Frankreich: Trend zu Rekordbeträgen bei strafrechtlichen Transaktionen wegen Steuerbetrugs

PrintMailRate-it

veröffentlicht am 6. April 2023 | Lesedauer ca. 2 Minuten


In Frankreich geht der Trend immer mehr dahin, strafrechtliche Bußgelder bei Steuer­betrug, und zwar neben den Steuernachzahlungen und Steuerstrafzuschlägen, zu verhängen, da diese für den Staat einen immer größeren finanziellen Ertrag bedeuten. In der Tat wurden kürzlich sehr große Unternehmen wie Carmignac Gestion, Google oder JP Morgan Chase in Frankreich wegen Steuerhinterziehung oder Beihilfe zur Steuerhinterziehung verklagt. 

   
Es sei daran erinnert, dass ein Strafverfahren wegen Steuerbetrugs entweder durch die Einreichung einer Strafanzeige wegen Steuerbetrugs oder durch eine obligatorische Anzeige der Steuerbehörde bei der Staats­anwaltschaft wegen Steuerbetrugs eingeleitet werden kann, wenn insbesondere die Mehrbesteuerung 100.000 Euro übersteigt und zudem die Anwendung von spezifischen Strafzuschlägen eintrifft (mit prozentualen Schwellen­werten, die je nach Situation variieren).
 
Neben den Nachsteuern und Strafzuschlägen, die im Rahmen einer Steuerberichtigung sehr hoch ausfallen können, kann also ein Strafverfahren wegen Steuerbetrugs zu Geldstrafen führen, welche bis zum Zehnfachen der Einnahmen aus der Steuerstraftat betragen können (ungeachtet anderer Strafen, insbesondere Freiheits­strafen).
 
Juristische Personen, die in diesem Zusammenhang strafrechtlich verfolgt werden, greifen immer häufiger auf das sog. Judizielle Abkommen für das Allgemeinwohl (CJIP) zurück. Dieses ermöglicht es der Staats­anwalt­schaft, sich mit dem Steuerzahler auf die Zahlung einer Geldstrafe zu einigen, die in einem angemessenen Verhältnis zu den Vorteilen aus den festgestellten Verstößen steht, jedoch nicht mehr als 30 % des durch­schnittlichen Umsatzes der letzten drei Geschäftsjahre betragen darf, und dies alles ohne Schulderklärung des verfolgten Unternehmens, sondern vorbehaltlich einer Bestätigung durch den Richter.
 
Zu Informationszwecken sollte noch erwähnt werden, dass der Abschluss eines CJIP theoretisch zu einer Compliance-Strafe führen kann, die sicherstellen soll, dass ein Compliance-Programm, das die Wiederholung von strafbaren Praktiken verhindern soll, existiert, qualitativ ist und effektiv umgesetzt wird.
 
Da das Strafverfahren grundsätzlich parallel zum Steuerberichtigungsverfahren verläuft, verlangen die jüngsten Leitlinien der Finanzstaatsanwaltschaft (PNF), dass vor oder gleichzeitig mit dem Abschluss eines CJIP ein steuerliches Ergebnis zwischen dem Steuerzahler und der Steuerbehörde gefunden werden muss.
 
Im Mai 2022 wurde mit mehreren Unternehmen des McDonald's-Konzerns ein Rekord CJIP in Höhe von 1,25 Milliarden Euro abgeschlossen, einschließlich der an den Fiskus zurückzuzahlenden Steuerberichtigungen und Strafzuschläge. Zum Vergleich: Google hatte ein CJIP in Höhe von 500 Millionen Euro abgeschlossen.
 
In diesem McDonald's-Fall wurde die Klage u.a. vom Betriebsrat eines der Unternehmen der Gruppe in Frankreich initiiert. Sehr vereinfacht dargestellt, ging es bei den Klagen insbesondere um die Tatsache, dass die Master-Franchise-Gebühr, die auf den Umsatz der in Frankreich betriebenen Restaurants berechnet wurde, von 5 % auf 10 % erhöht wurde und nun nicht mehr an den amerikanischen Konzern, sondern an eine luxemburgische Gesellschaft der Gruppe gezahlt wurde. Unter anderem aufgrund dieser Änderung der Verrechnungspreispolitik waren die Kläger und die französischen Steuerbehörden der Ansicht, dass es sich hierbei um eine künstliche Verringerung der Frankreich zuzurechnenden Gewinne handelte.
 
Erst kürzlich berichtete die Presse (Le Monde, 28. März 2023) von mehreren gleichzeitigen Durchsuchungen, die am 28. März in Paris und La Défense bei verschiedenen Großbanken stattgefunden haben sollen. Ohne die betroffenen Banken direkt zu nennen, bestätigte eine Pressemitteilung des PNF vom selben Tag, dass diese Durchsuchungen im Rahmen von Vorermittlungen im Zusammenhang mit dem "CumCum"-Schema statt­gefunden hätten. An den Durchsuchungen sollen 150 Ermittler der Finanzuntersuchungsbehörde (SEJF), welche dem Finanzministerium angegliedert ist, 16 auf die verschiedenen Standorte verteilte Staatsanwälte, sowie 6 deutsche Staatsanwälte der Staatsanwaltschaft Köln (im Rahmen der zwischen Frankreich und Deutschland eingeleiteten Rechtshilfe), teilgenommen haben.
 
In seiner Pressemitteilung erklärt der PNF, dass die "CumCum"-Praxis darin besteht, dass ein ausländischer Aktionär eines in Frankreich börsennotierten Unternehmens die von ihm gehaltenen Wertpapiere um den Zeitpunkt der Dividendenzahlung herum vorübergehend an ein französisches Bankinstitut überträgt, um die Zahlung der auf die Dividendenzahlung erhobenen Quellensteuer zu umgehen.
 
Sollten diese Durchsuchungen zu belastendem Material führen, ist es wahrscheinlich, dass mit der/den künftig angeklagten Finanz Institut(en) ein oder mehrere CJIPs geschlossen werden.
 
Der strafrechtliche Aspekt, insbesondere wegen seiner potenziell bedeutenden zusätzlichen finanziellen Folgen, gewinnt daher in Fällen von Steuerhinterziehung, neben den eigentlichen Steuerberichtigungen, zunehmend an Bedeutung.
Befehle des Menübands überspringen
Zum Hauptinhalt wechseln
Deutschland Weltweit Search Menu