Employer of Record in Deutschland

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​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​veröffentlicht am 9. April 2024 | Lesedauer ca. 4 Minuten


Das Konzept „Employer of Record“ (EoR) ist in Deutschland bekannt, da deutsche Unternehmen regelmäßig Angebote von solchen Organisationen erhalten, die ihre Dienste anbieten. Im Folgenden werden einige ausgewählte Fragen zu Employer of Record in Deutschland behandelt.



Ist das Konzept EoR in Ihrem Land bekannt? Ist das Konzept EoR in Ihrem Land gesetzlich geregelt?

Deutschland, wie viele andere Länder, leidet schon lange unter dem Fachkräftemangel. Angesichts dieser Herausforderung wecken Organisationen, die sich als „Employer of Record“ (EoR) bezeichnen, großes Interesse bei deutschen Unternehmen. Unter einem EoR versteht man eine Organisation, die offiziell die Einstellung von Arbeitnehmern übernimmt und diese dann an die jeweiligen Unternehmen überlässt.

Das Konzept EoR ist in Deutschland bekannt, da deutsche Unternehmen regelmäßig Angebote von solchen Organisationen erhalten, die ihre Dienste anbieten. Hierbei geht es jedoch um die Anstellung von Personal im Ausland und deren Vermittlung an deutsche Unternehmen. Es ist wichtig zu betonen, dass in Deutschland das Modell EoR nur im Kontext grenzüberschreitender Personaleinsätze besprochen wird, unter der Voraussetzung, dass ein ausländischer EoR einen Mitarbeiter im Ausland einstellt und diesen Mitarbeiter dem deutschen Unternehmen überlasst. Sollte ein EoR in Deutschland tätig sein und Arbeitnehmer einstellen, die er anschließend an die jeweiligen (ausländischen) Unternehmen weitervermittelt, handelt es sich tatsächlich um eine Arbeitnehmerüberlassung.

Besonderheiten der Tätigkeit im Rahmen des EoR-Konzepts bzw. der Arbeitnehmerüberlassung

Gemäß dem Grundsatz des Territorialitätsprinzips unterliegt jede Form der Arbeitnehmerüberlassung, die in, nach oder aus Deutschland erfolgt, der Zuständigkeit des deutschen Rechts. Da der Verleiher in Deutschland ansässig ist und der überlassene Arbeitnehmer seine Tätigkeit ebenfalls in Deutschland ausübt, fallen sie in den Geltungsbereich des deutschen Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG). Der Entleiher (ausländisches Unternehmen) hingegen agiert außerhalb des deutschen Staatsgebiets. Daher finden die Bestimmungen des AÜG auf ihn grundsätzlich keine Anwendung.

Die Arbeitnehmerüberlassung in Deutschland unterliegt strengen regulatorischen Vorschriften. Arbeitgeber, die im Rahmen ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit Arbeitnehmer an Dritte (Entleiher) überlassen, müssen über eine entsprechende Erlaubnis verfügen. Die Leiharbeitnehmer werden dabei in die Arbeitsorganisation des Ent­leihers eingegliedert und unterliegen dessen Anweisungen.

Es gibt eine zeitliche Begrenzung für die Arbeitnehmerüberlassung in Deutschland. Ein Leiharbeitnehmer darf grundsätzlich nicht länger als 18 aufeinanderfolgende Monate demselben Entleiher überlassen werden. Es ist zu beachten, dass abgesehen von der genannten Befristung, die gesetzlich vorgesehenen Anforderungen nicht auf die Arbeitnehmerüberlassung zwischen Konzernunternehmen anwendbar sind.

Während der Tätigkeit des Leiharbeitnehmers im Betrieb des Entleihers gilt der Gleichstellungsgrundsatz. Dieser bedeutet, dass der Verleiher dem Leiharbeitnehmer während seiner Einsatzzeit beim Entleiher die grundlegenden Arbeitsbedingungen, einschließlich des Gehalts, gewähren muss, die für einen vergleichbaren Mitarbeiter des Entleihers gelten.

Im Fall, dass der Verleiher über die erforderliche Erlaubnis nicht verfügt, ist der Arbeitsvertrag zwischen ihm und dem Leiharbeitnehmer unwirksam. Infolgedessen kommt ein Arbeitsverhältnis zwischen dem Entleiher und dem Leiharbeitnehmer zu dem für den Beginn der Tätigkeit vorgesehenen Zeitpunkt zustande, wie es zwischen dem Entleiher und dem Verleiher vereinbart war. Grundsätzlich treten dieselben rechtlichen Folgen ein, wenn Arbeitsverträge zwischen Verleihern und Leiharbeitnehmern, die die Arbeitnehmerüberlassung nicht aus­drück­lich benennen und die Person des Leiharbeitnehmers nicht konkretisiert ist oder wenn die zulässige Überlassungsdauer überschritten wurde.

Besondere Vorsicht ist bei der Beschäftigung von Drittstaatsangehörigen geboten. Grundsätzlich benötigen Drittstaatsangehörige für eine Beschäftigung in Deutschland einen Aufenthaltstitel, der in den meisten Fällen nur nach der Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit erteil wird. Diese Zustimmung ist jedoch zu versagen, wenn der Ausländer als Leiharbeitnehmer in Deutschland tätig werden will. 

Eine illegale Arbeitnehmerüberlassung birgt das Risiko, eine Ordnungswidrigkeit zu begehen. Wenn bei­spiels­wei­se der Entleiher einen Leiharbeitnehmer, der ihm ohne die erforderliche Erlaubnis der Bundesagentur für Arbeit von einem Verleiher überlassen wurde, beschäftigt, erfüllt er den Tatbestand einer Ordnungswidrigkeit gemäß § 16 AÜG. Die Begehung dieser Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße von bis zu 30.000 Euro geahndet werden.

Welche steuerlichen Besonderheiten gibt es bei dem Konzept des EoR in Ihrem Land?

EoR schließt das Betriebsstättenrisiko in Deutschland nicht aus, da der Leiharbeitnehmer den Weisungen des wirtschaftlichen Arbeitgebers (Entleiher) unterliegt. Der Leiharbeitnehmer kann insbesondere als abhängiger Vertreter (sog. Vertreterbetriebstätte) eingestuft werden. Je nach Art der Tätigkeit des Leiharbeitnehmers in Deutschland, Vertretungsrechte wie Prokura, Eintragungen in Registern, Rechte Verträge auszuhandeln und abzuschließen erhöht sich das Risiko einer steuerlichen Betriebsstätte. Es empfiehlt sich eine detaillierte Prüfung insbesondere auch unter Berücksichtigung des einschlägigen Doppelbesteuerungsabkommens. 

Aufgrund der Tätigkeit des Leiharbeiters für einen inländischen Arbeitgeber, ist dieser Verleiher zum Lohn­steuer­ein­be­halt gemäß § 38 EStG verpflichtet. Darüber hinaus kann eine Lohn­steuer­ein­be­haltungs­ver­pflich­tung für den Entleiher entstehen, sofern eine Betriebsstätte in Deutschland zu bejahen ist. 

Die meisten mit Deutschland geschlossenen DBAs folgenden dem OECD MA und enthalten keine Sonder­regelungen zur Arbeitnehmerüberlassung. Nachfolgend sind beispielhafte DBAs mit Sonderregelungen gelistet. 

  • DBA Deutschland/Dänemark (Art 15 Abs. 4)
  • DBA Deutschland/Frankreich (Art 13 Abs. 6)
  • DBA Deutschland/Österreich (Art. 15 Abs. 3)
  • DBA Deutschland/Polen (Art 15 Abs. 3)
  • DBA Deutschland/Schweden (Art. 15 Abs. 4) 

Wie wird sich aus Ihrer Sicht das Konzept EoR in Ihrem Land weiterentwickeln?

Wie bereits erwähnt, stellt das Konzept „Employer of Record“ faktisch eine Arbeitnehmerüberlassung nach deutschem Recht dar, die strengen regulatorischen Vorschriften unterliegt. Vor diesem Hintergrund könnte das Modell, bei dem eine deutsche Zeitarbeitsfirma einen Mitarbeiter einstellt und einem ausländischen Unter­neh­men überlässt, für dieses Unternehmen weniger attraktiv sein. Bei dem umgekehrten Schema, bei dem das deutsche Unternehmen einen Mitarbeiter über den EoR im Ausland einstellt, zeigen deutsche Unternehmen durchaus Interesse, da das deutsche Arbeitnehmerüberlassungsgesetz nicht zur Anwendung kommt, solange der Mitarbeiter ausschließlich im Ausland tätig ist. Es ist jedoch wichtig, die Bestimmungen der jeweiligen ausländischen Gesetzgebung zu prüfen, um festzustellen, ob ein solches Modell im jeweiligen Staat erlaubt ist und ob es generell für das deutsche Unternehmen profitabel ist.​
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