Der Druck nimmt zu: Impairment-Test nach IFRS & HGB

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​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​veröffentlicht am 8. Oktober  2024 | Lesedauer ca. 6 Minuten

 
Durch die zahlreichen Krisen im In- und Ausland ausgelöst, zeigen sich die Brems­spuren der Weltwirtschaft auch in den Abschlüssen vieler deutscher Unternehmen. Diese müssen zunehmend außerplanmäßige Abschreibungen im Rahmen der Prüfung auf Werthaltigkeit (sog. „Impairment-Tests”) auf die (im internationalen Sprachge­brauch) auch als Goodwill bezeichneten Geschäfts- oder Firmenwerte vornehmen. 



Das Problem besteht sowohl für HGB- als auch für IFRS-Bilanzierer, wird aber in den IFRS-Bilanzen aufgrund der dort gültigen Regelungen nochmals verstärkt. Nach HGB wird ein aus einer M&A-Akquisition resultierender Goodwill über dessen Nutzungsdauer planmäßig abgeschrieben, wodurch sich die Buchwerte und damit auch das Potential für außerplanmäßige Abschreibungen „auf natürlichem Wege“ mit der Zeit reduzieren. Nach IFRS ist hingegen lediglich mindestens einmal jährlich ein Impairment-Test durchzuführen, planmäßige Abschrei­bung erfolgen hingegen nicht („Impairment-Only-Ansatz”). An dieser Grundkonzeption wird sich wohl auch künftig trotz heftiger Diskussion um die Wiedereinführung der planmäßigen Abschreibung nichts ändern, wenngleich perspektivisch verschiedene Detailänderungen angedacht sind (für Details siehe hier​). 

​Entwicklung der Goodwill-Abschreibungen in den letzten Jahren 

​​​Seit Einführung des Impairment-Only-Ansatzes konnte bei börsennotierten deutschen Gesellschaften in der Vergangenheit beobachtet werden, dass nur in geringem Umfang Abschreibungen auf die Goodwill-Bestände vorgenommen wurden. Aufgrund der Eintrübung der gesamtwirtschaftlichen Lage sind jedoch im Vergleich zu den beiden vorangegangenen Jahren die Goodwill-Abschreibungen im Jahr 2023 deutlich angestiegen, wie unsere eigens durchgeführte untenstehende Analyse der IFRS-Konzernabschlüsse deutscher Unternehmen zeigt: 

​Bestand an Goodwill und Goodwill-Abschreibung p.a. in DAX / MDAX / SDAX [Mrd. EUR] 


 
​Im Jahr 2023 resultierten die Abschreibungen unter anderem aus einem gestiegenen Zinsniveau. Auch wenn dieses im Jahr 2024 zwar nicht weiter gestiegen ist, verbleibt es auf einem im Vergleich zu früheren Berichts­perioden hohen Niveau. Im Zusammenspiel mit der Eintrübung der Konjunkturaussichten und somit einer tendenziellen Verschlechterung der Wachstums- und Profitabilitätsaussichten in den Businessplänen einiger Unternehmen ist möglicherweise zu erwarten, dass zumindest branchenspezifisch Goodwill-Abschreibungen sowohl absolut als auch relativ zu den Goodwill-Beständen in 2024 weiter zunehmen werden. Insbesondere Unternehmen mit bislang recht optimistischen Unternehmensplanungen und geringer Überdeckung des Buchwerts (sog. „headroom“) haben nun ein besonders hohes Risiko für eine „Nachholung“ bislang aufgrund optimistischerer Planungen in der Vergangenheit nicht vorgenommener Abschreibungen. 

Wie Unternehmen mit dieser Gemengelage, die sich grundsätzlich auch in der Bilanzierung nach HGB nieder­schlägt, umgehen können, wird im Folgenden aufgezeigt. 

​Goodwill Impairment-Test – Unterschiede nach HGB und IFRS 

​Konzeption nach IFRS 

Der Goodwill Impairment-Test nach IFRS ist in IAS 36 geregelt, welcher grundsätzlich eine Segmentierung des Unternehmens in zahlungsmittelgenerierende Einheiten, sog. „Cash-Generating-Units“ (CGU), vorsieht. Die CGU umfasst in der Praxis regelmäßig alle Vermögenswerte und Schulden, die für den operativen Geschäfts­be­trieb notwendig sind, solche mit Finanzierungscharakter werden hingegen nicht in die CGU einbezogen. Die aus Unternehmenserwerben resultierenden Goodwill-Bestände werden dann entsprechend der erwarteten Syner­gien auf die einzelnen CGUs aufgeteilt. Der Impairment-Test nach IAS 36 basiert auf einem Vergleich des Buchwerts der CGU („Carrying Amount“) mit dem sog. „erzielbaren Betrag (Recoverable Amount)“, welcher dem höheren der beiden Wertkonzepte „Nutzungswert (Value in Use)“ und „Beizulegender Zeitwert abzüglich Veräußerungskosten (Fair Value less Cost of Disposal)” entspricht. 

Genügt in wirtschaftlich ruhigen Phasen i.d.R. die Ermittlung einer der beiden Werte, um zu zeigen, dass keine Wertminderung vorliegt, so kann in Krisenzeiten eine aufwendigere Ermittlung beider Wertansätze erforderlich sein. Anders als der beizulegende Zeitwert umfasst der Nutzungswert unternehmensindividuelle echte Syner­gien, jedoch dürfen hier (zumindest nach dem noch gültigen derzeitigen Rechtsstand) zukünftige Restruktu​­rierungen oder Erweiterungsinvestitionen nicht einbezogen werden. Dies ist insbesondere im Kontext des aktuellen transformatorischen Umfelds zu beachten. Solche Maßnahmen sind entsprechend nicht geeignet, den Nutzungswert zu erhöhen.  

Bei der Ableitung des Diskontierungszinssatzes ist für beide Wertkonzepte die sog. „Market-Participant-View” zu beachten, nach der alle Komponenten des im Regelfall zur Anwendung kommenden WACC auf Basis einer Gruppe von Vergleichsunternehmen (sog. „Peer Group“) und nicht auf Basis der tatsächlichen Finanzierungs­struktur der CGU bestimmt werden. Der anhand des WACC-Ansatzes ermittelte Recoverable Amount entspricht in der Konzeption in etwa einem sog. „Entity Value“ der CGU, das bedeutet, einem Wert vor Berücksichtigung der Nettofinanzverschuldung. 


​Konzeption nach HGB 

Die Werthaltigkeitsprüfung nach HGB basiert sowohl für den Jahres- als auch für den Konzernabschluss auf der Beteiligung als Bewertungsobjekt. Für den Jahresabschluss ist dies zwingend, da hier (zumindest im klassischen Fall eines Share-Deals) kein Goodwill, sondern die Beteiligung am Tochterunternehmen erfasst wird, die im Übrigen auch nicht planmäßig abgeschrieben wird. Für den Konzernabschluss nach HGB empfiehlt DRS 23 zwar eine Zuordnung des Goodwills auf einzelne Geschäftsfelder, lässt aber auch die Beteiligung als Bezugsbasis zu. Für jede Tochtergesellschaft wird dann nach den Vorgaben des IDW RS HFA 10 ein Unterneh­menswert ermittelt und mit dem Beteiligungsbuchwert im Jahresabschluss bzw. in der einfachsten Handhabe mit dem Buchwert des Reinvermögens der Tochtergesellschaft zzgl. des Goodwills im Konzernabschluss verglichen. 

Abweichend zur Vorgehensweise nach IAS 36 ist bei der Ableitung der Kapitalkosten auf die konkrete Verschul­dungsstruktur des Bewertungsobjekts (zu Marktwerten) und nicht auf die der Peer Group abzustellen. Darüber hinaus ist es möglich, Synergien zwischen der zu bewertenden Tochtergesellschaft und weiteren Tochterge­sell­schaften oder der bilanzierenden Gesellschaft selbst in der Bewertung zu berücksichtigen. Der mit dem zu prüfenden Beteiligungsbuchwert zu vergleichende Unternehmenswert ist ein sog. „Equity Value”, also der Unternehmenswert nach Berücksichtigung der Nettofinanzverschuldung. 

Ein Impairment-Test für den Goodwill im Konzernabschluss ist nach HGB immer dann durchzuführen, wenn Anzeichen für eine voraussichtlich dauerhafte Wertminderung vorliegen. Für die Beteiligung im Jahresab­schluss besteht ein Wahlrecht, diese entweder nur bei voraussichtlich dauerhafter Wertminderung oder auch bei nur vorübergehender Wertminderung abzuschreiben. 

​Herausforderungen bei rückläufigen Ertragsaussichten und mögliche Herangehens­weisen 

Trotz aller Unterschiede im Detail ist den Impairment-Tests nach IFRS und HGB gleich, dass die Wertermittlung in der Praxis oftmals auf einem Discounted Cash Flow-Ansatz beruht. Hierbei werden auf Basis einer integrier­ten (CGU-spezifischen) Unternehmensplanung erwartete zukünftige Zahlungsströme abgeleitet und mit einem geeigneten Diskontierungszinssatz auf den Bewertungsstichtag diskontiert. Im Anschluss an die Detailpla­​­nungs­phase, die regelmäßig zwischen 3 bis 5 Jahren umfasst, wird mit einer Annahme über den langfristigen Wachstumsfaktor die ewige Rente berechnet. 

Es ergeben sich somit zwei wesentliche Komponenten für die Bewertung: 
      • ​Unternehmensplanung (Zähler) und nachhaltige Wachstumsrate 
      • Diskontierungszinssatz (Nenner) 

Je nach Branche und Unternehmen sind die Zukunftserwartungen und somit auch die in den Zähler eingehen­den Businesspläne derzeit womöglich pessimistischer als in früheren Berichtsperioden. Der 2023 weitgehend noch bestandene Optimismus ist im Laufe des Jahres 2024 in einigen Branchen zunehmend abhandenge­kommen und die verschlechterten Konjunkturaussichten führen zu konservativeren Ertragsaussichten. Im Folgenden werden mögliche Herangehensweisen hinsichtlich der wesentlichen Parameter für die Bewertung im Zusammenhang mit rückläufigen Ertragsaussichten dargestellt:  

  • ​Sich anbahnende Krisenzeiten gehen oftmals mit erhöhten Unsicherheiten bezüglich der zukünftigen ertragswirtschaftlichen Entwicklung einher. Um für den Impairment Test einen Erwartungswert der zukünftigen Cash Flows abzuleiten, bietet es sich an, mehrere Planungs-Szenarien aufzustellen und diese anschließend mit deren erwarteten Eintrittswahrscheinlichkeiten zu gewichten. 
  • Rückläufige Absatzvolumina führen oftmals zu geringerer Kapitalbindung im Bereich des Trade Working Capital (insbesondere Vorräte und Forderungen aus Lieferungen und Leistungen). Die Implementierung eines detaillierten Bewertungsmodells, in dem auch eine integrierte Bilanzplanung enthalten ist, ermöglicht es, die erwartete Kapitalfreisetzung als positiven Cash Flow Beitrag in der Bewertung abzubilden, was bei simplen Bewertungsmodellen nicht möglich ist. 
  • Rückläufige Ertragsaussichten können bei der Bewertung von Unternehmen oftmals zu einem vergleichs­weise hohen Verschuldungsgrad führen. Für Bewertungsanlässe, bei denen die Kapitalstruktur des Bewer­tungsobjekts bei der Ableitung der Kapitalkosten zu berücksichtigen ist (insbesondere HGB Impairment Tests), führt die Berücksichtigung eines sog. „Debt Betas“ bei der Ableitung des Diskontierungszinssatz in der Regel zu genaueren Bewertungsergebnissen. 
  • Im Hinblick auf die Wachstumsrate im Zeitraum der ewigen Rente ist generell von einem unternehmens­spezifischen inflationsbedingten Wachstum auszugehen. Als Anhaltspunkt können hierbei langfristige und zukünftige Inflationsprognosen dienen. Ein (kurzfristiger) Anstieg der Inflationsrate oder die in den letzten Jahren vergleichsweise hohe Inflationsrate ist hierbei nicht geeignet für eine Langfristprognose.  


Zusammenfassung und Fazit 

​Bei der Folgebilanzierung eines Unternehmenserwerbs in Form eines „Share Deals“ muss grundsätzlich zwischen der Beteiligungsbuchwertprüfung im HGB-Einzelabschluss und dem Impairment Test im IFRS-Konzernabschluss unterschieden werden. 

Beide Impairment Test Konzepte basieren zwar oftmals auf einem Discounted Cash Flow-Ansatz, unterschei­den sich aber teils signifikant in der Konzeption, Umsetzung und in den relevanten Prämissen. Die folgende Tabelle gibt einen aggregierten Überblick über die wesentlichen Unterschiede der zwei Impairment Test-Konzepte: 

Kriterium 
IFRS-Konzernabschluss 
HGB-Einzelabschluss 
Bewertungsobjekt 
CGU 
Legal Entity
Testwert („Buchwert“)
Carrying Amount 
Beteiligungsbuchwert
Prüfwert („Marktwert“) 
Recoverable Amount
(~Entity Value) 

Ertragswert (Equity Value) 
Kapitalkosten
Peer Group 
Legal Entity 

Unabhängig davon, um welches Rechnungslegungssystem es sich handelt, lässt sich aktuell eine Tendenz zu häufigeren und auch höheren Abschreibungen erkennen. Nachdem das gestiegene Zinsniveau bereits letztes Jahr Eingang in die Bewertungsmodelle fand, dürfte 2024 je nach Branche häufig vor allem eine pessimis­tischere Erwartung der zukünftigen Geschäftsentwicklung hinzukommen. Eine fundierte (integrierte) Unternehmensplanung und eine sorgfältige Ableitung der erwarteten zukünftigen Cash Flows sind daher unerlässlich.  ​​​

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