Sozialversicherungsrechtliche Stolpersteine bei internationalen Mitarbeitereinsätzen

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​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​veröffentlicht am 21. Januar 2025 | Lesedauer ca. 5 Minuten

   

Internationale Mitarbeitereinsätze oder umgangssprachlich oftmals auch Entsendun­gen genannt, stellen viele Unternehmen vor große Herausforderungen. Die Versetzung eines Mitarbeiters ins Ausland oder auch die dauerhafte Tätigkeit eines Mitarbeiters in mehreren Ländern ist nicht einfach, da sehr viele Rechtsgebiete betroffen sind. Neben dem Aufenthaltsrecht sind auch das Arbeitsrecht sowie das Sozialversicherungsrecht und das Steuerrecht zu prüfen. Einige Fragestellungen sind aus deutschem, andere wiederum nach ausländischem Recht zu beantworten. Die Reichweite der zu beur­teilenden Rechtsbereiche machen diese Thematik extrem komplex und herausfor­dernd für jede HR-Abteilung. Erschwert wird die Gesamtsituation in solchen Fällen, in denen zusätzlich bei den zuständigen Stellen Fehler gemacht werden.​    


Stolperstein im Weg

  

​Regelungen für Sozialversicherung innerhalb der EU, EWR und Schweiz

Internationale Mitarbeitereinsätze sind sowohl für Arbeitgeber als auch für die betroffenen Arbeitnehmer selbst eine Herausforderung. Für den Arbeitgeber stellt diese Thematik vielleicht oftmals Neuland dar und für den Mitarbeiter bringt die Aufnahme einer Tätigkeit im Ausland auch viel Ungewisses mit. Um letztlich immer noch einen „Notanker“ in Deutschland zu haben, ist es für fast alle Expats wichtig in der deutschen Sozialver­sicherung zu verbleiben oder zumindest weiterhin Beiträge insbesondere zur gesetzlichen Rentenversicherung in Deutschland zu leisten. Denn viele Expats sehen sich nicht dauerhaft im Ausland und wollen nach einer mehrjährigen Tätigkeit im Ausland wieder nach Deutschland zurückkehren. Verständlicher­weise besteht daher der Wunsch eine sozialversicherungsrechtliche Anknüpfung an Deutschland sicherzustellen.​
 
Je nach Einsatzland gelten unterschiedliche Vorschriften, wonach sich das anwendbare Sozialversicherungs­recht bestimmt, und je nachdem findet auch eine unterschiedliche Koordinierung der einzelnen Versicherungs­zweige statt. Innerhalb der EU, EWR und Schweiz bestimmt sich das anwendbare Sozialversicherungsrecht nach der Verordnung (EG) 883/2004 und es werden alle gesetzlichen Versicherungszweige erfasst. Die Ver­ordnung hat den enormen Vorteil, dass immer nur das Sozialversicherungsrecht eines Landes Anwendung findet und bei bestehender Versicherungspflicht die Beitragspflichten für alle Sozialversicherungszweige in diesem Land zu erfüllen sind.
 

Sozialversicherungsabkommen mit Ländern außerhalb der EU

Erfolgt der Einsatz z.B. in die USA sieht dies schon anders aus, da sich das anwendbare Sozialversicherungs​­recht nach dem deutsch-amerikanischen Sozialversicherungsabkommen richtet. Im Gegensatz zur Verordnung (EG) 883/2004 umfasst das Abkommen zwischen Deutschland und den USA nur den Zweig der gesetzlichen Rentenversicherung. Auch die meisten anderen Sozialversicherungsabkommen, die Deutschland geschlossen hat, koordinieren oftmals nur einzelne Sozialversicherungszweige. Für die nicht vom Abkommen erfassten Zweige muss zusätzlich das jeweilige nationale Recht geprüft werden – hier also das deutsche Recht und in den USA die einschlägigen Vorschriften. 
 

Vertragsloses Ausland: Besondere Herausforderungen

Zudem gibt es aber auch Länder, mit welchen Deutschland kein Sozialversicherungsabkommen geschlossen hat und welche außerhalb der EU, EWR und Schweiz liegen, z.B. Mexiko, Pakistan etc. Diese Länder werden als vertragsloses Ausland bezeichnet. Hier bestimmt sich das anwendbare Recht nur nach den jeweiligen natio­nalen Vorschriften, hier findet also keine Koordinierung statt. Das heißt es muss sowohl eine Prüfung nach den deutschen Vorschriften (die sogenannte Ausstrahlung) und das einschlägige ausländische Recht geprüft werden. Sollte kein gesetzlicher Verbleib in der deutschen Sozialversicherung möglich sein, gibt es freiwillige Versicherungsformen sowohl in der Renten-, Arbeitslosen-, Kranken-, Pflege- als auch in der Unfallversiche­rung, die bei Vorliegen der gesetzlich geregelten Anforderungen eine Absicherung in der deutschen Sozial­versicherung ermöglichen. Eine freiwillige Versicherung führt dazu, dass der Mitarbeiter weiterhin eine gewisse Anknüpfung an die deutsche Sozialversicherung hat und dadurch unter anderem Ansprüche bzw. Anwartschaften erwerben kann. 
  
Die Folgen von Fehlbeurteilungen durch zuständige Stellen 
Das anwendbare Sozialversicherungsrecht richtig zu bestimmen, kann manchmal eine große Hürde darstellen, da es viele Aspekte zu beachten gibt. Eine Fehlbeurteilung kann sowohl für den Mitarbeiter als auch für das Unternehmen weitreichende Folgen haben. Was aber, wenn das Unternehmen alles richtig gemacht hat und im Rahmen der Antragstellung zum Verbleib im deutschen Sozialversicherungssystem Fehler auf Seiten der für die Entscheidung zuständigen Stellen passieren?
 
Immer häufiger sehen wir in unserer Beratungspraxis, dass auf Seiten der zuständigen Stellen zu Fehlbeur­teilungen kommt. Sei es, dass Anträge auf freiwillige Versicherungsformen abgewiesen werden, weil die Voraussetzungen angeblich nicht erfüllt sind (obwohl diese vorliegen), oder Bescheinigungen ausgestellt werden, die aufgrund des vollständig und wahrheitsgemäß mitgeteilten Sachverhaltes nicht hätten ausgestellt werden dürfen.
 
Der Leidtragende hierbei ist meistens der Mitarbeiter selbst, da ihm durch diese Fehlbeurteilung die Möglich­keit genommen wird, sich rückwirkend in einzelnen Zweigen der deutschen Sozialversicherung weiter zu versichern, obwohl ein Anspruch bei rechtzeitiger Antragstellung bestanden hätte. Um die gewünschte Versicherungspflicht dann dennoch zu erzielen, bedarf es oftmals in letzter Konsequenz rechtlicher Schritte. Nicht selten erleben wir, dass die einzige Möglichkeit in einem Klageverfahren besteht.
 
Nicht selten kommt es vor, dass Behörden die Voraussetzungen für z.B. eine Entsendung im sozialversiche­rungs­rechtlichen Sinne als erfüllt ansehen, obwohl diese nicht erfüllt sind. Für die betroffenen Unternehmen ist es im Sozialversicherungsdschungel meist nicht so einfach zu erkennen, dass es sich um eine Fehlbeur­teilung handelt, und so werden die Sozialversicherungsbeiträge weiterhin in Deutschland abgeführt, obwohl dies richtigerweise nicht zulässig wäre.
 
Im Zuge einer Verlängerung kann es dann zum bösen Erwachen kommen, wenn die zuständige Stelle selbst oder auch der Betriebsprüfer den Fehler entdeckt. Die zuständigen Stellen neigen oftmals dazu, die zugunsten des Mitarbeiters ergangene Entscheidung wieder aufzuheben. Für den Expat hätte dies zur Konsequenz, dass er nicht mehr der deutschen Sozialversicherung unterfiel und Fristen für die Beantragung von freiwilligen Versicherungen bereits verstrichen sind. Unternehmen fühlen sich in solchen Situationen hilflos und wissen nicht, was sie in solchen Situationen machen können.
 
In einer Situation wie der obig beschriebenen ist es wichtig die im Sozialgesetzbuch geregelten Bestimmungen zur Rücknahme/Widerruf von Verwaltungsakten zu kennen und zu prüfen. Die Rücknahme eines begünstigen­den Verwaltungsaktes ist nur unter besonderen Voraussetzungen möglich. Und so kann man durch gute Be­ratung oftmals erfolgreich entsprechende Vorfälle wieder glattziehen, sodass alle Beteiligten zufrieden sind und es nicht zu einer Benachteiligung des Expats kommt.
 
Letztlich ist die Aufarbeitung solcher Fälle aber sehr zeitintensiv und es ist gutes Fachwissen in diesem Gebiet notwendig, um zu dem richtigen Ergebnis zu kommen.
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