austauschen können. Das MIAS ermöglicht es der Finanzverwaltung, auf die Datenbanken von Umsatzsteuer-Identifikations­nummern anderer Mitgliedstaaten zuzugreifen. Es nutzt zahlreiche nationale zentralisierte Datenzentren. Es handelt sich aber nicht um ein automatisches Datenaustauschsystem. Stattdessen setzt es bei der Zurver­fügungstellung einen hohen Anteil des „menschlichen Faktors“ voraus (es funktioniert auf Grundlage einer geltend gemachten Forderung), liefert kumulierte Daten und keine Mikrodaten auf dem Niveau von Rech­nungen. Außerdem erfolgt der Datenaustausch einige Monate nach der verdächtigen Transaktion. Die Zusammenfassenden Meldungen (engl. „recapitulative statements“) und das jetzige MIAS-System gewähr­leisten nicht die Durchsetzung eines Rechts in Echtzeit.

 

Im Jahr 2013 schlug R. T. Ainsworth eine neue Lösung vor, die er „The Digital Invoice Customs Exchange” ­(DICE) nannte  –  die Zollbörse für elektronische Rechnungen. Die Einführung dieser Idee soll es den Finanzämtern ermöglichen, frühzeitig auf jedes Handelsgeschäft zuzugreifen. Die DICE ist ein System der Tax Compliance für Umsatzsteuern, das die Verschlüsselung von Rechnungen nutzt, um die geschäftlichen Daten zu sichern, die zwischen dem Verkäufer und dem Käufer ausgetauscht werden  –  und zwar sowohl im inländischen als auch im ausländischen Geschäftsverkehr. Gleichzeitig setzt es die daran interessierten Jurisdiktionen über die Einzelheiten der Transaktionen in Kenntnis.

 

Das System funktioniert wie folgt: Die Rechnungen werden digital unterzeichnet. Anschließend werden die verschlüsselten Rechnungsdaten erneut in die Datenzentren eingegeben, die die Transaktionen selbstständig analysieren und anschließend das Risiko auf dem ganzen EU-Binnenmarkt beurteilen. In einem DICE-Geschäft werden die Daten automatisch zur Verfügung gestellt. Die DICE prüft weder, ob die Ware oder Dienstleistung physisch übergeben bzw. erbracht wurde, noch, ob die Geldmittel geflossen sind. Es ist diesen Handlungen vorgeschaltet. Das System fängt Informationen ab und ermöglicht es, den Finanzverwaltungen, die ausge­tauschten Geschäftsdaten einer Risikoanalyse (z. B. mithilfe von AI-Algorithmen) zu unterziehen, um so Betrugsfälle zu verhindern – noch bevor die Geschäfte abgeschlossen werden.

 

Mit der Einführung des DICE-Systems müssten Änderungen in einigen weiteren Bereichen einhergehen, darunter die Digitalisierung von Rechnungen sowie die Erschaffung einer inländischen Kryptowährung  –  des VATCoin für steuerliche Abrechnungen.

 

Im September 2019 hat die Bundesregierung Deutschland eine Blockchain-Strategie verabschiedet. Damit hat Deutschland als einer der ersten Staaten einen Fahrplan vorgelegt, um die Chancen der Blockchain-Techno­logie zu nutzen und ihre Potenziale für die digitale Transformation zu mobilisieren. 

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