Framing: Zulässige Einschränkung in Lizenzbedingungen

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veröffentlicht am 21. Mai 2021 | Lesedauer ca. 3 Minuten

von Mariana Bauer und Daniela Jochim

  

Für die legitime Nutzung eines Werkes – sei es ein Foto, ein Bild oder eine Skulptur – benötigt man die Erlaubnis des Urhebers. Einen solchen Lizenzvertrag zu schließen und das gewünschte Werk entsprechend den Vertragsbedingungen zu nutzen, er­scheint auf den ersten Blick nicht kompliziert. Wenn es um Musik oder Kulturobjekte geht, steht die Lizenzvergabe jedoch sehr oft den Verwertungsgesellschaften (z.B. VG Wort, GEMA) zu. Sie nehmen treuhänderisch für eine große Anzahl von Urhebern deren Rechte kollektiv wahr.

  

  
  
Verwertungsgesellschaften sind dabei gesetzlich verpflichtet, jedermann auf Verlangen zu angemessenen Bedingungen Nutzungsrechte einzuräumen1. Wie aber funktioniert das in der Praxis? Kann tatsächlich jeder­mann bei einer Verwertungsgesellschaft eine Lizenz erhalten? Welche Bedingungen gelten dabei als  „ange­messen“?

 

Relevant wurden dieFragen in einem aktuellem Fall, in dem es um die Frage ging, ob Verwertungsgesell­schaf­ten von ihren Lizenznehmern das so.e „Framing“ verbieten können. Dafür hat der Europäische Gerichtshof nun Leitlinien aufgestellt (vgl. EuGH, Urteil vom 9. März 2021, C-392/19). Ausgangspunkt war folgender Fall in Deutschland:

 

Grenzen angemessener  Lizenzbedingungen: Streit um Framing

Die Stiftung Preußischer Kulturbesitz (SPK) führt eine Deutsche Digitale Bibliothek, die eine Online-Plattform für Kultur und Wissen anbietet. Auf der Webseite der SPK werden digitalisierte Inhalte auf die Webportale der zuliefernden Einrichtungen verlinkt. Dies geschieht über Vorschaubilder (Thumbnails), d.h. verkleinerte Versionen der Bilder in Originalgröße, die zum Teil urheberrechtlich geschützt sind. Bei Anklicken des Links „Objekt beim Datengeber anzeigen“ wird der Nutzer auf die Seite der jeweiligen zuliefernden Einrichtung weitergeleitet.

 

Um rechtlich auch das Repertoire der geschützten Werke nutzen zu können, wandte sich die SPK an die Verwertungsgesellschaft VG Bild-Kunst, um einen Lizenzvertrag abzuschließen. Die VG Bild-Kunst forderte dabei von der SPK, bei der Nutzung der jeweiligen Werke in Form von Vorschaubildern technische Maßnahmen gegen Framing  zu ergreifen. Framing ist eine Technologie, welche es erlaubt, auf einer Website den Inhalt anderer Websites zu sehen, ohne zur ursprünglichen Webseite weitergeleitet zu werden.

 

Da die SPK diese Bedingung nicht für angemessen (weil sehr kostenintensiv) hielt, erhob sie Klage, um die VG Bild-Kunst zu verpflichten, mit ihr einen Lizenzvertrag ohne genannte Bedingungen abzuschließen.

 

Suche nach Orientierung beim Gerichtshof der Europäischen Union

Die Klage hatte vor dem Kammergericht Berlin in zweiter Instanz Erfolg (KG, Urt. v. 18. Juni 2018, Az. 24 U 146/17). Das Gericht sah – in Übereinstimmung mit den (bisherigen) Vorgaben des EuGH – im Framing keine urheberrechtlich relevante Nutzungshandlung, gegen die der Urheber geschützt werden müsse. Die von der VG Bild-Kunst geforderte Klausel sei deshalb keine angemessene Lizenzbedingung.

 

Der Fall kam schließlich zum Bundesgerichtshof (BGH), der Zweifel an der richtigen Interpretation der europa­rechtlichen Grundlagen hatte. Der BGH legte deshalb dem EuGH die Frage vor, ob es sich um eine  öffentliche Wiedergabe im Sinne des Urheberrechts2 handelt, wenn Framing erfolgt, obwohl der Urheber beschränkende Maßnahmen dagegen getroffen hat. Nur dann käme nämlich den Urhebern bzw. Verwertungsgesellschaften das Recht zu, das Framing in Lizenzbedingungen zu beschränken.

 
Der EuGH führte zunächst aus, dass die Größe eines Werkes (verkleinerte Werke oder ein Werk in Original­größe) für die rechtliche Beurteilung keine Rolle spielt. Vielmehr müsse jede öffentliche Wiedergabe eines Werkes vom Urheber erlaubt werden. Die initiale Wiedergabe eines Werkes auf der Ausgangswebsite und die nachfolgende Zugänglichmachung auf der anderen Website im Wege der Framing-Technik stellen dabei unterschiedliche öffentliche Wiedergaben dar, die jeweils einer gesonderten Erlaubnis des Urhebers bedürfen. Dies gilt jedenfalls dann, so der EuGH, wenn der Rechteinhaber beschränkende Maßnahmen gegen Framing getroffen oder veranlasst hat. In diesem Fall stelle die Einbettung eines urheberrechtlich geschützten Werkes auf der Website eines Dritten durch Framing eine „Zugänglichmachung des jeweiligen Werkes für ein neues Publikum“ dar. Auch diese Handlung bedürfe damit als öffentliche Widergabe der Erlaubnis der betreffenden Rechteinhaber, weil deren Schutz sonst leerliefe und der Urheber sonst nicht in angemessener Weise wirtschaftlich an der Verwertung seines Werks partizipieren könne.

 

Fazit: Einschränkung von Framing zulässig

Mit der aktuellen Entscheidung rückt der EuGH die Interessen der Urheber stärker in den Fokus. Er stellt ausdrücklich klar, dass technische Schutzmaßnahmen gegen Framing zulässig sind und das auch von Lizenznehmern gefordert werden kann, wenn deren Werknutzung eine Umgehung von Schutzmaßnahmen darstellt.

 
Auf dieser Grundlage hat nun der BGH zu entscheiden, ob die von der VG Bild-Kunst geforderte Klausel eine angemessene Lizenzbedingung darstellt. Entscheidend könnte im konkreten Fall die Tatsache sein, dass die Vorschaubilder im Portal der SPK jeweils bereits auf den Webseiten der zuliefernden Einrichtungen, auf die verlinkt wurde, frei zugänglich waren. Ob man unter diesen Voraussetzungen tatsächlich von der Stiftung technische Schutzvorrichtungen verlangen kann, erscheint fraglich. Denn wenn die Vorschaubilder ohnehin bereits ohne Beschränkung für jedermann im Internet öffentlich zugänglich sind, liegt die Annahme nahe, dass durch die Tätigkeit der SPK gerade kein neues Publikum erschlossen wird.

 

Es wird also auch zukünftig stark vom Einzelfall abhängen, ob und welche beschränkende Lizenzbedingungen Verwertungsgesellschaften von Lizenznehmern fordern können.




1 Vgl. § 34 Abs. 1 des Gesetzes über die Wahrnehmung von Urheberrechten und verwandten Schutzrechten durch Verwertungsgesellschaften (VGG).

2 Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG.

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