Die E-Rechnung kommt in Deutschland ab 1.1.2025: Interdisziplinäre und zügige Umsetzungsstrategie nötig

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​​​​​​​​​​​​​​​​veröffentlicht am 8. Mai 2024 | Lesedauer ca. 7 Minuten


Das The­ma „E-Rech­nung“ ist in­ter­dis­zi­pli­när zu ver­ste­hen. Es er­for­dert ei­ne ein­heit­li­che, Dis­zi­pli­nen über­grei­fen­de, gleich­wohl auch sehr in­di­vi­du­el­le Um­set­zungs­stra­te­gie für den ge­sam­ten Rech­nungsein- und -aus­gangs­pro­zess. Es sind nur noch einige Monate bis zum 1. Januar 2025 Zeit, die E-Rechnung für Deutschland – optional bereits – umzu­setzen und passende Strategien anzudenken. Hierbei sollte bedacht werden, dass die zukünftige Handhabung nicht nur vom Steuerpflichtigen selbst abhängig ist, sondern von Fakturaprozess/ -vorgaben und seiner Stellung in einer Liefer- und Leistungskette, also auch eine Abhängigkeit von Kundenwünschen und vom Vorgehen seiner Lieferanten- / Dienstleister besteht.


E-Rechnung ganzheitlich umsetzen

Wir verstehen das Thema „E-Rechnung“ als interdisziplinäres Thema, was für uns eine einheitliche, Disziplinen übergreifende Umsetzungsstrategie erfordert.  Für unsere Beratung haben wir Teams zusammengestellt, deren Mitglieder mit dem Thema bestens vertraut sind und bieten einen entsprechenden Beratungsansatz an, der von den Erfahrungen unserer (umsatz-)steuerlichen, prozessberatenden und IT-beratenden Spezialisten für E-Rechnungs-Projekte profitiert. Die Bildung einer ähnlich aufgestellten, aus mehreren Bereichen zusammen­ge­setz­​ten Arbeitsgruppe empfehlen wir auch unseren Mandanten. 

Das Thema als reines Umsatzsteuerthema oder als reines IT-Thema zu verstehen und anzugehen, ist unseres Erachtens zu eng. Jedenfalls im ersten Schritt einer Aufnahme der Verhältnisse für eine E-Rechnung empfehlen wir einen ganzheitlichen Ansatz im Sinne eines Readiness Checks und den daraus folgenden To Dos im Unternehmen zu verfolgen. 

Gleichwohl ist eine individuell abgestimmte Umsetzungsstrategie für jeden Steuerpflichtigen und Mandanten entscheidend für uns, da es schlicht branchen- oder größenbezogene Unterschiede gibt bei den unternehmens­in­ter­​nen Prioritäten und Verhältnissen, etwa zum Rechnungseingangs- und -ausgangsprozess, zur vorhandenen ERP-Struktur, den von den Rechnungen betroffenen Teams und dem bisherigen Umgang mit elektronischer Rechnungsstellung. 

In unserer Rödl & Partner „E-Rechnungs-Task Force“ arbeiten verschiedenste Disziplinen Hand in Hand gemeinsam zur „E-Rechnung“: Umsatzsteuerspezialisten, die zu den jeweiligen (angedachten und teils bereits umgesetzten) Regelungen in Deutschland und in den weiteren EU-Mitgliedstaaten zur Verfügung stehen. Wir beraten gemeinsam mit IT-Kollegen, Kollegen des Digital Tax Transformation Teams und unserer Rödl Consulting mit IT Consultants und deren Spezialisierungen zu den verschiedenen ERP-Systemen, etwa SAP® oder Microsoft Dynamics®; einbezogen sind auch Audit-Kollegen und Prozessberater, die auch die Vorgaben nach GoBD zur Verfahrensdokumentation, Archivierung und Reproduzierbarkeit von XML-Datensätzen usw. im Blick haben. 

Handlungsbedarf in Deutschland und der EU

Es bleiben nur noch einige Monate Zeit, um die E-Rechnung für Deutschland umzusetzen und passende Strategien anzudenken. Hierbei sollte bedacht werden, dass die künftige Handhabung der Thematik E-Rechnung nicht nur vom Steuerpflichtigen selbst abhängig ist, sondern von Fakturaprozess / -vorgaben und seiner Stellung in einer Liefer- und Leistungskette, also auch eine Abhängigkeit von Kundenwünschen und vom Vorgehen seiner Lieferanten- / Dienstleister besteht. 

Neben Deutschland sind viele andere EU-Länder dabei, ein lokales E-Rechnungssystem​ einzuführen, nur beispielhaft zu nennen sind: Rumänien bereits seit dem 1. Januar 2024, Polen wohl nun ab 2025, Belgien ab Januar 2026, Spanien mit entsprechend vorliegenden Entwürfen aus 2023, Frankreich ab September 2026​. Im Jahr 2028 bzw. bis 2032 – so der aktuell bestehende Plan der EU-Kommission – werden alle EU-Mitgliedstaaten schrittweise ein Meldesystem für grenzüberschreitende Lieferungen und Dienstleistungen in der EU einführen müssen. Daher sind nicht nur national die umsatzsteuerlichen und IT-Demands im Blick zu halten, sondern auch ein Monitoring mit Koordination des Auslands zu betreiben. In Italien wird im Übrigen schon seit Jahren ein lokales E-Rechnungssystem​ erfolgreich gelebt.

Umsetzungsstrategien – ein Strauß an Überlegungen

Abhängig von dem bisherigen Stand der Umsetzung der Prozesse für elektronische Rechnungen und Rechnungsübermittlungen sowie den Gegebenheiten im Unternehmen kann der notwendige Zeit- und Ressourcenaufwand zur Umsetzung der E-Rechnung, also z.B. schlicht zur Verarbeitung von E-Rechnungen sowie der Kommunikation mit Debitoren und Kreditoren, auf jeden Fall ganz unterschiedlich und auch sehr hoch sein.

Angesichts der gesetzlichen Änderungen zur E-Rechnung ist es aus unserer Sicht wichtig, zügig zu handeln, um die notwendigen technischen Voraussetzungen in Bezug auf den Rechnungsausgang und insbesondere auf den Rechnungseingang bis Januar 2025 im Unternehmen zu implementieren. 

Es ist entscheidend, die IT-Infrastruktur und die internen Prozesse zu überprüfen und sicherzustellen, dass die Verarbeitung von E-Rechnungen im XML-Format gemäß der EU-Norm EN 16931 (mit den entsprechenden Syntaxen) und somit ab 1. Januar 2025 der eingangsseitige Empfang von E-Rechnungen möglich ist. Ins­be­son­de­​re soll der Vorsteuerabzug aus eingehenden E-Rechnungen kurzfristig nicht gefährdet werden. 

Die ausgangsseitige Verpflichtung zur Fakturierung von E-Rechnungen greift grundsätzlich erst ab dem 1. Januar 2028. Bis dahin kann, wie bislang nach den bisherigen auch umsatzsteuerlichen Vorgaben (etwa im UStAE, hier in Abschn. 14.4) ebenfalls mittels Papierrechnungen oder bei Zustimmung des Kunden, mit anderen Formaten (z.B. PDF) übermittelt und abgerechnet werden. Weitere Ausnahmen gelten auch im Jahr 2027 für EDI-Rechnung mit Kundenzustimmung und Unternehmen mit Vorjahresumsatz bis 800.000 Euro. Gleichwohl können einzelne Kunden bzw. Kundengruppen bereits zu einem früheren Zeitpunkt E-Rechnungen von Steuerpflichtigen verlangen, so dass sich auch ausgangsseitig ein zügiger Handlungsbedarf empfiehlt.

Zugleich kann bereits heute die Chance der E-Rechnung als „Digital Driver“ genutzt werden, digital weiter vorzudenken und die unternehmensinternen Prozesse für umsatzsteuerliche Zwecke im Sinne eines Datenmanagements mit Möglichkeiten der Simulation, der Gestaltung der Index-XML und damit zur späteren Ressourceneinsparung zu nutzen. Das „Einzelthema“ der Implementierung einer E-Rechnung ist nämlich per se bereits mit dem gesamten Rechnungseingangs- und -erstellungsprozess sowie damit einhergehend dem Zahlungsprozess für die Transaktionen/Geschäftsvorfälle verknüpft, der wiederum mit Bestellungen und der weiteren Buchhaltung, der Datenauswertung und -analyse u.a. verbunden ist. 

Eine Umsetzung empfiehlt sich daher interdisziplinär, zügig, vorausschauend und zukunftsgerichtet mit internationalem Blick.

Es sind folgende Themen anzugehen, bei denen wir Sie passgenau unterstützen, z.B.:

  • in den Länderevaluierungen zu den umsatzsteuerlichen, verfahrensrechtlichen und technischen Vorgaben mittels Schulungen und Workshops zur länderspezifischen Betroffenheitsanalyse,
  • zur Readiness für die E-Rechnung in der gesamten System- und Prozesslandschaft,
  • zur Unterstützung bei Check und Auswahl / Beratung zur Software, Softwareanbietern, zum Set-up der Prozesse, ggf. Optimierung des Rechnungseingangs und -ausgangs, verbunden mit Bestellungen und Buchhaltung sowie Liquiditätscontrolling, 
  • zur Verfahrensdokumentation und zu den Kontrollverfahren,
  • mit einer „Zertifizierung“ der Erfassungen im System der jeweiligen Länderanforderungen zu einer E-Rechnung und / oder einem Digital Reporting Requirement durch Wirtschaftsprüfungskollegen.

Im Überblick die anzudenkenden Bereiche und Themen: ​



Update Deutschland: E-Rechnung ab 1. Januar 2025 möglich bzw. im Rechnungseingang ggf. unvermeidbar

Der Deutsche Bundesrat hat am 22. März 2024 dem sog. Wachstumschancengesetz im zuletzt vorliegenden Entwurf vom November 2023 zugestimmt. Bis auf Änderungen bei den Übergangsfristen für den Rechnungsausgang sind keine Anpassungen mehr zum Gesetzentwurf vom November 2023 erfolgt. 

Die Key Facts für Sie und Ihre Umsetzungsvorhaben:

  • Neue Definition der Rechnung, hier einer E-Rechnung, angelehnt an den sog. ViDA-Richtlinienvorschlag der EU-Kommission, basierend auf der Norm EN 16931 (Richtlinie 2014/55/EU vom 16. April 2014)
  • Streichung des Vorrangs der Papierrechnung in § 14 Abs. 1 Satz 7 UStG
  • Zusammenfassung von Papierrechnung und elektronischer Rechnung, die nicht die Anforderungen an die neue E-Rechnung erfüllt, unter einem neuen Begriff „sonstige Rechnung“ 
  • Neustrukturierung der Rechnungsausstellungsverpflichtung in § 14 Abs. 2 UStG, um zukünftig B2B-Rechnungen beschreiben zu können
  • Beschränkung der E-Rechnung auf inländische B2B-Umsätze, also in Deutschland steuerbare Umsätze zwischen zwei umsatzsteuerlichen, in Deutschland ansässigen Unternehmern als Leistenden und Leistungsempfänger
  • Bestimmung der Ansässigkeit in Deutschland z.B. bei Sitz, Ort der Geschäftsleitung oder umsatzsteuerlicher Betriebsstätte in Deutschland; noch nicht bei Registrierung für umsatzsteuerliche Zwecke ausländischer Unternehmer in Deutschland
  • Ausnahmen für sog. Kleinbetragsrechnungen bis 250 Euro (Rechnungsbetrag brutto) und Tickets / Abrechnungen über Personenbeförderungen
  • Überführung der Aussagen zur Echtheit der Herkunft der Rechnung, der Unversehrtheit des Inhalts und ihrer Lesbarkeit; wir gehen davon aus, dass dies dann auch die entsprechenden Passagen im UStAE unter Abschn. 14.4 meint. An diesen grundsätzlichen Vorgaben sollte man sich bei Umsetzung der elektronischen Rechnung in dem elektronischen Format XML orientieren, die auch Hinweise geben, wie ein innerbetriebliches Kontrollverfahren eingerichtet sein sollte.

Zeitplan und Übergangsregelungen für die E-Rechnung in Deutschland



In Vorabhinweisen der Finanzverwaltung, zirkuliert mit BMF-Schreiben vom 2. Oktober 2023, Az. III C 2 – S 7287-a/23/10001:007 an die Verbände, wurde bereits darauf hingewiesen, dass der Empfang einer solchen Rechnung im XML-Format dann potenziell ab 1. Januar 2025 möglich sein muss:

„Wenn der Rechnungsaussteller sich für die Verwendung einer elektronischen Rechnung entscheiden sollte, muss der Rechnungsempfänger diese daher auch entgegennehmen.“

Derzeit ist kein einheitliches elektronisches Meldesystem in Deutschland vorgesehen, etwa wie in Italien, Frankreich, Rumänien oder Polen; aber es bestehen weiterhin Überlegungen seitens der Regierung / Finanzverwaltung jede Rechnung via Plattform mit Zugriffen der Finanzverwaltung vor „Zustellung“ an den Kunden einzurichten (sog. Clearing). Dies wird laut Finanzverwaltung spätestens dann auch in Deutschland erforderlich werden, wenn die EU-Vorgaben zu einer Meldung EU-grenzüberschreitender Transaktionen umzusetzen sind.

Zeithorizont der Rechnungsstellung und Einzelfragen

Zu den Vorgaben ebenso wie zu den Sanktionen im UStG zur richtigen und rechtzeitigen Rechnung/ Rechnungsstellung haben sich bisher keine Änderungen ergeben. Die E-Rechnung muss somit innerhalb von sechs Monaten nach Ausführung der Lieferung oder sonstigen Leistungen fakturiert werden.

Entsprechend der Definition sind E-Rechnungen grundsätzlich verpflichtend immer dann zwischen zwei in Deutschland ansässigen Unternehmen auszustellen, wenn der Umsatz in Deutschland steuerbar ist. Bis auf die sog. unecht steuerbefreiten Umsätze (d.h. Umsätze, die nach § 4 Nr. 8-29 UStG steuerbefreit sind) ist es hierbei nicht entscheidend, ob der Umsatz steuerpflichtig oder steuerfrei ist oder wer bei steuerpflichtigen Umsätzen die Steuerschuld trägt.

So umfasst die Fakturierungspflicht neben regulär mit deutscher Umsatzsteuer zu fakturierenden Sach­ver­hal­​ten ebenfalls z.B. steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen zwischen zwei inländischen Unternehmen und Umsätze, für welche gemäß § 13b UStG die Umsatzsteuerschuld auf den Leistungsempfänger übergeht (sog. Reverse Charge).​
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