CSRD-Richtlinie: Neues Kapitel in der Nachhaltigkeitsberichterstattung

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zuletzt aktualisiert am 13. September 2023 | Lesedauer ca. 6 Minuten


Die EU-Kommission setzt weiterhin ihren „grünen Kurs“ fort und schlägt ein neues Kapitel der Nachhaltigkeitsberichterstattung auf. Mit der Verabschiedung der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) sowie dem Delegierten Rechtsakt zu den European Sustainability Reporting Standards (ESRS) ersetzt die EU-Kommis­sion die derzeit geltende Non-Financial Reporting Directive (NFRD), welche in Deutschland bisher in Form des CSR-Richtlinie-Umsetzungsgesetzes (CSR-RUG) Anwendung findet. Aufgrund der erweiterten Berichtspflichten steigen die Anforde­rungen an die Nachhaltigkeitsberichte von Unternehmen deutlich. Angesichts des straffen Zeitplans bringt die Verabschiedung der CSRD zahlreiche Herausforderungen für viele Unternehmen mit sich.



Innerhalb des europäischen „Green Deals“ hat sich die EU das übergeordnete Ziel gesetzt, bis 2050 der erste klimaneutrale Kontinent zu werden. Um zur Erreichung dieses Ziels private Kapitalströme in grüne Investitionen und nachhaltige Geschäftsmodelle zu lenken, ist eine belastbare Handlungsgrundlage für Stakeholder unab­ding­bar. Mehr als je zuvor werden demzufolge transparente, vergleichbare und verlässliche Informationen über die Nachhaltigkeitsleistung von Unternehmen benötigt. Die individuelle Nachhaltigkeitsleistung nachzuweisen kann für Unternehmen jedoch eine große Herausforderung darstellen. In den letzten Jahren hat sich die ver­pflichtende und freiwillige Nachhaltigkeitsberichterstattung dabei als zentrales Element etabliert, um Trans­parenz über Umwelt-, Sozial- und Governance-Aspekte für die diversen Stakeholdergruppen des Unter­neh­mens zu schaffen.

Angaben zu den Nachhaltigkeitsaspekten ihrer Wirtschaftsaktivitäten mussten bislang nur bestimmte große kapitalmarktorientierte Unternehmen verpflichtend im Rahmen einer nichtfinanziellen Berichterstattung offenlegen. Doch genau das ändert sich nun mit der Umsetzung der sogenannten Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) der EU-Kommission. Investoren sollen künftig umfangreiche Unternehmens­infor­mationen erhalten, um gezielt nachhaltige Investitionsprojekte finanzieren zu können. Dafür werden die Berichtspflichten stufenweise auf große Unternehmen unabhängig von der Kapitalmarktorientierung und ohne den bisherigen Schwellenwert von 500 Mitarbeitern ausgeweitet. In Deutschland wird sich der Anwenderkreis infolgedessen von derzeit schätzungsweise 500 auf rund 15.000 betroffene Unternehmen erweitern. Es ist daher für Unternehmen essenziell, sich frühzeitig mit den neuen Vorgaben auseinanderzusetzen.


Fazit der Berichterstattung gemäß CSR-RUG

Gemäß den Vorschriften des CSR-RUG sind kapitalmarktorientierte Unternehmen mit mehr als 500 Beschäf­tigten zur CSR-Berichterstattung verpflichtet. Zusätzlich mussten sie entweder einen Jahresumsatz von über 40 Millionen Euro oder eine Bilanzsumme von mehr als 20 Millionen Euro ausweisen. Diese Regelung erstreckte sich auch auf Banken, Versicherungen und Fondsgesellschaften, unabhängig von ihrer rechtlichen Struktur. Das derzeit noch geltende CSR-RUG stellt es Unternehmen generell frei, ein Rahmenwerk für die Nachhaltig­keits­be­richt­erstattung zu nutzen. Aktuell wird zwar überwiegend auf die Standards der Global Reporting Initiative (GRI) zurückgegriffen, allgemein lässt sich jedoch eine starke Uneinheitlichkeit in Berichtstiefe und -aufbau verzeichnen. Hinzu kommt, dass Unternehmen nach dem CSR-RUG selbst entscheiden können, ob sie ihren Bericht als nichtfinanzielle Erklärung im Lagebericht oder als gesonderten nichtfinanziellen Bericht veröffentlichen möchten. In der Praxis führt das zu heterogenen Berichtsinhalten, da sich der Adressatenkreis je nach Veröffentlichungsort unterscheidet und die Informationen dementsprechend selektiert werden. Eine externe inhaltliche Prüfung ist vom Gesetzgeber bis zum Fiskaljahr 2023 nicht vorgeschrieben. Der Abschluss­prüfer oder die Abschlussprüferin muss lediglich prüfen, ob eine nichtfinanzielle Erklärung vorgelegt wurde. Wenn sich das Unternehmen dennoch für eine inhaltliche Prüfung entscheidet, müssen die Prüfungsergebnisse veröffentlicht werden. 


Wesentliche Neuerungen

Das CSR-RUG deckt die gestiegenen Anforderungen an eine transparente und vergleichbare Nachhaltigkeits­berichterstattung demnach nur unzureichend ab. Aus diesem Grund hat die EU im April 2021 einen Legis­lativ­vorschlag zur CSRD auf den Weg gebracht. Ziel der CSR-RUG-Neuauflage ist es, die Nachhaltigkeits­bericht­erstattung von Unternehmen mit dem „Green Deal“ in Einklang zu bringen sowie einheitliche Bewertungs­kriterien für nichtfinanzielle Berichte zu schaffen. Nach vielen Zwischenschritten ist die CSRD am 5. Januar 2023 offiziell in Kraft getreten, weiterhin wurden am 31. Juli 2023 die zugehörigen European Sustainability Reporting Standards (ESRS) von der Europäischen Kommission angenommen. Die CSRD ersetzt die NFRD, erweitert den bestehenden Anwendungsbereich und verstärkt signifikant die Anforderungen an die Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen. Der aktuelle Stand vom 31. Juli 2023 zu den ESRS ist jedoch noch nicht vollendet. Das Europäische Parlament und der Rat der Europäischen Union verfügen über einen Zeitraum von bis zu vier Monaten, um mögliche Bedenken zu äußern. Zudem muss die CSRD bis spätestens 6. Juli 2024 in deutsches Recht umgesetzt werden. Auch hieraus können sich noch Änderungen ergeben.

Die Einführung dieser Berichtspflicht wird in den kommenden Jahren schrittweise erfolgen. Ab dem 1. Januar 2024 werden die bisher bereits nach NFRS verpflichteten kapitalmarktorientierte Unternehmen, große Kredit­institute und Versicherungen verpflichtet, Informationen im Kontext von Nachhaltigkeit zu publizieren. Die ersten entsprechenden Berichte sind für das Fiskaljahr 2024 als Bestandteil des Lageberichts vorzulegen. Beginnend mit dem Berichtsjahr 2025 fallen alle großen nicht-kapitalmarktorientierten Unternehmen unter die CSRD, sofern sie mindestens zwei der folgenden Kriterien erfüllen: eine Bilanzsumme von über 20 Mio. Euro, Nettoumsatzerlöse von mehr als 40 Mio. Euro oder eine Belegschaft von über 250 Personen. Ab dem Berichts­jahr 2026 sind zudem kleine und mittelgroße börsennotierte Unternehmen mit mehr als 10 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern berichtspflichtig. Ab 2028 müssen europäische Tochterunternehmen von Konzernen, die außerhalb der EU einen Nettoumsatz von über 150 Mio. Euro erzielen, ebenfalls Bericht erstatten.

Unternehmen, die zur Berichterstattung verpflichtet sind, müssen künftig ihre Nachhaltigkeitsinformationen für das aktuelle Geschäftsjahr verbindlich im Lagebericht aufführen. Eine separate Veröffentlichung dieser In­for­ma­tio­nen ist dabei nicht mehr zulässig. Ferner muss der Nachhaltigkeitsbericht im bereits aus der Finanz­bericht­erstattung bekannten ESEF-Format veröffentlicht werden. Des Weiteren wird eine externe inhaltliche Prüfung des Nachhaltigkeitsberichts mit „limited assurance“ (begrenzter Prüfungssicherheit) zur Pflicht. Mittelfristig ist ein Übergang zur „reasonable assurance“ (hinreichender Prüfungssicherheit) vorgesehen.


Einführung verbindlicher europäischer Berichtsstandards

Anhand der European Sustainability Reporting Standards (ESRS), die von der European Financial Reporting Advisory Group (EFRAG) im Auftrag der EU-Kommission entwickelt wurden, etabliert die EU nun eine große europäische Lösung. Nachdem die Europäische Kommission ihren Entwurf vom 9. Juni 2023 zur Konsultation vorgelegt hat, wurden weitere Anpassungen vorgenommen und schließlich am 31. Juli 2023 der Delegierte Rechtsakt zum Set 1 der ESRS publiziert. Die 12 Standards umfassen ein breites Spektrum von Umwelt-, Sozial- und Governance-Aspekten, darunter Themen wie Klimawandel, Umweltverschmutzung und Menschenrechte. Um sicherzustellen, dass die EU-Standards gut mit den globalen Richtlinien harmonieren und überflüssige Mehrfachberichterstattungen für Unternehmen vermieden werden, fand ein intensiver Austausch zwischen dem International Sustainability Standards Board (ISSB) und der Global Reporting Initiative (GRI) statt. Allgemein bedeutet das für Unternehmensberichte einen erhöhten Aufwand, denn diese müssen künftig umfassender und präziser über ihre Auswirkungen, Risiken und Chancen in Bezug auf Nachhaltigkeitsaspekte informieren.

Die Standards sind in verschiedene Cluster unterteilt: sie umfassen sektorunabhängige, sektorspezifische sowie organisationsspezifische Standards und adressieren die Themenbereiche Umwelt, Soziales und Governance (ESG). Ferner setzen die Leitlinien auf den Ansatz der doppelten Wesentlichkeit. Berichtspflichtig sind nachhaltigkeitsbezogene Informationen mit Inkrafttreten der CSRD dann, wenn sie entweder aus finan­zieller Perspektive für das Verständnis des Geschäftsverlaufs und -ergebnisses sowie der Lage des Unter­neh­mens oder hinsichtlich der ökologischen und sozialen Auswirkungen der Unternehmensaktivitäten wesentlich sind. Die EU geht damit das nach dem aktuellen CSR-RUG bestehende Problem der unterschied­lichen Inter­pretation des Wesentlichkeitsbegriffs an. Weiterhin sind Unternehmen im Anwendungsbereich künftig zur Berichterstattung nach Artikel 8 der Taxonomie-Verordnung (EU 2020/852) verpflichtet. Sie müssen aufzeigen, inwiefern die Geschäftstätigkeiten des Unternehmens in Bezug auf Umsatz, Investitionen und Betriebs­ausgaben mit Aktivitäten korrespondieren, die laut der Verordnung als ökologisch nachhaltig gelten.


Chancen der Berichterstattung

Obwohl die neuen Nachhaltigkeitsvorgaben mit zusätzlichem Aufwand und Kosten verbunden sind, eröffnet die Verpflichtung zur Erstellung von Nachhaltigkeitsberichten auch eine Vielzahl von Chancen. Angesichts der wachsenden Relevanz von Sustainable Finance können diese Berichte sich positiv auf die Kapitalbeschaffung, die Kostenstrukturen und das Absatzvolumen auswirken.

Darüber hinaus kann die detailliertere Datenerfassung und Prozessklärung im Rahmen des Nachhaltigkeits­managements zur signifikanten Verbesserung der Managementqualität und zu einer optimierten Unterneh­mens­steuerung beitragen.

Ob diese Chancen realisiert werden können, hängt jedoch stark von der Einstellung und dem Ansatz der Ent­schei­dungs­trä­gerinnen und -träger im Unternehmen ab. Unternehmen, die diese Anforderungen nur als büro­kratische Pflicht betrachten, werden primär zusätzlichen Aufwand und Kosten spüren. Diejenigen jedoch, die die Möglichkeiten der erweiterten Datenbasis erkennen und beispielsweise die Ergebnisse aus der Wesent­lichkeitsanalyse zur Steuerung nutzen, werden am Markt effizienter und wirkungsvoller agieren.


Wie kann ich mich als Unternehmen vorbereiten?

FAKTEN SCHAFFEN

Wo will ich hin? Ein Überblick über die Anforderungen der CSRD sowie ESRS ist der erste Schritt zur Bericht­erstattung. Wie kann ich diese zielgerichtet auf mein Unternehmen anwenden und was sind meine wesent­lichen Themen, zu denen ich berichten sollte?


AKTIVITÄTEN AUF DEN PRÜFSTAND STELLEN

Welchen Reifegrad habe ich? Was soll das Unternehmen in den wesentlichen Bereichen erreichen und wie kann das für die Berichterstattung nachgehalten, bspw. gemessen werden? Hier muss analysiert werden, auf welchen Grundlagen im Unternehmen aufgebaut werden kann.


FAHRPLAN ENTWICKELN

Was soll in die Nachhaltigkeitsberichterstattung aufgenommen werden? Auf dem Weg zur Nachhaltigkeits­berichterstattung müssen Berichtsprozesse in allen Einheiten implementiert werden und Verantwortlichkeiten geregelt werden.

Welche Auswirkungen hat der Umstellungsprozess auf den neuen Standard für mein Unternehmen?


SICHERHEIT GEWINNEN

Hält es der Prüfung stand? Vor allem für Unternehmen mit erstmaliger Nachhaltigkeitsberichterstattung können die Erwartungen der Prüferinnen und Prüfer eine Herausforderung darstellen. Eine frühzeitige Abstimmung schafft Klarheit über den Erwartungshorizont und hilft bei der Umsetzung der umfangreichen neuen Aufgaben.


Fazit

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die EU mit der CSRD und den dazugehörigen ESRS ein neues Kapitel in der Verfolgung der Klimaziele mittels der Nachhaltigkeitsberichterstattung aufschlägt. Die Nachhaltigkeits­berichterstattung rückt auf Augenhöhe mit der Finanzberichterstattung. Der erweiterte Anwendungsbereich und die inhaltlichen Anforderungen werden viele Unternehmen angesichts des ambitionierten Zeitplans vor enorme Herausforderungen stellen. Es ist daher wichtig, sich zeitnah mit den anstehenden Vorschriften zu befassen und entsprechende Maßnahmen auf den Weg zu bringen.

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