Aufsichtsratsvergütungen – Vorsicht bei der Besteuerung

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zuletzt aktualisiert am 3. November 2021 | Lesedauer ca. 3 Minuten
  
​In Deutschland müssen Gesellschaften mit folgender Rechtsform zwingend einen Aufsichtsrat haben: AG, KGaA, Genossenschaften sowie GmbH mit mehr als 500 bzw. 2.000 Arbeitnehmern bzw. im Falle bestimmter Branchenzugehörigkeit. Darüber hinaus können Gesellschaften freiwillig einen Aufsichtsrat oder ein aufsichtsrats­ähnliches Organ (z.B. Beirat) mit der Überwachung der Geschäftsführung berufen. 
 
Dabei unterliegen die Aufsichtsratsvergütungen bzw. Aufwandsentschädigungen einer komplexen steuerlichen Behandlung, die von der Gesellschaft und den Auf­sichts­ratsmitgliedern zu berück­sichtigen sind. Besonders differenziert zu betrachten ist die Umsatzsteuerpflicht des Aufsichtsratsmitglieds, die sich nach dem sog. „Vergütungs­risiko” richtet. Auf Ebene der Körperschaft können die Vergütungen regelmäßig nur zur Hälfte steuerlich abgezogen werden, während sie bei den Aufsichtsratsmitglieder voll steuerpflichtig sind. In bestimmten Fällen können die Steuerbelastungen jedoch gestalterisch reduziert werden.
 
 
Nachstehend ein kurzer Überblick über die Unterschiede der steuerlichen Behandlung bei der beaufsichtigten Gesell­schaft und den Aufsichtsratsmitgliedern in Deutschland.
 

(Teil-)Abzugsverbot

Aufsichtsratsvergütungen bzw. Aufwandsentschädigungen sind steuerliche Betriebsausgaben, die bei der auszahlenden Körperschaft nur zur Hälfte steuermindernd berücksichtigt werden dürfen (§ 10 Nr. 4 KStG). Dieses (Teil-)Abzugsverbot gilt sowohl bei gesetzlich vorgeschriebenen als auch bei freiwilligen Über­wachungs­organen. Bei der GmbH & Co. KG gilt das ebenfalls, wenn der Aufsichtsrat auf Ebene der Komplementär-GmbH bestellt ist.
 
Der volle Steuerabzug kann dadurch gewährleistet werden, dass auf Ebene der Kommanditgesellschaft ein überwachender Beirat bestellt wird. Sind die Beiratsmitglieder zugleich Gesellschafter, sind die Vergütungen bzw. Entschädigungen allerdings sog. „gewerbliche Sondereinkünfte”.
 
Vom (Teil-)Abzugsverbot erfasst werden Vergütungen für Personen, die faktisch und überwiegend Über­wachungs- und Kontrolltätigkeiten ausüben. Dieses Abzugsverbot greift grundsätzlich auch, wenn die Be­troffenen (z.B. bei der Feststellung des Jahresabschlusses oder Entlastungen) ein Votum gegenüber der Gesell­schafterversammlung abgeben können, da hierfür die Geschäftsführung bewertet werden muss. Um den vollen Abzug zu gewährleisten, sollten solche Zustimmungs- oder Vorschlagsrechte daher vermieden werden. Sofern die Beratungstätigkeit überwiegt, könnten alternativ auch Beraterverträge abgeschlossen werden, bei denen die Vergütungen steuerlich voll abzugsfähig sind.
   
Sachlich erfasst werden vom Abzugsverbot Vergütungen „jeder Art”, die als Entgelt für die Überwachung der Geschäftsführung gewährt werden, wie:
  • Einmalige oder laufende Vergütungen für die Überwachung;
  • Tagegelder, Sitzungsgelder, Reisegelder, Aufwandsentschädigungen;
  • Geldwerte Vorteile wie Wohnung, Kost, Altersversorgung, PKW;
  • Übernommene Aufsichtsratsteuer nach § 50a EStG.

 

Folgende Vergütungen werden hingegen nicht vom Abzugsverbot erfasst:
  • Tatsächliche Fahrt- und Übernachtungskosten, Verpflegungsmehraufwendungen;
  • Bereitstellung von Büroräumen, Personal im Unternehmen (jedoch nicht extern);
  • Bereitstellung eines PKW „auf Abruf”;
  • Aufsichtsratsspezifische Seminare.

 

Soweit Aufsichtsräte noch andere Aufgaben wahrnehmen, sind diese vorsorglich klar von der Überwachungs­tätigkeit abzugrenzen, um den Steuerabzug zumindest insoweit zu gewährleisten. Bei Überschneidungen gilt das Abzugsverbot.  

 

Steuerliche Behandlung beim Empfänger

Aufsichtsratsvergütungen bzw. Aufwandsentschädigungen sind beim Aufsichtsrats- bzw. Beiratsmitglied als Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit voll zu versteuern. Hierunter fallen grundsätzlich alle o.g. von § 10 Nr. 4 KStG erfassten Leistungen, wie auch Vorteile aus Aktienoptionen, die mit Rücksicht auf das Aufsichtsrats­verhältnis gewährt werden.
 
Bei Personen, die in einem öffentlich-rechtlichen Beschäftigungsverhältnis stehen, sind die Aufsichtsrats­vergütungen als lohnsteuerpflichtige Einkünfte aus nicht-selbständiger Tätigkeit zu versteuern, wenn das Mandat kraft Funktion oder auf Veranlassung des Dienstherrn übernommen wird und die Vergütung an den Dienstherrn abzuführen ist. Auch wenn die Aufsichtsratstätigkeit in einem sog. engen, ursächlichen Zusammen­hang mit einer nicht-selbständigen Haupttätigkeit steht, sind die Vergütungen lohnsteuerpflichtig, z.B. wenn der Betroffene seine Vergütungen aus beamtenrechtlichen Vorschriften an den Arbeitgeber abführen muss.
 

Umsatzsteuerliche Behandlung

Infolge der Urteile des Europäischen Gerichtshofs vom 13. Juni 2019 (Az.: C-420/19) und des Bundesfinanzhofs vom 27. November 2019 (Az.: V R 23/19, V R 62/17) hat die Finanzverwaltung ihre bisherige Auffassung zur umsatzsteuerlichen Unternehmereigenschaft (§ 2 Abs. 1 Satz 1 UStG) von Aufsichtsrats- bzw. Beirats­mit­gliedern geändert. Während bisher die Tätigkeit eines Aufsichtsratsmitglieds grundsätzlich als selbständig eingestuft wurde, ist nunmehr auf Basis des Vergütungsrisikos zu differenzieren: 1

  • Erhält das Aufsichtsratsmitglied eine feste Vergütung, trägt es kein Vergütungsrisiko und wird nicht selbständig tätig. Eine feste Vergütung liegt bspw. im Falle einer pauschalen Aufwandsentschädigung für die Dauer des Aufsichtsratsmandats vor.
  • Erhält das Aufsichtsratsmitglied eine variable Vergütung, trägt es ein Vergütungsrisiko und wird selbständig tätig. Eine variable Vergütung liegt bspw. im Falle von Aufwandsentschädigungen, die nach den tatsächlichen Arbeitsstunden bemessen werden, und Sitzungsgeldern vor. Reisekostenerstattungen stellen hingegen keinen Vergütungsbestandteil dar.
  • Erhält das Aufsichtsratsmitglied sowohl eine feste als auch eine variable Vergütung (gemischte Vergütung), ist das Verhältnis der variablen zur gesamten Vergütung zu prüfen. Beträgt die variable Vergütung mindestens 10 Prozent der gesamten Vergütung im Kalenderjahr, ist nach Auffassung der Finanzverwaltung das Vergütungsrisiko derartig ausgeprägt, dass die Selbständigkeit grundsätzlich zu bejahen ist. Ausnahmen sind nur in begründeten Fällen möglich.

 

Das Vergütungsrisiko ist für jedes Aufsichtsratsmandat gesondert zu prüfen. Neben Geldzahlungen kann die Vergütung jeweils auch in Sachzuwendungen bestehen. Die Haftung für pflichtwidriges Verhalten gemäß § 116 AktG allein führt nicht dazu, dass das Aufsichtsratsmitglied selbständig tätig wird.
 
Wenn die Tätigkeit aufgrund des Vergütungsrisikos als selbständig beurteilt wird und das Aufsichtsratsmitglied umsatzsteuerlicher Unternehmer ist, unterliegen die Vergütungen bzw. die Entschädigungen der Umsatzsteuer. Soweit der Aufsichtsrat aber keine weitere unternehmerische Betätigung ausführt oder nur Leistungen aus­führt, die nicht in den Gesamtumsatz einfließen, muss geprüft werden, ob die sog. „Kleinunter­nehmer­besteue­rung” anzuwenden ist. Wenn im vorangegangenem Kalenderjahr nicht mehr als 22.000 Euro und voraussichtlich im laufenden Kalenderjahr nicht mehr als 50.000 Euro Gesamtumsatz erzielt werden, liegt die Kleinunternehmereigenschaft vor.
 
Eine Umsatzsteuerpflicht besteht trotz eines Vergütungsrisikos nicht für Beamte und andere Bedienstete einer Gebietskörperschaft (sowie Minister/Staatssekretäre), wenn sie die Tätigkeit auf Verlangen oder Veranlassung ihres Dienstherrn übernommen haben und nach beamtenrechtlichen oder anderen dienstrechtlichen Vorschriften verpflichtet sind, die Vergütung ganz oder teilweise an den Dienstherrn abzuführen. In diesen Fällen wird die Aufsichtsratstätigkeit grundsätzlich als Teil der unselbständigen Tätigkeit angesehen; daher mangelt es an der umsatzsteuerlichen Unternehmereigenschaft.
 

Wichtiger Hinweis

Wird der Aufsichtsrat nicht als Unternehmer tätig, die Aufsichtsratsvergütung aber trotzdem mit Umsatzsteuer abgerechnet, entsteht ein unberechtigter Steuerausweis, den der Aufsichtsrat schuldet, ohne dass die Körperschaft zum Vorsteuerabzug berechtigt wäre.

Bitte beachten Sie

  • Zur partiellen Vermeidung des Abzugsverbots können bei der Vergütungsstruktur abzugsfähige Vergütungskomponenten gewährt werden.
  • Bei einer GmbH & Co. KG kann zur vollständigen Vermeidung des Abzugsverbots ein überwachender Beirat auf Ebene der Kommanditgesellschaft bestellt werden.
  • Die Aufsichtsratsvergütung öffentlich-rechtlich Beschäftigter unterliegt häufig dem Lohnsteuerverfahren.
  • Eine Umsatzsteuerpflicht besteht grundsätzlich, wenn ein sog. Vergütungsrisiko vorliegt (z.B. bei variabler Vergütung).

1 Zur Vereinfachung des Übergangs auf die neuen Regelungen akzeptiert die Finanzverwaltung die Anwendung der bisher geltenden Regelungen für bis einschließlich 31. Dezember 2021 ausgeführte Leistungen.

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