ESG Reporting – Wo kommen all die Daten her?

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​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​aktualisiert am 17. September 2024 I Lesedauer ca. 2 Minuten


Sich mit Nachhaltigkeit zu beschäftigen ist für kein Unternehmen verkehrt. Die Grenzen von 250 Mitarbeitern und / oder mehr als 50 Mio Euro Umsatz und / oder eine Bilanzsumme von mehr als 25 Mio Euro betreffen dann aber doch mehr Unter­nehmen, als auf den ersten Blick vielleicht vermutet. Da fällt der größere mittelstän­dische Sanitärbetrieb genauso darunter wie eine lokale Einzelhandelskette oder ein größerer Franchisenehmer bekannter Gastro-Marken. Man geht im Moment von 50.000 Unternehmen in der EU und alleine 15.000 Unternehmen in Deutschland aus, die Berichte nach der Corporate Sustainability Reporting Directive (und damit den ESRS-Standards) erstellen müssen. Die Einführung kommt zwar schrittweise und es gibt auch temporäre Vereinfachungen. Was aber immer bleibt, ist eine riesige Heraus​­forderung für das Management aber auch für jeden Mitarbeitenden. Denn die Daten­erhe­bung findet nicht nur in Büroräumen des Managements, sondern eher in den Werks­hallen und operativen Einheiten statt.




Über 1.000 Datenpunkte sind es, die erhoben werden müssen, davon über 250 zumindest freiwillig. Dass es hier nicht ausreicht, jedes Jahr wieder von Neuem mit vermutlich erheblichem Personaleinsatz Daten zu sam­meln und für den Bericht aufzubereiten, ist den meisten Unternehmen bereits klar. Zu jedem Datenpunkt braucht es eine Dokumentation, wie die Daten – möglichst automatisch – erhoben werden, wo genau sie her­kommen, wie sie verifiziert werden und wie diese Daten am Ende zusammengetragen und für den Bericht auf­bereitet werden. Wird der Bericht später geprüft, schaut der Prüfer darauf, ob der Prozess im Rahmen eines Internen Kontroll-Systems (IKS) angemessen und wirksam für den Prüfungszeitraum eingesetzt wurde. In den Folgejahren wird der Prüfer auch darauf schauen, ob sich ggf. die Erhebungsmethode laufend ändert. Denn ein immer wieder manuell oder unterschiedlich durchgeführter Prozess kann ein höheres Risiko in sich tragen als ein Prozess der (automatisch) Daten von einer bestimmten Quelle anzapft.


Exakt vorhersagen kann man es für kein Unternehmen, es ist allerdings davon auszugehen, dass ein gutes Drittel – wenn nicht mehr – der Daten aus den schon vorhandenen ERP-Systemen kommt. Dazu zählt die Buch­haltung genauso wie eine HR-Management-System oder die Systeme, in denen die Löhne und Gehälter gerech­net werden. Gegebenenfalls müssen für die Datenpunkte neue Datenfelder eingeführt werden, bei denen Bewe­​­­gungsdaten oder auch Stammdaten erweitert werden. Je internationaler ein Unternehmen aufgestellt ist, desto komplexer ist meist die IT-Infrastruktur und desto komplexer werden die Prozesse zur Datenerhebung.


Wenn wir beispielsweise Scope 2-Emissionen erheben wollen – das sind indirekte Emissionen, die durch den Verbrauch von eingekaufter Energie wie Strom, Heizung oder Kühlung entstehen sowie die Energie die für den eigenen Fuhrpark eingekauft wird – dann hilft der Blick in die Buchhaltung. Energielieferanten wie z.B. lokale Stadtwerke werden ihre Leistungen irgendwann fakturieren. Entweder steht bereits ein CO2-Wert in der Rech­nung oder man bedient sich bestimmter Umrechnungsfaktoren. Wenn die Erfassung solcher Rechnungen – egal ob für Gas, Strom, Öl oder andere Energieträger – auf entsprechenden Konten separat ermittelt wird, lassen sich diese recht schnell auswerten und verwenden. Global kann über einen entsprechenden Kontenplan und ein Mapping zu ggf. notwendigen lokalen Kontenplänen und natürlich mit Hilfe entsprechender Buchungs­an­weisungen sicherstellen, dass in allen Ländern und Einheiten eine einheitliche Erfassung solcher Transak​­tio­nen sichergestellt ist.


Perspektivisch wäre bei dieser Art von Daten auch hilfreich, wenn CO2-Werte, die in Rechnungen durch den Lieferanten gleich angegeben werden auch zugleich mit der Rechnung im ERP-System erfasst werden. Einfach wie ein zusätzlicher Buchungstext. Oder soweit CO2-Werte nicht mitgeliefert werden – wenn durch die Erfas­sung des Verbrauchswertes und einer hinterlegten möglichst global einheitlichen Umrechnungstabelle die Ver­brauchswerte dann zu CO2-Werten umgerechnet werden. In jedem Fall muss sich der Prüfer allerdings auch Prüfungshandlungen für die Prüfung von durch den Lieferanten angegeben Werten überlegen. 
 
In Ländern, in denen elektronische Rechnungsformate bereits eingeführt sind oder gerade eingeführt werden, täte der Gesetzgeber gut daran wenn – zumindest für bestimmte Lieferungen und Leistungen wie z.B. Energie­träger – auch die Verbrauchswerte oder sogar direkt CO2-Werte zu den Pflichtangaben gehören würden. 

Ressourcen in Buchhaltungsabteilungen sind knapp und es gilt zu verhindern, dass engagierte ESG-Verant­wortliche sich und die operativen Mitarbeitenden in der Buchhaltung oder dem Shared Service Center mit der Suche und Verfolgung von Daten, einzelnen Rechnungen, Ansprechpartnern bei Lieferanten und Bewerten von Informationen verzetteln. Auch wenn es umfangreich ist, die Definition der Datenpunkte macht zumindest das Vorgehen klar: Zu jedem Datenpunkt sind die fünf Schritte durchzuführen und zu dokumentieren: Dateniden­tifizierung (woher?), Datenerhebung (wie?), Validierung und Verifizierung, Aufbereitung und ggf. Konsolidierung und im Anschluss die Kommunikation und Berichterstattung. Und dies idealerweise dann in einem einheit­lichen IT-System für das ESG-Reporting umzusetzen.

Aber nicht nur die Buchhaltung ist eine wichtige Quelle für Daten, Sozialstandards werden durch HR-Systeme und Payroll-Systeme gefüttert. Die meisten Datenpunkte betreffen zwar sogenannte narrative Datentypen, das heißt, es müssen Schilderungen und Erklärungen also quasi Policies zu bestimmten Themen abgegeben wer­den. Aber gerade Daten, die in einem HR-System oder Payroll-System abgelegt und dann ausgelesen werden, müssen dort ggf. dezentral auch erst einmal erfasst werden.

 

Viele Mandanten setzen zwar globale HR-Systeme ein, oft aber nicht in allen Ländern. Anzahl von Schulungs­stunden, Daten für eine Paygap-Analyse etc. können dann doch wieder nicht „auf Knopfdruck” erfolgen, son­dern müssen mühsam über Systeme hinweg eingesammelt werden und das jedes Jahr von Neuem. Auch hier sollten alle Datenpunkte einmalig auf Ursprung und Prozess hin beleuchtet und beplant werden. Oft sind es einfache Schnittstellen mit vorhandenen Tools, die eingesetzt werden können, um bestimmte Datenfelder z.B. aus Mitarbeiterstammdaten aus verschiedenen Vorsystemen in einem System oder notfalls einer Excel Datei voll- oder halbautomatisch zu sammeln. 


Diese Vorarbeiten müssen jetzt stattfinden! In der „List of ESRS Data Points” gibt es eine Vielzahl von „quick wins” oder „low hanging fruits”, durch die man den ersten Schock über die Vielzahl der Datenpunkte schon etwas abmildern kann. Diese Hausaufgaben haben viele große Unternehmen mit ihren ausgebauten ESG-Abtei­lungen bereits hinter sich. Der Vielzahl der neuen Anwender steht dies allerdings noch bevor. 

Aus dem Entrepreneur

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Ulrich Schäfer

Wirtschaftsprüfer, Steuerberater

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