The same procedure as every Koalitionsvertrag: Können verstärkte Bestrebungen zur Kriminalitätsbekämpfung tatsächlich zur Sicherung des Mittelstands führen?

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​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​veröffentlicht am 11. April​ 2025 | Lesedauer ca. 3 Minuten
 

Union und SPD haben am 9. April 2025 mitgeteilt, dass sie sich auf einen Koalitions­vertrag für die 21. Legislaturperiode verständigen konnten. Das rund 145 Seiten starke Dokument trägt den Titel „Verantwortung für Deutschland“. Die damit verbundene Verantwortung soll u.a. auch den Mittelstand durch intensivierte Kriminalitätsbe­kämpfung absichern. Im Folgenden werden einige der zentralen Vorhaben vorgestellt.

 

 

Modernisierung des Strafrechts

Ganz grundlegend kündigen die Koalitionspartner an, das Strafgesetzbuch (StGB) weiterzuentwickeln und zu prüfen, welche Vorschriften überflüssig seien und gestrichen werden könnten. Diese Ankündigung bleibt vage und lässt Klarheit insbesondere dahingehend vermissen, ob bzw. wie die künftige Regierung grundlegende Fragen, wie etwa das viel diskutierte Unternehmensstrafrecht, anzugehen gedenkt.
 

Bekämpfung von Geldwäsche und Finanzkriminalität

Einen zentralen Punkt bildet der entschiedene Kampf gegen Geldwäsche und Finanzkriminalität. Besonders stark in den Fokus der Koalitionspartner gerückt ist die Bekämpfung von Geldwäsche. Zu deren verbesserten Bekämpfung sehen die Koalitionspartner folgende Maßnahmen vor:
  • Bündelung von Kompetenzen des Bundes im Bereich der Finanzkriminalität
  • Erweiterung strafprozessualer Ermittlungsbefugnisse (§§ 100a ff. StPO)
  • Verbesserung des Austauschs und der Zusammenarbeit zwischen Bund, Ländern, nationalen und internationalen Organisationen, der EU und der europäischen Aufsichtsbehörde AMLA (Anti-Money Laundering Authority)
  • Schließung von Lücken im Transparenzregister hinsichtlich nicht bekannter wirtschaftlich Berechtigter
  • Schaffung eines Vermögensermittlungsverfahrens zur Sicherstellung verdächtiger Vermögensgegenstände von erheblichem Wert 
  • Erweiterung des Einziehungsverfahrens von Vermögenswerten ungeklärter Herkunft (inklusive Beweislastumkehr)
 
Konkreter werden die Koalitionspartner jedoch bislang lediglich hinsichtlich der erweiterten Ermittlungsbe­fugnisse sowie des Transparenzregisters. Sind u.a. im Zusammenhang mit der Eintragung ins Transparenz­register ein oder mehrere wirtschaftlich Berechtigte nicht zu ermitteln, so dürften Rechtsgeschäfte juristischer Personen, die den Betrag von 10.000 Euro netto überschritten, von geldwäscherechtlich Verpflichteten nicht getätigt werden.

Wie die übrigen – mintunter (zeit-)aufwändigen und kostenintensiven – Bestrebungen realisiert werden sollen, bleibt abzuwarten und wird sich in entsprechenden Gesetzesänderungen widerspiegeln.
  

Außenwirtschafts- und Sanktionsstrafrecht

Zwar sichern die Koalitionspartner auf europäischer Ebene zu, die effektive nationale Umsetzung der Sanktionen aufgrund des russischen Angriffskriegs weiterhin sicherzustellen. Jedoch finden die europäischen Bestrebungen zu einer Harmonierung des Außenwirtschaftsstrafrechts insoweit (noch) keine ausdrückliche Erwähnung.
 
Dies kann seinen Grund jedoch darin haben, dass die Koalitionspartner ohnehin einen eigenen Vorstoß, verheißungsvoll als „Paradigmenwechsel“ bezeichnet, wagen wollen: Hierzu plane man auf nationaler Ebene ein novelliertes Außenwirtschaftsgesetz. In diesem strebe man anstelle von durchgängigen Prüfungen eher stichprobenartige Kontrollen, verbunden mit empfindlichen Strafen bei Verstößen, an. Eine vorherige Exportgenehmigung sei dann nicht mehr erforderlich.
 
Der Vorstoß soll der Verschlankung des Ausfuhrprozesses dienen. Aus strafrechtlicher Sicht würde dies – je nach Art und Umfang der tatsächlichen Umsetzung – indessen bedeuten, dass für die Unternehmen mangels Genehmigungsprozess Interpretationsmöglichkeiten verbleiben, die erst durch die Ermittlungsbehörden (Zollfahndung bzw. Sachgebiete „Ahndung“ der Hauptzollämter sowie Staatsanwaltschaften) einer Prüfung zugeführt werden und dadurch ein nicht zu unterschätzendes strafrechtliches Risiko dort verbleibt. Ob hierdurch nicht lediglich eine Verlagerung von Verwaltungsaufwand erreicht wird, bleibt, auch angesichts der Personalkapazitäten, abzuwarten.
 

Bekämpfung von Cyberkriminalität

Ziel des Koalitionsvertrags sei es zudem, den Mittelstand vor Cyberangriffen besser zu schützen. Hierzu sollen u.a. das Bundeskriminalamt, die Bundespolizei und auch die Bereitschaftspolizei der Länder bei der Bekämpfung von Cyberkriminalität gestärkt werden. Dies wäre zumindest in der Sache zu begrüßen, da betroffene Unternehmen in der Vergangenheit behördenseits bislang mit wenig Hilfe rechnen konnten. 
Weiterhin wolle man das Cyberstrafrecht reformieren und bestehende Strafbarkeitslücken schließen.

Umweltkriminalität

Ohne diesen Begriff im Koalitionsvertrag näher zu erläutern, wollen die Koalitionspartner auch gegen Umweltkriminalität vorgehen, da gerade diese eines der wichtigsten Betätigungsfelder für die Organisierte Kriminalität darstelle und die Lebensgrundlagen bedrohe. In einem „Nationalen Aktionsplan“ verständige man sich auf Ziele und Maßnahmen für eine verstärkte Bekämpfung von Umweltkriminalität, wobei eine verstärkte europäische und internationale Zusammenarbeit als Fundament gesehen werde. Was insoweit konkret zu erwarten sein wird, insbesondere welche Sorgfaltspflichten auf Unternehmen zukommen könnten, darf mit Neugier erwartet werden.
 

Abschaffung des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes (LkSG)

Spannung wird dadurch aufgebaut, dass Union und SPD  die Abschaffung des nationalen LkSG in Aussicht stellen. Dies werde ersetzt durch ein „Gesetz über die internationale Unternehmensverantwortung“, das die Europäische Lieferkettenrichtlinie (CSDDD) bürokratiearm und vollzugsfreundlich umsetzten soll. Ob bzw. welche Sorgfaltspflichten damit künftig gleichwohl noch auf Unternehmen zukommen und welche davon bußgeldbewehrt sein sollen, wird gegenwärtig  noch offengelassen.
 

Fazit und Ausblick

Union und SPD übernehmen in ihrem Koalitionsvertrag für die 21. Legislaturperiode zumindest auf dem Papier die Verantwortung für Kriminalitätsbekämpfung in Deutschland. Programmatische Schwerpunkte liegen dabei offensichtlich auf der Geldwäschebekämpfung sowie dem Außenwirtschaftsrecht. 
 
Die für Koalitionsverhandlungen typische konsensorientierte Vagheit haftet allerdings auch dem vorliegenden Vertrag an. Die Bekämpfung Organisierter Kriminalität als solche ist sicherlich konsensfähig; ob die Koalitions­partner ihrer Verantwortung indessen gerecht werden, wird entscheidend von der Frage abhängen, wie stark Unternehmen bei der originär staatlichen Aufgabe der präventiven bzw. repressiven Gefahrenabwehr in die Pflicht genommen werden (dürfen).
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