Zu viel Pragmatismus bei der Umsetzung des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes?

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​​​​​​​​​​​​​veröffentlicht am 17​. September 2024 | Lesedauer ca. 3 Minuten


Am 5. Juli 2024 wurde die Richtlinie über die Sorgfaltspflichten von Unternehmen im Hinblick auf die Nachhaltigkeit (CSDDD) im Amtsblatt der Europäischen Union ver­​öffentlicht. In Kraft getreten ist diese dann am 25. Juli 2024. Ebenfalls am 5. Juli 2024 haben die Bundesminister Christian Lindner und Robert Habeck auf der Pressekon­ferenz zur Einigung zum Haushalt 2025 einige Änderungen zum Liefer­​ketten­​sorgfalts­pflichtengesetz (LkSG) angekündigt. Im Rahmen der sog. Wachstumsinitiative soll das LkSG stärker am Fahrplan der CSDDD und der verpflichtenden Nachhaltig­​​​​​​​keits​­be­richt­erstattung im Rahmen der CSRD orientiert werden. Die zu erwartenden Änderun​­gen, die darauf abzielen, einzelne Regelungen des LkSG in Teilen (vorübergehend) zurückzufahren, werden nachfolgend skizziert. Dabei sollte nicht aus den Augen verloren werden, dass durch die CSDDD in absehbarer Zeit mit einer deutlichen Verschärfung der Lieferketten-Compliance zu rechnen ist.​



Was soll sich konkret ändern?

Unter dem Motto „Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz pragmatisch umsetzen“ soll insbesondere der Anwen­dungsbereich des LkSG so angepasst werden, dass er sich an dem Fahrplan der CSDDD orientiert. Konkret bedeutet dies, dass das LkSG ab 2027 für Unternehmen mit mehr als 5.000 Beschäftigten weltweit und 1.500 Millionen Euro Umsatz gelten wird; ab 2028 für Unternehmen mit mehr als 3.000 Beschäftigten weltweit und 900 Millionen Euro Umsatz und ab 2029 für Unternehmen mit mehr als 1.000 Beschäftigten weltweit und 450 Millionen Euro Umsatz.

Zudem sollen die Regelungen der CSDDD erst zum spätesten europarechtlich möglichen Zeitpunkt in deut­sches Recht umgesetzt werden, insbesondere die zivilrechtliche Haftung für Verstöße gegen die Lieferketten­sorgfaltspflichten. Ob dies aber die erhoffte Wirkung erzielt, bleibt abzuwarten, denn schon nach allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätzen ist eine solche Haftung nicht per se ausgeschlossen. Eine frühzeitige Umsetzung der CSDDD hingegen könnte Unternehmen zu mehr Rechtssicherheit verhelfen.

Weiter sollen Unternehmen ab Inkrafttreten der Regelungen zur verpflichtenden Nachhaltigkeitsbericht­​er­stattung (CSRD) zum 1. Januar 2025 ihre nach LkSG bestehende Berichtspflicht an das zuständige Bundesamt (BAFA) durch eine Berichterstattung im Rahmen der nach CSRD erforderlichen Berichte ersetzen dürfen. Für die Berichtspflicht nach LkSG hatte das BAFA bereits verkündet, solche Berichte erstmalig zum 1. Januar 2025 prüfen und etwaige Verstöße gegen die Berichtspflicht bis dahin nicht sanktionieren zu wollen. Dies wird nun durch die Bundesregierung erneut betont, wenngleich schon der aktuelle Regierungsentwurf zur Umsetzung der CSRD ins deutsche Recht eine Fristverlängerung für die Berichterstattung zum 31. Dezember 2025 vorsieht. Weiter will sich die Bundesregierung dafür einsetzen, den Umfang der Berichtspflichten unter CSRD zu redu­zieren.

Diese Maßnahmen als Bürokratieabbau zu beschreiben ist vollmundig und ob sie dann tatsächlich zu einer Entlastung, hinsichtlich der mit LKSG und CSDDD verbundenen unternehmerischen Sorgfaltspflichten zum Schutz von Menschenrechten und Umwelt führen, ist fraglich. Denn unabhängig von einer Umsetzung der Ankündigungen der Bundesregierung in das deutsche Recht ist zu beachten, dass die Pflichten des LkSG durch die Pläne der Bundesregierung nicht entfallen, sie werden allenfalls hinausgezögert.

Was könnte problematisch sein?

Die Frage, ob die Bundesregierung ihren Ankündigungen vor dem Hintergrund der europäischen Regelungen tatsächlich gerecht werden kann, bleibt allerdings offen. Art 1 Abs. 2 der CSDDD besagt, dass die Richtlinie nicht als Rechtfertigung für eine Senkung des in den Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten oder des in den zum Zeitpunkt der Annahme der Richtlinie geltenden Tarifverträgen vorgesehenen Niveaus des Schutzes der Menschenrechte, Beschäftigungs- und sozialen Rechte oder des Umwelt- oder Klimaschutzes dienen darf. Insofern wird zu abzuwarten sein, ob die Regelungen des LkSG zum gegenwärtigen Zeitpunkt überhaupt noch reduziert werden können. 

Was folgt daraus?

Die Betonung einer pragmatischen Umsetzung des LkSG täuscht darüber hinweg, dass sich die Pflichten nach LkSG durch eine Anpassung des deutschen Rechtsrahmens an die CSDDD nicht erledigen. Im Gegenteil – die Pflicht zur Umsetzung der europäischen Vorgaben bleibt weiterhin bestehen und wird perspektivisch eher zu einer Verschärfung der Lieferketten-Compliance führen. Die Aussagen der Bundesminister sind also nicht dahingehend zu verstehen, dass Regelungen des LkSG nunmehr hinfällig sind. 

Zahlreiche Unternehmen setzen das LKSG bereits um und haben unternehmensintern entsprechende Kapazi­täten und Wissen aufgebaut. Dieser Wissens- und Ressourcenaufbau bleibt vor dem Hintergrund der Pflichten der CSDDD, die zeitnah in nationales Recht umgesetzt werden müssen, auch weiterhin relevant und wertvoll. Diesen Aspekt adressieren die jüngsten Ankündigungen der Bundesregierung nicht. 

Hoffnung macht die Wachstumsinitiative der Bundesregierung aber durch ihre Ankündigung, verbindliche Standards festlegen zu wollen, nach denen Unternehmen für ihre Informationsgewinnung bei KMU in der Liefer­kette Informationen abfragen dürfen, um so für die vielen kleinen Unternehmen, die nur nachgelagert betroffen sind, eine spürbare Erleichterung zu schaffen. Sollte dies gelingen, mag man mit den Worten der Bundesminister tatsächlich von einer „Weiterentwicklung“ des LkSG sprechen.​​​

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