Diffamierung im Internet: Wie Sie gegen Cybermobbing, Fake-Videos und Co. vorgehen

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​​​​​​​​​​​​​​veröffentlicht am 9. Oktober 2024 | Lesedauer ca. 4 Minuten


In der heutigen Zeit, in der Informationen rasend schnell verbreitet werden können, hat die öffentliche Diffamierung im Internet eine neue Dimension erreicht. Was früher auf gedruckte Medien und Mundpropaganda beschränkt war, kann heute insbeson­​dere über die sozialen Medien innerhalb von Sekunden Millionen von Menschen erreichen. Diese Form der Herabwürdigung kann schwerwiegende Auswirkungen auf das Leben der Betroffenen, aber auch für Unternehmen haben. Von der Rufschädigung bis hin zu psychischen Belastungen – die Folgen sind vielfältig und oft verheerend.



Fallstricke Social Media: Zunahme von Shitstorms und Fake-Videos

Das Video aus der Sylter Bar „Pony“, auf dem junge Menschen zu dem Lied „L‘amour toujours“ rassistische Paro­len grölen, beschäftigte ganz Deutschland. Die Frau, die das Video aufgenommen hat und Teil der johlen­den Partygesellschaft war, hatte in der Vergangenheit bei einem kleinen Hamburger Unternehmen gearbeitet. Sie war als Mitarbeiterin auf der Unternehmenswebseite aufgeführt und abgebildet. Das Unterneh­​men erntete in Folge einen heftigen Shitstorm und Kunden wollten Bestellungen stornieren. Wie sich später herausstellte, war die Frau aber seit über zwei Jahren nicht mehr bei besagtem Unternehmen beschäftigt, man hatte schlicht­weg versäumt das Foto und den Namen zu entfernen.

Kurz darauf kursierte ein zweites Video im Internet, welches wie eine Fortsetzung des ersten wirkt. Man sah tanzende Menschen im Bild und hörte die grölenden Partygänger zum Song „L‘amour toujours“.   Tatsächlich stammte diese Aufnahme jedoch aus dem Sylter Lokal „Sturmhaube“, auf dem die Abgebildeten harmlos zu einem Lied von ABBA tanzen. Dieses Fake-Video ist jedoch fatal für diejenigen, die dort als vermeintliche Rassisten fröhlich tanzend gezeigt werden – das Internet vergisst nicht.

Öffentliche Diffamierungen im Internet wie diese sind schon lange keine Einzelfälle mehr. Neben Shitstorms, Beleidigungen und Cybermobbing tauchen vermehrt Fake-Videos auf, die durch den Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) so real wirken können, dass kaum oder gar nicht mehr festzustellen ist, ob es sich um künstlich hergestellte oder reale Aufnahmen handelt. Über die sozialen Medien lassen sich solche sogenannten Deep​­fakes besonders schnell verbreiten. Die Beliebtheit und Reichweite der sozialen Medien, die Einfachheit des Verbreitens durch das Teilen von Inhalten sowie die Möglichkeit, mit Aliasnamen für Anonymität zu sorgen, bieten den Raum und Nährboden für Shitstorms und Rufschädigungen, Beleidigungen und Cybermobbing in bisher nicht gekanntem Umfang.

Effizientes Vorgehen gegen Diffamierung im Internet​

Wenn Sie oder Ihr Unternehmen Opfer solcher Diffamierungen werden, gibt es verschiedene Wege, wie sie da­gegen vorgehen können.

In einem ersten Schritt sollten Sie möglichst alle Umstände Ihres Falls festhalten und dokumentieren. Die An­fertigung von Screenshots oder die Anfertigung von sonstigen Bildschirmaufnahmen von den jeweiligen Beiträ­gen, Posts oder Videos sollten dabei eine wesentliche Aufgabe sein. Dabei achten Sie idealerweise darauf, dass das Anfertigungsdatum der jeweiligen Aufnahme in eben dieser selbst ersichtlich ist.

Zunächst können Sie Beiträge, Bilder, Videos oder Kommentare über die sozialen Medien selbst beim jeweiligen Betreiber der Plattform melden und so versuchen, sie sperren bzw. löschen zu lassen. Erfahrungen zeigen je­doch, dass diesen Bemühungen durch die Anbieter nur halbherzig Folge geleistet wird und daher nur bedingt erfolgsversprechend sind. Sie sollten sich hierdurch jedoch nicht abschrecken lassen und es keinesfalls dabei belassen, wenn Sie gegen inkriminierende Inhalte vorgehen möchten, denn Sie können sich sowohl zivil- als auch strafrechtlich gegen solche öffentliche Diffamierung wehren.

Strafrechtliches Vorgehen​

Cybermobbing oder beleidigende Beiträge können den Tatbestand der Beleidigung gemäß § 185 des Strafgesetz­​buches (StGB) erfüllen. Beleidigend sind Äußerungen, die eine Missachtung oder Nichtachtung eines anderen Menschen ausdrücken und von anderen Menschen wahrgenommen werden können.

Bei Beleidigungen von Einzelnen oder Gruppen wegen ihrer nationalen, rassischen, religiösen oder ethnischen Herkunft, ihrer Weltanschauung, ihrer Behinderung oder ihrer sexuellen Orientierung liegt zudem eine verhetz­ende Beleidigung nach § 192a StGB vor.

Bei der Behauptung von unwahren, rufschädigenden Tatsachen gegenüber Dritten liegt indes eine üble Nach­rede vor, die nach § 186 StGB strafbar ist. Selbst wenn derjenige, der die Tatsache behauptet, nicht weiß, dass diese unwahr ist, kann eine üble Nachrede vorliegen. Ist ihm hingegen bewusst, dass die Behauptung nicht wahr ist, kann eine Verleumdung nach § 187 StGB vorliegen.

Die Veröffentlichung von Fotos und Videos verstößt möglicherweise gegen § 201a StGB. Danach ist es verboten, unbefugt Bildaufnahmen von Dritten in besonders geschützten Räumen (z. B. die eigene Wohnung) herzu­​stel­len und zu verbreiten. Fotos und „Selfies“, die in diesen Räumen angefertigt wurden, dürfen nicht ohne Erlaub­nis der Abgebildeten an Dritte weitergegeben werden. Umfasst eine Videoaufnahme eine Tonspur, kann da­durch auch eine Verletzung der „Vertraulichkeit des Wortes“ nach § 201 StGB vorliegen.

Gegen diese Straftaten können Sie bei der Polizei Strafanzeige erstatten. Das geht mittlerweile auch online. Wichtig ist, dass Sie zusätzlich auch einen Strafantrag stellen müssen, damit tatsächlich ermittelt wird. Gerne unterstützen wir Sie bei der Stellung von Strafanzeige und Strafantrag.

Zivilrechtliches Vorgehen​

Fake-Videos, -Bilder und -Tonaufnahmen (auch in Form von Deepfakes) verstoßen in der Regel gegen das allge­meine Persönlichkeitsrecht. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht ist ein in Deutschland durch Artikel 1 Absatz 1 und Artikel 2 Absatz 1 Grundgesetz (GG) verfassungsmäßig garantiertes Grundrecht und zugleich zivilrechtlich nach § 823 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) geschützt. Es schützt das Recht am eigenen Bild, am eigenen Wort und an der eigenen Stimme. Auch die Ehre sowie die Privatsphäre eines Menschen werden vom allgemeinen Persönlichkeitsrecht geschützt. 

Dabei gilt dieses Persönlichkeitsrecht jedoch nicht nur für natürliche Personen. Auch einem Unternehmen steht ein solches, wenn auch sicherlich etwas eingeschränktes Persönlichkeitsrecht zu. Dieses Unternehmens­​​persönlichkeitsrecht schützt den sozialen Geltungs- und Achtungsbereich eines Unternehmens.

Weiterhin schützt § 22 Kunst-Urhebergesetz (KUG) das sog. Recht am eigenen Bild. Danach dürfen Bildnisse nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden. Das Recht am eigen­en Bild beruht auf dem Gedanken, dass nur dem Abgebildeten die Verfügung über das eigene Bild zuste­hen soll. Wer ohne Einwilligung Bildnisse im Internet verbreitet, macht sich strafbar. Ausnahmen gelten z. B. für bekannte Persönlichkeiten.

Gestützt auf die Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts, das Unternehmenspersönlichkeitsrecht oder das Recht am eigenen Bild gem. § 22 KUG können die Verletzer zur Unterlassung einschließlich der Abga­be einer strafbewehrten Unterlassungserklärung aufgefordert werden. Neben den sonstigen presserechtlichen Ansprüchen wie Widerruf und Gegendarstellung besteht unter Umständen zusätzlich ein Anspruch auf Geld­ent­schädigung, jedoch in der Regel auch immer ein Anspruch auf Schadensersatz.

Gerne beraten und unterstützen wir Sie beim zivilrechtlichen Vorgehen gegen eine öffentliche Diffamierung im Internet.

Checkliste: Vorgehen gegen öffentliche Diffamierung im Internet

1. Dokumentation: Notieren sämtlicher Daten, Fakten und sonstiger Informationen über die Diffamierung und Täter; Fertigung von Screenshots
2. Meldung bei der sozialen Plattform: Antrag auf Sperrung oder Löschung der Inhalte
3. Rechtliche Beratung: Zum weiteren straf- und zivilrechtlichen Vorgehen sollten Sie einen Anwalt zu Rate ziehen.
4. Strafrechtliches Vorgehen: Erstattung einer Strafanzeige und Stellung einer Strafanzeige gegen die Diffamierung 
5. Zivilrechtliches Vorgehen: Aufforderung zur Unterlassung und Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungs­erklärung; ggf. Forderung von Schadensersatz und Schmerzensgeld.


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