Werthaltigkeit von Beteiligungen: Besonderheiten bei der Überprüfung im Ausland

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zuletzt aktualisiert am 7. Juli 2021 | Lesedauer ca. 4 Minuten

 

Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag e.V. (DIHK) hat im Frühjahr 2021 mit rund 2.000 deutschen Industrieunternehmen eine Umfrage zu geplanten Auslands­aktivitäten durchgeführt. Insgesamt planen 43 Prozent der befragten Unternehmen, im Ausland zu investieren. Das ist im Vergleich zu den Vorjahren ein Rückgang von -2 Prozent. Der Anteil bei größeren Industrieunternehmen ab 1.000 Mitarbeitern, die ein Engagement im Ausland planen, stieg jedoch auf ein Rekordhoch von 83 Prozent an. Die Umfrage des DIHK zeigt, dass deutsche Unternehmen weiterhin weltweit expandieren und ihr globales Netz an Tochtergesellschaften und Beteiligungen ausbauen. Im Folgenden werden die Besonderheiten der Bilanzierung ausländischer Beteiligungen beim handelsrechtlichen Jahresabschluss einer deutschen Mutterge­sellschaft (Einzelabschluss) dargestellt.

 



Nach den Vorschriften des Handelsgesetzbuches (HGB) werden In- und Auslandsbeteiligungen im Einzelabschluss grundsätzlich mit den Anschaffungskosten bewertet (§ 253 Abs. 1 S. 1 HGB). Aufgrund der zeitlich unbegrenzten Nutzung fallen keine planmäßigen Abschreibungen an, jedoch muss die Werthaltigkeit der Beteiligungsbuchwerte regelmäßig überprüft werden. Gibt es Anzeichen dafür, dass der beizulegende Wert der Beteiligung dauerhaft unterhalb des Beteiligungsbuchwerts liegt, so muss eine außerplanmäßige Abschreibung vorgenommen werden (§ 253 Abs. 3 S. 5 HGB).

 

Ermittlung des beizulegenden Werts einer Beteiligung

Zur Ermittlung des beizulegenden Werts zum Bilanzstichtag ist eine Bewertung der Beteiligung durchzuführen. Die Unternehmensbewertung basiert dabei grundsätzlich auf denen vom Institut der Wirtschaftsprüfer festgelegten „Grundsätzen zur Durchführung von Unternehmensbewertungen (IDW S1 i.d.F. 2008)”, deren Anwendung für die Zwecke der handelsrechtlichen Bilanzierung in einer Stellungnahme des IDW weiter konkretisiert wurden (IDW RS HFA 10).

 

Unternehmenswerte können gemäß IDW S1 nach dem Ertragswert- oder dem Discounted Cash Flow Verfahren ermittelt werden. Beide Verfahren sind grundsätzlich gleichwertig und führen bei konsistenter Prämissensetzung zu identischen Ergebnissen, da sie auf derselben investitionstheoretischen Grundlage (Kapitalwertkalkül) basieren. Je nach Bewertungsperspektive wird zwischen einem objektivierten und einem subjektiven Unternehmenswert unterschieden. Während der objektivierte Unternehmenswert aus der Sicht eines typisierten Anteilseigners bei Fortführung des Unternehmens in unverändertem Konzept („Stand-Alone-Basis”) ermittelt wird, berücksichtigt der subjektive Unternehmenswert die individuellen Möglichkeiten des tatsächlichen Anteilseigners. Inwieweit für die Bewertung von Beteiligungen für bilanzielle Zwecke objektivierte oder subjektive Aspekte zu berücksichtigen sind, hängt von der mit der Beteiligung verbundenen Halteabsicht der bilanzierenden Muttergesellschaft ab.

 

Beteiligungswert bei dauerhafter Beteiligungsabsicht

Im Falle einer dauerhaften Beteiligungsabsicht ist bei der bilanziellen Beteiligungsbewertung grundsätzlich die Perspektive der deutschen Muttergesellschaft maßgeblich. Aufgrund dessen sind bei der Unternehmensbewertung folgende subjektive Aspekte zu berücksichtigen:

 

  • Geplante, aber noch nicht eingeleitete Maßnahmen
    Bestehen zum Bewertungszeitpunkt bereits erkannte und realisierbare Maßnahmen wie Erweiterungsinvestitionen oder Veränderungen der strategischen Geschäftsfelder, die jedoch (noch) nicht Bestandteil des dokumentierten Unternehmenskonzepts sind, können sie bei der Ableitung der zu diskontierenden Nettoausschüttungen berücksichtigt werden.
  • Synergieeffekte
    Bei der Ermittlung des Beteiligungswertes werden alle Synergieeffekte berücksichtigt, die aus der Perspektive der deutschen Muttergesellschaft realisierbar sind. Zu beachten ist dabei jedoch die handelsrechtliche Gläubigerschutzfunktion, wonach lediglich solche Synergieeffekte in die Bewertung einfließen dürfen, die durch die Beteiligung, die bilanzierende deutsche Muttergesellschaft oder deren Tochtergesellschaften realisiert werden können. Synergien bei Schwesterunternehmen der deutschen Muttergesellschaft sind somit bspw. nicht zu berücksichtigen.
  • Ertragssteuer
    Bei der Ableitung der zu diskontierenden Nettoausschüttungen sind die lokalen Unternehmenssteuern der Beteiligung als auch die Unternehmenssteuern, die die deutsche Muttergesellschaft auf die Ausschüttungen der Beteiligungen zu entrichten hat, zu berücksichtigen.
  • Kapitalkosten
    Entgegen der oben genannten subjektiven Aspekte, dürfen die Kapitalkosten auch bei dauerhafter Beteiligungsabsicht nicht auf rein subjektiven Renditeerwartungen der deutschen Muttergesellschaft basieren. Vielmehr sollen die Kapitalkosten, analog der Vorgehensweise zur objektivierten Unternehmensbewertung, auf Basis von am Kapitalmarkt beobachtbaren risikoadäquaten Renditen basieren.

 

Beteiligungswert bei Veräusserungsabsicht

Beabsichtigt die deutsche Muttergesellschaft, die Beteiligung zu veräußern, ist der Beteiligungswert aus Sicht eines potenziellen typisierten Erwerbers bei Fortführung des Unternehmens in unverändertem Konzept („Stand-Alone-Basis”) zu ermitteln, was dem Konzept des objektivierten Unternehmenswerts entspricht. Bei der Ableitung der zu diskontierenden Nettoausschüttungen sind somit nur solche Synergien zu berücksichtigen, die auch außerhalb des bestehenden Konzernverbundes realisierbar sind (sog. unechte Synergien). Des Weiteren sind unternehmerische Maßnahmen nur zu berücksichtigen, sofern sie zum Bewertungsstichtag bereits eingeleitet bzw. im Unternehmenskonzept hinreichend dokumentiert sind. Verfügt die bilanzierende deutsche Muttergesellschaft über ein Angebot für den Erwerb der Beteiligung, ist der darin enthaltene Kaufpreis anstelle des objektivierten Unternehmenswertes anzusetzen.

 

Besonderheiten bei der Bewertung von Beteiligungen im Ausland

Gleich welche Halteabsicht verfolgt wird, basiert die Bewertung einer Beteiligung auf dem Businessplan der zu bewertenden Tochtergesellschaft. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die der Bewertung zugrunde liegenden Zahlungsströme und der Diskontierungszinssatz konsistente Währungs- bzw. Inflationsprofile aufweisen und etwaige länderspezifische Risiken adäquat berücksichtigt werden (z.B. durch eine Länderrisikoprämie). Letztere können bspw. erhöhte Ausfallrisiken im Geschäftsverkehr, mangelnde Rechtssicherheit, Risiken aus schwachem Produkt- und Markenschutz, mögliche Unruhen oder Aufstände sowie eine hohe Volatilität von makroökonomischen Größen wie Inflation sein.

 

Länderspezifische Risiken können sich verändern und beeinflussen somit auch die Bewertung von Auslandsinvestitionen. Ein gutes Beispiel dafür sind Beteiligungen mit Sitz in der Türkei. Die türkische Wirtschaft hat seit 2004 über zehn Jahre lang durchschnittlich 5 Prozent Wachstum p.a. verzeichnen können. Dem Trend setzt sich seit Ende 2018 ein Handelskonflikt mit den Vereinigten Staaten entgegen, der einen starken Wertverlust der Landeswährung Lira zur Folge hat. Hinzu stufen Beobachter die politische Lage des „osmanischen Tigers” kritisch ein. Die Volatilität der landesspezifischen Risiken zeigt sich auch in der Entwicklung der Länderrisikoprämie, die von 2,9 Prozent im Januar 2018 auf 8,2 Prozent im April 2020 anstieg und auf 5,3 Prozent im Januar 2021 sank (Quelle: Damodaran). Die Entwicklung in der Türkei zeigt, dass solche landesspezifischen Risiken i.d.R. vorab nicht prognostizierbar sind und somit auch nicht explizit in der Unternehmensplanung berücksichtigt werden können. Vor dem Hintergrund werden länderspezifische Risiken in der Praxis meist beim Risikozuschlag bei der Ableitung der Kapitalkosten mit aufgefasst.

 

Neben der Bestimmung landesspezifischer Kapitalkosten stellt die Ableitung der Unternehmenssteuern eine weitere Besonderheit bei der Bewertung ausländischer Beteiligungen dar. Die zu diskontierenden Nettoausschüttungen der Auslandsbeteiligung müssen dabei um die lokalen Unternehmenssteuern als auch um die von der deutschen Muttergesellschaft zu entrichtenden Quellensteuern reduziert werden.

 

Fazit

Die voranschreitende Internationalisierung deutscher Unternehmen und der damit verbundene Anstieg ausländischer Tochtergesellschaften erhöht die Komplexität der Erstellung handelsrechtlicher Jahresabschlüsse deutscher Muttergesellschaften. Neben der Abgrenzung zwischen subjektiver und objektivierter Aspekte bei der Unternehmensbewertung, sind bei der bilanziellen Bewertung ausländischer Beteiligungen insbesondere landesspezifische Sachverhalte wie die Ableitung adäquater Kapitalkosten und Ertragssteuern zu berücksichtigen. Um im Anschluss an eine Transaktion bei der Erstellung des Impairment Tests keine böse Überraschung in Form einer ungeplanten Abschreibung des Beteiligungsbuchwertes zu erleben, empfiehlt es sich frühzeitig, bereits bei der Transaktion eine Bewertung zu erstellen, die die Umstände berücksichtigt.

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