Geschäftsführerbestellung Post Closing in Deutschland und Italien

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zuletzt aktualisiert am 3. Februar 2021 | Lesedauer ca. 5 Minuten


Die Geschäftsführer einer deutschen GmbH sowie der italienischen S.r.l. sind die jeweils zentralen Personen der Gesell­schaften. Was ist bei deren Bestellung hinsicht­lich der Vertretungs­macht und bei der Ausgestaltung der Geschäfts­führungs­be­fug­nisse zu beachten?



Die Geschäftsführer der GmbH und der S.r.l.

Die Geschäftsführer – gleich ob von einer deutschen Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) oder Società a responsabilità limitata (S.r.l.) als italienischem Pendant – bilden das oberste Leitungsorgan der Kapitalgesellschaften. Sie sind gegenüber der Gesellschaft gesetzlich verpflichtet, alle erforderlichen Maß­nahmen und Entscheidungen zu treffen, die dazu dienen, den festgelegten Gesellschaftszweck zu erreichen und vertreten die Gesellschaft gerichtlich sowie außergerichtlich. Zu unterscheiden ist dabei zwischen der Geschäftsführung einerseits und der Vertretung der Gesellschaft andererseits. Während die Geschäftsführung die nach innen gerichtete Willensbildung der Gesellschaft sowie die Leitung des Unternehmens und Verwal­tung des Vermögens meint, betrifft die Vertretung der Gesellschaft das Handeln im rechtsgeschäftlichen Verkehr, also die Vertretung der Gesellschaft nach außen gegenüber Dritten. Die Geschäftsführer werden widerruflich durch Gesell­schafter­beschluss bestellt. Die erforderliche Eintragung in das Handelsregister der Gesellschaft (für die GmbH gemäß § 39 Abs. 2 GmbHG; für die S.r.l. gemäß Artt. 2475 Abs. 2 i.V.m. 2383 Abs. 4 Codice Civile) hat dabei nur deklaratorische Wirkung. Das bedeutet, dass der Geschäftsführer bereits mit Beschlussfassung wirksam bestellt ist.

Nach deutschem GmbH Recht gibt es die Möglichkeit, einen oder mehrere Geschäftsführer zu bestellen. Das italienische Recht sieht solche Geschäftsführungsmodelle für die S.r.l. ebenfalls vor. Daneben gibt es aber auch noch das in Italien traditionelle Modell der Geschäftsführung durch mehrere Geschäftsführer in Form eines Kollegialorgans (sog. Consiglio di Amministrazione = Verwaltungsrat). Der Verwaltungsrat besteht idealerweise aus einer ungeraden Anzahl von Geschäftsführern und entscheidet dem Grunde nach kollegial in Sitzungen. Aus der Mitte des Verwaltungsrates werden ein Vorsitzender und ein oder mehrere (in verschie­denen Ressorts) operative Geschäftsführer bestellt, denen die dafür erforderlichen Geschäftsführungs­befugnisse erteilt werden. Die übrigen Geschäftsführer haben eine Kontroll- und Über­wachungs­pflicht.


Vertretungsbefugnis

Anders als die Geschäftsführungsbefugnis, die bei der GmbH beschränkt werden kann, ist die Vertretungs­befugnis der Geschäftsführer grundsätzlich unbeschränkt. Das ergibt sich für die GmbH aus § 37 Abs. 2 GmbHG und dient vornehmlich dem Schutz des Rechtsverkehrs.Sind für eine GmbH mehrere Geschäftsführer bestellt, so vertreten sie die Gesellschaft gemäß § 35 Abs. 2 GmbHG grundsätzlich gemeinsam. Dabei handelt es sich um die sog. „echte Gesamtvertretung”. Die GmbH kann somit nur durch gemeinsames Zusammen­wirken aller Geschäftsführer nach außen hin vertreten werden. Geschäfte, die unter Missachtung der Regelung geschlossen werden, sind unwirksam. Die Regelung des § 35 Abs. 2 GmbHG ist jedoch disponibel. Durch die Satzung der GmbH können demnach abweichende Bedingungen getroffen werden, die – sofern eine Eintragung in das Handelsregister erfolgt – auch gegenüber Dritten wirken. Demnach kann auch einzelnen oder allen Geschäftsführern Einzelvertretungsbefugnis erteilt werden oder die Vertretung der Gesellschaft vom Mitwirken eines Prokuristen abhängig gemacht werden (sog. unechte Gesamtvertretung).

Das „Gestaltungsmittel” der Gesamtvertretung bietet zwar keine Möglichkeit der inhaltlichen Beschränkung der Vertretungsbefugnis, kann jedoch die Befugnis des einzelnen Geschäftsführers außenwirksam einschränken.


Ihre Grenzen findet die Vertretungsbefugnis der Geschäftsführer – ohne dass es einer Regelung bedürfte – in den Grundsätzen des Missbrauchs der Vertretungsmacht. Nach deutschem Recht ist dabei zwischen den Fallgruppen „Kollusion” und „Evidenz” zu unterscheiden. Kollusion meint das missbräuchliche Zusammen­wirken des Geschäftsführers und des Geschäftspartners zur Schädigung der Gesellschaft. Bei Vorliegen der Voraussetzungen ist das geschlossene Geschäft nichtig. Das gilt auch im Fall der Evidenz, die dann vorliegt, wenn sich der Missbrauch der Vertretungsmacht durch den Geschäftsführer dem Geschäftsgegner geradezu aufdrängt. An das Vorliegen der Tatbestände sind nach der Rechtsprechung jedoch hohe Anforderungen zu stellen, sodass die Praxisrelevanz eher gering sein dürfte.

Bei der italienischen S.r.l. besitzen die Geschäftsführer auch ohne gesonderte Ermächtigung durch die Gesellschafter Vertretungsbefugnis gemäß Art. 2475-bis Codice Civile. Die Vertretungsbefugnis kann zwar bei Bestellung eines Geschäftsführers beschränkt werden, die Beschränkung kann jedoch selbst bösgläubigen Dritten (selbst bei Eintragung der Beschränkungen im zuständigen Handelsregister) nur dann entgegen­gehalten werden, wenn sie davon bei Vornahme des Geschäfts positiv Kenntnis hatten und mit Schädigungs­absicht gehandelt haben. Die Beweislast der geschädigten Gesellschaft ist naturgemäß hoch.


Verbot des Selbstkontrahierens

Nach § 181 BGB ist es dem Geschäftsführer nicht gestattet, als Vertreter der Gesellschaft Geschäfte mit sich selbst (Insichgeschäft) oder mit einem Dritten, den er ebenfalls vertritt (Mehrfachvertretung), abzuschließen. Verstöße gegen das Prinzip führen i.d.R. zur Unwirksamkeit des abgeschlossenen Geschäfts. Es entsteht somit keine rechtliche Bindungswirkung für die Vertragsparteien. Die Regelung dient v.a. dem Schutz der Gesell­schaft vor Gefahren, die aus einer potenziellen Interessenkollision resultieren, wenn der Vertreter im Namen zweier Personen auftritt.

Das Verbot des Selbstkontrahierens ist jedoch kein absolutes – vielmehr liegt es in der Entscheidung der Gesellschafter, davon abzuweichen. Insbesondere bei Konzernsachverhalten macht es i.d.R. Sinn, den oder die Geschäftsführer von den Beschränkungen des § 181 BGB zu befreien. Dabei kann wahlweise durch eine entsprechende Regelung im Gesellschaftsvertrag eine generelle Befreiung erfolgen oder jeweils einzelfall­bezogen durch Gesellschafterbeschluss eine Befreiung erteilt werden.

Art. 2475-ter, Abs. 1 Codice Civile regelt Verträge, die von Geschäftsführern mit der Gesellschaft abge­schlossen werden, wenn sie diese vertreten und sich in einem Interessenkonflikt befinden, weitergehender als § 181 BGB. Solche Verträge können nach italienischem Recht auf Antrag der Gesellschaft für nichtig erklärt werden, vorausgesetzt, dass der Interessenkonflikt dem Dritten bekannt gewesen ist oder von ihm erkannt hätte werden können. Zudem sieht das Gesetz die Möglichkeit der Anfechtung von Geschäftsführungs­beschlüssen vor, die der Gesellschaft einen Vermögensschaden verursachen und durch die entscheidende Stimme eines Geschäftsführers im Interessenkonflikt gefasst wurden. Die Ermächtigung zur Vornahme eines Rechtsge­schäftes, bei dem sich ein Geschäftsführer im Interessenkonflikt befindet, erfolgt durch einen entsprechenden, einzelfallbezogenen Beschluss. Eine pauschale Befreiung vom Verbot des Selbst­kontrahierens ist im italienischen Recht nicht möglich.


Beschränkung im Innenverhältnis

Anders als im Außenverhältnis lassen sich die Befugnisse der GmbH-Geschäftsführer im Innenverhältnis umfassend beschränken. Als Gestaltungsmittel können Regelungen im Gesellschaftsvertrag oder Geschäftsführeranstellungsvertag getroffen werden oder eine Geschäftsordnung erlassen werden, die jeweils Kataloge mit zustimmungspflichtigen Geschäften enthalten. Dabei bietet die Geschäftsordnung den entscheidenden Vorteil, dass sie (anders als der Gesellschaftsvertrag) nicht öffentlich im Handelsregister einsehbar und eine Abänderung grundsätzlich durch einfachen Beschluss der Gesellschafterversammlung möglich ist. Somit kann insbesondere bei länderübergreifenden Gesellschaftsstrukturen auf einfache Weise eine einheitliche Struktur im Hinblick auf die Befugnisse der Geschäftsführer herbeigeführt werden.

Bei Überschreitung bzw. Missachtung der Zustimmungspflichten behält ein abgeschlossenes Geschäft im Außenverhältnis zwar seine Wirksamkeit und bindet die Gesellschaft somit rechtlich, der Geschäftsführer macht sich jedoch u.U. nach § 43 Abs. 2 GmbHG gegenüber der Gesellschaft schadensersatzpflichtig und haftet mit seinem Privatvermögen für den der Gesellschaft entstandenen Schaden. Weiterhin begründet die Umgehung der Restriktionen durch den GmbH-Geschäftsführer einen wichtigen Grund für seine Abberufung nach § 38 Abs. 2 GmbHG.


Bei der Ausgestaltung des Katalogs zustimmungspflichtiger Geschäfte sollte grundsätzlich darauf geachtet werden, die Grenzen nicht zu eng zu ziehen. Anderenfalls besteht die Gefahr, dass notwendige Entscheidungen für die Gesellschaft verzögert werden, da die Geschäftsführer stets die Gesellschafterversammlung oder alternativ – je nach Ausgestaltung der Geschäftsordnung – einen zustimmenden Beschluss eines Beirats oder eines anderen Organs einholen müssen.

Auch bei der S.r.l. kann der Gesellschafts­vertrag zustimmungspflichtige Rechtsgeschäfte enthalten. Die Geschäftsführungsbefugnisse der italienischen Geschäftsführer werden bei einem mehrgliedrigen Geschäftsführungsorgan üblicherweise durch detaillierte, negativ oder positiv formulierte Befugniskataloge flexibel ausgestaltet. Auch dabei sollten die Grenzen nicht zu eng gezogen werden, da schnell eine Handlungs­unfähigkeit der Gesellschaft herbeigeführt werden kann. Im Gegensatz zum deutschen Recht ergeben sich die Befugniskataloge so wie auch die zustimmungsbedürftigen Rechtsgeschäfte aus dem Handelsregister. Es ist zudem übliche Geschäftspraxis, die Beschränkungen vor dem Eingehen wichtiger Geschäftsbeziehungen einzusehen, sodass die Art der Befugniserteilung wie eine natürliche Beschränkung wirkt. Es bleibt aber beim o.g. Grundsatz, dass Beschränkungen, die sich letztlich auf die Vertretungsmacht durchschlagen, Dritten gegenüber nur dann eingewendet werden können, wenn bewiesen wird, dass letztere wissentlich und mit Schädigungsabsicht gehandelt haben.

Die Überschreitung der Geschäfts­führungs­befugnisse kann auch im italienischen Recht die Abberufung aus wichtigem Grund zur Folge haben (Art. 2476 Abs. 3 Codice Civile) und den Geschäftsführer schadensersatz­pflichtig machen.


Fazit

Die Ausgestaltung der Geschäftsführung der GmbH und S.r.l. ist ähnlich, wichtige Unterschiede zu Deutschland sind:

  • es gibt ein drittes, in Italien traditionell verwendetes, kollegiales Geschäftsführungsmodell (Consiglio di Amministrazione bzw. Verwaltungsrat);
  • die Geschäftsführungsbefugnisse sind in Form von mehr oder weniger ausführlichen Befugniskatalogen aus dem italienischen Handelsregister ersichtlich; und
  • gemäß Art. 2475-bis Codice Civile kann die Beschränkung der Vertretungsbefugnis Dritten gegenüber nur dann entgegengehalten werden, wenn sie die Gesellschaft wissentlich und mit Absicht geschädigt haben.
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