Verwendung fremder Persönlichkeitsmerkmale zu Werbezwecken – KUM vs. Mercedes-Benz

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​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​zuletzt aktualisiert am 9. Oktober 2024 | Lesedauer ca. 4 Minuten
Das Bildnis, die Stimme und der Name sind kennzeichnende Merkmale einer natür­lichen Person. Sie sind wesentlicher – vermögenswerter – Bestandteil des allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Auf den Schutz des eigenen Namens oder von Firmen­bestand­teilen durch das Persönlichkeitsrecht können sich auch juristische Personen sowie der Personengesellschaften des Handelsrechts (Unternehmenspersönlichkeitsrecht) berufen.​


​​In dem erst jüngst veröffentlichten Urteil musste sich der Bundesgerichtshof (BGH, Urteil vom 16.5.2024 – I ZR 4523 – „Luftfahrzeugkennzeichen“) mit der Frage befassen, ob durch die Verwendung von Fotos zu Werbe­zwecken, die im Vordergrund ein Fahrzeug der „S-Klasse“ und dahinter den Learjet der Klägerin zeigen, un­be­rech­​tigt in das Unternehmenspersönlichkeitsrecht der Halterin des Flugzeugs eingegriffen wurde.

Der Sachverhalt​

Die Klägerin ist unter der Firma KUM […] tätig und war Halterin eines Learjets, auf dessen Heck das Luft­fahr­zeugkennzeichen D-CKUM angebracht war. Das Luftfahrzeugkennzeichen besteht aus drei Teilen. Der erste Buchstabe des Kennzeichens gibt die Nationalität („D“ = deutsches Flugzeug, vgl. § 19 Abs. 1 iVm Anlage 1 Abschnitt II Nr. 1 LuftVZO) und der zweite Buchstabe das Gewicht des Flugzeugs („C“ = Gewicht von 5.700 bis 14.000 Kilogramm, vgl. Anlage 1 Abschnitt II Nr. 2 LuftVZO) an. Die drei weiteren Buchstaben sind von der Klägerin frei gewählt worden. Sie verwendete hierzu ihr Unternehmenskennzeichen „KUM“. 

Der Learjet ist auf drei Fotografien zu sehen, die Mercedes-Benz zu Werbezwecken herstellen ließ. Im Vorder­grund der Bilder ist ein Fahrzeug der „S-Klasse“ zu sehen, dahinter der Learjet der Klägerin und eine Person, die vom Learjet zu dem S-Klasse-Fahrzeug geht. Jedenfalls auf zwei der Bilder ist das Luftverkehrskennzeichen „D-CKUM“ erkennbar. Die Bilder wurden u.a. in Videoclips verwendet, die über die Plattform YouTube abrufbar waren.

Eine Einwilligung zur Fertigung und Nutzung der Fotografien hat die Klägerin nicht erteilt. Sie beanstandet die Nutzung der Fotografien als unzulässige Ausbeutung ihres Namens zu Werbezwecken. Das Landgericht Bielefeld hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 17.8.2021 – 17 O 13/21, juris). Das OLG Hamm (WRP 2023, 860) hat der Berufung der Klägerin stattgegeben und die Beklagte u.a. verurteilt, es zu unterlassen, ​„Fotos, die das Flugzeug Learjet, Luftfahrzeugkennzeichen: D-CKUM, wie in Anlage 2 wiedergegeben zeigen, zu nutzen, ohne von der Klägerin ein Nutzungsrecht erworben zu haben, wie dies in der Zeit vom 26. September 2017 bis mindestens zum 27. Juni 2019 geschehen ist.“

Auf die vom OLG Hamm zugelassene Revision hat der Bundesgerichtshof das Urteil aufgehoben, da durch die Nutzung der Fotografien nicht in das Unternehmenspersönlichkeitsrecht der Klägerin eingegriffen werde.

Die Entscheidung

Inhalt des allgemeinen Persönlichkeitsrechts

Der Bundesgerichtshof stellt zunächst fest, dass es wesentlicher – vermögenswerter – Bestandteil des Persön­lichkeitsrechts ist, zu entscheiden, ob und in welcher Weise kennzeichnende Merkmale einer Person für Werbe­zwecke zur Verfügung gestellt werden. Namentlich erwähnt der BGH das Bildnis, die Stimme und den Namen einer natürlichen Person. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht gewährleiste gemäß § 823 Abs. 1 BGB jedoch nicht nur den Schutz des Namens natürlicher Personen, sondern auch juristischer Personen und Personen­gesellschaften des Handelsrechts. Bestandteil des Unternehmenspersönlichkeitsrechts sei die Befugnis, mit dem Namen oder Firmenbestandteilen werbend an die Öffentlichkeit zu treten und über Art und Umfang des Gebrauchs des Namens oder von Firmenbestanteilen durch andere zu bestimmen. Der BGH stellt zugleich klar, dass sich Unternehmen insoweit auf einen gleich umfassenden Schutz durch das Persönlichkeitsrecht berufen können, wie natürliche Personen.


Ob eine kommerzielle Nutzung eines Namens zu Werbezwecken vorliegt, richte sich nach dem Verständnis eines nicht unerheblichen Teils der angesprochenen Verkehrskreise. Entscheidend sei, ob dieser in der bean­standeten Nutzung einen kommerziellen Gebrauch eines Persönlichkeitsmerkmals sieht. Dies hat der BGH im vorliegenden Fall – anders als zuvor das OLG Hamm – verneint. 


BGH: kein Eingriff

Das OLG Hamm war der Ansicht, dass die Klägerin als Halterin des Flugzeugs über das erkennbare Luftfahr­zeugkennzeichen mittels einer Internetrecherche ohne Weiteres identifiziert werden könne. Der vorliegende Fall sei daher nicht anders zu beurteilen, als wenn der Name oder die Firma auf dem Flugzeugrumpf lesbar abge­bildet gewesen sei.


Dem gegenüber sieht der BGH in der Wiedergabe des Luftfahrzeugkennzeichens keinen Gebrauch des Namens oder Unternehmenskennzeichens der Klägerin. Er hebt darauf ab, dass das auf den Werbefotos erkennbare Luftfahrzeugkennzeichen von den angesprochenen Verkehrskreisen nicht derart zergliedert wahrgenommen werde, dass die letzten drei Buchstaben KUM als auf die Halterin des Learjets hinweisendes Unternehmens­kennzeichen erkannt würden. Der Fall unterscheide sich insoweit maßgeblich von vom OLG Hamm heran­gezogenen Carrera-Entscheidung (BGH GRUR 1981, 846). Dort war der voll ausgeschriebene Name deutlich lesbar herausgestellt.


Vorliegend sei zunächst zu berücksichtigen, dass die Fotografien zur Bewerbung von Fahrzeugen der „S-Klasse“ verwendet wurden. Dieses Modell stehe im Vordergrund der Fotografien und präge als angepriesenes Produkt das Verständnis des angesprochenen Verkehrs. Schon deswegen komme dem Learjet nur eine untergeordnete Bedeutung zu. Auch fehlten Anhaltspunkte dafür, dass der erweckte Eindruck von Exklusivität der Szenerie nicht vom Learjet, sondern von dessen Halterin hervorgerufen werde. Daher habe das von der Werbung an­ge­sproche­​ne Publikum auch keinen Anlass, auf dem Foto nach Kennzeichen zu suchen, die auf die Halterin des Flugzeugs hinweisen, um diese sodann durch eine Internetrecherche zu ermitteln.


Vermögensrechtlicher Zuweisungsgehalt des Namensrechts

Der BGH verneint sodann auch für den Fall einer Identifizierbarkeit einen Eingriff in den vermögensrechtlichen Zuweisungsgehalt des Namensrechts. Voraussetzung hierfür sei, dass der Name in einer Weise verwendet werde, die den Werbe- und Imagewert des Namensträgers ausnutzt, indem seine Person beispielsweise als Vorspann für die Anpreisung eines Produkts vermarktet oder durch den Gebrauch des Namens zumindest die Aufmerksamkeit des Betrachters auf das beworbene Produkt gelenkt wird. Eine solche Namensverwendung habe das Berufungsgericht jedoch nicht festgestellt, zumal auf dem abgebildeten Flugzeug kein namens­mäßiger Hinweis auf die Identität der Klägerin zu finden sei. Damit fehle es an einer Ausbeutung des mög­licher­wei­​​​se mit dem Namen der Klägerin verbundenen Werbewerts. Im Übrigen fehle es an dem haftungsrechtlichen Zurechnungszusammenhang, da durch die bloße Recherchierbarkeit der Halterin des Learjets sich keine durch die Beklagte geschaffene besondere Gefahrenlage verwirkliche. 

Allgemeines Persönlichkeitsrecht als Rahmenrecht

Schließlich verweist der BGH darauf, dass über die Frage, ob ein Eingriff in das Persönlichkeitsrecht rechts­widrig ist, wegen der Eigenart als Rahmenrecht nur aufgrund einer umfassenden Güter- und Interessen­abwägung unter Berücksichtigung der Rechtspositionen beider Parteien zu entscheiden sei. Auch dies habe das Berufungsgericht nicht berücksichtigt. 

Der BGH hat daher die Abweisung der auf eine Verletzung des Rechts am eigenen Namen als Bestandteil des Unternehmenspersönlichkeitsrechts gestützten Klage durch das Landgericht bestätigt und unter Aufhebung des Urteils des OLG Hamm die Berufung zurückgewiesen. 

Zurückverweisung wegen evtl. urheberrechtlicher Ansprüche

Da die Klägerin die geltend gemachten Ansprüche hilfsweise auf die Verletzung von Urheberrechten gestützt hat und hierzu keine ausreichenden Feststellungen getroffen wurden, hat der BGH den Fall insoweit an das OLG Hamm zurückverwiesen.​​

Fazit

Der BGH hat mit dieser Entscheidung den Schutzumfang des Unternehmenspersönlichkeitsrechts präzisiert. Auch juristische Personen und Handelsgesellschaften genießen Schutz gegen eine werbliche Nutzung ihres Namens oder Unternehmenskennzeichens durch andere. Maßstab ist, ob ein nicht unerheblicher Teil der angesprochenen Verkehrskreise von einer kommerziellen Nutzung ausgeht. Dies ist eine Frage des Einzelfalls. Ob ein solcher Eingriff in das Unternehmenspersönlichkeitsrecht rechtwidrig ist, ist anhand einer umfassenden Güter- und Interessenabwägung zu beurteilen.​​
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