Horizon Board: Ein neues Gremium in der Aktiengesellschaft? – Teil 1

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​​​​​​​​​​​​​​​​​​​veröffentlicht am 17. März 2025 | Lesedauer ca. 3 ​​Minuten

 

In letzter Zeit wurde in den Medien vermehrt über ein neues (Trend)-Gremium in der Aktien-gesellschaft berichtet, das sog. Horizon Board. Im Ausland sind Horizon Boards schon verbreitet und wurden erfolgreich in Unternehmen verschiedenster Branchen installiert, wie beispielsweise in Großbritannien, Finnland und Indien. In Deutschland ist der Begriff dagegen bislang nicht unbedingt geläufig. Eines der wenigen deutschen Unternehmen, das den Trend aus dem Ausland erkannt und für sich umgesetzt hat, ist gerade keine Aktiengesellschaft, sondern eine GmbH, die UFA GmbH. Dabei kann die Einführung eines Horizon Boards gerade für Aktiengesellschaften ein interessanter Schritt sein, auch im Hinblick auf die Möglichkeiten, die sich für institutionelle Investoren ergeben.


Der Artikel soll einen ersten Überblick über das Thema Horizon Board in der Aktiengesell-schaft geben, die Begrifflichkeit erläutern und Motivationen für die Einführung aufzeigen (Teil 1), sowie Vorteile der Etablierung nebst Risiken bei der Ausgestaltung aufzeigen (Teil 2).


Begriffserklärung: Horizon Board​

Unter einem Horizon Board versteht man ein zusätzliches, freiwilliges Gremium in Unter-nehmen, das den Sinn und Zweck verfolgt, den Zeitgeist der jüngeren Generation zu erfassen und den Ideen dieser Generation bei den Entscheidungen des Vorstands Gehör zu verschaffen, ohne dass den Mitgliedern des Horizon Boards hierbei eine faktische Entscheidungskompetenz eingeräumt wird.

Wie der Begriff „Horizon“ nahelegt, versprechen Unternehmen sich durch dieses zusätzliche Gremium den bisherigen Horizont in der Führungsetage zu erweitern und Themen, die die jüngeren Generationen, wie die Millennials und die GenZ, bewegt, mehr Gehör zu geben. Damit verbunden wird stets der Wunsch sein, diese Erkenntnisse gewinnbringend für das Unternehmen zu nutzen. Neben dem Begriff Horizon Board wird teilweise auch der Begriff Shadow Board verwendet.  

Typischerweise finden sich auf der Tagesordnung von Horizon Boards Themen, die für die jüngeren Generationen von großer Bedeutung sind, wie beispielsweise Neuheiten im Bereich Social Media, moderne Arbeitsbedingungen, Diversity, ESG oder auch Digitalisierung. Das größte Potential können damit Unternehmen in Branchen erwarten, in denen die Förderung der genannten Bereiche unmittelbar zu einer Umsatzsteigerung führen kann, das Unter-nehmen aber bislang nur wenig in diese Bereiche investiert hat.

Beispiele

Erfolgreich implementiert wurde beispielweise ein Horizon Board – neben dem eingangs angesprochenen Horizon Board, das bei der UFA GmbH, einem Unternehmen der RTL Group, installiert wurde - in den folgenden Unternehmen:

  • Accor Gruppe: die französiche Hotelkette entwickelte die neue Marke Jo & Joe, die sich als Mischung aus Hostel und Hotel an junge Reisende richtet.
  • Stora Enso: ein finnisches Papier- und Verpackungsunternehmen, hat ihr Horizon Board dazu genutzt, die Arbeitsverteilung im Vorstand zu überarbeiten. 
  • GroupM India: die indische Gesellschaft nutzte ihr Horizon Board zur Umsetzung ei-ner dreijährigen digitalen und kulturellen Transformation.
  • Shakespear Martineau: die britische Kanzlei hat das Horizon Board zu Unterstützung bei der zukünftigen Strategieplanung etabliert.

Motivation

Die Einrichtung eines solchen Gremiums wird mit einer Reihe von Vorteilen verbunden.  

Zu den Gründen, die für die Etablierung eines Horizon Boards sprechen, gehören unter anderem folgenden Aspekte:

  • ​Umsatzsteigerung durch frühzeitige Erkennung von Trends: das Horizon Board kann als eine Art „Think Tank“ fungieren, in dem Trends frühzeitig erkannt und neue Ideen entwickelt werden;
  • Förderung von Innovation: durch Fokussierung auf zukünftige Trends und Technolo-gien können Horizon Boards dazu beitragen, innovative Ideen zu entwickeln und umzusetzen;
  • Mitarbeiterbindung: engagierte und kreative Mitarbeiter werden in den Entschei-dungsfindungsprozess miteingebunden und so an das Unternehmen gebunden;
  • Gesteigertes Image und Wettbewerbsvorteil bei der Nachwuchsgewinnung: Unter-nehmen werden attraktiver für jüngere Arbeitnehmer, denen die Möglichkeit gebo-ten wird, sich direkt zu Beginn der Karriere einzubringen, Sichtbarkeit auf Manage-mentebene zu erlangen und zu den Themen gehört zu werden, die ihnen wichtig sind;
  • Verbesserte Kommunikation: ein regelmäßiger Austausch zwischen dem Manage-ment und den jüngeren Arbeitnehmern führt zu einem gesteigerten Vertrauensver-hältnis und einer offeneren Kommunikation;
  • Alternative zum Betriebsrat: in einer Zeit, in der die Anzahl der Betriebsräte rückläu-fig ist und die klassische Mitbestimmung wenig attraktiv für jüngere Arbeitnehmer sein mag, kann ein Horizon Board eine Alternative zum Betriebsrat werden;
  • Frühzeitige Problemerkennung: durch die Einbindung eines Mitglieds des Manage-ments in den Sitzungen eines Horizons Boards kann beim Auftreten von Problemen schnell gehandelt und Abhilfe geschafft werden;
  • Gesteigerte Attraktivität bei institutionellen Investoren: da Mitglieder eines Horizon Boards eine Art Beobachter- und Beraterrolle inne haben und ggf. mit Informationen ausgestattet werden, zu denen sie sonst keinen Zugang hätten, kann es insbeson-dere für institutionelle Investoren interessant sein, einen Vertreter im Horizon Board zu haben.
Neben den sich, aufgrund der geschilderten Motivation, ergebenden Innovationsmöglichkeiten von Unternehmen, ist für Aktiengesellschaften bei der Einführung und Ausgestaltung von Horizon Boards der – durchaus starre – rechtliche Rahmen des Aufsichtsrechts zu beachten.

Die Möglichkeiten der Umsetzung bei Aktiengesellschaften,  insbesondere für institutionelle Investoren, aber auch die Grenzen sowie mit der Umsetzung zusammenhängende Risiken, sind Gegenstand des zweiten Teils dieses Artikels.​

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