Die mobile Familie – Steuerfolgen bei internationalem Wohnsitz und Ausbildung

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zuletzt aktualisiert am 7. Februar 2023 | Lesedauer ca. 3 Minuten
 
Die Mobilität vermögender Privatpersonen nimmt zu. Familienmitglieder verbringen regelmäßig einige Zeit im Ausland oder wandern dauerhaft aus. Doch die Internationalisierung der Familie kann ungeplante steuerliche Folgen und Belastungen nach sich ziehen.

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Ein „steuerlicher Wegzug" liegt vor, wenn eine natürliche Person aus der unbeschränkten Steuerpflicht in Deutschland ausscheidet. Das setzt voraus, dass der Steuerpflichtige seinen Wohnsitz und seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland aufgibt. Das ist nicht etwa schon bei Begründung eines zweiten Wohnsitzes oder längerer Abwesenheit der Fall; abzustellen ist auf den „Lebensmittelpunkt der Interessen", der bei vorübergehenden Auslandsaufenthalten zu Arbeits- oder Bildungszwecken regelmäßig bei der Familie in Deutschland verbleibt. Etwas anderes kann bei längerfristigen Auslandsaufenthalten mit wenigen oder kurzzeitigen Inlandsaufenthalten oder bei einer dauerhaften Auswanderung gelten.

 

Sowohl zum Zeitpunkt des Wegzugs als auch danach ergeben sich ertragsteuerliche und erbschaft- bzw. schenkungsteuerliche Problemstellungen.

 

Besteuerung bei Wegzug

Beim Wegzug werden bestimmte Vermögenswerte des Steuerpflichtigen aus dem deutschen Steuerbereich herausgelöst (sog. „Steuerentstrickung"). Um das deutsche Besteuerungsrecht hieran zu sichern, werden zum Zeitpunkt des Wegzugs stille Reserven besteuert, also noch unversteuerte Wertzuwächse (sog. „Wegzugsbesteuerung"). Das gilt insbesondere für Anteile an in- oder ausländischen Kapitalgesellschaften iSd. § 17 EStG, d.h. Beteiligungen an Kapitalgesellschaften von mindestens 1 Prozent, die zu irgendeinem Zeitpunkt innerhalb der letzten fünf Jahre vor dem Wegzug bestehen.

 

Neben dem tatsächlichen Wegzug aus Deutschland gibt es auch andere Tatbestände, in denen die „Wegzugsbesteuerung" ausgelöst wird. Bspw. führt die unentgeltliche Übertragung von Anteilen an Kapitalgesellschaften im Wege der Erbschaft oder Schenkung auf eine nicht unbeschränkt steuerpflichtige Person ebenfalls zur Besteuerung der stillen Reserven in den Anteilen.

 

Fälligkeit der Wegzugsteuer

Die Folge des „steuerlichen Wegzugs" ist die Besteuerung eines fiktiven Gewinns ohne entsprechenden Liquiditätszufluss. Er würde nur bzw. erst bei tatsächlicher Realisierung der Wertzuwächse durch Veräußerung erzielt. Zum Zeitpunkt des Wegzugs aus Deutschland gelten die Beteiligungen also als zum Verkehrswert veräußert und der Veräußerungsgewinn unterliegt grundsätzlich der sofortigen Besteuerung. Bei Wegzugsfällen bis zum 31. Dezember 2021 innerhalb der Europäischen Union (EU) oder des Europäischen Wirtschaftsraums war es noch möglich, die entstehende Steuer zinslos und unbefristet zu stunden. Nach der neuen Rechtslage ist die unbegrenzte Stundung jedoch nicht mehr möglich. Lediglich eine zeitliche Streckung auf sieben Jahre kann auf Antrag und i.d.R. nur gegen Sicherheitsleistung erreicht werden.

   

Schenken und Vererben

Bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer ist zu beachten, dass die deutsche Steuerpflicht nicht sofort mit dem Wegzug aus Deutschland endet. Während der Dauer von fünf Jahren nach einem Wegzug aus Deutschland wird ein Wegzügler mit deutscher Staatsan­gehörigkeit weiterhin wie ein Inländer behandelt und ein Vermögensübergang im Grundsatz der unbeschränk­ten Steuerpflicht in Deutschland unterworfen. Dasselbe gilt, wenn zumindest der Erwerber Inländer ist. Haben beide – Zuwendender und Erwerber – seit mehr als fünf Jahren weder ihren Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland, unterliegt nur bestimmtes inländisches Vermögen der deutschen Steuer (beschränkte Steuerpflicht). Solche sog. „Inlandsvermögen" i.S.d. § 121 BewG sind z.B. Beteiligungen an einer deutschen Kapital-/Personengesellschaft oder deutsche Immobilien. Erfolgt der Wegzug des Erblassers bzw. Schenkers allerdings in ein Niedrigsteuergebiet, wird für Erbfälle und Schenkungen innerhalb von zehn Jahren nach dem Wegzug der Umfang des der deutschen Schenkung- bzw. Erbschaftsteuer unterliegenden Vermögens auf sämtliches in Deutschland belegenes Vermögen ausgeweitet (erweiterte beschränkte Steuerpflicht).

    

Besteht nach Wegzug nur eine beschränkte Schenkung- oder Erbschaftsteuerpflicht in Deutschland, kann der persönliche Freibetrag des Erwerbers deutlich niedriger sein. Der Freibetrag wird – vereinfacht gesagt – nur anteilig gewährt: im Verhältnis des Wertes des inländischen zum gesamten Erwerb der letzten zehn Jahre. Hinzu kommt, dass Erbschaft- bzw. Schenkungsteuer auch im Wohnsitzstaat des Steuerausländers anfallen kann. Eine Anrechnung der ausländischen Steuer in Deutschland erfolgt grundsätzlich nicht. Nur wenige Doppel­besteuerungsabkommen verhindern eine Doppelbelastung.

    

Fazit

Nicht nur aus Gründen der Steueroptimierung kann der Wegzug ins Ausland insbesondere für den Erbfall eine Testamentsanpassung oder -errichtung erforderlich machen. Auch die zivilrechtliche Testamentsgestaltung muss einen Wohnsitzwechsel ins Ausland berücksichtigen. Für den grenzüberschreitenden Erbfall ist beim letzten gewöhnlichen Aufenthalt des Erblassers im Ausland bspw. die Anwendung deutschen Erbrechts ausdrücklich im Testament anzuordnen, wenn der Erblasser seinen Nachlass nicht nach der ausländischen Rechtsordnung vererben will. Eine Kollision der anwendbaren Erbrechte und eine Doppelbesteuerung kann durch eine abgestimmte Nachfolgeplanung für das In- und Ausland vermieden werden.

BITTE BEACHTEN SIE:

  • ​Der Wegzug ins Ausland kann Steuern auf Wertzuwächse bestimmter Vermögensgegenstände (insb. Anteile an Kapitalgesellschaften) auslösen.
  • Eine zinslose und zeitlich unbegrenzte Steuerstundung ist seit dem 1. Januar 2022 nicht mehr möglich.
  • Schenken und Vererben nach Wegzug erfordern eine steuerliche und zivilrechtliche Analyse sowie abgestimmte Planung im In- und Ausland.
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